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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 10.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 220
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Im Februar 1944 bin ich, Ernst Hunsicker, in Ibbenbüren, Große Str. 77 (Haus meines Großvaters), geboren. Meine Kinder- und Jugendjahre (1944 bis 1962) sind mir noch ziemlich im Gedächtnis bzw. durch Erzählungen überliefert. Es waren teilweise harte Zeiten – auch geprägt durch Kriegsleiden (2. Weltkrieg), Nachkriegszeit und Währungsreform. Die ersten sechs Jahre meiner Kindheit lebte ich zusammen mit meiner Mutter Herta Hunsicker, geb. Bayer, im Haus meines Großvaters in Ibbenbüren. Mein Vater ,Fritz’Hunsicker war im 2. Weltkrieg als Bordfunker bei der Luftwaffe im Einsatz wenige Monate vor meiner Geburt ist er im Oktober 1943 von einem Feindflug über dem Mittelmeer nicht zurückgekehrt. Von Ibbenbüren ging es 1950 im Alter von sechs Jahren nach Lengerich (Westfalen), wo meine Mutter uns mit dem Zustellen von Zeitungen und Heimarbeit ,über Wasser gehalten’hat. 1955 – als ich elf Jahre alt war – zogen wir von Lengerich nach Rühle bei Meppen (Ems). Meine Mutter heiratete in 2. Ehe Heinrich Lappe, der als Angestellter am ,Kraftwerk Rühle’– einem kleinen Torfkraftwerk – beschäftigt war. Für meine Mutter und für mich bedeutete diese Heirat einen sozialen Aufstieg denn uns ging es von da ab nicht nur finanziell und wirtschaftlich wesentlich besser. Ich gehe auch auf meine Herkunft der mütterlichen und väterlichen Linie (Vorfahren), also meine Abstammung mit ,Wurzeln’in Ibbenbüren (Westfalen) und St. Ingbert (Saarland), ein. Historische Ereignisse (Welt, Deutschland, Heimat) aus Politik, Kultur und Sport sind unter der Überschrift ,Geschichtliches’zu finden.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3: Wirtschaftliche Situation: Nutztiere und Landwirtschaft: In den beiden letzten Kriegsjahren (1944/45) und nach dem Krieg ging es uns wirtschaftlich gar nicht mal so schlecht. Wir hatten immer zwei ‘Bio-Schweine’, die geschlachtet wurden nach-einander mehrere Schafe mit Namen ‘Grete’, deren Milch in der Hauptsache zur Herstellung von Butter und Dickmilch (mit Zucker, Zimt und Zwiebackbrösel im Sommer gegessen) diente sowie Hühner als Eier- und zusätzliche Fleischlieferanten. Der Auslauf zum Hühnerstall war praktischerweise direkt unter dem Küchenfenster, sodass Küchenabfälle, die nicht zur Fütterung der Schweine dienten, auch zum Teil bei den Hühnern landeten. Einmal wurden schwarze Johannisbeeren, mit denen Schnaps aufgesetzt worden war, versehentlich in den Hühnerauslauf mit der Folge geworfen, dass alle Hühner alkoholisiert durch die Gegend torkelten. Aber diese Fütterungsweise ‘aus dem Fenster in den Hühnerauslauf’ hatte auch Nachteile: Ratten im und am Haus. Hinzu kam ein Mini-Ackerbau auf einer mehr als 10 000 qm großen Fläche. Angebaut wurden Kartoffeln, Roggen, Runkelrüben, Gemüse und Erdbeeren. Fast vergessen: Tabakpflanzen – für wen auch immer. Die Äcker wurden mit einem kleinen Handpflug bestellt. Mein Onkel Heinrich Pieper legte sich ins Geschirr und meine Tante Laura Pieper zog hinter dem Pflug die geraden Furchen. Außerdem standen im Garten jede Menge Obstbäume (Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Pfirsiche, Mispel auch ein Nussbaum) und reichlich Beerensträucher (schwarze und rote Johannisbeeren, Stachelbeeren). Diese Beeren wurden auch zur Herstellung von Wein und Schnaps (‘Aufgesetzter’) genutzt. In einem ganz besonderen Raum (‘Bürn’) standen immer ein paar Ballonflaschen mit Gärröhrchen in denen der Wein bis zur ‘Trinkreife vor sich hin gärte’. Im Vorratsraum ‘reifte’ der Aufgesetzte, der sich aus Beeren, Kandiszucker und Schnaps zusammensetzte. Kriegsereignisse: An den 2. Weltkrieg habe ich keine Erinnerung mehr, weiß aber noch allerhand aus Schilderungen meiner Angehörigen – insbesondere meiner Mutter. Ibbenbüren war gegen Ende des 2. Weltkrieges immer wieder Ziel von Angriffen aus der Luft, denn in Ibbenbüren wurde Kohle gefördert (Bergbaustadt) und elektrischer Strom produziert (NIKE). Mittellandkanal und der Dortmund-Ems-Kanal waren auch Zielgebiete. Bomben, die hörbar detonierten, habe ich mit ‘Mama, bumm, bumm’ kommentiert. Bei Fliegeralarm suchte meine Mutter mit mir, wenn keine Zeit mehr war, Schutz im Keller. Ansonsten ging es mit mir im Kinderwagen zu einem Luftschutzstollen Richtung Püsselbüren. Auf dem etwa 2 km langen Weg dahin mussten gefällte Bäume, die deutsche Soldaten als Straßensperren errichtet hatten, überwunden werden. Nach Entwarnung und stundenlangem Ausharren im Kohlenstollen waren hunderte von Personen, die dort Schutz gesucht hatten, ‘schwarz wie die Bergleute’ – folglich auch ich. Unbeeindruckt von diesen Fliegerangriffen war Tante Carola. Sie blieb zum Entsetzen meines Großvaters im Bett liegen, obwohl dieser aus dem Keller immer wieder rief ‘Carola, komm’ doch runter!’. Spielen und ‘arbeiten’: Mein Großvater Ernst Bayer hat sich, obwohl er immer noch ein bisschen ‘malerte’, viel Zeit mit mir genommen. Wir haben zusammen Drachen und Flitzebogen gebaut oder Karten gespielt (‘Sechsundsechzig’). Die Pfeile für die Flitzebogen holten wir von den Klärteichen Richtung Püsselbüren. Mein Großvater war ein begeisterter Kartenspieler: Sonntags traf er sich mit Friedrich Dolkemeyer, Heinrich Bayer und einem weiteren Mitspieler (Braunschweig, Vorname?). Der Gewinn bestand aus wertlosem Spielgeld. Trotzdem ging es manchmal hoch her, die Karten flogen auf den Tisch und die Gesellschaft vertagte sich auf den kommenden Sonntag. Im Sommer wurde draußen bei gutem Wetter unter ‘unserem’ Nussbaum gespielt. Wenn mir beim Zuschauen die Nase lief, kam der Hinweis ‘Putz dir mal die Nase mit einem Nussbaumblatt.’. Wenn Maria Engel – eine Bekannte von Laura und Heinrich Pieper – kam, schenkte sie mir immer etwas Geld, von dem ich mir dann meistens Schnur / Schnüre für die Drachen gekauft habe. Einmal verschwand eine große Schnurrolle mit ETEE-Kartons in der Ibbenbürener Glashütte, wo die leeren Kartons noch irgendwie Verwendung fanden. Ich bin dann zu Fuß zur Glashütte gegangen und habe den Pförtner gebeten, nach meiner Schnurrolle suchen zu lassen. Nach mehreren Stunden erfolglosen Wartens erschien mein besorgter Großvater, weil ich schon vermisst wurde. Schießen mit dem Luftgewehr (‘Püster’): Mein Großvater hatte ein Luftgewehr, mit dem ich auch schon im Alter von fünf bis sechs Jahren unter Aufsicht schießen durfte. Geschossen wurde mit Diabolos (Weichbleikugeln) auf Milchdosen oder mit Haarbolzen in eine Holztür. Wenn die Munition ausging, war ich schon auf dem Weg zum Waffengeschäft Schönlein, das sich (damals) an der Großen Straße (Nähe ‘Oberer Markt’) befand. Ohne Probleme erhielt ich die Munition. Mir wurde immer wieder gesagt, dass ich nicht auf Vögel schießen und den Lauf der Waffe nie in Richtung von Menschen halten darf. Zum Glück ist auch nie was passiert. Heute werden wohl kaum Großväter auf die Idee kommen, ihren Enkeln im Alter von fünf bis sechs Jahren das Schießen mit einem Luftgewehr beizubringen. Aber es waren andere Zeiten – fast in jedem Haushalt gab es eine solche Waffe. Ich wurde schon früh in den Arbeitsprozess einbezogen: kleinere Gartenarbeiten wie zum Beispiel das Jäten von Unkraut, Fegen des Bürgersteigs und des Hofes, Kartoffelkäfer sammeln (anschließend Futter für die Hühner), Holzhacken oder Erledigung kleinerer Einkäufe. Das Einkaufen hatte seine Besonderheiten: Es mussten alle Läden angesteuert werden, zu denen verwandtschaftliche Beziehungen bestanden (z.B. Schlachterei Heinrich (‘Heini’) Bayer) oder deren Inhaber Kunden meines Großvaters waren bzw. mal gewesen waren. Schlachter Heinrich (‘Heini’) Bayer: ‘Heini’ Bayer hatte in unmittelbarer Nähe unseres Hauses eine Wiese, auf der tagsüber sein an einer langen Kette befestigtes ‘Russenpony’ namens ‘Molli’ weidete. Wenn ich mich diesem Tier näherte, drehte es sich um und keilte nach hinten aus. Nur im Sommer, wenn ich Wasser zum Saufen brachte, war ‘Molli’ friedlich. Mit ‘Onkel Heini’, von Insidern ‘Säbel’ genannt, durfte ich auch mit ‘Pferd und Wagen’ über Land fahren, wenn er z.B. im Bereich Westerkappeln ein Schwein oder ein Kalb kaufte, um diese Tiere anschließend zum Schlachthof Ibbenbüren zu bringen. Auf dem Rückweg machte ‘Onkel Heini’ Stationen in mehreren Gaststätten, die unter dem Namen ‘Maug’ liefen (‘Maug 1’, ‘Maug 2’ und ‘Maug 3’), alle an der Landesstraße 501 (Ibbenbüren – Osnabrück) gelegen. Nur gut, dass ‘Molli’ den Weg Richtung Ibbenbüren kannte. Wenn ein Schlachtergeselle ‘Molli’ gegen Abend von der Weide holte, durfte ich ein Stück auf ihm reiten. Das war ohne Probleme möglich. Einmal wurde der Schlachtergeselle unterwegs aufgehalten, und ich bin in leichtem Galopp durch Ibbenbüren geritten. Die am Straßenrand stehenden Leute riefen ‘Da passiert gleich was!’, aber ich kam – fast – wohlbehalten an der Schlachterei Bayer an. Fast, denn ich hatte vom Reiten ohne Sattel ‘den Hintern bis aufs Fleisch wund’. Ich konnte tagelang nur noch auf dem Bauch schlafen – ‘Tante Schmedt’ hat zur Linderung Salbe aufgetragen. Wenn irgendwas an Lebensmitteln fehlte, wurde ich in das nebenan liegende Geschäft (Kolonialwaren und Bäckerei Haarmeier, Große Straße / Ecke Püsselbürener Damm) geschickt, wo ich von ‘Tante Hedwig’ (Haarmeier) immer eine Scheibe Käse zum sofortigen Verzehr bekam. Schnell machte der Spruch ‘Ernemännken (womit ich gemeint war) – Käsemännken’ die Runde. Selbst außerhalb der Öffnungszeiten musste ich dort mit der Aufforderung ‘Geh’ mal eben hinten rum!’ einkaufen. Von Frau Haarmeier sen., die offenbar im 2. Weltkrieg mehr Angst um ihre Schweineschinken als um ihr eigenes Leben hatte, ist der Spruch ‘Armes Deutschland, meine Schinken!’ überliefert, wenn wieder mal Bombenangriffe auf Ibbenbüren anstanden. Hin und wieder habe ich auch ein bisschen in der Bäckerei Haarmeier ausgeholfen, aber wohl mehr Kuchenreste gegessen. Gesellen und Lehrlinge stimmten, wenn Chef Gustav Haarmeier sen. mal für ein paar Stunden abwesend war, das Lied ‘Unser Chef ist nicht da, das haben wir gern …’ an. Mal eben zu Fuß nach Tecklenburg: Während eines Ferienaufenthaltes in Ibbenbüren musste wohl eilige und zugleich wichtige Post zum Landratsamt nach Tecklenburg auf den Weg gebracht werden – offenbar so eilig, dass der Postweg nicht schnell genug war. Also bekam der ‘kleine Ernst’, noch keine 10 Jahre alt, den Auftrag, den Brief zu Fuß nach Tecklenburg zu bringen. Mit dem Hinweis ‘Dann gehst du die Ledder Straße entlang.’ marschierte ich die etwa 10 km lange Strecke los, gab den Brief im Landratsamt ab und war nach mehreren Stunden Fußmarsch wieder in Ibbenbüren zurück. Heute würde man einem Jungen in dem Alter einen solchen Fußweg sicher nicht zumuten. Es waren – wie schon mal festgestellt – andere Zeiten, und ich kannte mich ja in dem Bereich Lengerich / Tecklenburg / Ibbenbüren ganz gut aus.

Über den Autor

Ernst Hunsicker, der Autor, ist 1944 in Ibbenbüren (Westfalen) geboren. Seine Kindheit und Jugend (1944 bis 1962) sind ihm noch ziemlich im Gedächtnis bzw. durch Erzählungen überliefert. Es waren teilweise harte Zeiten – auch geprägt durch Kriegsleiden (2. Weltkrieg), Nachkriegszeit und Währungsreform. Die ersten sechs Jahre seiner Kindheit lebte Ernst Hunsicker zusammen mit seiner Mutter im Haus seines Großvaters in Ibbenbüren. Sein Vater war im 2. Weltkrieg als Bordfunker bei der Luftwaffe im Einsatz wenige Monate vor seiner Geburt ist sein Vater im Oktober 1943 von einem Feindflug über dem Mittelmeer nicht zurückgekehrt. Von Ibbenbüren ging es 1950 im Alter von sechs Jahren nach Lengerich (Westfalen), wo seine Mutter mit dem Zustellen von Zeitungen und Heimarbeit den Lebensunterhalt verdiente. 1955 zogen der Autor und seine Mutter nach Rühle bei Meppen (Ems). Dort ging seine Mutter eine 2. Ehe ein. Sein (Stief-)Vater war als Angestellter am ,Kraftwerk Rühle‘ – einem kleinen Torfkraftwerk – beschäftigt. Für seine Mutter und für den Autor bedeutete diese Heirat einen sozialen Aufstieg. Der Autor geht auch auf seine Herkunft der mütterlichen und väterlichen Linie (Vorfahren), also seine Abstammung mit ,Wurzeln‘ in Ibbenbüren (Westfalen) und St. Ingbert (Saarland), ein. Historische Ereignisse (Welt, Deutschland, Heimat) aus Politik, Kultur und Sport sind unter der Überschrift ,Geschichtliches' eingeblendet

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