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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 112
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Corporate Social and Environmental Responsability ist in der Theorie eines der wichtigsten Themen für die Zukunft des Menschen, doch was sagt uns die Praxis? Die EU-Kommission konstatiert das Scheitern. 2003 führte sie Vorschriften für CSR-Berichte ein, doch nur etwa 5 Prozent der rund 42.000 großen EU-Unternehmen veröffentlichen alljährlich einen CSR- oder Nachhaltigkeitsbericht. Die rechtlichen Anforderungen haben sich als unklar und ineffektiv erwiesen. Daraufhin legte die EU-Kommission am 16. April 2013 einen Vorschlag für die Änderung der Rechnungslegungsrichtlinien vor. Dieses Buch zielt darauf ab, die Vorgaben dieser EU-Richtlinie zu bewerten (COM(2013) 207). Die Autorin untersucht die Zweckmäßigkeit der neuen Rechtsbestimmungen im Kontext des EU-Subsidiaritätsprinzips. Sie stellt die historische Rechtsentwicklung auf europäischer Ebene in Bezug auf CSR und das EMAS-Umweltrecht dar. Eines der Kernelemente des Buches ist die Betrachtung ausgewählter nationaler dänischer und französischer Rechtsbestimmungen. Beide Länder sind EU-Vorreiter in der CSR-Regulierung. Frankreich verfolgt einen regulativen Ansatz und Dänemark einen Mix aus Berichtsvorgaben und unternehmerischen Freiheiten. Der Leser erhält einen Überblick zu dem aktuellen Stand der CSR-Wissenschaft und zu konkreten Regelungsansätzen der Unionsorgane.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.4, Perspektiven der Stakeholder: Nach Art. 11 EUV ist die EU-Kommission zu einem engen Dialog mit der Zivilgesellschaft verpflichtet und hat dafür laut Art. 11 Abs. 3 EUV insbesondere Anhörungen der Betroffenen durchzuführen. Da der unionalen Zuständigkeit das Subsidiaritätsprinzip zu Grunde gelegt wird, muss gemäß Art. 5 Abs. 3 S. 2 EUV außerdem das Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität beachtet werden. Dort ist in Art. 2 Nr. 2 verlangt, dass die Kommission umfangreiche Anhörungen durchführt, bevor sie einen Gesetzgebungsakt vorschlägt. Die Einbeziehung von Anspruchsgruppen hat die Kommission bei der Entwicklung ihrer CSR-Strategie in einem umfangreichen Beteiligungsprozess umgesetzt, bestehend beispielsweise aus einem Multi-Stakeholder-Forum , Multi-Stakeholder-Workshops und einer öffentlichen Online-Plattform für die freiwillige Teilnahme an einer Befragung . Die EU finanzierte zahlreiche Forschungsprojekte zu dem Thema und machte die Ergebnisse auf ihrer Internetseite der Öffentlichkeit zugänglich. Für ein besseres Verständnis der Strategieentwicklung der Kommission werden im Folgenden exemplarisch Ergebnisse aus den Multi-Stakeholder-Workshops vorgestellt, welche in den Jahren 2009 und 2010 zum Thema ESG-Berichterstattung durchgeführt wurden. Sie begründete die Maßnahme unter anderem mit der Zunahme an ESG-Berichterstattung, der unterschiedlichen Qualität der Berichte und dem Umstand, dass einige EU-Mitgliedstaaten mit ihrer gesetzlichen Umsetzung über die Anforderungen der Modernisierungsrichtlinie hinausgegangen sind. Die Perspektiven der Stakeholder sind außerdem vor dem Hintergrund eines intensiven Lobbyismus in der europäischen CSR-Politik von Bedeutung. So hat der französische Wissenschaftler Tchotourian in seiner Untersuchung einen großen Einfluss der Lobbyisten auf die Entwicklung der französischen Rechtsgebung zur Unternehmenstransparenz festgestellt. 3.4.1, Unternehmenssektor: Die Unternehmen sprechen sich mehrheitlich gegen eine Regulation von ESG-Berichterstattung aus. Vorteile sahen die im EU-Workshop vertretenen Unternehmen in der Unterstützung bei internen Veränderungsprozessen hinsichtlich Nachhaltigkeit sowie bei öffentlichen Vertragsvergaben und Gewinnung von Neugeschäft. Außerdem wurden Verbesserungen in Nachhaltigkeitsindizes, im Stakeholder-Dialog sowie bei der Beachtung der Menschenrechte genannt. Probleme und Herausforderungen wurden in den unterschiedlichen Erwartungen der Anspruchsgruppen, hohen Kosten der Erstellung sowie internen Widerständen gegen mehr Transparenz gesehen. Harmonisierung und Verpflichtung zu Berichterstattung wurden als kontraproduktiv angesehen. Diese Ansicht war ebenfalls Untersuchungsergebnis der Wirtschaftsethiker Ungericht und Hirt. Die Forscher analysierten mit Hilfe des Issue Framing-Ansatzes die diskursiven Strategien der beiden in der politischen CSR-Debatte maßgeblichen Lobbygruppen, die der Unternehmen und der zivilgesellschaftlichen Organisationen. Als Issue Framing wird die Kommunikationstaktik von Lobbyisten bezeichnet, um ihre eigene Problemdefinition gegen die anderer Lobbygruppen durchzusetzen und so politische Entscheidungsträger von ihrer Sichtweise und damit ihrer Problemlösung zu überzeugen. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass die Unternehmen mit CSR eine ökonomische Strategie verfolgen, welche Legitimität sichert und Schutz vor Regulation verspricht. Ihre diskursive Strategie ‘… konstruiert Unternehmen als vertrauenswürdige, ihre moralischen Verpflichtungen anerkennende Institutionen und leitet daraus die Schlussfolgerung ab, dass eine Regulation nicht nur nicht notwendig sondern sogar kontraproduktiv ist.’ Gegen Regulation sprechen sich ebenfalls die vier größten deutschen Arbeitgeberverbände aus. In ihrer Stellungnahme zu der jüngsten CSR-Mitteilung der Kommission argumentieren sie im Wesentlichen mit hohem bürokratischen Aufwand und dem Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Unternehmen. 3.4.2, Finanzsektor: Das Angebot an ethisch-grünen und Nachhaltigkeitsprodukten gewinnt zunehmend an Marktanteil an den Handelsplätzen. Die offensichtlichste Auseinandersetzung des Finanzmarkts mit CSR findet im Bereich der nachhaltigen Anlagen statt, die im Englischen als Socially Responsible Investments (SRI) bezeichnet werden. Bezeichnend ist, dass sich SRI-Anlagen insbesondere in der Anlagestrategie von institutionellen Investoren wie Spar- und Pensionskassen ansiedeln, die eher langfristig orientiert anlegen. Je länger der Anlagehorizont ist, umso vorteilhafter ist es für den Investor, den langfristigen Werttreiber der Nachhaltigkeit in seine Investment-Strategien zu integrieren. SRI beinhaltet, dass langfristige Investitionen grundsätzlich die ESG-Faktoren mit traditionell wirtschaftlichen Analysen verbinden. Folglich sind Investoren, Analysten sowie Ratingagenturen auf aussagekräftige und vergleichbare Informationen angewiesen. Damit sich SRI-Anlagen auf transparente Entscheidungskriterien stützen können, muss eine standardisierte Berichterstattung zu Grunde liegen. So argumentiert die EU-Kommission für ihren Gesetzgebungsvorschlag mit den ‘ungeheuren Finanzierungsmöglichkeiten’ der europäischen Vermögensverwaltungsbranche mit einem Finanzierungsvolumen von rund 7.000 Mrd. Euro im Jahr 2009. Die Kommission sieht hierin einen bedeutsamen Hebel, um CSR-aktive Unternehmen in der EU zu fördern. Die Finanzmarktvertreter des EU-Workshops plädierten mehrheitlich für die Regulation von ESG-Berichterstattung. Es wird auf das Scheitern des freiwilligen Ansatzes und das Beispiel der dänischen gesetzlichen Regulation verwiesen: ‘The principles-based legislation passed by Denmark in 2008 could be a model to follow.’ Beispielhaft für das Scheitern ist das Thema Klimawandel, welches für Unternehmen einen bedeutenden strategischen Faktor darstellt, jedoch in der Berichterstattung kaum Informationen zu den finanziellen Auswirkungen und Risiken zur Verfügung gestellt werden. Aufgrund der natürlichen Tendenz von Unternehmen, Risiken zu verstecken, sollten sie zu deren Offenlegung verpflichtet werden.

Über den Autor

Sabine M. Hetzel, LL.M. absolvierte das Studium der Internationalen Betriebswirtschaftslehre in Mainz, den USA und in Madrid. Anschließend schloss sie berufsbegleitend das Studium des Wirtschaftsrechts in Berlin ab. Die Autorin ist seit rund zehn Jahren bei einem führenden Mobilitäts- und Logistikdienstleister tätig, dessen ausgewiesenes Ziel das nachhaltige Wirtschaften ist.

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