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Kunst & Kultur

Michael Neuser

Postmodernes Kino: Stanley Kubricks Filmästhetik jenseits der Konventionen

ISBN: 978-3-8428-8287-4

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 10.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 136
Abb.: 27
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Was kennzeichnet einen ‘postmodernen Film’? Gibt es jenseits der postmodernen Beliebigkeit und etablierten Genre-Kategorien handfeste (Alleinstellungs-)Merkmale, die den ‘postmodernen Film’ prägen? Was unterscheidet ihn vom Hollywood-Kino und macht ihn so besonders? Und, allen voran, was ist das eigentlich - ‘die Postmoderne’? Diese Fragen, und noch einige mehr, beschreiben das Erkenntnisinteresse der hier vorliegenden Studie zu einem bis dato eher stiefmütterlich behandelten Thema der Medienwissenschaft und geben Filmfreunden gleichzeitig eine Anleitung zu einer ganz neuen analytischen Perspektive auf das Kino. Der theoriegeleitete erste Teil der Studie widmet sich der ideengeschichtlichen Genese des Phänomens ‘Postmoderne’. Hier werden insbesondere die pluralen Ermöglichungszusammenhänge und Gegenstandsbereiche der Postmoderne vorgestellt. Des Weiteren wird herausgearbeitet, inwieweit die abstrakten und bisweilen kontroversen Theoreme der Postmoderne in einen sinnfälligen Merkmalskatalog künstlerischer Manifeste im Allgemeinen und dem Kino im Besonderen übersetzt werden können. Im Rahmen dieser pointierten Auseinandersetzung werden gesellschaftliche Einflussbereiche der Postmoderne und deren sozialräumliche und ikonographische Repräsentanz beleuchtet und allgemeine ästhetische Überlegungen dargestellt. Im Hauptteil der Arbeit wird anhand der beiden Filme ‘Uhrwerk Orange’ (1971) und ‘2001- Odyssee im Weltraum’ (1968) von Stanley Kubrick analysiert, inwieweit sich diese ‘Paradigmen der Postmoderne’ in der spezifischen Bild- und Formensprache des vieldiskutierten Regisseurs widerspiegeln. In der Studie widmet sich der Autor sowohl dem narrativen Gesamtzusammenhang als auch der Analyse aussagekräftiger Schlüsselszenen sowie der leitmotivischen Verknüpfung (nicht nur) der beiden Filme unter dem Banner der Postmoderne. Das Buch zeigt, dass das Kino Stanley Kubricks symptomatisch für postmoderne Geisteshaltung ist. Seine Filme sind quantitativ und qualitativ sehr stark an die zuvor herausgearbeiteten postmodernen Paradigmen angelehnt. Die Beweisführung stellt hier eine Verbindung dar zwischen der inhaltlichen Affinität des Regisseurs zum postmodernen Unbehagen, der rational-aufgeklärten Gesellschaft (Uhrwerk Orange) und der menschlichen Fortschrittsdoktrin (2001 - Odyssee im Weltraum) bis hin zum Bruch mit etablierten (Hollywood-)Erzählstrukturen auf sämtlichen Ebenen filmischer Darstellungskunst - Kamera, Schnitt, Montagetechnik, Musik, Ton. Nicht zuletzt benennt und reflektiert der Autor die Frage nach dem Verhältnis zwischen der individuell-postmodernen Signatur des Regisseurs und der immanent-postmodernen ‘Natur’ des Films (insbesondere im Zusammenhang der Frage nach dem ‘Tod des Autors’).

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.1.2, Linearität und Geschichte: In dem Augenblick, in dem traditionelle Sinnstrukturen der Aufklärung auf den Prüfstand gestellt und kontinuierlich überdacht werden, geht auch das Bewusstsein für Geschichte verloren. Die Negation der Hermeneutik des Sinns im Historismus impliziert zugleich, dass die zeitliche Linearität ihren Gültigkeitsanspruch verliert. Insofern versteht Lyotard die Postmoderne nicht als ‘Zeitalter’, sondern vielmehr als ‘Gemüts- und Geisteszustand‘. Wie Werner Seppmann diesbezüglich feststellt, ist es tatsächlich sehr bezeichnend, dass die Postmoderne einerseits die Abkehr von Linearität und Geschichte propagiert, aber andererseits behauptet aus einem Unbehagen gegenüber den Paradigmen vorangegangener Meta-Erzählungen hervorgegangen zu sein, was de facto eine zeitliche Dimension beinhaltet. Die Postmoderne enthält einen tiefen inneren Selbstwiderspruch: Sie denunziert Theorie als große Erzählung, erklärt alle großen Erzählungen für relativ. Aber die Postmoderne kann nicht ohne eine Reihe großer Erzählungen auskommen. Die Abkehr von Geschichte und Linearität lässt sich jedoch auch auf der Basis anderer Argumentationszusammenhänge extrapolieren, die diese Ironie in den Hintergrund treten lassen. So begründet Jaques Derrida diese Ablehnung von Linearität und Geschichte aus einer prinzipiellen Ablehnung jedweden Denkens in Strukturen. Struktur setzt Derrida zufolge eine Ordnung voraus, die Beziehung auf einen bestimmten Ursprung oder ein Zentrum, das die Aufgabe hat, die Organisation der Struktur zu gewährleisten. Die unbedingte Annahme eines solchen Zentrums würde jedoch die Austauschbarkeit und das freie Spiel aller Elemente begrenzen und unmöglich machen. Derrida wendet sich daher gegen diese Auffassung des Begriffes ‘Struktur’ mit einem ausschließlich hierarchisch gedachten Bezug von Struktur und Zentrum.’ Seine poststrukturalistische Argumentation verweist also letztlich auf die Unabdingbarkeit jenes Pluralismus, der nach Jean Francois Lyotard das Wesensmerkmal der Postmoderne darstellt. Obwohl Derrida den Begriff Postmoderne nicht explizit verwendet, spiegelt sich im dogmatischen Pluralismus eine gemeinsame Schnittmenge von Poststrukturalismus und Postmoderne wider. Eine ganz andere Annäherung an das Paradigma der Abkehrung von Linearität und Geschichte kommt hingegen von Fredric Jameson, wenn dieser behauptet, dass dem Menschen die Fähigkeit abhandengekommen sei, Geschichte aktiv und produktiv zu erfahren. Im Unterschied zu den ideologiegeleiteten Theorien anderer Theoretiker ist seine Theorie rein soziologischer Natur, die zudem eine pessimistische Haltung gegenüber der Abkehr von Geschichte einnimmt. Diese soziologische Komponente betont auch Paul Smethurst. Er verweist darauf, dass die Wahrnehmung von Geschichte das Resultat sozialer Praxis ist. Seiner Ansicht nach gewinnt damit auch die sozialräumliche Repräsentanz der Geschichte an Bedeutung. Nun überlagert sich dies mit der Erkenntnis, dass der Sozialraum der Postmoderne immer zerrütteter ist und insofern auch Geschichte ihre Bedeutung verliert: ‘postmodern social space reflects a failure of representation and so space itself recycles the codes and symbols of past spaces, without the concepts or spacial practices in place that gave rise to such places.’ Neben diesen immateriellen Indikatoren, die die Abkehr von Geschichte und Linearität belegen, manifestiert sich die Abkehr von Geschichte und Linearität auch in materiellen Indikatoren. Eine bewusste Durchbrechung materieller wie immaterieller sozialer Räume kann dieser Mentalität noch zusätzlichen Nachdruck verleihen. Damit transzendiert Smethurst zugleich eine Strategie für postmoderne Sinnpotentiale in den Künsten. Zur Darstellung der Abkehr von Geschichte und Linearität erweist sich das Medium Film als prädestiniert. Wie Anke Finger feststellt, ist dieses Paradigma gewissermaßen in der ‘Natur’ des Films selbst verankert: Der Film als semiotisches System, als Textbau, wird nicht erfasst durch die Linearität seiner narrativen Struktur dafür bedient er sich zu vieler Codes, die ein konstantes Lesen der Filmgeschichte oder der Story zu sehr durchbrechen, um solch eine reduzierte Rezeption tatsächlich konsequent zu ermöglichen. Wenn wir den Film als Text und semiotisch lesen möchten, müssen wir uns als Rezipienten mit der Pluralität der semiotischen Schichten und ihrer Verzahnung auseinandersetzen, um den Film als einen Dialog der Codes wahrzunehmen und ihn verstehen zu können. Daran schließen sich auch die Überlegungen Gerhard Bühlers an, der feststellt, dass dem Film eine ‘doppelte Historizität’ innewohnt, wobei sich diese ‘doppelte Historizität’ sowohl auf der Ebene der Produktion des Kunstwerks als auch auf der Ebene des Rezipienten bemerkbar macht: Nicht nur die historischen, d.h. gesellschaftlichen, sozialen, politischen, künstlerischen und andere Rahmenbedingungen der Produktion des Kunstwerks Film kommen zum Tragen, sondern ebenso die historischen Umstände der Rezeption wie die Disposition des Betrachters. Tatsächlich sehen wir, wenn wir einen Film das zweite Mal ansehen, denselben Film anders, sehen letztlich einen anderen Film. Es gehen spontane Eindrücke und Assoziationen verloren, die wir beim ersten Anschauen gehabt haben, dafür sehen wir beim zweiten Mal vielleicht Details, die uns vorher entgangen waren, oder dieselben Filmsequenzen lösen ganz andere Empfindungen und Konnotationen aus. Es bleibt vorerst festzuhalten, dass das Paradigma der Abkehr von Geschichte und Linearität bereits in der immanenten Struktur des Filmes, sowie der damit einhergehenden Rezeption angelegt ist. Demgemäß wäre jeder Film notwendigerweise ein postmoderner Film. Es genügt jedoch nicht allein diese Bewertungsmaßstäbe für die Qualifizierung eines postmodernen Filmes heranzuziehen. Wie noch zu zeigen sein wird, ergibt sich das postmoderne Potential der Abkehr von Geschichte und Linearität erst durch besondere Strategien dieser Darstellung.

Über den Autor

Michael Neuser, geb.1985 in Siegen, studierte Literatur-, Kultur-, und Medienwissenschaften an der Universität Siegen und schloss im Jahre 2011 sein Masterstudium erfolgreich ab. Bereits im vorausgegangenen Bachelor-Studium befasste sich der Autor mit verschiedenen kulturhistorischen Diskursen und deren Adaption in Literatur und Film. Im Masterstudium setzte sich der Autor insbesondere mit dem Cineastischen Oeuvre Stanley Kubricks auseinander und begeistert sich seitdem für verschiedene Fragestellungen auf den Gebieten der Philosophie und Soziologie. Im Spannungsfeld dieser Themenbereiche entstand die hier vorgelegte interdisziplinäre Studie. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit arbeitet der Autor als freier Journalist.

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