Suche

» erweiterte Suche » Sitemap

  • Sie befinden sich:
  • Fachbücher
  • »
  • Kunst & Kultur
  • »
  • Kulturbegegnung und Literatur der Migration: Auf dem Weg zu einer Stereotypenbekämpfung in 'Abengs Entscheidung' von Philomène Atyame

Kunst & Kultur


» Bild vergrößern
» weitere Bücher zum Thema


» Buch empfehlen
» Buch bewerten
Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 07.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Diese Studie handelt von einer Kulturbegegnung zwischen Deutschland und Kamerun in der kamerunischen Hauptstadt Duala und der Literatur der Migration. Es geht um eine literarische Analyse von auftretenden Kulturen und die inhaltliche Bearbeitung von Kategorien zur Analyse der Migration. Es stellt sich heraus, dass den Figuren nur vordergründige Kulturmerkmale zugeschrieben werden, weil zwischen den beiden Ländern Stereotype und Vorurteile bestehen. Deshalb wird der Frage nachgegangen, wie Stereotypen literarisch konstruiert und dekonstruiert werden können. Der Roman Abengs Entscheidung wird als Literatur der Migration verstanden schon der Untertitel eine schwarz-weiße Liebe in Kamerun weist auf den interkulturellen Rahmen der Geschichte hin. Trotzdem stellt sich die Frage, inwieweit diese Genrezuordnung zutrifft, was in diesem Buch anhand der Untersuchung verschiedener Charakteristika herausgearbeitet werden soll. Ausgehend von der Definition von Kategorien wie Migration, Kultur und Identität wird vor Augen geführt, wie Manfred und Abeng – die Hauptfiguren – die bestehenden Klischees widerlegen. Durch veränderbare und ständig prozesshafte Identitäten, die sich in Kontakt mit dem Anderen immer neu formen, tragen sowohl zur schwierigen Festlegung der Hauptfiguren als auch zu einem überdachten Identitätsbegriff bei. Die Figuren im Roman lassen sich in drei Kategorien teilen: Erstens die, die unerschütterlich auf ihren Klischees beharren, dann die, die nach der Kontaktaufnahmen mit dem Fremden ihre Einstellung verändern und schließlich die, die sich von Anfang an keiner Kultur zuordnen lassen, weil sie eher interkulturell zu denken sind.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.1.1. Manfreds Identifikationsprobleme: Die ersten Probleme, mit denen Manfred konfrontiert ist, sind das Wetter und seine Charakteristiken. Eine Anspielung des allwissenden Erzählers auf Manfreds Kindheit bringt dieses Wetterproblem zum Ausdruck. Er sagt dazu: Das Kind Manfred wuchs am Wasser auf, es spielte gern am Strand, es liebte den Sand. Es kannte Boote und Schiffe. Es mochte sie. Es kannte den Winter, die Kälte und den Schnee. Er mochte sie nicht. (AE, 22). Manfred kommt eigentlich nicht klar mit dem Wetter in Deutschland. Er mag nämlich keinen Winter, nicht nur weil er ihm nicht gefällt, sondern auch weil der Winter mit seinem Wesen keinesfalls kongruiert. Er identifiziert sich nicht mit dem Ort, wo er geboren ist und wo sich seine Eltern wohl fühlen. Sie finden sogar Spaß daran zu bleiben, wo es kalt ist. Manfred identifiziert sich nicht mit dem deutschen Kulturraum im Gegensatz zu seinen Eltern, die sich zu Hause fühlen. Er fühlt sich nicht wohl, wo es kalt ist, sondern, wo die Wärme die ganze Zeit herrscht und auch zu verspüren ist. Deshalb erwähnt der allwissende Erzähler die Liebe Manfreds zu dem Exotischen: Später gebar das Dunkle in ihm die Liebe zu den Tropen. Er sehnte sich nach Wärme, er wollte mehr Sonne. (AE, 24). Das, wonach sich Manfred sehnt, ist außerhalb Deutschlands, außerhalb Europas, in einem anderen Kontinent, in einem anderen Land, wo andere Völker leben. Eine solche Identitätskonzeption kann mit Barloewens Worten interkulturelle Identität , Identität zwischen den Gruppen aufgefasst werden. Manfred, der von Grund auf der deutschen Gemeinschaft, der deutschen Welt gehören soll, dezentriert und dekonstruiert diese Idee der Zugehörigkeit zur deutschen Welt. Seine Gefühle und Haltungen einerseits und sein Identifikationsproblem in dieser Welt andererseits sind Ausdruck dieses Unwohlfühlens. Manfreds Problem, sich mit der deutschen Gemeinschaft und der deutschen Kultur zu identifizieren veranlasst ihn zu dem Glauben, dass seine Identität verlagert ist. Deshalb macht er sich auf der Suche nach seiner Identität, die sich in Afrika befindet, wenn er darauf besteht, dass das afrikanische Blut in seinen Adern fließe. 3.1.2. Manfred auf der Suche nach seiner Identität: Aus der folgenden Erklärung des Begriffs Identität von Stuart Hall werde ich Manfreds Identität analysieren und zeigen, wie er sich nach dem sehnt, was ihm fehlt. Hall bestimmt die Identität folgendermaßen: Identität ist weder vollkommen transparent, noch so unproblematisch, wie wir denken. Statt Identität als eine schon vollendete Tatsache zu begreifen, die erst danach durch neue kulturelle Praktiken repräsentiert wird, sollen wir uns vielleicht Identität als eine ‚Produktion‘ vorstellen, die niemals vollendet ist, sich immer in einem Prozess befindet[…]. Stuart Hall zufolge ist die Identität immer unvollkommen und problematisch. Das bedeutet, dass sie nicht ein für allemal festgelegt wird, sondern immer in einem Prozess. Mit solchen Kategorien Halls nämlich Unvollkommenheit und Prozess möchte ich Manfreds Identität ergründen. Mit sechs hat Manfred schon eine Absicht, die er seiner Mutter mitteilt. Diese Absicht besteht darin, eine Farbige zu heiraten. Die Absicht kommt eigentlich zustande aus dem Einfluss seines Lehrers. Umgehend kommt er zur Einsicht, dass er sich dort in Afrika zurechtfinden kann. Manfred sehnt sich nach einer Afrikanerin, als wäre sie ein Teil seiner Identität. Die Tatsache, dass sich Manfred nach einer Einheimischen sehnt, sodass er Nachtlokal in Kamerun besucht, begründet die Verwendung des Ausdrucks keine vollendete Tatsache . Seine Identität ist nicht vollendet, deshalb versucht er sie mit einem anderen Element aus Abeng zu ergänzen. Diese Suche betont auch den Prozess, in dem sich die Identität befindet. Es geht um einen Prozess der Konstituierung. Diese Konstituierung ergibt sich daraus, dass sie nicht seit der Geburt von Natur aus im Bewusstsein sei. Es gebe immer etwas ‚Imaginäres‘, Phantasiertes an ihrer Einheit. Sie bleibe immer unvollständig, befinde sich immer im Prozess, im Gebildet-werden‘. Dieses etwas Imaginäres und Phantasiertes , von dem Stuart Hall spricht, verweist in dem Roman auf den Topos der Sehnsucht nach einer Afrikanerin. Durch diese Imagination und Phantasie glaubt Manfred, seine Identität in der Heirat mit Abeng ergänzen zu können. Manfreds Suche nach seiner Identität umfasst also seine Phantasien, seinen Besuch bei Kontchupé und ergibt sich aus dem Mangel an Vollkommenheit. Neben der Identität Manfreds, die unvollkommen ist und die sich in einem Prozess befindet, hat man mit der Identität von Abeng, die widersprüchlich ist und zwischen zwei Welten schwankt. Mit sechs hatte Manfred schon eine Absicht, die darin bestand, seine vermutliche Herkunft zu erreichen, nämlich das Afrikanische, das in seinem Blut fließt, indem er nach Afrika fliegt und eine Farbige heiratet (AE, 29). Manfred ist auf der Suche nach Methoden, Mitteln und Wegen, die ihm dazu verhelfen können, seine verlorene Seite wiederzufinden. In seiner zum Ausdruck gebrachten Absicht erfahre ich, wo sich seine andere Seite befindet. Sie ist in Afrika . Manfred glaubt durch die Heirat mit einer Farbigen, seine verlorene Seite wiederzufinden und seine Ganzheit noch zu konzipieren. Außerdem war Manfred so krank, dass er mit möglichen Kräutern geheilt wurde. Was war die Ursache seiner Krankheit? Manfred ertrug die Kälte und den Schnee nicht, er ertrug das Wetter in seiner Heimat nicht. (AE, 65). Diese Tatsache habe ich schon angedeutet. Der allwissende Erzähler bringt die Tatsache zum Ausdruck, dass sich Manfred für einen Tropenmenschen hielt. Versucht wird auch zu beweisen, wie Manfred zu solchen Empfindungen gekommen ist. Daraus ist zu ersehen, dass Manfred eine gemischte Verwandtschaft hatte, die seine Andersheit nachweist: Er hatte das Dunkle von seinem Urgroßvater, einem Juden, der einst nach Deutschland eingewandert war. Manfreds Eltern waren blond und seine Mutter war treu. Außerdem sorgte der Zufall dafür, dass all seine Nachbarn in Övelgonne, wo er zur Welt kam, hell waren. (AE, 70) Damit ist das Andersartige in ihm bewiesen. Die Herkunft seines Urgroßvaters ist in vielerlei Hinsicht aufschlussreich. Manfred hat einen jüdischen Urgroßvater, der sein Blut so stark beeinflusst hat, dass es ihm nicht gelingt, in Deutschland wirklich zu Hause zu sein. Manfred möchte tatsächlich diese zerstreute Identität biologisch definieren das, was nicht einfach ist, zumal die jüdische Herkunft weit von ihm entfernt. Manfreds Identität ist nicht statisch und vor allem nicht kohärent bzw. vollkommen. Eine Identität, die völlig vereinheitlich, sicher und kohärent ist, ist für Stuart Hall eine Illusion . Die Tatsache, dass die Identität Manfreds zwischen Deutschland und Afrika schwankt und dass er sich in Deutschland als Ziel setzt, die andere nach Afrika zu suchen, kann als ein bewegliches Fest aufgefasst werden. Manfred ist nicht der einzige, der unter Identitätsproblemen leidet Abeng auch empfindet diese sogenannte Leere in ihr, aber sie verfährt anders als Manfred und der Traum spielt eine wichtige Rolle bei ihr.

Über den Autor

Yannick Gnipep-oo (M.A.) wurde 1985 in Yaoundé (Kamerun) geboren. Sein Studium der Germanistik und Erziehungswissenschaften an der Universität Yaoundé I und an der École Normale Supérieure de Yaoundé schloss der Autor im Jahre 2011 mit dem akademischen Grad der Magistra Artium erfolgreich ab. Fasziniert von der Interkulturalität und den verschiedenen Prozessen, die daraus resultieren, widmete er sich der Thematik des vorliegenden Buches. Im Moment promoviert er an der Universität Trier und befasst sich mit der deutsch-jüdischen Literatur und deren Positionierung im Feld der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.

weitere Bücher zum Thema

Bewerten und kommentieren

Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichenten Felder aus.