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Geschichte

Charles Kirsch

Die Carrera de Indias: Cádiz und der spanische Atlantik

ISBN: 978-3-8428-9700-7

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 204
Abb.: 24
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Mit der Entdeckung und Eroberung Amerikas wurde unter den Impulsen der Kastilier eine atlantische Welt geboren. Über die Schiffe der Carrera de Indias wanderten nicht nur Güter, Menschen und Nachrichten über die Weltmeere, auch Edelmetalle erreichten nun die alte Welt in noch nie gekannten Mengen. Das amerikanische Silber befeuerte dabei den Siegeszug frühkapitalistischer Unternehmensformen in Europa und bildete die Grundlage des ersten Welthandels. In einer wirtschaftshistorischen Perspektive lässt sich deshalb behaupten, dass die Welt in der frühen Neuzeit einen ersten wahrhaften Globalisierungsschub erlebte. In diesem Kontext befand sich der südandalusische Hafenkomplex um Sevilla und Cádiz in einer privilegierten Stellung. Aufgrund des Handelsmonopols in den Beziehungen zu Hispanoamerika stiegen diese Hafenstädte zum Kern der frühen atlantischen Welt auf. Es war dort, wo im eigentlichen Sinn die Vernetzung des Atlantiks betrieben wurde und die Flotten in regelmäßigen Abständen die Kolonien mit der Metropole verbanden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel II.1, Partizipation der Ausländer: Dieser kurze Einblick in die Prägungen der ersten transatlantischen Handelsgeschäfte der andalusischen Kaufmannschaft darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass seit dem 16. Jahrhundert ein großer Teil dieses Handels von Ausländern betrieben wurde. Dies gilt logischerweise in erster Linie für den Sklavenhandel, den die Kastilier zwar seit der Entdeckung Amerikas in kleiner Zahl selbst betrieben, auf den die Portugiesen im Kontext des Vertrags von Alcáçovas durch ihre Stützpunkte in Westafrika allerdings lange Zeit ein Quasimonopol innehatten und sie mittels königlicher Lizenzen (den asientos de negros) berechtigt waren, diese in Hispanoamerika zu verkaufen. Man kann daraus schließen, dass die Portugiesen dank dieser legalen Handelsbeziehung mit den amerikanischen Märkten oder Messen ebenfalls im Schmuggelgeschäft aktiv waren und, neben ihren Niederlassungen in Brasilien, einen zweiten direkten Draht zu den Schätzen Hispanoamerikas besaßen. Nach der Vereinigung beider Kronen unter Philipp II. fanden sich dann auch vermehrt portugiesische Händler in den andalusischen Hafenstädten wieder. Ihre Partizipation im Atlantikhandel wurde von spanischer Seite allerdings immer kritisch und misstrauisch beäugt. Die portugiesischen Nachbarn stellten jedoch bei Weitem nicht die einzigen ausländischen Teilnehmer im spanisch-amerikanischen Handel dar. Im Umfeld der Atlantikexpansion und des Carrerahandels wurde das Kreditwesen oder Bankgeschäft im größtenteils kapitalarmen Spanien meistens von Ausländern kontrolliert. Seit Beginn der Conquista beteiligten sich die genuesischen Handelskapitalisten und sogenannte global players wie die Welser und Fugger aus Augsburg sowie andere oberdeutsche Kaufleute an den lukrativen Geschäften mit den spanischen Kolonien. Die geschäftlichen Beziehungen dieser internationalen Kaufmannschaft mit den führenden Häusern Europas spiegelten sich vor allem im Kreditbereich wider und bescherten Ersteren großen politischen, beziehungsweise handelspolitischen Einfluss. Aufgrund ihrer großen Bedeutung lohnt es sich nochmals kurz darauf hinzuweisen, dass die Genuesen seit den Entdeckungsfahrten Kolumbus am Geschäft mit den amerikanischen Kolonien beteiligt waren. Sie wandten sich ab 1505 verstärkt dem Amerikahandel zu und waren ab 1513 ebenfalls im Sklavenhandel tätig. Ende des 16. Jahrhunderts verfügten zehn genuesische Kaufmänner über zwölf Schiffe der Carrera. Sie waren praktisch auf allen Ebenen des Handels mit dabei, seien es der Waren- und Menschenhandel, Geld- und Versicherungsgeschäfte, Darlehen an Adelige, Krone oder Stadt. Die Spanier waren praktisch seit Beginn ihrer Amerikaunternehmungen unfähig, die Nachfrage ihrer Kolonien mittels nationaler Produktion zu befriedigen. Gezwungen, auf ausländisches Kapital, Produktionsmöglichkeiten und Netzwerke zurückzugreifen, erfreuten sich zunächst Alliierte wie die Genuesen oder Untertanen der Krone wie Flamen und Deutsche an einer Teilnahme am transatlantischen Handel. Im 16. Jahrhundert profitierten vor allem die vom Genter Karl V. mittels Privilegien und Lizenzen begünstigten Flamen vom Amerikahandel. Die spanisch-flämischen Beziehungen waren zeitweise so eng, dass sich 1596, im Jahr der verheerenden englischen Attacke gegen Cádiz, eine flämische Kompanie zur Stadtverteidigung bildete. Die Deutschen waren im 16. Jahrhundert in erster Linie durch das Banken- und Kreditgeschäft in Spanien vertreten, ehe sie im 17. Jahrhundert (nach dem Bedeutungsverlust Antwerpens) zusehends auch kommerziell aktiv wurden. In einem allgemeineren Kontext kann man behaupten, dass es verschiedenste Möglichkeiten für Ausländer gab, um an diesem theoretisch seit den Anfangsjahren der Conquista geschlossenen Amerikahandel teilzunehmen. Sie konnten zum Beispiel gemeinsam mit einem Kastilier ein Unternehmen gründen, solange dieses über den Namen des Letzteren lief. Während sich dieser also um Laden, registro und Lizenzen kümmerte, beschäftigte sich der Ausländer möglicherweise mit der Warenbeschaffung. Ausländische Waren konnten dann relativ einfach von einer spanischen Galionsfigur, einem Kommissionisten, registriert und somit nationalisiert werden. Ausländer benötigten demnach einen Agenten, beziehungsweise Faktor, in Amerika oder einen Bevollmächtigten, der mit der Handelsware reiste und sich um dessen Verkauf und folglichen Rücksendung des Silbers kümmerte. Die Ausländer konnten theoretisch überall mitverdienen, sowohl bei der Vermittlung der Waren nach Andalusien, bei deren Reexport nach Amerika und bei der Verteilung des Silbers in Europa. Neben diesen, von offizieller Seite her gesehen mehr oder weniger legalen Praktiken, konnten sich Ausländer, die eine gewisse Zeit lang (anfangs 20 Jahre, später 10 Jahre) in Kastilien gelebt hatten, naturalisieren lassen und somit ganz offiziell am Handel teilhaben. Im 17. Jahrhundert wurde außerdem entschieden, dass die in Spanien geborenen Kinder von Ausländern (des Öfteren von Consuladomitgliedern despektierlich als jenizaros beschimpft), die mindestens zehn Jahre dort gelebt hatten, als Kastilier angesehen werden sollten und somit über einen freien Zugang zur Carrera verfügten. Ab der Verordnung des 5. März 1505 war es erlaubt, dass ausländisches Kapital in kastilische Unternehmen investiert werden durfte. Die Unternehmen der Ausländer in Andalusien waren in der Regel in Form einer Holding organisiert. Während sich der Hauptsitz des Unternehmens zum Beispiel in Antwerpen oder Genua befand, repräsentierten Vertreter in Cádiz oder Sevilla dessen Kapital und investierten in die Carrerageschäfte. Obwohl die Reise- und Handelstätigkeiten von Ausländern meistens durch Verträge geregelt und somit juristisch abgesichert waren, organisierten sie sich, zur besseren Verteidigung ihrer Rechte, in den spanischen Städten zu Kommunitäten, die ihre eigenen Anführer wählten. Diese cónsules, die entweder die Interessen einer spezifischen Nation oder sämtlicher Ausländer in einer Stadt vertraten, dienten als Sprachrohr für die Wahrung und Verteidigung deren Rechte vor den spanischen Autoritäten. Ihre Funktion wurde teilweise vom ausländischen Staatsoberhaupt und immer vom spanischen König oder dessen Repräsentanten bestätigt. Anfang des 17. Jahrhunderts entwickelten sie sich zu einer Art Schiedsrichter oder Mediator zwischen ihren Mitbürgern und den Behörden und Autoritäten des Landes sie stellten Funktionäre dar, die bereits Züge des modernen europäischen Diplomatendienstes in sich trugen.

Über den Autor

Charles Kirsch, MA, Globalgeschichte und Global Studies, Universität Wien.

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