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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 11.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Abb.: 13
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Im Zusammenhang mit Migrationsbewegungen lassen sich sehr häufig Transferzahlungen der ausgewanderten Personen an ihre Familien in der Heimat beobachten. Diese sogenannten Rimessen sind nicht nur für die einzelnen Empfängerhaushalte, sondern auf makroökonomischer Ebene auch für die Herkunftsregionen und -Länder teilweise von enormer Bedeutung. Die Entscheidung zur Heimatüberweisung wird aber durch den Migranten(-Haushalt) im Gastland getroffen und ist somit zunächst ein mikroökonomisches Phänomen. In der vorliegenden empirischen Studie aus dem Jahre 2002 werden einige, aus theoretischen Modellen abgeleitete, Hypothesen zum Einfluss verschiedener Charakteristika des Senderhaushalts auf die Überweisungsentscheidung in das Herkunftsland untersucht. Hierzu werden Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) aus dem Erhebungsjahr 1996 für Deutschland verwendet. Diese Erhebungswelle enthielt zusätzliche Fragen, die speziell auf die Lebenssituation ausländischer Haushalte ausgerichtet waren. Zur Modellierung der Überweisungsentscheidung werden zwei Schätzmethoden gegenübergestellt. Die Verwendung eines Tobit-Modells setzt eine gleichgerichtete Einflußnahme aller einbezogenen Variablen sowohl auf die Überweisungswahrscheinlichkeit als auch auf die Höhe des Überweisungsbetrages voraus. Diese Restriktion entfällt hingegen bei der Verwendung eines zweistufigen Ansatzes, sodass die Entscheidung, ob überwiesen wird, unabhängig davon ist, wie viel überwiesen wird. Die empirischen Ergebnisse der Studie bestätigen zahlreiche theoretische Hypothesen. So haben altruistische Motive, soziale Bindungen im Gast- und Heimatland sowie Eigeninteressen, etwa bei Vorliegen eines Rückkehrwunsches, einen deutlichen Einfluss auf die betrachteten Entscheidungen. Manche Charakteristika wirken sich jedoch lediglich auf die Überweisungswahrscheinlichkeit aus. Leben etwa noch Eltern des Migranten im Heimatland oder gibt es dort wirtschaftliche oder politische Krisen, so wird zwar häufiger, nicht aber mehr überwiesen. Möglicherweise hat die Transferzahlung hier eine eher symbolische Bedeutung, um den Willen zur Unterstützung auszudrücken. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind für die Modellierung von Heimatüberweisungen wichtig. Die zweistufige Entscheidungsfindung im Senderhaushalt ist dabei von zentraler Bedeutung.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.1, Die Datenerhebung: Der in dieser Arbeit verwendete Datensatz basiert auf dem Sozioökonomischen Panel (SOEP), einer in Deutschland durchgeführten, repräsentativen Wiederholungsbefragung privater Haushalte. Im Rahmen eines persönlichen Interviews werden seit 1984 hierzu im jährlichen Rhythmus möglichst denselben Personen und Familien Fragen zu den verschiedensten Bereichen des privaten und beruflichen Lebens gestellt. Dabei beantworten alle erwachsenen Haushaltsmitglieder individuelle Fragebögen. Zusätzlich wird eine Person als Haushaltsvorstand identifiziert, um weitere, die gesamte Familie betreffende Fragen zu beantworten. Haisken-DeNew und Frick (2000) erläutern, dass diese regelmäßig befragte Person als das am besten über verschiedene Belange des gesamten Haushalts informierte Familienmitglied angesehen wird. In der vorliegenden Arbeit wurden Daten zum Jahr 1996 ausgewertet. Für diese Wahl spricht, dass zu diesem Zeitpunkt erstmals einheitliche Fragebögen ausgegeben wurden, während in den vorherigen Jahren Ostdeutsche und eingewanderte Probanden ergänzende Fragen beantworteten. Nicht berücksichtigt wurden dabei vorher die in Deutschland geborenen Ausländer, für die jedoch die hier untersuchte Problemstellung trotzdem relevant ist. Zusätzlich wurden mit der Erhebungswelle des Jahres 1996 neue Fragen, wie etwa die nach dem Rückkehrwunsch der Ausländer in ihre Heimat, aufgenommen. Einige dieser Fragestellungen erscheinen, gemäß einem zweijährigen Zyklus, erst 1998 wieder, so beispielsweise die Frage nach einem Heimatbesuch der Ausländer. Ferner erfuhr das Panel durch die Aufnahme neuer Teilnehmer eine Aktualisierung der Stichprobe. Zuletzt spricht für eine Entscheidung zugunsten des Jahres 1996 das eher technische Problem der ab 1997 nach unterschiedlichen Nationalitäten aufgegliederten Haushalte des ehemaligen Jugoslawiens. Hieraus könnte sich möglicherweise die Notwendigkeit einer getrennten Untersuchung dieser nun allerdings sehr kleinen Gruppen ergeben. Aufgrund der vormals gesonderten Einwandererstichprobe enthalten die Daten des SOEP eine relativ große, entsprechend ihren tatsächlichen Bevölkerungsanteilen gewichtete Zahl an Haushalten griechischer, italienischer, ehemals jugoslawischer, spanischer und türkischer Nationalität, wie sie auch schon in Tabelle 1 aufgeführt sind. Eine alleinige Betrachtung dieser Gruppen würde jedoch sowohl Haushalte mit deutschem Vorstand aber anderen, ausländischen Mitgliedern als auch eingebürgerte Zuwanderer unberücksichtigt lassen und damit die eher langfristigen Aspekte der Zuwanderung unter Umständen nicht ausreichend einschließen. Eine derartige Einschränkung trifft gemäß Clark und Drinkwater (2001) beispielsweise auf die Untersuchung der Heimatüberweisungen von Gastarbeitern in Deutschland durch Merkle und Zimmermann (1992) zu. In der vorliegenden Arbeit werden daher Haushalte bereits dann in die Stichprobe aufgenommen, wenn ein Haushaltsmitglied in den Jahren seit der Aufnahme in das Panel eine ausländische Staatsangehörigkeit besessen hat. Die dem Individuum zugeordnete Nationalität entspricht dabei der letzten nicht-deutschen Staatsangehörigkeit. Da allerdings Personen, welche zum Befragungszeitpunkt als Deutsche gelten, die speziell an Ausländer gerichteten Fragen nicht beantworten, liegen nicht überall für sämtliche Haushalte Antworten vor. In dieser Studie betrifft das vor allem die Angaben zur Aufenthaltsdauer in Deutschland, zum Besuch der Heimat und zum Wunsch nach einer späteren Rückkehr in die Heimat, so dass hierfür eine kleinere Stichprobe Verwendung findet. Aus den Nationalitäten der einzelnen Mitglieder ergibt sich dann die Zuordnung des Haushalts zu einer der acht in der Tabelle 2 aufgeführten ethnischen Gruppen. Die abhängige Variable der Rimessenfunktion ergibt sich aus den Antworten der Personen auf drei Fragen. Aus der Frage nach den individuellen Überweisungen an Personen außerhalb des Haushalts im vergangenen Jahr und der Information bezüglich der Wohnorte dieser Personen lässt sich die binäre Variable Zi zum Vorliegen der Heimatüberweisung bilden. Des Weiteren resultiert aus den Angaben zur Transfersumme eine zweite, nun diskrete Variable Ri. Lediglich in sechs überweisenden Haushalten wurden keine Angaben zum Betrag gemacht, was im Vergleich zu anderen Studien einen besonders guten Wert darstellt. In dem von Clark und Drinkwater (2001) verwendeten Panel geben über 40 Prozent der Überweisenden keine genaue Auskunft über die Transferhöhe. Es handelt sich bei den angegebenen Beträgen jeweils um Bruttozahlungen, da in den Paneldaten keine Angaben zu erhaltenen Zahlungen aus der Heimat gemacht werden. Diese Tatsache wird vor allem bei der ökonometrischen Modellierung in Abschnitt 4.3 von Bedeutung sein, da die abhängige Variable dadurch keine Werte kleiner als Null annehmen kann. Die individuellen Transferleistungen werden, wie unten begründet, auf Haushaltsebene aggregiert, woraus sich die in Tabelle 2 im Anhang dargestellten Daten sowohl zur Überweisungsentscheidung als auch zur durchschnittlichen Höhe der Zahlungen ergeben. Wie bereits im dritten Kapitel erwähnt, beschreibt Dasgupta (1993) die Möglichkeit der Beeinflussung dieser Transferentscheidung durch ethnische Unterschiede. Die hier deskriptiv dargestellte Verteilung der genannten Größen nach den Nationalitäten der Haushalte scheint dies zu bestätigen. Während über 40 Prozent der ehemals rein jugoslawischen Haushalte Überweisungen in ihre Heimat tätigen, sind es auf der anderen Seite lediglich 5,65 Prozent der rein italienischen Familien. Damit bestätigen sich auch die in der Tabelle 1 sichtbar gewordenen Unterschiede. Die Anteile der überweisenden Haushalte der anderen Nationalitäten zeigen hingegen kaum Abweichungen gegenüber dem Durchschnittswert. Die Zahl der Haushalte bei der Betrachtung der Transfersummen nimmt für einige Gruppen deutlich ab, so dass die Aussagen der entsprechenden Werte unzuverlässig werden. Dennoch sind auch hier deutliche Divergenzen feststellbar. Diese ethnischen Unterschiede lassen sich auch empirisch untersuchen. Interessant ist dabei zu erfahren, ob die Abweichungen durch andere Einflussgrößen, etwa durch unterschiedliche Aufenthaltsdauern, erklärt werden können. Aus dem beschriebenen Vorgehen zur Bildung der relevanten Stichprobe sowie der abhängigen Variablen und aufgrund einiger Schwächen des vorliegenden Datensatzes besonders in Bezug auf die hier interessierenden Heimatüberweisungen ergeben sich einige Probleme und Beschränkungen hinsichtlich der Aussagekraft der empirischen Ergebnisse. Vermutlich am schwersten wiegt dabei das weitgehende Fehlen von Informationen über die Empfängerhaushalte. Daher kann beispielsweise keine Aussage über die im modelltheoretischen Teil dieser Arbeit beschriebenen Reaktionen der Heimatüberweisungen auf eine Variation der Einkommensdifferenzen zwischen Gast- und Heimatland gemacht werden. Weiterhin liegen keine Angaben zu der familiären und ökonomischen Situation der Angehörigen in der Heimat vor. Hieraus ließen sich Aussagen bezüglich der erwähnten Transferanreize für den Migranten, etwa die Aussicht auf eine Erbschaft in der Heimat oder die Reaktion auf wirtschaftliche Probleme der Familie, ableiten. Auch fehlen Angaben zur Verwendung der überwiesenen Geldbeträge in der Heimat, wodurch, wie in Kapitel 3.3 erklärt, die von Poirine (1997) vermutete erneute Investition dieses Vermögens überprüfbar wäre. Während einige Studien, genannt seien hier etwa die Arbeiten von Merkle und Zimmermann (1992) über Gastarbeiter in Deutschland, Brown (1997) zu Australien und Clark und Drinkwater (2001) aus England und Wales, ähnlichen Problemen gegenüber stehen, verwenden andere Arbeiten fast ausschließlich Informationen aus dem Heimatland. Hierzu zählen beispielsweise die Analysen von Hoddinott (1992) zur nationalen Wanderung in Kenia oder von Funkhouser (1995) über Transfers aus den USA nach Mittelamerika. Auch durch die Einbeziehung aggregierter Größen, wie zum Beispiel die Arbeitslosenquote und das Wirtschaftswachstum im Heimatland, können die Einzelsituationen der Empfängerhaushalte nur ungenügend abgebildet werden, da diese Informationen lediglich Aussagen zur makroökonomischen Situation des Empfängerlandes machen, während die Entscheidungen auf mikroökonomischer Ebene getroffen werden. Zudem wäre aufgrund längerfristiger Schwankungen ein sehr viel größerer Beobachtungszeitraum erforderlich, der temporäre Veränderungen besser widerspiegelt. Ähnlich weitreichend wie das Fehlen von Daten zu den Empfängerhaushalten ist die Frage, wie im Rahmen des Haushalts im Gastland, sofern er aus mehreren Personen besteht, eine Überweisungsentscheidung getroffen wird. Obwohl in den Fragebögen des SOEP nach den getätigten Überweisungen jedes einzelnen Haushaltsmitgliedes gefragt wird, kann daraus nicht auf eine alleinige Entscheidung durch den Probanden selbst geschlossen werden. So ist es durchaus denkbar, dass die Überweisungen von einzelnen anderen oder mehreren Haushaltsmitgliedern gleichzeitig initiiert wurden. Die überwiegende Mehrheit der bisher durchgeführten Studien trägt diesem Problem jedoch kaum Rechnung und bezieht potenzielle Einflussfaktoren allein auf die befragte Person, welche entweder der Haushaltsvorstand oder ein anderes Familienmitglied sein kann. Dies ist umso erstaunlicher, als dass bereits die Deutsche Bundesbank (1974) auf das Problem fehlender Informationen zur Entscheidungsfindung im Senderhaushalt hinweist. Clark und Drinkwater (2001), konfrontiert mit dem Problem, lediglich Informationen über Transfersummen auf Haushaltsebene zur Verfügung zu haben, verwenden aus diesem Grund sowohl Haushaltsdaten als auch, dort wo sie vorliegen, Informationen über den Haushaltsvorstand. Dies ist in gewisser Weise inkonsistent, da damit erneut implizit die Rolle dieser Einzelperson bei der Transferentscheidung übergewichtet wird. In der auch in Kapitel 3 dargestellten theoretischen Literatur wird die Familienentscheidung in aller Regel lediglich im Heimatland betrachtet. Dazu bemerken Agrawal und Horrowitz (2002, S. 2040): 'In practice, migrants establish distinct households, and a more accurate terminology might reflect that remittances are in fact an interaction between households.' Daraus resultiert die Notwendigkeit, viele Einflussgrößen auf Haushaltsebene zusammenfassen zu müssen, auch wenn dadurch möglicherweise ein gewisser Teil der Informationen verloren geht. Die Beschreibung der Modellierung der verwendeten Variablen in Kapitel 4.2 verdeutlicht dieses Vorgehen. Einige weitere, sehr viel weniger zentrale Schwierigkeiten des vorliegenden Datensatzes sollen nicht unerwähnt bleiben. Die Frage nach erfolgten Zahlungen in das Heimatland lässt den Transfer nicht-monetärer Güter unberücksichtigt. Russell (1986) und Brown (1997) erklären, dass zumindest aus theoretischer Sicht auch derartige Übertragungen einbezogen werden sollten, obwohl sie in der Regel schwer zu erfassen und schwierig zu bewerten sind. Bisher wird dies trotz aller in Kapitel 2 erläuterten Probleme lediglich auf makroökonomischer Ebene bei der Aufstellung der Zahlungsbilanzen versucht. Weiterhin fehlen in den vorliegenden Paneldaten Angaben zur Regelmäßigkeit der geleisteten Zahlungen sowie zu den verwendeten Überweisungswegen. Clark und Drinkwater (2001) interpretieren zusätzlich die Angaben der Probanden zum Anlass des jeweiligen Transfers. Auch die Erhebungen des SOEP enthalten bis zum Jahre 1995 diese Fragestellungen, doch ist die Aussagekraft der Antworten dann sehr gering, wenn es um die Frage nach altruistischen Motiven oder der Verfolgung von Eigeninteressen geht, da die Befragten selbst möglicherweise altruistische Motive annehmen, jedoch eher aus tiefer gehendem Eigeninteresse handeln. Alle bisherigen Arbeiten zur Untersuchung von Heimattransfers beinhalten, häufig neben einigen weiteren, eine mehr oder weniger große Zahl der hier genannten Probleme. Dennoch sind ihre Ergebnisse weit davon entfernt, völlig unzuverlässige Aussagen zu machen. Allerdings sind die unvermeidlichen Schwierigkeiten bei der Durchführung der Studie und der Interpretation ihrer Ergebnisse zu berücksichtigen. Im nächsten Abschnitt werden die aus den theoretischen Modellen und bisher existierenden empirischen Studien abzuleitenden Hypothesen zu den verwendeten Variablen formuliert. Anschließend erfolgt eine Beschreibung der Bildung der verwendeten Größen aus den vorliegenden Paneldaten.

Über den Autor

Lars Schwettman studierte Economics and der Universität Birmingham (Master Abschluss im Jahr 2000) und Volkswirtschaftslehre and der Universität Osnabrück (Diplom im Jahr 2000). Bis 2008 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mikroökonomische Theorie in Osnabrück, wo er auch promovierte. Seit 2008 habilitiert Lars Schwettmann an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Das vorliegende Buch entstand während seiner Tätigkeit in Osnabrück.

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