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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 01.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 172
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Kooperation zwischen Mitarbeitenden in stationären Pflegeeinrichtungen und Angehörigen der Bewohner ist nicht selten von Spannungen und Konflikten geprägt. Angehörige werden von Mitarbeitenden durchaus als Last, Kontrolleure als Stör-und Stressfaktor empfunden. Dieses Buch geht deshalb der Frage nach, wie die Beziehung zwischen Angehörigen und Mitarbeitenden so gestaltet werden kann, dass aus einem Gegeneinander oder Nebeneinander ein Miteinander wird. Ausgangspunkt ist die Wahrnehmung der oft konfliktbeladenen Situation der Angehörigen aufgrund des Wechsels von der häuslichen zur stationären Versorgung ihres pflegebedürftigen Angehörigen. Danach richtet sich der Fokus auf die Beziehungsgestaltung zwischen Angehörigen und Mitarbeitenden durch Kommunikation. An zwei exemplarischen Gesprächsanalysen wird aufgezeigt, wie durch eine professionelle Sprachkompetenz Gespräche mit Angehörigen zu einer positiven Beziehungsgestaltung genutzt werden können.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.6 Erfolgsfaktoren gelingender Angehörigenaufnahme und –integration: Wie bisher aufgezeigt, ist das Thema Angehörigenarbeit in der stationären Altenhilfe mit Beginn des 20. Jahrhunderts mehr und mehr in den Blick geraten. Aufgrund der erwähnten Forschungsergebnisse können mittlerweile einige (Miss-)Erfolgsfaktoren für eine gelingende Angehörigenarbeit benannt werden. Dabei ist zu unterscheiden zwischen weniger oder nicht beeinflussbaren Faktoren und solchen, auf die Einfluss genommen werden kann. Sowohl von Seiten der Mitarbeiter als auch von Seiten der Angehörigen können geistige Aspekte (Intelligenz, Sprachkultur u. ä.) sowie psychische Aspekte (Stimmung, Gefühlslage u. ä.) Ursache für Störungen im Miteinander sein. Auch sozio-kulturelle und sprachliche (soziale Schicht, Sprachgrenzen u. ä.) sowie physiologisch-biologische Aspekte (etwa eine Höreinschränkung, die falsche Interpretationen oder Misstrauen verursachen u. ä.) beeinflussen möglicherweise ebenfalls die Zusammenarbeit (vgl. Daneke 2010, S. 34). Zu den eher starren Faktoren zählt zudem noch der Zeitfaktor , der aufgrund des personellen Haushaltes einer Pflegeeinrichtung auf das Kommunikationsverhalten Auswirkungen haben kann (vgl. ebd., S. 37). Auch die räumlichen Gegebenheiten sind nur bedingt beeinflussbar, um ein begegnungsförderndes Ambiente zu gestalten (vgl. ebd., S. 38). Im Blick auf eher beeinflussbare (Miss-)Erfolgsfaktoren, auf die noch eingegangen wird, ist der Vergleich der Empfehlungen verschiedener Autoren interessant. Die aufgeführten (Miss-)Erfolgsfaktoren beziehen sich auf Umgang und Kommunikation, auf strukturelle Aspekte sowie auf Angebote der Mitwirkung durch die Angehörigen. Aus meiner Sicht bleiben in den Empfehlungen zwei Aspekte unerwähnt, die als ganz wesentliche oder gar als die Schlüsselfaktoren für (Miss-)Erfolg zu sehen sind: 2.6.1 Grundhaltung von Mitarbeitern bezüglich Angehörigen: Sie hängt zum einen mit den vier Lebensanschauungen zusammen, zu denen ein Mensch nach Harris kommen kann. Die ersten drei sind der Nährboden für Misserfolg in der Angehörigenarbeit und blockieren eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dazu gehört, welches Bild Mitarbeiter von Angehörigen haben: Werden sie als Störfaktoren, als Kontrolleure, als Partner und Verbündete oder als Ressource gesehen? Zum anderen gibt es drei weitere Grundhaltungen, die auch auf den (Miss-)Erfolg im Miteinander zwischen Mitarbeitern und Angehörigen Einfluss haben. Sie basieren auf den Grundsätzen der klientenzentrierten Gesprächsführung nach Rogers : Empathie, Wertschätzung, Kongruenz (vgl. Weinberger 2008, S. 37). Ein weiterer Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Angehörigenarbeit ist aus meiner Sicht: 2.6.2 Mitarbeiterbewusstsein für den Auftrag zur Angehörigenarbeit Angehörigenarbeit darf nicht nur in Form eines Konzeptes im Qualitätshandbuch einer Einrichtung abgebildet sein. Sie braucht eine Verankerung in Kopf und Herz der Mitarbeiter. Damit sich alle Mitarbeiter an einer erfolgreichen Aufnahme und Integration von Angehörigen beteiligen, muss ihnen klar sein, dass jeder an seinem Platz in seiner Funktion seinen Beitrag leistet und auch leisten kann. Dieses Bewusstsein kann nicht beim Mitarbeiter vorausgesetzt werden. Es muss entwickelt werden, was originäre Aufgabe des Trägers der Einrichtung und/oder der Hausleitung ist. Damit verbunden ist die Notwendigkeit, den Mitarbeitern einen Auftrag zu vermitteln. Sie müssen verstehen, auf welche Weise sie zum (Miss-)Erfolg beitragen (können). Zudem braucht es regelmäßige Schulungen und ggf. auch Supervision, um Mitarbeiter bei der Aufnahme und Integration von Angehörigen zu unterstützen (vgl. Engels und Pfeuffer 2009, S. 282). Aufgrund der Forschungsergebnisse sind noch weitere Faktoren zu nennen, die mitentscheiden über das Gelingen oder Misslingen der Aufnahme und Integration von Angehörigen: 2.6.3 Höflichkeit und Engagement: Heß (2010, S. 16) hält diese beiden Aspekte für eine kundenorientierte Kommunikation als unverzichtbar, da sie Türöffner sein können. Sie äußern sich in unterschiedlichen Verhaltensweisen, die bereits bei der Begrüßung beginnen. Ein Ausdruck der Höflichkeit, der Aufmerksamkeit und Wertschätzung ist, sich den Angehörigen beim Besuch zuzuwenden, damit sie erleben: Ich werde wahrgenommen. Dazu gehört vor allem, die Angehörigen, die regelmäßig zu Besuch kommen, mit Namen zu begrüßen (vgl. ebd. S. 16). Manchmal kann auch eine Begrüßung per Handschlag angebracht sein, wobei hier Achtsamkeit geboten ist, weil dies nicht alle Angehörigen wollen. Der Besuch von Angehörigen ist manchmal damit verbunden, dass sie eine Frage haben oder etwas besprechen wollen. Mit nur einem Satz kann ein Mitarbeiter aber bereits einen positiven Ruf der Einrichtung schmälern: Wenn der Mitarbeiter dem Angehörigen signalisiert, dass er nicht zuständig ist, dass er keine Zeit hat, dass er Urlaub hatte und deshalb von nichts weiß – oder ähnliche Entschuldigungen. Solche kleinen Unachtsamkeiten in der Kommunikation können eine große Außenwirkung haben und sich negativ im Miteinander zwischen Angehörigen und Mitarbeitern niederschlagen (vgl. ebd., S. 10). Deshalb gehört nach Heß zu einer kundenorientierten Kommunikation, Gründe anzugeben, wenn der Angehörige warten muss. Ebenso ist darunter zu verstehen, dass dem Angehörigen weitergeholfen wird, wenn der gewünschte Ansprechpartner nicht da ist, etwa in Form einer verbindlichen Zusage, das Anliegen zu klären (vgl. ebd., S. 16). 2.6.4 Regelmäßige Information: In einer Studie in den USA wurden in Pflegeheimen und betreutem Wohnen 353 Familienangehörige bezüglich ihrer Mitwirkung befragt. Ein Ergebnis war, dass es einige Bereiche gab, in denen Angehörige gerne mehr integriert sein wollten. Am häufigsten kam der Wunsch nach mehr und regelmäßigerer Kommunikation (vgl. Woods 2009, S. 24). Dass sie die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Angehörigen und Mitarbeitern einer Pflegeeinrichtung ist, zählen auch Engels und Pfeuffer (2009, S. 281) aufgrund der ISG-Angehörigenbefragung (2006) zu den wesentlichen Elementen einer guten Angehörigenarbeit. 2.6.5 Unterstützung der Angehörigen: Wie unter 2.3 aufgezeigt, ist für Angehörige der Wechsel der Versorgungsform für ihren pflegebedürftigen Angehörigen mit vielfältigen Herausforderungen verbunden. Deshalb sind manche Angehörige auf Unterstützung und Hilfestellung angewiesen. Von daher ist eine kontinuierliche Begleitung ein Element einer guten Angehörigenarbeit (vgl. ebd., S. 281). Dazu kann etwa die Unterstützung bei der Gestaltung von schwierigen Abschieden zwischen dem Angehörigen und dem Bewohner zählen (vgl. Woods 2009, S. 66). Manche Angehörige benötigen Schulungen, um mit Rollenkonflikten, Schuldgefühlen, herausforderndem Verhalten des pflegebedürftigen Angehörigen und anderen Themen umgehen zu können (vgl. Engels und Pfeuffer 2009, S. 282). 2.6.6 Anerkennung und Wertschätzung gegenüber Angehörigen: Woods (2009, S. 68) weist darauf hin: Pflegeeinrichtungen, die Familienangehörige einbeziehen, zeichnen sich dadurch aus, dass sie […] die Leistungen der Angehörigen [schätzen] . Dies kann sich zum einen auf die Formen der Mitwirkung im Pflegeheimkontext beziehen. Deshalb gehört für Heß (2010, S. 18) auch der Dank an die Angehörigen zu einer kundenorientierten Kommunikation. Zum anderen kann damit aber ebenso die bisher geleistete Tätigkeit als pflegender Angehöriger wertgeschätzt und anerkannt werden (vgl. Daneke 2010, S. 24). Diese Umgangsform wird eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Angehörigen und Mitarbeitern fördern, wenngleich Angehörige bei der ISG-Befragung angaben, dass eine unzureichende Anerkennung durch Mitarbeiter nicht belastend sei (vgl. Engels und Pfeuffer 2009, S. 247). Bezüglich der (Miss-)Erfolgsfaktoren in der Angehörigenarbeit ist hier festzuhalten: Abgesehen von den anfangs erwähnten Faktoren, die kaum oder nicht beeinflussbar sind, [stellen] Mitarbeiter […] in diesem Prozess den Dreh- und Angelpunkt bezüglich der Frage dar, ob eine entsprechende Integration gelingt (Kramer 2012, S. 37).

Über den Autor

Esther Siegel ist als Gerontologin (FH), Theologin (B. A.), Demenzfachkraft (IHK) und Trauerbegleiterin in der stationären Altenhilfe tätig. Aufgrund ihrer mehrjährigen Erfahrungen im Berufsalltag eines Pflegeheimes entwickelte sie ein besonderes Interesse an der Fragestellung, wie das Miteinander von Angehörigen der Bewohnerinnen und Bewohner sowie den Mitarbeitenden (besser) gelingen kann. Ziel war es, mit den Ergebnissen einen Beitrag zu einer guten Zusammenarbeit von Angehörigen und Mitarbeitenden leisten. Deshalb greift die Autorin die Forschungsergebnisse nun in ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Referentin in der Fort-und Weiterbildung von Menschen in Gesundheits-und Sozialberufen, freiwillig Engagierten in der ambulanten Hospizarbeit und pflegenden Angehörigen auf. Dadurch haben die Erkenntnisse einen direkten Einfluss auf die Förderung der Sprachkompetenz von Mitarbeitenden in Pflegeheimen.

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ISBN: 978-3-95935-596-4
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