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Gesellschaft / Kultur

Dominique Schwarz

Schrift als Kommunikationsmedium in der Malerei des 20. Jahrhunderts

ISBN: 978-3-95935-501-8

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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2019
AuflagenNr.: 1
Seiten: 236
Abb.: 29
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Schrift ist in der heutigen Bildenden Kunst zum komplexen Element geworden, das als Ausdrucksform nicht mehr wegzudenken ist. Zwar ist die Verbindung von Bildender Kunst und Schriftsprache bereits seit den frühesten Kulturen der Menschheitsgeschichte bekannt, jedoch hat sich die Einheit der beiden Kommunikationsmittel erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem feststehenden Topos verdichtet. Das vorliegende Buch widmet sich Ursache und Wirkung des Schriftaspekts in der Malerei des 20. Jahrhunderts. Zunächst werden Hintergründe, Geschichte und Entwicklung der Schrift an sich sowie der verschiedenen Schriftmedien wie Zeitung, Comic oder Printwerbung beleuchtet. Bei der anschließenden Untersuchung der für die Integration von Buchstabe, Wort und Text ins Bild maßgeblichen Bewegungen in der Kunst wird ein breitgefächertes Spektrum künstlerischer Möglichkeiten aufgezeigt. Hierbei wird nochmal eine Aufteilung vorgenommen in die Kunst vor dem Zweiten Weltkrieg und die sich explosionsartig individualisierenden Strömungen in der zweiten Jahrhunderthälfte. Die exemplarische Auswahl der vorgestellten Künstler und Werke orientiert sich dabei an signifikanten Beispielen im westlichen Europa und in den USA.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3. Die Printwerbung und ihr Einfluss auf die moderne Kunst: Die Geschichte der Werbung ist eng verzahnt mit derjenigen von Zeitung und Zeitschrift. Bereits um 1700 gab es erste Zeitungsanzeigen, große Ladenschilder und Plakatierungen, die sich jedoch in Folge des politischen Wechselspiels von Expansion und Einschränkung lange Zeit nicht weiterentwickelten. Erst die Veränderungen in der zweiten Jahrhunderthälfte des 19. Jahrhunderts sorgten für eine Modernisierung des Werbegeschäfts und ebneten der Verquickung der Werbung mit der modernen Kunst den Weg. Großflächige Anzeigen, collageartig von Kleinanzeigen übersäte Reklamewände und ein gesteigertes grafisches Bemühen erweckte die Aufmerksamkeit der Künstler. Die neuen Aufgaben der Werbung waren das Ansprechen einer weit verstreuten Kundschaft, man ging über zu stadt- und sogar landesweiter Reklame. Die in der Werbung verwendete Sprache beinhaltete eine Vielfalt von Dialekten, sie war großsprecherisch, schillernd und sehr wortreich. Besonders die vielen klein gedruckten, dicht gedrängten Texte waren listig suggestiv. Mit der Senkung der Besteuerung für Werbeplakate setzte schließlich auch der Staat ein Zeichen für die positive Entwicklung der freien Marktwirtschaft. Mit der Entwicklung der Wirtschaft entstanden die ersten großen Warenhäuser, was wiederum ein geändertes Konsumverhalten nach sich zog. Dadurch wurden Neuerungen wie Anzeigenkampagnen für befristeten oder saisonalen Verkauf oder Sonderrabatte notwendig. In Amerika florierte die Werbung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits im großen Stil. Die improvisierten reißerischen Werbemethoden fungierten als wirkungsvolle Instrumente des gesellschaftlichen Wandels. Es wurden diverse psychologische Schriften über die menschliche Beeinflussung durch das Kalkül herausgegeben, deren Schwerpunkt auf der irrationalen Suggestion lag, wie sie durch einen Vorrang des Bildes gegenüber dem Wort erreicht werden kann. Hierin erkannten die Künstler Parallelen im Anliegen der Kunst: Sollten in der Werbung bestimmte Gegenstände in der Vorstellung der Öffentlichkeit suggestiv werden, so drängte die Moderne Kunst darauf, dass die Welt neu gesehen wurde. Es entwickelte sich ein enormer Erfindungsgeist mit der allgemeinen Forderung nach Veränderung. In Europa erlaubte erst in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts die gänzliche Aufhebung der Genehmigungspflicht eine heterogene Werbung auch kleinerer Firmen. Eine erneute Liberalisierung des Presserechts war verknüpft mit dem Thema der bürgerlichen Freiheit und der wirtschaftlichen Freizügigkeit. Durch die wachsende Masse an Konkurrenz wurde wiederum mehr Werbung nötig, durch die steigende Nachfrage kamen verpackte Markenartikel auf. Gleichzeitig mit einer Schwemme an neuaufkommenden Produkten standen der Werbung neue Techniken zur Vermarktung zur Verfügung. Durch die Möglichkeiten neuer Drucktechniken konnte dem Bild gegenüber der Schrift mehr Gewicht eingeräumt werden. Dem Künstlerischen wurde, auch aus Gründen der Abhebung, ernsthafte Beachtung geschenkt, die Künstler wiederum entdeckten im erweiterten Markt ein Potential für eine neue Kunstform. Die Entwicklung der Farblithografie erschien geradezu maßgeschneidert für die Verquickung von breitgefächerter Werbung und künstlerischer Neuerung. Gleichzeitig mit der Geburt der modernen Kunst entwickelte sich in dieser Zeit die Werbung allmählich zu dem, was man im 20. Jahrhundert als Traummaschine der kapitalistischen Wirtschaft bezeichnen konnte. 1870/1880 sagten sich die Impressionisten von den Salons los, Plakate, Reklamewände und Zeitungsanzeigen drängten verstärkt und unübersehbar in den Alltag der Städte und auch in die Welt der Kunst. Bereits in den Augen George Seurats verliehen die Reklametafeln und -plakate der Stadt eine besondere Note. Um 1890, als er Plakatwände und Reklametafeln in seine Stadtbilder aufnahm, fiel der Werbung erstmals eine sichtbare Rolle in der modernen Malerei zu. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts verhalfen Henri de Toulouse-Lautrec und Pierre Bonnard dem Plakat zu großem künstlerischen Wert. Kunsthändler wie Ambroise Vollard warben für Originaldrucke von Kunstplakaten und Portfolios mit limitierter Auflage. Bild und Atmosphäre der Großstadt wurden mit den Werbeplakaten nachhaltig verändert. Die öffentliche Reklame war zwar seit Generationen im Stadtbild präsent gewesen, aber durchaus in einem zu marginalisierenden Maß. Erst in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts fand die Entwicklung der Werbung zum unübersehbaren, auffälligen Bestandteil des Alltags statt. Vor allem Paris stand Pate für den aufkommenden Kommerz. Die französische Sprache galt in dieser Zeit gleichsam als die Muttersprache des Kommerzes. Anfang des 20. Jahrhunderts war sie für die Kubisten eine Fundgrube für Wortspiele, für viele Dichter verkörperte sie die Poesie der Zeit. Das Bildplakat spielte hier eine besonders große Rolle, keine andere Stadt besaß ein ähnlich großes Kontingent von Avantgardemalern, die das moderne Erscheinungsbild einfangen wollten. In der Kunst wurde die Werbung unterschiedlich rezipiert. Die Kubisten beispielsweise bevorzugten Werbeanzeigen, die vom privaten Konsum und Amüsement kündeten und nicht von großer Publicity, was sich an den Bildbeispielen im zweiten Teil der Arbeit noch zeigen wird. Fernand Léger schuf gleichsam Huldigungen an innovative Spektakel, was mit Kurt Schwitters‘ Interesse für das Unpersönlich-Gefällige in den Anzeigen vergleichbar ist. Die Reklame war für Léger ein Element des Schocks und Kontrasts, durch das sich die moderne Zeit definiere . Das Plakat bezeichnete er als einen der prächtigsten Bildanlässe überhaupt: Es wirft das ganze literarisch- sentimentale Konzept der Vergangenheit über den Haufen und verkündet den Anbruch einer Zeit des bildnerischen Kontrasts . Robert Delaunay war, wie Léger, begeistert von der Macht in der Werbung. Die meisten Dadakünstler wiederum standen in Kontrast zur monumentalen Rhetorik Delaunays. Duchamp zum Beispiel begleitete das modische Interesse der Jahrhundertwende für neue Sportarten. Viele Motive entnahm er aus Kleiderkatalogen, deren eng bedruckte und reich illustrierte Ersatzschaufenster Varnedoe/Gopnik als Träume in Wartestellung bezeichnen. In ihrer sexuellen und besitzwünschenden Besetzung weckten sie den Wunsch des Künstlers, aus den prosaisch nebeneinander gestellten Dingen Geschichten zu entwickeln. Die Zeit war geprägt von einer extremen Progressivität, die mit einer radikalen Entweder-Oder -Einstellung einherging. Die neuen Dinge konnten alte nur zerstören oder verbessern. Die Veränderung des Plakats vom Vergänglichen zum Dauerhaften machte die Frage der Werbung zum umstrittenen Thema gegenüber der Schönheit unberührter Architektur. Die Einbeziehung von Wandreklame von Künstlern wie Picasso oder Delaunay machte sie zu stillen Teilhabern des Kommerz und der Fortschrittsgläubigkeit. Andere Künstler wiederum, wie zum Beispiel Léger, erkannten, dass Handel und Gewerbe durch Spektakel wie bunte Schaufenster Kunden an sich zogen und machten sich dies zu Nutzen. Die Künstler mussten neue Wege finden, um mit den Neuerungen um sich herum Schritt zu halten. Jegliche Werbeaktivitäten waren daher eine Arena der Erfindungen, von der die Kunst lernen konnte, ein Weg, das Alte abzuschütteln, den Geist auf die Gegenwart zu richten und die Fantasie der Zukunft zu beschwören. Seit dem 20. Jahrhundert ist die Werbung in den westlichen Ländern eine mächtige treibende Kraft der Bewusstseins- und Mythenbildung. In der Bildenden Kunst wird sie immer wieder zum zentralen Thema, wie an späterer Stelle noch festzustellen sein wird.

Über den Autor

Dominique Schwarz, geb. 1974 in Heidelberg, studierte Kunstgeschichte und Germanistik in Heidelberg und München. Im Jahr 1999 schloss sie ihr Studium erfolgreich mit dem akademischen Grad der Magistra Artium ab, 2001 folgte die Promotion. (Schrift-)sprache und Kunst waren von jeher schwerpunktmäßige Interessensgebiete der Autorin. So schrieb sie neben der Beschäftigung mit Kunst und Kunstschaffenden schon während des Studiums Einführungstexte für Vernissagen und arbeitete in verschiedenen redaktionellen Bereichen. Privat verfasste sie Lyrik und Kurzgeschichten. In der vorliegenden Dissertation widmet sie sich der Verbindung beider Kommunikationsformen, indem sie ein das Kunstschaffen des 20. Jahrhunderts mitbestimmendes Phänomen aufzeigt: Die Einbettung schriftlicher Information in die Bildende Kunst.

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