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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 152
Abb.: 16
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Nach dem Ende der kommunistischen Diktaturen wurden sowohl in der ehemaligen DDR als auch in der Volksrepublik Polen Institutionen zur Aufarbeitung der kommunistischen Staatssicherheitsdienste gegründet. Diese werden im vorliegenden Buch betrachtet. Der Autor gibt zunächst einen Überblick über die Geheimdienste, das Aufarbeitungsfeld der beiden Institutionen, sowie Aufgabe, Funktion und Umsetzung der staatlich zugeschriebenen Tätigkeitsfelder der Einrichtungen. Zudem beleuchtet er Zusammenarbeit, Lerneffekte und Optimierungsoptionen der beiden Geheimdienste und des BStU bzw. des IPN und thematisiert auch das im Aufbau begriffene Netzwerk der Aufarbeitungsinstitutionen für kommunistische Staatssicherheitsdienste.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.3, Zusammenarbeit der beiden Dienste: ‘Eine bilaterale Kooperation der besonderen Art bildete etwa die Zusammenarbeit der nationalen Geheimdienste.’ Seit Anfang der 1950er Jahre unterhielten beide Dienste in den Hauptstädten des jeweils anderen Staates eine Arbeitsgruppe. Die ersten Kontakte ergaben sich Anfang der fünfziger Jahre im Kampf gegen den gemeinsamen Hauptgegner Bundesrepublik und West-Berlin. ‘Die Akten zu dem ersten bisher bekannten bilateralen Treffen stammen aus dem Juni 1955.’ Thema dieses Treffens und bis Mitte der 1960er Jahre hinein waren die technische Zusammenarbeit und die Bekämpfung der Bundesrepublik. Das Gewicht dieser Zusammenarbeit verschob sich zusehends von einem gleichberechtigten Verhältnis zu einem Übergewicht des MfS. In Bezug auf die Bundesrepublik und West-Berlin bahnte sich in dieser Zeit ein Konflikt an. Polen erhoffte sich ungehinderten Zugang und eine Intensivierung des Handels mit der Bundesrepublik, während für die DDR die Bundesrepublik nach wie vor den Hauptgegner darstellte. Hingegen bildete die Bekämpfung der katholischen Kirche in Polen durchgehend ein Feld intensiver Zusammenarbeit. Dieser Komplex entwickelte sich ‘spätestens seit Mitte der fünfziger Jahre […] zwischen der Hauptabteilung V des MfS und dem Department VI des KBP’ zu einer engen Zusammenarbeit, ‘die trotz aller Spannungen bis zum Ende der Existenz beider Staaten fortgesetzt wurde.’ ‘Seit 1956 entwickelten sich die beiden sozialistischen Länder völlig konträr, was ihre […] geheimdienstliche Repression anging.’ In der VR Polen wurden die Aktivitäten des Geheimdienstes zurückgefahren und man kämpfte mit inneren Problemen, während das MfS massiv ausgebaut und die Überwachung weiter verstärkt wurde. Beide Entwicklungen sind auch eine Folge des jeweiligen Umgangs mit der Geheimrede Chruschtschows auf dem XX. Parteitag der KPdSU. ‘In den relativ ruhigen sechziger Jahren schienen MfS und MSW über die technische Kooperation hinaus vergleichsweise wenig miteinander zu tun gehabt haben.’ So lang es keine Befürchtungen seitens des MfS um die Stabilität des eigenen Staates beziehungsweise des Ostblockes gab, agierten beide Dienste vorrangig im eigenen Staat, ohne mit dem anderen die intensive Zusammenarbeit zu suchen. Im Gegenteil, 1965 ‘überließen die Polen […] ,zwecks Vermeidung doppelter Arbeit‘ die ,operative Bearbeitung‘ des Bundeskanzleramtes den Ostdeutschen.’ Im Gegenzug unterstütze das MfS Polen bei der Auskundschaftung der polnischen Exilorganisationen und des Senders Radio Free Europe. Damit verbunden war der gemeinsame Austausch von Informationen über westliche Geheimdienste. ‘Eine neue Phase in den gemeinsamen Beziehungen zwischen dem polnischen Innenministerium […] und der STASI markierten die Dezember-Unruhen im Jahr 1970.’ Auch wenn die Befürchtungen des MfS ob des Überschwappens der Unruhen sich nicht erfüllten, so kam es doch 1971 zu Unruhen unter den polnischen Arbeitern unter anderem im Kombinat Schwarze Pumpe. Daraufhin entsandte das polnische Innenministerium in Abstimmung mit dem MfS Offiziere des Innenministeriums einer speziell dafür gebildeten Operativgruppe in die DDR-Städte mit der höchsten Anzahl polnischer Vertragsarbeiter. Die in dem Zusammenhang entstandenen Kontakte wurden bis Mitte der siebziger Jahre weiter ausgebaut und ‘diese polnischen Sicherheitsoffiziere sollten bis 1989 in der DDR tätig bleiben.’ In einem Treffen Ende 1971 wurden die Regeln für die Zusammenarbeit des MfS mit den polnischen Offizieren festgelegt und die Stärkung der polnischen Operativgruppe in Berlin sowie die Verbesserung der allgemeinen Zusammenarbeit und Koordination verabredet. 1975 vereinbarten beide Dienste, dass die Kontakte der polnischen Arbeiter zu den Bürgern nichtsozialistischer Staaten und zu regimekritischen DDR-Bürgern zusammen überwacht werden. Die Zusammenarbeit war in den siebziger Jahren vor allem auf Abteilungs-/Linienebene fest etabliert. Im Zusammenhang mit der angespannten Lage in Polen nutzen die Polen nach der Öffnung der Grenze zur DDR (1. Januar 1972) die Möglichkeit des visumfreien Reiseverkehrs und dabei vor allem, um günstig in der DDR einzukaufen. Recht schnell warnte das MfS den MBP vor der aufkommende antipolnische Stimmung der grenznahen DDR-Bevölkerung. Da sich die Lage weder in Polen maßgeblich besserte, noch die Stimmung gegenüber den Polen in der betroffenen DDR-Bevölkerungsgruppe sich verbesserte, wurde im Oktober 1980 die Visumfreiheit wieder abgeschafft, so dass nur noch die Vertragsarbeiter in den Genuss der erleichterten Einreise kamen. In Verbindung mit der Solidarnosc-Bewegung sah das MfS endgültig ‘die Gefahr einer Übertragung eventueller antikommunistischer Stimmungen über die Oder.’ Das MfS schätzte diese Streiks falsch ein, sah sie als rein sozial und ökonomisch, weniger ideologisch begründete Proteste. Zum einen begründet sich diese Fehleinschätzung darin, dass sich die Stasi vor allem auf Urlaubsberichte ihrer Spitzel stützte eigene Agenten waren bis zu diesem Zeitpunkt kaum in Polen, und zum anderen funktionierte die Zusammenarbeit mit dem MBP schlecht, beziehungsweise waren die Informationen eher spärlich und von Floskeln der Beruhigung geprägt. Das polnische Innenministerium verweigerte den ostdeutschen Genossen tiefergehende Informationen über die innenpolitische Krise. In Mielkes Augen war vor allem der imperialistische Westen mit seinen Einflüssen auf Polen schuld, was die objektive Analyse der erhalten Informationen nicht begünstigte. Als zweites und drittes lagen die Fehler bei der polnischen Partei, die die Beschlüsse von 1971 falsch beziehungsweise nicht korrekt umsetzte, und bei erheblichen Mängeln im Bereich der ideologischen Arbeit, was zu einem Erstarken des Nationalismus und Antisowjetismus führen musste. In den Jahren davor fand die Zusammenarbeit vor allem auf der unteren Ebene, speziell im Bereich der Spezialtechnik, sprich der optischen und akustischen Überwachungstechnik, statt. Es wurde Technik ausgetauscht und gegenseitig in der Handhabung selbiger ausgebildet. Auf Ministerebene war vor allem die ideologische Grundlage das Thema der Treffen. Mit den beginnenden Auflösungserscheinungen im Ostblock, speziell der Wahl des Polen Karol Józef Wojtyla zum Papst und dem Aufkommen der Solidarnosc, veränderten sich die Beziehungen zwischen den beiden Diensten grundlegend. ‘In Absprache mit dem Sicherheitsdienst im Warschauer Innenministerium intervenierte die DDR 1982 mit hauptamtlichen Personal des MfS, das auf polnischem Boden tätig wurde.’ Das MfS ging dazu über mehr eigene Spitzel einzusetzen und misstraute dem polnischen Dienst zusehends. ‘Alle diese Gründe legten die Erschließung eigener, vom ,Bruderorgan‘ unabhängiger Informationsquellen nahe.’ Infolgedessen wurde die Operativgruppe (OG) Warschau gegründet. Hauptamtliche Mitarbeiter des MfS wurden in der DDR-Botschaft in Warschau als offizielle Angestellte platziert. Weitere Hauptamtliche wurden in die Konsulate der DDR in Danzig, Stettin, Breslau und Kattowitz entsandt. ‘Die Desinformationsabteilung der HV A betrieb umfangreiche Propagandaoperationen zur Diskreditierung der Solidarnosc-Aktivisten.’ In Frankfurt an der Oder richtete das Ministerium eine neue Vorverdichtungs-/Such- und Hinweiskartei (VSH) in einem neugeschaffenen Sonderreferat ein. Schwerpunkt waren die Kontakte zwischen DDR-Bürgern und denen der Volksrepublik Polen sowie Grenz- und Telefonüberwachung mit dem Ziel, ein Überschwappen des Streiks in die DDR zu verhindern. Parallel dazu wurden bewährte Quellen der Bruderorgane und in polnischen Ministerien sowie dem Partei- und Sicherheitsapparat genutzt. Spätestens 1987 wurde dies von den polnischen Eliten als Problem gesehen und auch in gemeinsamen Treffen angesprochen. ‘Das Interesse an Polen war im MfS zwischen 1980 und 1989 durchweg hoch.’ Die Angst vor dem Ende der Herrschaft der sozialistischen Partei in Polen und den Folgen, die sich daraus für die SED und die DDR sowie den gesamten Ostblock ergeben könnten, begründeten dies Interesse. ‘Ungeachtet der großen Politik lief die geheimdienstliche Zusammenarbeit im Kleinen ungestört weiter: Informationen über Amerikaner, Franzosen oder Westdeutsche wurden ausgetauscht, gemeinsame Aktionen […] weiter geplant.’

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