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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 01.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 152
Abb.: 49
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Längst ist der Einsatz von Kompetenzmodellen in der betrieblichen Praxis kein Novum mehr. Kompetenzentwicklung ergänzt die klassische Aus- und Weiterbildung. Viele bezeichnen Kompetenzmanagement als innovatives Konzept, kritische Stimmen sprechen jedoch vom Kompetenzwahn . Und wie so oft sehen Theoretiker eine Kluft zwischen Forschung und Praxis. Dies hat nicht davon abgehalten, der Nachfrage nach entsprechenden Instrumenten für die Personalarbeit nachzukommen, so dass viele Unternehmen Zeit und Geld investierten, um ein eigenes Kompetenzmodell zu entwickeln. Deren Nutzen für spezifische Anwendungen wurde bisher jedoch nur wenig systematisch erfasst. Strebt man einen effizienten Einsatz von Kompetenzmodellen an, so bedarf es jedoch einer differenzierten Auseinandersetzung mit deren Möglichkeiten und Grenzen: Welche Art von Kompetenzmodell, mit welchen Charakteristika, lohnt sich für Unternehmen unter welchen Rahmenbedingungen? Dieser Thematik widmet sich die vorliegende Untersuchung. Aufbauend auf einer umfassenden theoretischen Aufarbeitung des Themengebiets entsteht durch zwei ineinandergreifende Studien ein umfassendes Bild der aktuellen Situation des Einsatzes von Kompetenzmodellen in der betrieblichen Praxis. Ergebnisse aus Experteninterviews und Fragebogendaten zeigen die Beliebtheit von Kompetenzmodellen als ungebrochen. Ungenauigkeiten in der Anwendung werden von Personalexperten zwar erkannt, geraten allerdings zugunsten einer pragmatischen Anwendung in vielen Fällen in den Hintergrund. Neuere Ansätze, wie die Verknüpfung der Kompetenzmodellierung mit Aufgabenanalysen, sind zu wenig bekannt, um zum Einsatz zu kommen. Hier braucht es Aufklärungsarbeit, um Alternativen zum Einerlei der Kompetenzmodellierung anbieten zu können und die Kosten-Nutzen-Relation zu optimieren. Die Studie und der im Ergebnis entwickelte Selbstcheck für Unternehmen geben hierfür Anregungen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 6.4.4, Zusammenfassende Interpretation der Vorstudie: Die Interviews deuten auf eine geringe Verbreitung aufgabenorientierter Kompetenzmodelle hin – in keinem der befragten Unternehmen wird ein solches Modell genutzt. Dieses Ergebnis muss natürlich unter Einschränkungen der Stichprobengröße betrachtet werden. Jedoch zeigten verschiedene Nachfragen ebenso größtenteils Unkenntnis der Befragten hinsichtlich solcher Modelle. Darin kann ein Grund dafür liegen, dass aufgabenorientierte Modelle nicht genutzt werden. Zudem gaben zwei Befragte an, ein Kompetenzmodell wurde entwickelt, um einen wichtigen Trend nicht zu verpassen. Dies kann auf eine geringe Auseinandersetzung mit der Thematik hinweisen, da mit Blick auf die Konkurrenz prinzipiell ähnliche Modelle entwickelt werden, obwohl das Merkmal Unternehmensspezifität viermal als wichtig genannt wurde. Auch die von drei Unternehmen gezeigten Auszüge aus ihren Modellen bestätigen Paschens Aussage, dass viele Modelle unterschiedlicher Unternehmen doch sehr ähnlich sind. In den Interviews wird zudem ersichtlich, dass unter Praktikern nur die Unterteilung in fachliche und überfachliche Kompetenzen verbreitet ist. Meist wird weiter in Sozialkompetenz, Methodenkompetenz und personale Kompetenzen differenziert. Dies weist darauf hin, dass Ansätze wie das Clustern von Kompetenzen entsprechend Aufgabenbereichen nur wenig verbreitet sind und stattdessen Eigenschaftsbegriffe vorherrschen. Begrifflichkeiten wie ‘Loyalität’ oder ‘Teamfähigkeit’ scheinen den Befragten zwar zum Teil schwammig, aber doch vertraut und kommen so immer wieder zur Anwendung. In den genannte Chancen und Zielen spiegelt sich der in der Theorie aufgeführte Vorteil des Kompetenzansatzes wider: die Bildung eines allgemeinen Bezugsrahmens für Aktivitäten des HRM. Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist jedoch, dass Strategiebezug und Zukunftsorientierung nur eine untergeordnete Rolle für die Praktiker spielen, obwohl dies theoretisch als Vorteil gegenüber Anforderungen angesehen wird. Dies zeigt sich auch darin, dass sieben der Unternehmensmodelle nach Angaben der Befragten gegenwartsorientiert sind. Die theoretische Möglichkeit, im Modell ein Ideal zu formulieren und eine Top-Leistung zum Ausdruck zu bringen, wird kaum genutzt. Die Angabe, man könne durch Kompetenzmodelle eine Übersicht über Anforderungen erhalten, die an Mitarbeiter gestellt werden, ist auch überraschend, denn dies wäre ebenso mit klassischen Arbeits- und Anforderungsanalysen möglich. Was hingegen auf großen Anklang in der Praxis trifft, ist die Möglichkeit, Kernkompetenzen für mehrere Berufsgruppen zu formulieren. Es zeigt sich, dass für die Praktiker eine ‘Vereinheitlichung’ im positiven Sinne wichtigste Chance in Bezug auf Kompetenzmodelle ist. Ressourcen sollen eingespart werden, indem ein möglichst unternehmensweites System zur Verfügung steht. Die Betonung überfachlicher Kompetenzen wird daher als vorteilhaft angesehen. In der theoretischen Einordnung von Mansfield bevorzugen die Befragten damit one-size-fits-all-Modelle. Auf die Möglichkeit, im Sinne eines multiple-job approachs spezifische Anpassungen für unterschiedliche Funktionen vorzunehmen, wird nur bedingt zurückgegriffen. Gleichzeitig sehen vier Befragte die Grenze von Kompetenzmodellen darin, individuellen Erfolgsfaktoren von Mitarbeitern gerecht zu werden. Wie in Kapitel 5.1 erörtert, gilt dieser Nachteil nicht für aufgabenorientierte Modelle. Gefahren wie eine ungerechtfertigte Simplifizierung geraten angesichts Ressourceneinsparungen jedoch in den Hintergrund. Für die Praktiker bewegen sich Grenzen meist in Bereichen des Aufwands und der Handhabbarkeit. Die Forderung nach allgemeingültigen, aber nicht zu umfangreichen Modellen, die bei Bedarf in der Anwendung jederzeit angepasst werden können, unterstützt diese Erkenntnis. Im Zusammenhang damit könnte eine Rechtfertigungshaltung der Personalabteilung gegenüber direkten Vorgesetzten, Führungskräften anderer Bereiche, der Geschäftsführung und der Mitarbeiter sein, denn die Akzeptanz eines Kompetenzmodells wird als wichtiger Punkt angeführt. In den Interviews kommt auch zur Sprache, dass aufwendige Modelle schwer zu argumentieren wären. Alle Modelle wurden mittels Konsensbildung entwickelt. Aus wissenschaftlicher Sicht erfreulich ist die Betonung einiger methodischer Aspekte. Überschneidungen der Kriterien werden sowohl allgemein als auch in Bezug auf die unternehmenseigenen Modelle bemängelt. Ebenso werden konkrete und voneinander abgegrenzte Verhaltensanker gefordert. Hier liegt also ein Problembewusstsein vor, doch aufgrund der Vorgehensweise bei der Entwicklung der Modelle konnten diese Schwierigkeiten nicht immer zur Zufriedenheit der Befragten gelöst werden. Die größten Kritikpunkte an den Unternehmensmodellen sind Komplexität und fehlende Überschneidungsfreiheit. Dennoch sind die Befragten im Schnitt mittelmäßig zufrieden mit den eigenschaftsbasierten, allgemeingültigen Modellen ihrer Unternehmen. Die Zielstellung einer einheitlichen Grundlage für die Personalarbeit scheint in weiten Teilen erreicht, da die Modelle übergreifend genutzt werden. Nur Lernerfolgskontrollen, Organisationsentwicklung und Entgeltgestaltung sind seltene Einsatzfelder. Hierbei ist zu beachten, dass laut Aussage der Befragten Organisationsentwicklung und Lernerfolgskontrollen generell wenig durchgeführt werden. Gründe für die geringe Anwendung im Bereich der Entgeltgestaltung können in der Akzeptanz vermutet werden. Der Modellvergleich bestätigt, was die Beschreibungen der unternehmenseigenen Modelle andeuten: zugunsten eines geringen Aufwands werden eigenschaftsbasierte Modelle bevorzugt, da diese als allgemeingültig angesehen werden. Der Vorteil des Kompetenzansatzes, mehrere Berufsgruppen in einem System zusammenzufassen, geht in den Augen der Praktiker klar damit einher, ein eigenschaftsbasiertes Modell zu nutzen. Obwohl Modellbeispiel A im Interview ebenso wie Modellauszug B explizit auf Vertriebsmitarbeiter bezogen ist, wird es von den Befragten als umfassend angesehen. Es fallen Schlagworte wie ‘abteilungsübergreifend’, ‘abstrakt’ und ‘umfassend’. Werden also Eigenschaften generell als allgemeingültige Konstrukte wahrgenommen, bei denen es keiner Differenzierung zwischen Fachbereichen bedarf? Möglicherweise liegt dies daran, dass Begriffe wie ‘Flexibilität’ oder ‘Überzeugungskraft’ immer gut und wichtig klingen. Dies könnte auch ein Grund dafür sein, dass die durch Diskussion und Konsensbildung konzipierten Modelle sehr lang und komplex werden. Die Kritik an Kompetenzmodellen, es werde eine Gleichmacherei verschiedener Funktionsbereiche betrieben, scheint daher durchaus angemessen. Da jedoch ausschließlich bei eigenschaftsbasierten Modellen deren Breite der Nutzbarkeit und die Allgemeingültigkeit gelobt werden, trifft dies primär auf diese Modelle zu. Bei aller Nutzung eigenschaftsbasierter Modelle und deren Bevorzugung, sind sich die Befragten einiger damit verbundener Probleme bewusst. So kann mit einem eigenschaftsbasierten Modelltypus ein Modell geschaffen werden, welches auf den ersten Blick der Forderung nach einer einheitlichen Beurteilungsgrundlage genügt, jedoch leidet unter der Abstraktion und den Interpretationsspielräumen die Messgenauigkeit. Eine faire Beurteilung verschiedener Mitarbeiter kann somit kaum gewährleistet werden. Zudem empfinden die Befragten aufgabenorientierte Modelle konkreter und besser handhabbar für Nicht-Experten – gemeint sind hier Führungskräfte, die nicht der Personalabteilung entstammen. Damit trifft der Vorteil der Kompetenzbetrachtung einer Annäherung an die Alltagssprache aus Sicht der Befragten auf aufgabenorientierte Modelle zu. Eigenschaftsbegriffe werden als Fachworte angesehen, die die Gefahr freier Assoziationen bei den Anwendern mit sich bringen. Das heißt, die begrifflichen Schwammigkeiten und damit oftmals einhergehende Überschneidungen zwischen Kriterien, die in der Theorie als Nachteil eigenschaftsbasierter Modelle gelten, bewahrheiten sich auch aus Praktikersicht. Insgesamt ist den Befragten klar, dass diese Modelle Schwierigkeiten in der Beurteilung mit sich bringen, da holistische Aussagen entstehen, die wenig sachlich wirken, da sie sich auf die Persönlichkeit des Mitarbeiters beziehen. Dennoch bestätigt sich, dass solche Kompetenzmodelle beliebt für diese Anwendungen sind. Acht von neun Modellen werden zu Beurteilungszwecken eingesetzt und die Zufriedenheit ist mit einem Mittelwert von 3.75 hoch. Es bleibt fraglich, inwiefern die Anwendung eines solch problembehafteten Modells eine Verbesserung von Beurteilungen gegenüber dem Vorgehen nach Gutdünken mit sich bringt. Eine weitere Übereinstimmung mit der Theorie ist die Bildung derartiger Modelle durch Konsensbildung anstelle arbeitsanalytischer Verfahren. Ebenso bestätigt sich, dass für die Personalauswahl beide Modelle als nützlich angesehen werden und dass für Veränderungen auf Organisationsebene umfassende eigenschaftsbasierte Modelle bevorzugt werden. Entgegen Paschens Aussage für die Personalentwicklung seien nur aufgabenorientierte Modelle sinnvoll, da diese direkt in Maßnahmen übersetzt werden können, zeigen die Interviews, dass Praktiker hier beide Modelle nützlich finden. Der Unterschied in Theorie und Praxis kann in unterschiedlichen Perspektiven gesehen werden. Für die Praktiker ist in der Personalentwicklung nicht nur die spezifische Entwicklung wichtig, sondern auch ein allgemeiner, unternehmensweiter Überblick über Stärken und Entwicklungsfelder. Letztlich wird in den Interviews durch die Praktiker mehrfach die Botschaft gesendet, ein aufgabenorientiertes Modell wäre für einige Zwecke ‘toll’, es ist aber zu aufwendig und zu teuer. Was heißt das – wir nehmen etwas, von dem wir wissen, dass es nicht das Beste ist, weil es weniger Arbeit macht und eventuell billiger ist? Man stelle sich nur vor, wie es wäre, wenn in anderen Unternehmensbereichen derartige Entscheidungen getroffen werden würden. Erstaunlich ist dabei, dass die Entwicklungskosten der Unternehmensmodelle nicht einmal erhoben werden. Hinsichtlich der Forderung nach allgemeingültigen, aber spontan anpassbaren Modellen, kann man den Eindruck erhalten, dass einerseits ein strukturierender Rahmen geschaffen werden soll, um Einheit und Standardisierung zu demonstrieren, doch letztlich wollen die Entscheider doch die Freiheit haben, selbst das letzte Wort zu haben. Die Angst vor Einschränkungen durch ein solches Modell sprechen die Befragten bei Führungskräften an. Sie gehen davon aus, dass es zu Widerständen der Führungskräfte käme und diese das Modell nicht anwenden würden. Die Erkenntnis, dass ein Kompetenzmodell die Erfordernisse der unternehmerischen Realität abbilden soll, so dass Verzerrungen vermieden und Prozesse schlanker und effizienter werden, scheint bei diesen nicht angekommen zu sein. An dieser Stelle müsste jedoch die Entwicklung der Modelle überdacht werden. Ein Verfahren, welches über Diskussionen und Konsensbildung hinausgeht, würde sicher Vorteile bringen. Schlussendlich zeigen die Interviews kein einseitiges Bild hinsichtlich der untersuchten Modelltypen. Es wäre zu einfach zu sagen, Pragmatismus und schlechte Beurteilungsqualität stehen methodischer Schärfe mit hohem Aufwand gegenüber. Die Komplexität heutiger Unternehmungen spiegelt sich auch in dieser Thematik wider. Angesichts der Ergebnisse ist angezeigt, je nach Anwendungsbereich abzuwägen, welcher Modelltyp eingesetzt wird – geht es beispielsweise um spezifische Entwicklungsmaßnahmen oder um abteilungsübergreifende Karriereplanungen? Unter dem häufig herangezogenen Aufwandsaspekt spielen zudem Unternehmensgröße und Zielgruppe eine Rolle. Und nicht zuletzt sollten Akzeptanzgesichtspunkte beachtet werden, die sicher auch von unternehmungskulturellen Aspekten abhängen. Insgesamt bieten die geschilderten Erkenntnisse und ersten Tendenzen im Modellvergleich eine gute Grundlage für die Konstruktion des Fragebogens, mittels dem den Ergebnissen weiter nachgegangen wird.

Über den Autor

Nicole Sprafke, Jahrgang 1984, ist Psychologin und seit 2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ruhr-Universität Bochum. Am Institut für Arbeitswissenschaft widmet sie sich der strategischen Kompetenzforschung und dem Transfer wissenschaftlicher Forschungsergebnisse in die betriebliche Realität. Ihre Expertise erwarb sie in ihrem Masterstudium mit den Schwerpunkten Wirtschaftspsychologie und Organisationsentwicklung an der Ruhr-Universität, dem ein einschlägiges Bachelorstudium an der Hochschule Harz voranging. Praktisch wendete sie sich entsprechenden Fragestellungen während ihrer Ausbildung unter anderem als Trainerin und Coach in Projekten der studentischen Unternehmensberatung Campus for Company zu, deren Vorstandsvorsitzende sie war. Ihre daraus erwachsenen Erfahrungen motivierten sie dazu, sich in der vorliegenden Untersuchung mit der Praxis der Kompetenzmodellierung auseinanderzusetzen.

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