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Geschichte
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Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 10.2017
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Abb.: 11
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Viele unserer gegenwärtigen Fragestellungen betreffen die wirtschaftliche Entwicklung der Versorgung der Weltbevölkerung mit Grundnahrungsmitteln und die Friedenssicherung. Die bereits stattfindenden Bevölkerungsverschiebungen, Einwanderungen, Flüchtlingswellen und sozialen Verwerfungen, aber auch Integration und damit die Entstehung neuer Gesellschaften sind jetzt schon feste Größen in unserer Zeit. Die Rückschau in die Geschichte zeigt, dass es sich hierbei aber keinesfalls um eine moderne Erscheinung handelt. Einzelne Stammesverbände, aber auch ganze Völker waren im Laufe der Geschichte immer wieder gezwungen, auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen ihre angestammte Heimat zu verlassen. Ein Volk in dieser langen Reihe von Wanderungen – von Pannonien nach Italien – waren die Langobarden. Neben den politischen Ereignissen geht es auch um Fragen der Akkulturation und Integration. Wie verhielten sich die langobardischen Einwanderer und Eroberer in ihrer neuen Umgebung? Wie reagierten die Einheimischen auf die fremde Sprache, Religion und Kultur der langobardischen Migranten? Die Langobarden hatten sich so gut in ihre italienische Umgebung integriert, dass sie ihre kulturelle Identität, ihr Zugehörigkeitsgefühl zu ihrer Heimat im Norden verloren hatten. Sie sind gleichwohl das einzige unter den germanischen Wandervölkern, das nachhaltige Spuren in der Geschichte hinterlassen hat.
Textprobe: Kapitel 4. An der Donau: Im Jahre 167 überfielen langobardische Krieger, als Teilnehmer an den Markomannenkriegen unter Kaiser Marc Aurel, die römische Provinz Pannonien (das heutige Ungarn) und wurden geschlagen. Die restlichen Krieger kehrten in ihre norddeutsche Heimat zurück, denn der Stamm als Ganzes war noch nicht abgewandert. Dazu kam es erst Jahrhunderte später. Zu Beginn des 5. Jh. zwangen Bevölkerungsüberschuss, geringe Bodenerträge und Überschwemmungen zur Wanderschaft. Intensiver Ackerbau war den germanischen Stämmen nicht bekannt. Deswegen mussten sie immer wieder auf neues, weniger ausgemergeltes Land ausweichen. Solange es aber noch geeignete Anbauflächen zu erobern gab, hielten es die germanischen Wandervölker nicht für nötig, ihre Anbaumethoden zu verbessern. Inzwischen gab es im südöstlichen Elbgebiet keinen Platz mehr für weitere Siedler. Das Land war besetzt, wie die Anzahl der Friedhöfe zeigt. Nach 400 wanderten also die Langobarden nach Süden. Sie ließen nur einige Stammesreste in Norddeutschland zurück. Als der größte Teil der Langobarden an der Donau angekommen war, wurden sie von den Hunnen überfallen. Dabei kam König Angelmund ums Leben. Der nächste König war Laimissio, der als Rächer Angelmunds den Hunnen entgegentrat, denen die Langobarden vermutlich unterworfen waren. In heftigen Kämpfen gewannen sie ihre Unabhängigkeit. Viele Hörige, die an diesem Kampf teilgenommen hatten, machten sie zu freien Langobarden, um so die Zahl ihrer Krieger und damit ihre Kampfkraft zu erhöhen. Gerade die Langobarden waren nie ein homogener Stamm, sondern veränderten sich ethnisch immer wieder. Generell waren die germanischen Landnahmezüge, die sich in der Völkerwanderungszeit herausbildeten, keine natürlichen Abstammungsgemeinschaften, sondern ethnisch vielfältig zusammengesetzte Überlebensgemeinschaften. Der Sieg über die Hunnen brachte den Langobarden große Beute und sie wurden kühner in ihren kriegerischen Unternehmungen. Auf Laimissio folgte für ca. 40 Jahre dessen Sohn Lethuc und schließlich wurde Godeoc König. Während in den beiden folgenden Jahrhunderten im Westen Alemannen, Franken und Sachsen, im Osten Goten und Vandalen die Reichsgrenze am Rhein und an der Donau überschritten und die römischen Provinzen verwüsteten, erfahren wir von den Langobarden nichts. Nach der Schlacht auf den katalaunischen Feldern (451) brach das Hunnenreich zusammen. Der kleine Stamm der ostgermanischen Rugier rückte nach Niederösterreich nach. Bis 455 hatten sie zum hunnischen Großreich gehört, dessen Zentrum unter den Königen Bleda und seinem Bruder Attila in Pannonien lag. Etwa zur gleichen Zeit hatten sich die Ostgoten zwischen Leithagebirge und Plattensee angesiedelt. Östlich davon, bis nach Sirmium (Sremska Mitrovica), waren im ehemaligen Kerngebiet des Hunnenreiches in der römischen Provinz Dacien (Siebenbürgen) die mit den Ostgoten verwandten Gepiden ansässig. Und noch ein weiterer germanischer Stamm war auf dem Balkan erschienen, die Heruler. Ihr Gebiet lag nordöstlich von Wien, und von hier beherrschten sie die mittlere Donau. Hinzu kam ein Völkergemisch aus Alanen, Sarmaten und romanisierten Pannoniern, Bulgaren und Nachfahren der Markomannen und Quarden. 453 starb Attila. Gegen seine Söhne erhob sich eine germanische Koalition von Rugiern, Herulern, Skieren und Sweben unter Führung des Gepidenkönigs Ardarich. Sie besiegten die Hunnen in der Schlacht am Nedao, einem Fluss im Karpatenbecken. Die Erben Attilas, denen das römische Reich 432 die gesamte Provinz Pannonien abgetreten und riesige Tributzahlungen geleistet hatte, mussten sich besiegt zurückziehen. Damit veränderte sich das Kräfteparallelogramm im mittleren Donauraum, wovon Ostrom profitierte. Die Gepiden errichteten ein Reich in der römischen Provinz Darcia (Siebenbürgen). Ein Teil der Ostgoten zog von Südrußland nach Pannonien, wo sie von Kaiser Markian (450-457) als Föderaten, d. h. als Verbündete, im Reichsgebiet angesiedelt wurden. Schon um 425 war in der Provinz Pannonien die römische Herrschaft so gut wie zusammengebrochen, auch wenn es noch römische Wehranlagen, befestigte Städte und Villae gab, die Landgüter der römischen Großgrundbesitzer. Der allgemeine Niedergang machte dieses Gebiet interessant für Invasoren und die Langobarden wurden hier in zwei Etappen, 526 und 546, ansässig. Hier übernahmen die Langobarden das arianische Christentum. Die Römer unterschieden zwischen der Pannonia Prima und Pannonia Secunda. Um die Mitte des 6. Jh. war die Pannonia Prima von den Römern schon geräumt worden, und auch die Ostgoten hatten sich als Verbündete Ostroms bereits seit längerem auf den Weg nach Italien gemacht. Pannonien, das einst blühende und dicht besiedelte Gebiet, war inzwischen fast menschenleer und lud geradezu zum Einmarsch ein. Im Jahr 489 erschienen die Langobarden in Rugiland (Niederösterreich), am linken Donauufer zwischen Linz und Wien. Nach 15 Jahren zogen sie weiter in Richtung der nordungarischen Tiefebene, entweder, weil sie von den nachrückenden slawischen Stammen bedrängt wurden, oder weil sie als letztes germanisches Wandervolk der Völkerwanderungszeit endlich nach Italien wollten. Wie alle Wandergermanen vor ihnen waren auch sie Wirtschaftsflüchtlinge auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen. Eine offizielle Genehmigung zur Besiedelung Italiens konnte aber nur bekommen, wer Ostrom Krieger zur Verfügung stellte. 376 war der erste Ansiedlungsvertrag (Foedus) mit dem Germanenstamm der Westgoten abgeschlossen worden, der daraufhin unter eigener Führung auf Reichsterritorium siedeln durfte. Als die Westgoten schon lange das Reich von Tolosa gegründet (418) und die Vandalen Afrika erobert hatten (429), die Alemannen längst im Hinterland des ehemaligen obergermanisch-rätischen Limes saßen, und kurz nachdem der fränkische Reichsgründer Chlodwig die letzten Reste der Römerherrschaft in Gallien beseitigt hatte (486), und kurz bevor Theoderich der Große mit seinen Ostgoten Italien besetzte (489), erschienen die Langobarden an der mittleren Donau. Kaiser Zenon gelang es, die Ostgoten zu seinen Nutzen einzusetzen. Als Heermeister Ostroms brach Theoderich 484 mit seinem Heer aus den Siedlungsgebieten Niedermoesien auf, um Italien für den Kaiser zu erobern. Bei Sirmium stellten sich dem Zug von etwa 100 000 Menschen die Gepiden entgegen, verloren aber die Schlacht, und schon Ende August 489 kam es zu dem für Theoderich siegreichen ersten Treffen mit Odoaker an der Isonzo Brücke. Nach dem Friedensschluss von 493 ermordete Theoderich in einem Akt von Blutrache für das rugische Königspaar eigenhändig Odoaker und ließ dessen Anhänger in ganz Italien töten. Durch diese Tat war Theoderich zum uneingeschränkten Herrscher Italiens geworden und festigte ein Ostgotenreich, das im Norden bis an die Donau reichte, im Westen bis an die Provence und im Osten Illyrien mit einschloss. An der Donau wurden die Langobarden Nachbarn der Heruler. Einigermaßen sicher war die romanische Bevölkerung nur in ihren befestigten Städten, meist kümmerlichen Siedlungen in den Arealen der alten Kohorten-oder Legionskastellen. Das offene Land durchstreiften Räuberbanden. Die Städte an der oberen Donau wurden häufig von germanischen Plünderhaufen (Alemannen, Thüringer, Heruler und Sweben) angegriffen. Die Verbindung zum Mutterland Italien war unsicher. Sold und Ausrüstung blieben aus. Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln war nicht gesichert. Die politische Verantwortung in den Gemeinden trug, wie in allen Grenzprovinzen der Spätantike, der örtliche Klerus, der auch die administrativen Aufgaben übernahm. Die ehemaligen Monumentalbauten dienten als Steinbrüche für letzte Wehrbauten. Im 5. Jh. wurde der Niedergang der Zivilisation offenkundig. Die Bürger in den Städten betrieben Ackerbau und hielten Vieh. Das friedliche Zusammenleben der Romanen und Rugier basierte auf Gegenseitigkeit und war nur durch wenige Zwischenfälle beeinträchtigt. Die Romanen brauchten die Germanen als Schutzmacht, denn nur sie konnten die Bevölkerung südlich der Donau vor den Angriffen anderer Barbaren schützen. Für die Rugier wiederum waren die Romanen Arbeitskräfte, welche dieser kriegerischen Gesellschaft erst ein angemessenes Leben ermöglichten. In den von den Rugiern besetzten Gebieten hatte zweierlei Recht Gültigkeit. Für die Provinzialen galt das römische Recht, für die Germanen eigene Volks- oder Stammesgesetze, die in kodifizierter Form erst seit dem späten 5. Jh. überliefert sind. Auch in dem reifsten Gesetzeswerk der germanischen Frühzeit, dem Edictus Rothari von 643, wird deutlich, dass die Artikel personenbezogen sind und nur für die jeweilige Gens (Volk, Stamm, Gefolgschaft) Gültigkeit hatten. Überall wo im Frühmittelalter auf ehemals römischem Boden germanische Herrschaften entstanden, standen diese beiden Rechtssysteme nebeneinander und wurden bei den entsprechenden ethnischen Gruppen angewendet. Funktionsfähig waren diese Gesetze aber nur, solange der Rechtsschutz gewahrt blieb. Der Zusammenhalt des langobardischen Volkes, das sich als Heer (exercitus) verstand, garantierte die Sippe. Sie war zur Selbsthilfe durch die Fehde (Faida) verpflichtet, die erst 643 abgeschafft und durch das widrigild (Wehrgeld oder Strafgeld) ersetzt wurde. So wie alle germanischen Rechtssysteme den Begriff Wehrgeld (wer =Mann) kannten, benutzten die Langobarden den Begriff, um einen ins Einzelne gehenden Bußgeldkatalog zu schaffen, der von Fall zu Fall die Höhe der Geldstrafe festlegte. Die Höhe der Buße richtete sich nach der Höhe des Wehrgeldes des Opfers, nicht des Täters. Wurde jemand mit einem hohen Wehrgeld geschädigt, kassierte er als Entschädigung mehr als jemand mit einem niedrigen. Der Stand einer Person bemaß sich nach der Größe ihres Grundbesitzes und dem damit verbundenen Ansehen (Angargathungi). Wer weniger besaß, hatte auch ein geringeres Wehrgeld. Es kostete entsprechend weniger, ihn zu schädigen. Bei geringfügigeren Delikten kannte das Edikt feststehende Bußen. Das Bußgeldsystem, auch Kompositionssystem (compositia=Vergleich) genannt, beruht auf dem Gedanken, dass eine Straftat durch materielle Entschädigung ausgeglichen werden konnte. In den germanischen Volksrechten war es der erste Versuch, die Selbstjustiz der Sippe abzuschaffen. Dennoch kam es immer wieder vor, dass ein Geschädigter sich auf den Vergleich einließ und das Bußgeld nahm, anschließend aber trotzdem zur Fehde schritt. Um solche Rückfalle in das alte Blutrachesystem zu verhindern, belegte der Ediktus sie mit der doppelten Strafe. Erst allmählich trat neben das Bußgeldsystem auch ein Strafsystem, das auf dem Gedanken beruhte, dass in bestimmten Fällen eine Schuld auch bestraft werden müsse. Im Verband der Langobarden lebten viele Fremdstämmige. Auch wenn sie Freie waren, waren sie den Langobarden nicht ebenbürtig und von der Volksversammlung ausgeschlossen. Eine ethnische Vermittlung wurde nicht gewollt, vielmehr siedelte man die Fremdstämmigen gesondert nach ihrer Volkszugehörigkeit auf Staatsgut an. Jedes Glas Soave, das wir trinken, sollte uns an die Sueben erinnern, die in Norditalien ansässig wurden. Über das Jahr 643 hinaus wurden, wenn die Zeugenaussagen nicht ausreichten, folgende Stammestraditionen weiterhin angewandt: Zweikampf durch bezahlte Kämpfer (camphios) oder Gottesurteil (z.B. Wasserprobe). Bei der Wasserprobe wurde der Übeltäter gefesselt ins Wasser geworfen und war schuldig, wenn er nicht unterging. Zu Beginn des 6. Jh. gab es noch Frieden zwischen den Langobarden und den Herulern. Um weiterhin mit den Langobarden in Ruhe leben zu können, schickten die Heruler den Bruder ihres Königs an Tatos Hof. Dessen Tochter Rumetrud machte sich über die kleine Gestalt des Gastes lustig und verärgerte ihn damit. Sie ließ ihn daraufhin erstechen. Nun musste es zur Schlacht kommen. Die Langobarden siegten. Dadurch wurden die Langobarden Herren über das linke Donauufer von der Wachau bis zum Gran. Godeoc, der 3. Herrscher aus dem Geschlecht der Lethinger, konnte sich offenbar unbehelligt von der römischen Reichsgewalt in Rugorum Patria , das einen fruchtbaren Boden hatte, festsetzen. Unter Tato, dem Enkel Godeochs, zogen die Langobarden dann aus Rugiland in die weite Ebene, die in ihrer Sprache Feld genannt wurde.
Klaus Coors wurde 1944 in Korbach geboren. Nach dem Abitur studierte er in Hamburg Anglistik und alte, mittlere und neue Geschichte und schloss alle seine Studienbereiche mit dem Staatsexamen ab. Er wurde Lehrer an einem Gymnasium, zuletzt Studiendirektor und begann früh, sich im Leistungskurs mit den Langobarden zu beschäftigen, zumal das Helmsmuseum in Hamburg über langobardische Überreste verfügte. Vor ca. 30 Jahren begann er zusammen mit seiner Frau seinen Urlaub ganz in Italien zu verbringen und in der Zeit alle vorhandenen Überreste zu suchen, zu fotografieren und aufzulisten. So entwickelte er sich zu einem Spezialisten für die Langobarden. Inzwischen haben seine Frau und er ihren Lebensmittelpunkt nach Italien verlegt und gehen dort beide zwischen Lucca und Pisa der Geschichte der Langobarden nach.
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