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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 01.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Abb.: 37
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Tizians ‚Zinsgroschen‘ war, obwohl in den Privaträumen des Herzogs sicher nur einer ausgewählten Öffentlichkeit zugänglich, bereits kurz nach seiner Entstehung sehr bekannt. Heute ist die Bedeutung des einst ruhmreichen und geachteten Werkes jedoch fast vergessen bzw. wird verkannt. Bisher sind Informationen, die das Gemälde sowie seinen ursprünglichen Aufenthaltsort betreffen, nicht umfassend zusammengetragen bzw. Kontexte generell vernachlässigt worden. In dieser Studie werden daher die bisherigen Forschungsleistungen einer besonneneren Prüfung unterzogen und im Vergleich zueinander neu bewertet. Der ‚Zinsgroschen‘ ist mehr als ein simples ‚Probestück’, mit dem sich Tizian dem Herzog von Ferrara empfahl, auch wenn Werbegeschenke durchaus nicht unüblich waren, um an Aufträge zu gelangen. Werke des 16. Jahrhunderts verfügten über eine Eloquenz, die für den heutigen Betrachter nur schwer zu entschlüsseln sind, daher geht es darum diese anderen Dimensionen des Gemäldes aufzuzeigen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3,Tizians Arbeit im Auftrag des Herzogs Alfonso I. d’Este von Ferrara: 3.1, QVE•SVNT•DEI•DEO• Das Biblische Thema: Tizians Zinsgroschen (Abb. 1) gilt als die klassische Formulierung der Konfrontation Jesu mit den Pharisäern schlechthin. In der Bibel taucht eine solche Geldthematik in verschiedenen Szenen auf. Zum einen existiert eine Zins- oder Zollgroschenszene im Zusammenhang mit der Petrusgeschichte. Sie behandelt das Zusammentreffen von Christus mit den Jüngern und einem Zöllner und die Weisung Christi an Petrus aus dem Maul eines Fisches einen Zinsgroschen zu nehmen und dem Zöllner zu übergeben. Zum anderen gibt es die bei Matthäus geschilderte Szene im Tempel. Durch die Frage der Pharisäer, ob es erlaubt sei, dem römischen Kaiser Steuern zu zahlen, sollte Jesus bloßgestellt und provoziert werden. Nicht nur, dass sie es Leid waren Steuern zu zahlen und sie somit zu Verrätern gegenüber dem Kaiser wurden, wollten sie sich des Mannes entledigen, der ihren eigenen machthungrigen Plänen zum Trotz predigte. Kluge und gelehrte Männer versammelten sich um eine Falle zu ersinnen, aus der Christus nicht entkommen könne. Würde er im Beisein der Gesandten des Herodes wider den Kaiser antworten, müsste er wegen Hochverrats sofort die Todesstrafe erhalten. Würde er hingegen nicht zu seinem eigenen Wort stehen, hätte dies Gottes Zorn zu Folge. Doch Jesus überraschte alle mit göttlicher Weisheit und gibt, ihre Falschheit durchschauend, keinem den Vorrang, sondern zwingt die Gottlosen auf ihre eigene Frage zu antworten. Unter dem Hinweis auf das der Münze aufgeprägte Kaiserbild, erwiderte Christus: ‘So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist’. Luther verbindet damit zu Recht das Sprichwort ‚Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein’, denn Gott antwortet den Menschen auf die gleiche Art, wie sie ihm begegnen. Zugleich wird mit der Aussage Christi eine von Gott gewollte Trennung zwischen geistlichem und weltlichem Reich indiziert. Ein Herr braucht brave Untertanen und wird gleichermaßen ermahnt, dass auch er den Seinen etwas schuldig ist, denn beide haben eine Verantwortung vor Gott. Insgesamt aber, kann Tizians Zinsgroschen (Abb. 1) nicht nur als reine Illustration des herzoglichen Mottos oder der biblischen Szene gesehen werden. Mittels nachfolgender ikonologischer Strategien soll untersucht und nachgewiesen werden, wie das Gemälde zu einem Bedeutungsträger und -vermittler wird. 3.2, Vorbilder und Einflüsse?: In der Forschung ist anerkannt, dass es sich bei Tizians Zinsgrsoschen (Abb. 1) um die erste malerische Behandlung des Themas handelt. Mariacher führt dies unter anderem auf steuerliche Streitigkeiten zwischen Karl V. und der römischen Kirche zurück, die Anfang des 16. Jahrhunderts ausgebrochen waren. Da sich der Zinsgroschen als Thema in der bildenden Kunst erst im 16. Jahrhundert mit dem Werk für Alfonso I. d’Este etablieren konnte, ist es schwierig Vergleichsbeispiele zu finden, an denen sich Tizian thematisch hätte orientieren können. Der Zinsgroschen (Abb. 1) ist nicht das einzige Werk des Künstlers, das in seiner Gesamtheit nicht auf Vorbilder zurückzugreifen scheint. Auch die Assunta oder die Pesaromadonna, sowie das bei Feghelm-Aebershold vordergründig behandelte Ecce Homo (1543) sind in ihrer Aussage so dicht und tief, dass sie allein Tizians Invention entsprungen sein müssen. In seinen religiösen Gemälden arbeitete Tizian jedoch auch mit bekannten Inhalten und vertrauten Motiven, auch hielt er sich an ikonographische Traditionen. Wenn, dann ging er folglich frei mit Vorbildern um, wandelte sie in seinem Zusammenhang und eigenschöpferisch um. Es ist wahrscheinlich, dass sich Tizian nur an einzelnen Bildelementen anderer Werke orientiert hat, etwa einem Gesichtsausdruck oder einer Technik. Somit hat er auch den Zinsgroschen (Abb. 1), im Rahmen möglicher Forderungen des Auftraggebers, unbeeinflusst und frei aufbauen können. Angelo Walther scheint in diesem Sinn der bärtige Charakterkopf des Pharisäers stark von den Jüngern in Leonardo da Vincis Abendmahl beeinflusst zu sein. Da ihm dies auch bei den gebräunten Gestalten Josephs und Zacharias’ in der Kirschenmadonna (Abb. 12) auffiel, hält er beide Gemälde für Gegenstücke. Gilbert untersucht in erster Linie die Vorbildwirkung durch Michelangelo, Walther betont Einflüsse Dürers und Mantegnas. Noch augenscheinlicher sind Zitate und Rückgriffe Tizians auf eigene Kompositionen, so entspricht etwa der geistige Ausdruck Jesu im Zinsgroschen (Abb. 1) dem Christustyp des Noli me tangere (Abb. 13). Philipps Untersuchung von 1897 (2008 neu aufgelegt) behandelt Zuschreibungen und Datierungsproblematiken und versucht insbesondere Tizians Jugendstil von dem Giorgiones zu differenzieren. Dabei hebt auch er die Innovationen im Bereich der religiösen Malerei, des Porträts und der Landschaftsgestaltung hervor. Mit Sicherheit verarbeitete Tizian im Zinsgroschen (Abb. 1) Einflüsse Palmas, Giorgiones und Dürers. Ohne diese aber nachzuahmen, fand er einen neuen Ausdruck und offenbart somit schöpferisches Talent sowie technische Begabung. Thematische oder kompositorische Übernahmen und Entlehnungen werden in den folgenden Kapiteln an den entsprechenden Stellen eingebunden.

Über den Autor

Josephine Klingebeil, M.A. wurde 1984 in Forst/Lausitz geboren. Ihr Studium der Kunstgeschichte und der Romanistik an der Technischen Universität Dresden schloss die Autorin im Jahre 2010 mit dem akademischen Grad der Magistra Artium erfolgreich ab. Bereits während des Studiums entwickelte die Autorin eine Vorliebe für die italienische Kunst der Frühen Neuzeit. Fasziniert von der italienischen Kultur und Sprache, verbrachte die Autorin längere Zeit in Italien, um die Besonderheiten des Landes kennenzulernen. Der Zauber der umfangreichen italienischen Gemäldesammlung der Alten Meister in Dresden motivierte sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.

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