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  • Formen des freien Theaters - Neuer Zirkus: Eine Bestandsaufnahme zur Situation der heutigen circesanischen Künste

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Mit den gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen Ende der 60er Jahre strömte auch durch die Zirkuswelt ein revolutionärer Wind. Die Technologisierung der Gesellschaft sowie die zunehmende Verbreitung des Fernsehens bedeuteten, ähnlich wie für das Kino oder Theater, eine entscheidende Konkurrenz für den Zirkus. Wirtschaftliche Probleme und eine ungewisse Zukunft ließen diese Kunstform zunächst eine Krise erleiden. Seit einigen Jahrzehnten jedoch erlebt der Zirkus eine Renaissance und entwickelt sich zu einer der beliebtesten künstlerischen Unterhaltungsformen. Dieses Buch zeichnet die Entstehung des Zirkus aus der Tradition des Theaters nach und erläutert klassische und moderne Darstellungsformen. Abschließend erfährt der Leser anhand der Analyse diverser zeitgenössischer Produktionen, wie sich der Neue Zirkus in diese Tradition eingliedern lässt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Entwicklung der Formen des Freien Theaters: Mit dem Begriff des Freien Theaters bezeichnet man nicht so sehr eine einheitliche Stilrichtung, sondern eher einen programmatischen Anspruch an das Theater, bei dem die Erfahrungsmomente der Theaterarbeit im Mittelpunkt stehen. Daher spricht man auch vom Theater der Erfahrungen . Ein wichtiges Merkmal dieser Theaterform ist, dass es sich außerhalb von herkömmlichen konventionellen Systemen organisiert und bewusst die dortigen institutionellen Arbeitsformen und hierarchischen Geschäftsprinzipien ablehnt. Im Gegensatz zu klassischem Schauspieler-Theater , bei dem die Auseinandersetzung mit einer literarischen Vorlage im Mittelpunkt steht, ist die Ästhetik des Freien Theaters weniger über die literarische Rollenvermittlung bestimmt, als durch das Darstellen und Ausleben von Körperlichkeit und Emotionalität. Im Folgenden soll Aufschluss darüber gegeben werden, inwiefern sich diese Form theoretisch in das Grundsystem theaterspezifischer Semiotik einfügt und mit welchen Mitteln Handlungen oder Ausdrücke transportiert werden. Denn auch wenn Freies Theater den Anspruch besitzt, vom Leben durchdrungen zu werden, so ist die Wirklichkeit der Vorführung dennoch von gewissen Regeln bestimmt, die grundsätzlich für alle Inszenierungen und cultural performances gelten. 3.1, Semiotik des Theaters: Ein theatraler Prozess findet immer dann statt, wenn eine Person Handlungen vorführt, bei der eine andere Person zuschaut und sich beide Personen dabei ihrer Rolle als jeweils Vorführender und Zuschauender bewusst sind. Diese rudimentäre Bestimmung gilt für alle Theaterformen, sei es für rituelles Theater, theatrale Formen asiatischer Kulturen, europäisches Sprechtheater, episches Theater, Experimentaltheater, Tanz- oder Musiktheater und paratheatrale Formen wie dem Varieté, Happenings oder Zirkus. Theater ist somit ein Kommunikationsprozess, der mit Hilfe von Zeichen theatrales Geschehen umsetzt. Die Zeichen können ganz unterschiedlicher Ausprägung sein. Neben der Sprache dienen Mimik und Gestik, Bewegung, Musik, Geräusche, Licht und viele andere Methoden der Effektgestaltung. All diese Zeichen rekrutieren sich aus ihren jeweiligen kulturellen Systemen. Die Semiotik der Theaterwissenschaft steht somit in einem engen Zusammenhang und einem Wechselverhältnis mit historischen, ästhetischen, kommunikativen und kulturwissenschaftlichen Fragestellungen. Für die Theaterpraxis bedeutet dies eine Öffnung und einen Zugang zu sämtlichen Darstellungsformen, bei denen in ihrer Umsetzung und Aufführung keine kategorischen Grenzen gesetzt sind. Grundsätzlich müssen sich Zuschauer und Vorführer darüber einig sein, dass die dargestellte Handlung ein Spiel ist, dieses Spiel aber von beiden Beteiligten Ernst genommen wird. Dieses konstitutive Moment der Theatersituation vermag es, dem Spieler Freiräume zu geben, in denen er der Zuschauerpartei ernsthaft den gesellschaftlichen moralischen Konsens provokant und transzendiert darstellt, sie gleichzeitig mit ihren Ängsten, Träumen, einem alternativen Gegenentwurf des Lebens konfrontiert. Der Spielcharakter des Theaters ermöglicht Situationen darzustellen, die der Traum- und Phantasiewelt entstammen. Die in den inneren Enklaven von Traum und Phantasie und in der ästhetischen Enklave Theater zugelassenen Symbolsysteme vermögen komplexere, die Tiefenstruktur der Subjekte bestimmende Sinngehalte in die Anschaulichkeit szenischer Situationen weiterzuleiten und damit der Erfahrung (als Traumerfahrung oder ästhetische Erfahrung) zugänglicher zu machen, als es in den restriktiven Verkehrsformen des Alltags und den dort zur Verfügung stehenden Ausdrucksformen der Fall ist. Theater ist ein aktuelles authentisches Ereignis, bei dem die Gegenwärtigkeit und die Unwiederholbarkeit, also die räumlich-zeitliche Einheit ganz entscheidend ist. Grundsätzlich wird Theater von Körperlichkeit getragen. Der menschliche Körper produziert in seiner Komplexität die Ausdrucksmöglichkeiten und Fähigkeiten, geht Beziehungen ein, setzt Zeichen, um den Spieler im leeren Raum präsent werden zu lassen und seinen Handlungen Bedeutungen zuzuweisen. Theater ist demnach in erster Linie Körperkunst. Die künstlerischen Entwicklungen ließen den Blick der Theatertheorien vermehrt auf die Grenzgebiete des herkömmlichen abendländischen Theaters richten. Neben zunehmenden interdisziplinären Betrachtungen in den Geisteswissenschaften haben veränderte Theaterformen wie die Happening-Bewegung in den 50er Jahren aber auch ältere paratheatrale Erscheinungsformen wie der Zirkus oder die Revue die Aufmerksamkeit von Theatertheoretikern und –praktikern auf sich gezogen und zu Untersuchungen angeregt. Insbesondere sei dabei auf die Ausführungen zur Semiotik im Zirkus von Paul Bouissac verwiesen, auf die an späterer Stelle noch ausführlicher eingegangen wird. 3.2, Historischer Überblick der Entwicklung im 20. Jh.: Geprägt durch Industrialisierung und technischen Fortschritt gestaltete sich auch die Entwicklung des kulturellen Lebens im 20. Jahrhundert in analog akzelerierter Form. Mit den Begriffen wie kulturrevolutionäre Bewegungen und das Aufkommen einer Massenkultur werden die ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts charakterisiert. In diesen Jahren haben Überlegungen der Futuristen, Dadaisten, Expressionisten und Surrealisten auf künstlerischer Ebene zu den veränderten gesellschaftlichen Gegebenheiten Stellung und Position bezogen. Dies hatte Auswirkungen auf die bildenden und darstellenden Künste. Mit Bertolt Brecht, dessen episches Theater im Mittelpunkt seines theoretischen Werks steht, der sich für ein politisch-aufklärerisches Theater einsetzte, bildete sich einer der beiden Pole des modernen Theaters. Bei ihm stehen Vernunft, Verbesserung der Menschen und politische Ziele im Vordergrund. Für die vorliegende Arbeit steht sein Schaffen jedoch nicht im Mittelpunkt der Untersuchungen und seinem Namen soll mit dieser Erwähnung Genugtuung getan sein. Den anderen Pol und einen ähnlich starken Einfluss auf das Gegenwartstheater stellt Antonin Artaud dar, der mit seinen Überlegungen zu dem Schluss kommt, dass jede Form der Darstellung und Nachahmung, somit auch das Literaturtheater abzulehnen sei. Artaud gilt als geistiger Kopf des surrealistischen Theaters. In den 60er Jahren mit Entstehung der Performances wurden seine Schriften als theoretische Grundlage für die Schaffung von neuen Theaterformen genutzt. Der Höhepunkt der Auseinandersetzung mit neuen theatralischen Formen ist in den 60er Jahren zu finden, eine Zeit die durch gesellschaftskritische Protestbewegungen gekennzeichnet ist. Die Theaterentwicklung dieser Jahre ist von den Ideen der Bewegung getragen und kann als kulturrevolutionäre Manifestation verstanden werden. Als Vorreiter der Avantgarde Bewegung beim Theater dieser Jahre gilt Artaud.

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