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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Studie widmet sich der Thematik des Bar Kochba-Aufstands (132 - 135/36 n.Chr.) der Juden gegen die römische Besatzungsmacht. So betont Michael Wolffsohn, Historiker für Neuere Geschichte und Politologe an der Bundeswehruniversität München, dass in der jüdisch-israelischen Geschichtsschreibung bzw. in den offiziellen israelischen Schulbüchern die Person Bar Kochba noch heute als eine Art ‘Held’ dargestellt wird. Die römischen bzw. frühchristlichen Historiographen hingegen stellen seine Person, seine Strenge gegenüber seinen Anhängern, seine Skrupellosigkeit und Grausamkeit heraus und zeichnen ein entgegengesetztes, von messianischem Fanatismus geprägtes Bild dieser bislang eher in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung stiefmütterlich behandelten historischen Persönlichkeit. Der zwiespältige Persönlichkeitsaspekt sowie die Frage nach der messianischen Intention Bar Kochbas werden im Rahmen dieses Diskurses in kritischem Kontext thematisiert. Unter Bezugnahme auf erst in jüngerer Zeit entdeckte römische Militärdiplome, die vom Althistoriker Werner Eck ausgewertet und kanonisiert wurden, werden neue Erkenntnisse über die Umstände, unter denen das römische Heer in die Auseinandersetzungen mit den jüdischen Aufrührern involviert war, die römische Strategie gegen die Insurgenten sowie der Verlauf des Aufstands bis 136 n.Chr. beleuchtet.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Der Messianismus in der Person Bar Kochbas als auslösendes Moment?: 3.1, Die historische Persönlichkeit Bar Kochba: Für eine wissenschaftliche Herangehensweise an den Bar Kochba-Aufstand ist eine Auseinandersetzung mit dessen Führerpersönlichkeit, der in der modernen geschichtswissenschaftlichen Betrachtung als Namensgeber der Revolte Pate stand, unumgänglich. Die lateinischen bzw. christlichen Quellen, die zu seiner Person Aussagen treffen, sollen hierbei bezüglich seines Namens, der Herkunft bzw. seiner Persönlichkeit untersucht werden und es soll ebenso Zielsetzung dieser Untersuchungen sein, gegebenenfalls aus Namen und Titulatur Rückschlüsse auf messianische Intentionen vorzunehmen. Doch bereits der Ursprung seines Namens ist in der Wissenschaft umstritten die frühen Kirchenväter schrieben in ihren Darstellungen von Bar Kochba, was im Hebräischen bzw. Aramäischen so viel wie ‘Sternensohn’ bedeutet und offenbar in Bezug steht zu dessen intendierter messianischer Ideologie. Jüdische Quellen hingegen sprechen von Bar (Ben) Koziba, was trotz der kaum anders lautenden Aussprache, eine Sinnveränderung hin zu ‘Sohn einer Lügnerin’ ergibt. Die Diskussionen von wissenschaftlicher Seite konnten sich auf keine der beiden Bedeutungen verständigen. Während eine Theorie annimmt, dass sein ursprünglicher Name Bar Kochba später angesichts des Scheiterns seiner messianischen Mission quasi post mortem in ‘Sohn einer Lügnerin’ strafumgewandelt wurde, besagt eine weitere These das genaue Gegenteil. Der Name Bar Koziba könnte sich von seinem Herkunftsort abgeleitet haben, respektive ein Patronym darstellen, und wurde von seiner vor Fanatismus glühenden Anhängerschaft angesichts seiner messianischen Intention in die erhöhende Position eines ‘Sternensohns’ transformiert. Folgt man der in den Briefdokumenten der Judaeischen Wüste aufgeführten Bezeichnung, so lautete der Name samt Titulatur Simeon ben Kosiba Nasi Yisrael. Dies wiederum würde zwangsläufig zu dem Umstand führen, dass dem Anführer der Name Bar Kochba als Spitzname von Seiten seiner Anhängerschaft verliehen wurde. Hierbei gewinnt der Stern-Terminus eine ganz neue Bedeutung: Rabbi Akiva, Unterstützer der messianischen Dogmatik Bar Kochbas, interpretierte in seiner zeitgenössischen Thoraauslegung die Stelle, in der es heißt ‘Ein Stern wird hervorgehen aus Jakob’ (Num. 24.17) als zeitnahe Prophezeiung des Erscheinens des Messias. Ob und inwiefern von Seiten Akivas eine Akklamation Ben Kochbas als Messias vorgenommen wurde, bleibt umstritten. Die Namensdiskussion sei hier nur am Rande erwähnt, wobei sie sich exemplarisch gestaltet hinsichtlich der Uneinigkeit verschiedenster sowohl jüdischer als auch christlicher Quellen hinsichtlich der Gesamtperson Bar Kochbas. Die in den 1960er Jahren in der Wüste Juda gefundenen Briefdokumente sind der einzig existierende Schlüssel zu Charakterzügen Bar Kochbas bzw. seinem Verhältnis gegenüber seinen Befehlsempfängern. Die von ihm persönlich verfassten Briefe, sowohl in aramäischer als auch hebräischer Sprache, zeugen davon, dass er als Führer der Bewegung einen strengen, autoritären Führungsstil gegenüber seinen Untergebenen walten ließ, wie etwa in den an die beiden Militärkommandanten von En Gedi, Yehonathan ben Be´aya und Masabala ben Shimeon adressierten Schriftstücken zu erkennen ist. Die beiden werden darin unter Strafandrohung aufgefordert (‘wenn dies nicht augenblicklich geschieht, so sollt ihr hart bestraft werden’), eine gewisse Menge Weizen von einem Tanhum ben Yishma´el zu beschlagnahmen. Ebenso wird ihnen Bestrafung angedroht, sollten sie Männern aus Tekoa nahe Bethlehem Zuflucht gewähren diese hatten offenbar zuvor eine Mobilisierungskampagne Bar Kochbas missachtet und wollten nahe En Gedi Unterschlupf suchen. Den Kollaborateuren droht er mit dem Niederbrennen ihrer Häuser, in denen sie den Fliehenden Unterkunft gewährten, und zudem persönliche Strafen an. Die beiden Kommandanten werden in einem weiteren Brief scharf getadelt dabei wirft ihnen Bar Kochba offenbar Untätigkeit angesichts der andauernden Kämpfe bzw. mangelnden Elan vor (‘in Wohlbehagen sitzt ihr herum, esst und trinkt vom Eigentum des Hauses Israel und schert euch nicht um euere Brüder’). Einem weiteren Befehlshaber namens Yeshua ben Galgoula droht er direkt mit der Verhaftung (‘werde ich dir Fußfesseln anlegen, wie ich es bei ben Aphlul getan habe’) der konkrete Anlass für diese Drohung bleibt im Dunkeln. Da die genaue Datierung dieser Briefdokumente nicht überliefert ist, gibt der rauhe Umgangston des Aufstandsführers gegenüber seinen militärischen Befehlshabern Anlass zu Spekulationen. Möglicherweise war zum Zeitpunkt ihrer Abfassung die Lage der Insurgenten bereits derart aussichtslos, dass er unter drakonischen Strafandrohungen die Loyalität seiner versprengten Einheiten aufrechterhalten bzw. eine Kapitulation von Teilen seiner Mannschaft verhindern wollte. Sollte der Abfassungstermin bereits zu einem recht frühen Zeitpunkt des Aufstands erfolgt sein, so würde die den Dokumenten implizite Grobheit weniger auf eine religiöse-gebieterische Strenge eines messianischen Führers, der einen Akt des Zuwiderhandels gleichermaßen als Frevel gegen göttlich tradiertes Gebot aufzufassen wusste, als vielmehr auf einen Disziplin einfordernden militärisch-irdischen Oberbefehlshaber verweisen. An anderer Stelle sorgt sich Bar Kochba, trotz der möglicherweise fortgeschrittenen militärischen Vernichtung seiner Gefolgsleute, um eine strenge Einhaltung der talmudischen Religionsvorschriften. Die Sabbatruhe findet darin mehrfach Erwähnung, etwa wenn er anordnet, Weizen nach dem jüdischen Feiertag zu transportieren bzw. die Auslieferung eines gewissen Eleazar ben Hitta, der zuvor arrestiert wurde, vor dem Sabbat vorzunehmen. Von religiösem Impetus zeugt zudem die Anweisung gegenüber einem Yehudah ben Menashe, ihm angesichts der nahenden Sukkot-Feierlichkeiten trotz widriger militärischer Umstände die ‘vier Arten’ des Feststraußes für das Laubhüttenfest zu überbringen, die aus Palmzweigen, Zitronen, Myrten und Weiden bestanden. Die Schwierigkeit diese zu beschaffen hält ihn nicht davon ab als Zeugnis seiner streng religiösen Frömmigkeit wollte er wohl besagtes Laubhüttenfest nach standardisiertem Ritual in seinem Höhlenversteck begehen, auch wenn durch die Beschaffungsaktion eine latente Gefahr bestand, von römischen Einheiten entdeckt zu werden. Ein messianischer Anspruch ist aus den Briefdokumenten nicht herauszulesen, als vielmehr das Charakteristikum eines zu Strenge neigenden und zu Gehorsamen aufrufendem, gleichermaßen tief religiösen Führers. Die Kriterien, aufgrund derer ihn die damaligen Gelehrten ebenso wie das einfache Volk als unumstößlichen Alleinherrscher zu akzeptieren vermochten, kennzeichnen gleichermaßen die Art einer eventuellen Messianität Bar Kochbas. Die Gelehrsamkeit, die Abstammung bzw. die wirtschaftliche Position waren damals die Qualifikationsmerkmale, die einen Menschen für einen Alleinvertretungsanspruch bzw. ein Führertum geeignet erscheinen ließen. Doch hinsichtlich der Person Bar Kochbas bestehen Zweifel, ob er überhaupt eines dieser drei Kriterien erfüllen konnte. Zumindest war er kein rabbinischer Gelehrter, führte auch nicht den ‘Rabbi’-Titel und nirgends sind in Briefdokumenten Aussagen überliefert, die der halachischen, d.h. gesetzlichen Auslegung der Thora, bzw. aggadischen, also religiös-moralischen Deutungsweisen Rechnung tragen würden. Die entlang der Höhlen des Toten Meeres gefundenen Briefe tragen ebenso wenig, was Stilistik und Inhalt anbelangt, Züge rabbinischer Äußerungen. Das Quellenmaterial gibt zudem keinen Einblick in die Vermögens- und Besitzverhältnisse Bar Kochbas, weswegen er wohl nicht zur Schicht der Begüterten gehörte. Die Abstammung bliebe ebenso gänzlich im Dunkeln, würde nicht eine indirekte Information ihn in Zusammenhang mit Rabbi Elasar aus Modiin bringen in einer jüdischen Quelle wird der Rabbi als Bar Kochbas Chabib, also Onkel tituliert. Dies würde bedeuten, das Bar Kochba eine vornehme Abstammung aus einer Priesterschaft aufzuweisen hätte. Der Name Elasars erscheint zudem auf einigen Aufstandsmünzen. Die Herkunft aus dem Priestergeschlecht wäre gleichbedeutend mit einem direkten genealogischen Bezug zum Stamme Levi, was wiederum ausschließen würde, dass er ein Nachkomme in direkter Linie zu König David aus dem Hause Juda gewesen wäre. Die zwischenzeitlich postulierte direkte Abstammung Bar Kochbas aus dem davidischen Königshaus wurde mittlerweile als nachträgliche und bewusste Konstruktion allgemein anerkannt. Zu besagter Zeit gab es wohl zudem keine Familien mehr, die eine direkte genealogische Verbindung zu der 700 Jahre vorher regierenden Königsdynastie aufweisen konnten. Doch nicht einmal die Abstammung aus dem priesterlichen Geschlecht ist damit bewiesen angemerkt sei, dass die rabbinischen Quellen in ihrer mitunter allzu schönfärberischen Darstellung diesen Bezug zwischen Priestergeschlecht und Bar Kochba nachträglich ebenso konstruiert haben könnten, wie es P. Schäfer postuliert. Er negiert eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen Bar Kochba und Elasar ha-Modai und deutet diese Annahme als eine der vielfältigen Legenden jüdisch-rabbinischer Literatur, indem er auf weitere derartige Beispiele verweist, etwa die nachträglich konstruierte Verwandtschaftsbeziehung zwischen dem Zelotenführer Ben Batiah und seinem angeblichen Onkel Yohanan ben Zakkai. Der Name Elasar auf den Münzen dürfe allein deshalb nicht als einen Hinweis auf Elasar ha-Modai gewertet werden, da der in einem solchen Fall obligatorische Priestertitel gänzlich fehle. Deutet man den Namen des Aufstandsführers als eine Ableitung von seinem Geburts- oder Herkunftsort, um über diesen Beweisstrang Rückschlüsse auf seine Herkunft schließen zu können, so stellt A. Oppenheimer die These auf, bei jenem Ort könne es sich um das Dorf Chirbet Kuweizibe nahe Bethlehem gehandelt haben, allerdings ohne weitere konkrete Beweise dafür vorzulegen. Der Ort lag an der heutigen Verbindungsstraße zwischen Jerusalem und Hebron nahe Ein Arrub. Dort wurde eine Höhle entdeckt, die in die Aufstandszeit zu datieren ist ein Briefdokument belegt an jener Stelle ein Lager der Insurgenten namens Qiriath Arbaia. Dennoch lassen sich, sollten diese Mutmaßungen zutreffen, von der Abstammung Bar Kochbas aus jener Regionen keine Spekulationen ableiten über eine wie auch immer geartete vornehme Herkunft jenes Mannes. Umstritten bleibt in der Forschung die Interpretation des ‘nasi’-Titels in den Präskripten der Bar Kochba-Dokumente. Die vollständige Titulatur darin lautet ‘nasi von Israel’ im Sinne von ‘Fürst von Israel’. Einerseits umfasst diese Titulatur eine irdisch orientierte, rechtskräftige Orientierung, etwa in Vertragstexten, wenn in Bar Kochbas Namen Ackerland verpachtet wird. Die gebräuchlichen Datierungsformeln, z.B. ‘Jahr zwei der Erlösung Israels’ sprechen wiederum für die mit der Titulatur verbundenen eschatologischen Hoffnungen. St. Schreiber interpretiert die Verwendung des Titels in Kombination mit den Münzformeln als Versuch Bar Kochbas, ‘seine messianische Identität und den Glauben daran, dass er als Gesalbter die Erlösung Israels bewirkt’ im geistigen Bewusstsein seiner Anhängerschaft festzusetzen. Martin Jacobs folgt der mittlerweile allgemein anerkannten Theorie, wonach die Titulator konkret bei der Person Bar Kochba als Bezeichnung für einen ‘eschatologisch militärisch-politischen Herrscher’ zu verstehen sei. Kritikern, die einwenden, dass Bar Kochba selbst hätte dazu einen Anspruch auf die eigene genealogische Abstammung aus dem Hause Davids geltend machen müssen, hält er entgegen, dass die Schriften von Qumran keinen Kanon hervorgebracht hätten, denen ein eschatologischer nasi hätte Rechnung tragen müssen.

Über den Autor

Holger Hufer wurde 1981 in Bayreuth geboren und studierte an der Universität Regensburg die Fächer Germanistik und Geschichtswissenschaft für das Lehramt an Gymnasien. Im Jahr 2009 absolvierte der Autor das erste Staatsexamen, das zweite schloss er im Jahr 2011 erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte der Autor umfassende theoretische und praktische Erfahrungen im Bereich der römischen Geschichte und widmete sich dabei insbesondere dem Fachbereich Epigraphik mit dem Schwerpunkt der Analyse und Dechiffrierung von Weih-, Ehren- und Grabinschriften sowie Militärdiplomen. Basierend auf umfangreichen Erfahrungen und Kenntnissen in diesem Bereich widmet sich der Autor im vorliegenden Werk mit dem Bar-Kochba-Aufstand einem bis dato wissenschaftlich kaum thematisierten Kapitel römischer Militärherrschaft im Bereich des Nahen Ostens im zweiten Jahrhundert n. Chr.

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