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Kunst & Kultur

Dominik Krug

Interaktive Drehbücher für digitale Welten

Wie Videogames traditionelle Erzählweisen erneuern

ISBN: 978-3-8366-9321-9

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 178
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Videospiele sind längst fester Bestandteil unseres Alltags. Aber dass Spiele auch packende Geschichten erzählen, ist für die meisten Menschen neu. Seit ihrer Entstehung stehen Adventure-Spiele, wie Day of the Tentacle oder King’s Quest, für gehaltvolle interaktive Erzählungen. Sie sind Wegbereiter für eine Bewegung, die mit der Jahrtausendwende erst richtig ins Rollen gekommen ist: Interactive Storytelling . Eine Herausforderung für Autoren, die sich nun nicht mehr nur auf klassische Lehren von Aristoteles bis Vogler berufen können, sondern gezwungen sind, weiterzudenken. Schließlich will der moderne Spieler nicht nur unterhalten werden, er will eingebunden sein in eine Welt voller Möglichkeiten, deren Werdegang und Geschichte er selber beeinflussen kann. Innerhalb dieser Untersuchung wird anhand unterschiedlicher Herangehensweisen das Potential interaktiver Dramaturgie und non-linearen Erzählweisen aufgezeigt, im Spiegel verschiedener Theoretiker und der praxisorientierten Entwicklung der Videospielbranche. Geprüft werden die daraus resultierenden Ergebnisse am Beispiel eines im Zusammenhang entstandenen Spielfilmdrehbuchs. Die Studie gewährt dabei tieferen Einblick in bislang wenig erforschte Bereiche, etwa der emotionalen Betroffenheit beim Erleben interaktiver Geschichten, und kann aufgrund einer exemplarischen Verortung des Adventure-Genres innerhalb seiner Rezeptionsgeschichte eine Prognose bezüglich der Zukunft digitaler Welten und interaktiver Erzählungen treffen, in denen der Spieler mehr und mehr die Rolle eines implizierten Autors einnimmt und den Werdegang der Geschichte selber bestimmt. Eine Reise, die von den Wurzeln von Spiel und Erzählung bis zu ihrer Symbiose im interaktiven Drama reicht. Wie non-lineare Erzählweisen und interaktive Dramaturgie funktionieren können, ist Gegenstand dieser Untersuchung.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.1.4, Gegenwart: Open World Systems: Der nächste Schritt, den das Adventure von Spielen wie Tomb Raider aus machen wird, ist, aus heutiger Sicht, nur zu logisch. Er führt zur Simulation einer lebendigen Welt. Dieses Sandbox-System wird bereits früh erprobt, jedoch erst zur Reife durch den dritten Teil der GTA - Grand Theft Auto-Reihe gebracht. Seitdem bringt die Entwicklung regelmäßig noch größere, noch realistischere Welten auf den Computerbildschirm, in der den Möglichkeiten wirklich nur die eigene Fantasie als Grenze gesetzt ist. Durch direkte Nähe zum Drehbuch Der Junge der die Welt rettet, soll der GTA-Ableger Canis Canem Edit als Exempel dienen. In Canis Canem Edit schlüpft man in die Haut des 15jährigen Jimmy Hopkins, der an eine Eliteschule wechselt. Der Spieler verfolgt in fünf festgelegten Kapiteln den Aufstieg seines Alter Egos bis an die Spitze der Schulfhofhierarchie. Dabei bewältigt er festgelegte, story-getriebene Aufgaben, die er jedoch meist in beliebiger Reihenfolge absolvieren kann. Der Übergang zwischen den Kapiteln dient dabei als eine Art Plot Point, der die Handlung in andere Bahnen lenkt. Dazwischen, und das macht den Hauptteil des Spiels aus, macht Jimmy grundsätzlich, was er will. Morgens geht er zum Unterricht, lernt (innerhalb von Mini-Geschicklichkeitsspielen) um gute Noten zu erlangen, während er nachmittags ein vielfältiges Freizeitprogramm verfolgen kann, wenn er denn will. Er muss nicht einmal zum Unterricht gehen, aber diese Entscheidung bringt, wie im richtigen Leben, Konsequenzen mit sich: Jimmys Noten werden schlechter und er droht nicht versetzt zu werden (‘Game Over’). Hält sich Jimmy und somit der Spieler jedoch an gewisse Regeln, eröffnet sich ihm nach und nach eine riesige, eigenständige Welt, die vom Campus bis in den nahe gelegenen Badeort, inklusive Strandhäusern und Boutiquen, reicht. Beim Friseur kann Jimmy sich eine neue Frisur schneiden lassen, in den Shops kann er Kleidung erstehen. Er kann sich um eine Freundin bemühen, Ärger mit Gangs anfangen und eigentlich alles tun, was auch im echten Leben möglich ist. Die Tatsache, dass Jimmy aber ein raubeiniger Anti-Held ist, macht es besonders reizvoll, in seine Haut zu schlüpfen. Canis Canem Edit treibt dieses Spielprinzip sogar so weit, dass nach Abschluss der fünf Kapitel und der Haupthandlung sich ein sechstes Kapitel anschließt, dass sich ‘Endless Summer’ nennt. Hier ist der Name Programm. Man kann weiterhin soviel Zeit mit dem Spiel verbringen, wie der Spieler will. Es gibt immer noch neue Dinge zu entdecken und weitere Sub-Missionen aufzudecken. Canis Canem Edit bietet ein Höchstmaß an Offenheit. Im Vergleich zu früheren Vertretern wie Zork, erscheint die frei begehbare Welt der Bullworth Academy wie die Offenbarung einer realen, lebendigen Welt, was mit dem nächsten Teil der bekannten GTA-Reihe, Grand Theft Auto 4, noch weiter gepusht werden wird. Obwohl Spiele wie Canis Canem Edit offensichtlich alle Freiheiten dieser Welt bieten und somit einen interaktiven, non-linearen Spielplatz darstellen, muss man eingestehen, dass die doch recht dürftige, vorhersehbare Haupthandlung nur Grundgerüst ist, um die Welt zusammenzuhalten. Geht Jimmy Hopkins angeln, spielt er am Spieleautomaten, isst er Süssigkeiten, kauft er sich neue Kleidung. All das macht das Spiel zwar aus, aber um wirklich dramatische Aktionen handelt es sich dabei nicht. Die Gefahr ist natürlich groß, wenn man einem Rezipienten eine zu große, offene Welt gibt, in der er sich austoben kann, dass er sich in Bedeutungslosigkeit und somit sogar das Interesse an jeglicher Handlung verliert. Die Entwickler von Rockstar haben inzwischen soviel Erfahrung, dass es ihnen auch gelingt durch Handlung und Charaktere zu fesseln, aber es kostet viel Zeit, Kraft und eine Menge Geld, eine solche Welt auszubalancieren und um gleichermaßen Spieler zu überzeugen, die Action und die Spieler, die Handlung wollen. Der Erfolg mag dem Entwickler recht geben, aber ein interaktives Drama ist hinter dieser Lebenssimulation nicht zu finden, da man nicht umsonst sagt, dass in einer dramatischen Geschichte heißer geliebt, bitterer gelitten und sich überschwänglicher gefreut wird als im echten Leben. Deshalb ist Canis Canem Edit am Pol der Offenheit einzuordnen.

Über den Autor

Dominik Krug wurde 1985 in Frechen bei Köln geboren und machte 2005 sein Abitur am Gutenberg Gymnasium / Bergheim. Nachdem er bereits zu Schulzeiten sein Interesse für Film, Dramaturgie und neue Medien erkannte, studierte er, nachdem er 2005 seinen ersten Kurzfilm Colorblind gedreht hatte, ab 2006 an der MHMK Köln Film- und Fernsehregie. Dort entstanden umfangreiche Drehbücher wie Blues‘ Sky (verfilmt mit Ulrich Gebauer und Christoph Maria Herbst) oder Natural Selection , die sich bereits ausführlich mit dem Potential interaktiver Medien auseinandersetzten. 2009 erlangte er mit dem Abschluss des Studiums den akademischen Grad Bachelor of Arts. Erfahrung im wissenschaftlichen und journalistischen Arbeiten konnte Dominik Krug dabei bereits während vorangegangener Praktika bei der Tageszeitung und einer TV-Produktion sammeln. Die Faszination für digitale Welten und interaktive Dramaturgie begleitet ihn dabei bereits seit frühester Jugend und nimmt eine Sonderstellung bei seiner täglichen Arbeit als Filmemacher und freier Autor ein.

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