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  • Welche Faktoren begünstigen eine Zunahme des Körpergewichts nach Rauchstopp? Eine systematische Literaturstudie

Gesundheit


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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 06.2025
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Zigarettenkonsum ist unverändert die größte, vermeidbare Ursache für Sterblichkeit und vielfällige Erkrankungen in den westlichen Industrieländern. Trotz umfangreichen Methoden zur Unterstützung der Tabakentwöhnung und intensiver Forschung gelingt es einem großen Teil der Raucher:innen nicht, abstinent zu werden. Ein wichtiger Grund dafür ist die Angst vor bzw. die tatsächliche Zunahme des Körpergewichts während der Nikotinabstinenz. Diese wird bei 70-80% der abstinenten Raucherinnen und Raucher beobachtet und stellt eine Hürde für einen Rauchstopp, aber auch ein mögliches Risiko für einen frühen Rückfall bei abstinenten Raucher:innen dar. Ziel dieser systematischen Literaturstudie war die Evidenz aus randomisierten, kontrollierten Studien im Hinblick auf bekannte Prädiktoren für eine Gewichtszunahme bei abstinenten Raucher:innen darzustellen. Ergänzend wurden die Ergebnisse im Kontext der allgemein bekannten Prädiktoren für eine Gewichtszunahme diskutiert. Darüberhinaus wurden methodische Limitationen der vorliegenden, randomisierten Studien zu dieser komplexen Fragestellung adressiert.

Leseprobe

Textprobe: Prädiktoren & Risikofaktoren für eine Gewichtszunahme Definition Risikofaktor Unter einem Risikofaktor ist im medizinischen Sinne das Vorliegen spezieller körperlicher, psychischer oder umweltbedingter Voraussetzung zu verstehen, die das Risiko für das Auftreten einer bestimmten Krankheit erhöht (Wikipedia, 2014). Eine Risikoerhöhung kann nachgewiesen werden, indem die Häufigkeit einer Krankheit bei einer Gruppe von Personen mit einer anderen Gruppe (sog. Kontrollgruppe) verglichen wird. Das hierfür üblicherweise verwendete Effektmaß ist das relative Risiko (RR) oder die Odds Ratio (OR) eine bestimmte Erkrankung zu erleiden. Das RR errechnet sich aus der Ereignisrate der Exponierten geteilt durch die Ereignisrate der Kontrollgruppe. Es gibt Auskunft darüber, wie viel häufiger die Erkrankung bei Vorliegen eines Risikofaktors im Vergleich zur Kontrollgruppe erfolgt. Das relative Risiko wird vorwiegend im Rahmen von (prospektiven) Kohortenstudien, die Odds Ratio dagegen vor allem in Fall-Kontrollstudien (retrospektive, deskriptive Studien) bestimmt (Hennekens & Buring, 1987). Aus statistischer Sicht stellt ein Risikofaktor ein rein deskriptives Maß dar und dient der Planung von weiteren statistischen Auswertungen (Kreienbrock & Pigeot, 2012, S.42f.). Bei der Interpretation von Daten ist somit zu beachten, dass ein erhöhtes Risiko für eine Erkrankung nicht zwingend heißt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Risikofaktor und der Erkrankung statistisch evaluiert wurde. Auf Basis der Beobachtung eines erhöhten Risikos können lediglich Vermutungen über einen ursächlichen Zusammenhang angestellt werden (Kleist, 2011 Bender, 2009). Definition Prädiktor Laut Definition stammt Prädiktor oder Einzelfaktor aus dem Englischen und ist ein gängiger Ausdruck für eine Variable, die zur Vorhersage eines Merkmals eingesetzt wird. Ein Vorhersagewert wird auch als prädiktiver Wert bezeichnet (Dt. Enzyklopädie, 2015). Es handelt sich um einen Begriff aus der Regressionsrechnung, der wertungsfrei einen Zusammenhang zwischen zwei Variablen betrachtet. Der Beziehung zwischen den beiden Variablen liegt eine angenommene Ursache-Wirkungs-Beziehung zu Grunde, d.h. es wird vorab definiert, welche Variable die Wirkung (Kriterium d.h. Gewichtszunahme) und welche Variable eine vermutete Ursache (Prädiktor) beschreibt. Der Prädiktor ist mit Bezug auf die Fragestellung eine Variable, der ein Einfluss auf die Gewichtsveränderung nach Rauchstopp unterstellt wird und der im statistischen Modell der Berechnung Einsatz findet (Gaus & Muche, 2014, S. 376f.). Abschließend soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass ein statistisch signifikanter Zusammenhang nicht mit einer ursächlichen Kausalität gleichzusetzen ist. Prädiktoren für eine Gewichtszunahme Eine Gewichtszunahme wird immer dann begünstigt, wenn eine lang andauernde oder rezidivierend positive Energiebilanz vorliegt, d.h. die Energiezufuhr den Energiebedarf der Person übersteigt. Generell ist zu berücksichtigen, dass eine Zunahme des Körpergewichts nicht automatisch mit Vorliegen eines Übergewichts oder einer Adipositas gleichzusetzen ist. Auch ist in diesem Kontext erwähnenswert, dass eine Vielzahl von Einflussfaktoren wie z.B. eine spezielle hormonelle Situation die dargestellten Prädiktoren beeinflussen kann. Darüber hinaus können Nebenwirkungen von Medikamenten (z.B. synthetisches Kortison, Antidepressiva) in die Regulation des Gewichts eingreifen und die Energiebilanz beeinflussen (Wirth, 2000, S. 98ff). Generell gilt, dass die Energiebilanz die Summe aller energieverbrauchenden und energieerzeugenden Reaktionen eines Organismus darstellt (Daniel & Wenzel, S. 687ff.). Im Folgenden werden die Grundlagen sowie die wissenschaftliche Datenlage von bekannten Prädiktoren beschrieben, die mit einer Gewichtszunahme assoziiert sind. Mit Bezug auf die Fragestellung ist erwähnenswert, dass die Begrifflichkeit Prädiktor und Risikofaktor, aber auch manchmal Modifier oder Variable uneinheitlich und nicht immer entsprechend der vorab dargestellten Definitionen in der Literatur verwendet werden. Einfluss des Lebensalters Es ist bekannt, dass im mittleren Lebensalter bei Männern und Frauen eine Zunahme des Körpergewichts durch eine Verdoppelung des Körperfetts in den westlichen Industrienationen erfolgt. Im Gegensatz hierzu nimmt das Körperfett mit hohem Lebensalter auch bei gesunden Personen ab (Kuczmarski, 1994 Shimokata, 1989 Steen, 1998). Dies ist jedoch keine Beobachtung, die erstmalig im Rahmen der zunehmenden Adipositas Prävalenz gemacht wurde. Bereits bei Durchführung der ersten NHANES Kohortenstudie, welche im Zeitraum 1960-1994 in den USA erfolgte, kam es zu einer Gewichtszunahme bei Erwachsenen (Roberts & Williamson, 2002). Ein Literaturreview mit dem Ziel, Einflussfaktoren für eine Gewichtszunahme bei jungen Frauen zwischen 18-36 Jahren zu evaluieren, schloss 29 Publikationen ein. Nicht enthalten war eine erwartete Gewichtszunahme aufgrund einer Schwangerschaft, sondern alle anderen Faktoren. Als Einflussgrößen wurden die Einnahme von oraler Kontrazeption, das Essverhalten, ein Rauchstopp, körperliche Aktivität und die Aufnahme eines Studiums identifiziert. Der höchste Umfang einer Gewichtszunahme fand durch erstmalige Einnahme von Kontrazeption und im Rahmen des ersten Semesters an der Universität statt (Wane, van Uffelen & Brown, 2010). Bei Frauen stellt die Schwangerschaft eine kritische Periode für die Entwicklung von Übergewicht oder sogar Adipositas dar. Im Mittel wurde 2,5 Jahre nach Geburt eine verbleibende Gewichtszunahme von 0,5-4kg der Mütter beobachtet (van Poppel, 2012). Auch während der Menopause tritt bei der Mehrheit der Frauen eine Zunahme des Körpergewichts in Erscheinung (Minkin, 2015). Erniedrigter Grundumsatz Aufgrund seines wesentlichen Beitrags zum Gesamtenergieumsatz kommt der Verminderung des Grundumsatzes als Prädiktor für eine Gewichtszunahme eine wichtige Bedeutung zu. Die anderen Einflussgrößen wie Wachstum, die nahrungsinduzierte Thermogenese und die Thermoregulation insgesamt spielen dagegen nur eine marginale Rolle für den täglichen Energieumsatz (Vermorel, 2005). Wie vorab beschrieben, korreliert der Grundumsatz eng mit der fettfreien Körpermasse, dem Geschlecht und Alter einer Person. Diese Parameter bestimmen bis zu 85% des individuellen Wertes (Nielsen, 2000). Daraus folgt, dass sich bei einer Gewichtszunahme, die primär eine Erhöhung des Fettanteils betrifft, der Grundumsatz nur unwesentlich erhöht. Weiterhin scheint eine genetische Disposition für den Umfang des Grundumsatzes vorzuliegen, wie bei einem Vergleich von 54 Familien nachgewiesen werden konnte. Die Unterschiede der insgesamt 130 Personen waren zwischen den Familien 4-fach höher als unter den Angehörigen von jeweils einer der Familien (Bogardus, 1986). Seit vielen Jahren liegen wissenschaftliche Daten vor, die belegen, dass ein niedriger Grundumsatz langfristig eine Gewichtszunahme zur Folge hat. So konnten Ravusin et al. in einer Studie mit 126 Probanden über einen Zeitraum von 4 Jahren eine entsprechende Entwicklung des Körpergewichts nachweisen. Bei den Teilnehmern mit einem niedrigen Grundumsatz (< 1.705kcal/Tag) trat eine deutliche Gewichtszunahme von über 10kg 8mal häufiger ein als in den beiden Vergleichsgruppen mit mittlerem bzw. hohem Grundumsatz (Ravusin,1988). Ende 1990 wurde das sog. Entkopplungsprotein 2 (Uncoupling Protein 2, UCP 2) beim Menschen identifiziert und in vielen Geweben nachgewiesen. Es spielt eine Rolle für die Effizienz der zellulären Energiegewinnung und ist möglicherweise für den Umfang des Grundumsatzes sowie die Entstehung von Übergewicht verantwortlich (Biesalski, Grimm & Nowitzki-Grimm, 2015, S.46f.). Das UCP-2 dient als Entkoppler der oxidativen Phosphorylierung und ist somit am Lipidstoffwechsel und der ATP-Produktion beteiligt (Diano & Horvath, 2012). Eine aktuell publizierte Meta-Analyse aus 42 epidemiologischen Studien untersucht die Assoziation von drei UCP-2 Genpolymorphismen mit der Entstehung von Übergewicht und Adipositas. Für einen der Polymorphismen konnte ein erhöhtes Risiko für Übergewicht und Adipositas gezeigt werden, während ein anderer mit einem protektiven Effekt auf die Entstehung von Überwicht in Verbindung gebracht wird (Zhang,Wang & Zhao, 2014). Da sich der Gesamtenergiebedarf einer Person aus dem Grundumsatz multipliziert mit dem PAL-Wert errechnet, sinkt dieser bei vermindertem Grundumsatz und unverändertem körperlichen Aktivitätsniveau. Dies begünstigt die Verschiebung der Energiebilanz zu Gunsten eines Energieüberschusses und kann bei dauerhaftem Bestehen eine Gewichtszunahme zur Folge haben.

Über den Autor

Anja B. Schreckenberger, geboren 1969 in Heidelberg, ist promovierte Ärztin und Master für Prävention und Gesundheitsmanagement (M.A.) Während ihres Studiums für Humanmedizin sammelte sie in der Pflege von herzchirurgischen Patienten wichtige Eindrücke zur Relevanz des Nikotinabusus für die Entstehung von Herzkreislauferkrankungen. Der Wunsch in der Prävention tätig zu werden führte dazu, dass sie berufsbegleitend einen Master für Prävention und Gesundheitsmanagement an der Dt. Hochschule (DHfPG) in Saarbrücken abschloss. Zum Thema des vorliegenden Buches wurde die Autorin insbesondere aufgrund der steigenden Herausforderungen durch Übergewicht und Adipositas für das deutsche Gesundheitssystem motiviert.

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