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- GemEinsam – Das Phänomen der Einsamkeit in der Arbeitswelt. Hintergrundwissen und Lösungsansätze für Unternehmen und Führungskräfte
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Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2023
AuflagenNr.: 1
Seiten: 176
Abb.: 14
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Negativ wahrgenommene Einsamkeitsgefühle bei der Arbeit können chronischen Stress, physische und psychische Erkrankungen und Verhaltensänderungen für Betroffene bedeuten. Für Unternehmen sind im ungünstigsten Fall ein schlechtes Unternehmensklima, hoher Krankenstand und wirtschaftliche Einbußen die Folge. Das Phänomen Einsamkeit in der Arbeitswelt samt seiner Erscheinungsformen und Auswirkungen auf Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Wirtschaft hat in den letzten Jahren eine zunehmend bedeutende Rolle in Wissenschaft und Forschung eingenommen. Im Verständnis und alltäglichen Routinen von Unternehmen und Wirtschaft herrschen jedoch noch vorwiegend Unwissenheit, Ratlosigkeit sowie Ignoranz vor. Eine mögliche Auflösung des Dilemmas findet an der Schnittstelle von Arbeit und Freizeit statt. Neben wissenschaftlich basierten Fakten zeigt die Autorin verschiedene Lösungsansätze, die sich insbesondere auf die Bereiche Betriebliches Gesundheitsmanagement und Eventmanagement stützen. Intensive Recherchen sowie zahlreiche Interviews mit Unternehmern, Führungskräften und Betroffenen vermitteln interessante Einblicke und bilden einen Beitrag zur Aufklärung, Enttabuisierung und Entstigmatisierung von Einsamkeitsgefühlen in der Arbeitswelt.
Textprobe: Kapitel 2.5.1 Wertewandel: Die Ökonomin Noreena Hertz sagt, dass mit Beginn der 1980er Jahre der Neoliberalismus das Fundament für eine einsame Gesellschaft geschaffen hat. Extremes Konkurrenzdenken und vermehrte Ichbezogenheit haben Werte wie Solidarität und gegenseitige Fürsorge abgelöst. Im Neoliberalismus wurden wir reduziert auf den Homo oeconomicus, den rationalen Menschen, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist (Hertz 2021, 25). Veränderte gesellschaftliche Werte, wie u.a. eine vom Individualismus geprägte Leistungsgesellschaft, werden als Ursachen benannt. Von Wichtigkeit ist hier die Emanzipation des Individuums gegenüber der Gesellschaft, durch herausragende Leistungen oder besonders individuelle und diverse Merkmale. Diesen Werteveränderungen wird zugeschrieben, dass es zunehmend mehr Menschen mit narzisstischen Eigenschaften und Narzissmus gibt (vgl. Hillert und Schug 2020). Menschen mit narzisstischen Persönlichkeitsstörungen werden u.a. Charaktereigenschaften wie Neid, Arroganz und Mangel an Empathie-Fähigkeit zugeschrieben, was die Beziehungen zu anderen Personen beeinträchtigen kann (vgl. Schäfer 2017, 254). Veränderte Familienstrukturen (in Deutschland), vom Mehrgenerationen-Wohnen zum Leben in der Kleinfamilie, Zweierpartnerschaft oder im Single-Haushalt, führen zum Verlust von sozialer Eingebundenheit und reduzieren soziale Kontaktmöglichkeiten. Rückläufige Mitgliederzahlen der Kirche und der Wegfall religiöser Traditionen bedeuten für viele Menschen einen Verlust von Halt und Orientierung (vgl. Elbing 1991, 23). 2.5.2 Gesellschaft: Der von der Globalisierung ausgehende Kulturverlust sowie Veränderungen durch Urbanisierung, Mobilität und demografischen Wandel führen zu vermehrter Einsamkeitswahrnehmung des Menschen. Studien belegen, dass in dicht besiedelten Städten die Unhöflichkeit der Einwohner sowie die Anonymität des Einzelnen zunimmt. Anonymität jedoch fördert Gleichgültigkeit sowie Feindseligkeit (vgl. Hertz 2021, 81). Weitere Forschungsergebnisse belegen, dass mit zunehmendem Wohlstand einer Stadt, das Tempo, in dem sich Menschen in ihr fortbewegen, steigt - denn Zeit bedeutet Geld. Dementsprechend wird sich weniger Zeit für spontane soziale Kontakte genommen als in weniger wohlhabenden Orten (vgl. Hertz 2021, 85). Der demografische Wandel führt zu mehr alten Menschen in der Gesellschaft, die überproportional von Einsamkeit betroffen sind, was sich wiederum auch auf deren Familienmitglieder als betreuende oder pflegende Angehörige auswirkt. Diese sind zumeist bereits durch die eigene Kernfamilie und/oder ihr Arbeitsleben eingebunden und damit zusätzlich belastet (vgl. Hettlage 2002, 152). Nach Angaben des Deutschen Bundestages können Pflegebedürftigkeit, chronische Erkrankungen, Behinderungen sowie Armut und Langzeitarbeitslosigkeit sowie eine fehlende soziale Infrastruktur, soziale Isolation und Einsamkeit fördern. Der Sozialverband Deutschland geht in seinem aktuellen Gutachten hierbei von Werten zwischen 15 und 30 % aus (Deutscher Bundestag - Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2021, 13). Ursachen für soziale Ausgrenzungen können auch Rassismus, religiöse Ansichten, sexuelle Orientierung, Geschlechterrollen oder das Thema Gleichstellung und Chancengleichheit sein. Auch die Politik kann Einsamkeit verursachen. Haben Menschen das Gefühl, dass ihre Ansichten, Wünsche und Meinungen nicht gesehen, gehört oder gar ignoriert werden, kann Misstrauen gegen staatliche und wirtschaftliche Autoritäten entstehen. Sehen sich Betroffene in einer machtlosen Position, etwas zu verändern, können Gefühle des Alleingelassenwerden entstehen (vgl. Elbing 1991, 21). Denn: Wer anderen weniger vertraut, ist einsamer (Spitzer 2019, 140). Vor allem in Krisenzeiten (z.B. Corona Pandemie) wird das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik sowie in ihre Mitmenschen stark auf die Probe gestellt. 2.5.3 Technologie und Digitalität: Viel diskutiert hinsichtlich Entstehung oder Verminderung von Einsamkeit wird u.a. das Thema Digitalisierung. Einerseits wird Kommunikationstechnologie als Mittel zur zwischenmenschlichen Verbindung genutzt, unabhängig von Zeit und Ort. Andererseits belegen Studien einen Zusammenhang zwischen Social-Media-Nutzung und Einsamkeit. Hier stellt sich jedoch die Frage der Kausalität. Nutzen Betroffene Social Media häufiger aufgrund von Einsamkeitsgefühlen oder tritt das Gefühl der Einsamkeit erst durch deren häufige Nutzung ein? Die Verwendung digitaler Kommunikationsmittel begünstigt Misskommunikation und verringert die Empathie-Fähigkeit (vgl. Hertz 2021, 125). Starker Konsum vom Social Media kann Ängste entstehen lassen, etwas zu verpassen oder ausgegrenzt zu werden, weil sich die Menschen im ständigen Vergleich zueinander befinden – auch bezeichnet als Fear of Missing Out (FOMO). Bei einer nachgewiesenen durchschnittlichen täglichen Nutzungsdauer von 3 ¼ Stunden, also 1200 Stunden im Jahr, kann der Eindruck entstehen, dass diese Angst durchaus berechtigt sein kann (vgl. Hertz 2021, 117). Tägliche kleine Interaktionen mit Mitmenschen stärken den sozialen Zusammenhalt, das Vertrauen und Zugehörigkeitsgefühl zueinander. Durch Angebote wie Online-Shopping, Online-Sportkurse, Online-Unterricht oder -Vorlesungen, Home-Office, Online-Lieferdienste werden immer mehr dieser Interaktionen reduziert (vgl. Spitzer 2019, 138f). 2.5.4 Individuum: Neben externen und interpersonellen Ursachen existieren auch intrapersonelle Ursachen, die negative Einsamkeitsgefühle hervorrufen. Die Art und Weise, wie ein Mensch sich selbst und seine Umwelt wahrnimmt und bewertet, ist vor allem ausschlaggebend für die Entstehung von Gefühlen. Intrapersonelle Eigenschaften wie ein geringes Selbstwertgefühl können ursächlich dafür sein, sich Anerkennung und Zuspruch zu wünschen, gleichzeitig aber eine skeptische Reaktion hervorrufen, wenn dies tatsächlich eintritt. Menschen mit geringem Selbstwertgefühl haben häufig ein widersprüchliches und instabiles Selbstkonzept, leiden unter Stimmungsschwankungen und sind am Selbstschutz orientiert. Das Einlassen auf andere Menschen fällt ihnen dementsprechend schwerer (vgl. Schäfer 2017, 250f). Abschließend sei gesagt, dass zumeist nicht die objektive Situation an sich stressauslösend ist, sondern die Empfindung, nicht gesehen oder gehört zu werden sowie das Gefühl von Kontrollverlust und Machtlosigkeit in bestimmten Situationen.
Laura D. Wittneben, geb. 1996, hat nach einer Ausbildung zur Tourismuskauffrau den bundesweit einzigartigen Internationalen Studiengang Angewandte Freizeitwissenschaft, B.A. in Bremen absolviert. Zurzeit lebt sie in Österreich und studiert Sports, Culture & Event Management, M.A.. Vor und während der Studienzeiten lebte die Autorin jeweils mehrere Monate in Hawaii, New York und Stavanger. Ihr Faible für wissenschaftliches Arbeiten, persönliche Erfahrungen in der Arbeitswelt und nicht zuletzt die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben Laura D. Wittneben dazu bewegt, sich mit dem Thema Einsamkeit in der Arbeitswelt auseinanderzusetzen.
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