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Pflege


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 10.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 212
Abb.: 7
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Trotz der rasanten Entwicklungen in der Pflegewissenschaft und -forschung in den letzten 20 Jahren ist in Deutschland die Forschungslage zur Geschichte der Pflegberufe wenig ausgebaut. Hier besteht aus mehreren Gründen noch ein großer Nachholbedarf. Unabhängig vom rein historischen Erkenntnisinteresse ist die Betrachtung der Pflegegeschichte von besonderer Bedeutung, weil durch sie Antworten auf aktuell offene Fragen gefunden werden können. So können durch eine systematische Aufarbeitung der Berufsgeschichte Erkenntnisse gewonnen werden, wie die Pflege - einschließlich der Pflegebildung - in Zukunft zu gestalten ist und welche Fehler es zu vermeiden gilt. Damit ist die historische Pflegeforschung nicht nur für alle Geschichtsinteressierten sondern auch für Berufspolitiker und für alle an der Berufspolitik interessierten Personen von Bedeutung. Auf der Grundlage einer historisch-kritischen Geschichtsforschung wird in diesem Buch dargestellt, wie es in Deutschland zur Entstehung und Entwicklung der Altenpflegeausbildung und damit zur Entstehung eines staatlich anerkannten Berufs zur Pflege und Betreuung alter Menschen kam. Die Autorinnen nehmen im Rahmen ihrer Untersuchung die sozialpflegerische Ausrichtung des Berufes kritisch in den Blick. Durch die systematische Untersuchung von bereits vorliegendem Quellenmaterial und den Aussagen einer Zeitzeugin rekonstruieren sie die Entstehung und Entwicklung der Altenpflegeausbildung in Deutschland - konkret für das Bundesland Nordrhein-Westfalen, indem die ersten Lehrgänge zur beruflichen Altenpflege durchgeführt wurden. Diese historische Pflegeforschung gibt Auskunft darüber, weshalb es gerade in Deutschland zur Entwicklung eines spezifischen Berufes für die Pflege alter Menschen kam. Gleichzeitig wird herausgestellt und beschrieben, welcher Widerspruch von Beginn an zwischen Berufsidealen und Arbeitsbedingungen vorlag. Es wird aufgezeigt, wie sich im Laufe von vier Jahrzehnten die Arbeitsfelder der Krankenpflege und der Altenpflege und damit ihrer Ausbildungsgänge unaufhaltsam einander näherten und welche Faktoren hierfür verantwortlich sind.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.3, Die Bedeutung des Runderlasses als Basis für eine sozialpflegerische Ausbildung: Mit dem Runderlass wurde zum ersten Mal von staatlicher Seite ein so tiefgehendes Interesse an einer speziellen Ausbildung für die Altenpflegerin bekundet, dass eine differenzierte Richtlinie für die Qualifizierung der Altenpfleger durch ein Landesministerium ausgearbeitet und veröffentlicht wurde. Diese sollte und konnte eine Orientierung und Basis für eine einheitliche Altenpflegeausbildung an den verschiedenen Ausbildungsstätten Nordrhein-Westfalens darstellen. Mit den dargestellten und damit erhobenen Anforderungen an die theoretische und praktische Ausbildung wurde betont, dass der Altenpflegeberuf ein Beruf mit einem eigenen Profil ist. Dem Runderlass war die Beschreibung des Berufsbildes der Altenpflegerin zugrunde gelegt. Hierin wurde eine Zuordnung zu pflegerischen und betreuenden Tätigkeiten des Berufes vorgenommen und damit bewusst das soziale und pflegerische Profil des Berufes festgelegt. Diese Überlegungen fanden in § 2 Absatz 2 des Runderlasses bei der Festlegung der Aufgaben der Altenpflegerin Berücksichtigung. Hier wurden pflegerische und betreuende Tätigkeitsbereiche aufgeführt, ohne dass zu diesen eine konkrete Aufgabenzuordnung vorgenommen war. Die Ausbildungsinhalte bezogen sich in der theoretischen Ausbildung auf den gesunden und kranken alten Menschen und dessen besondere Bedürfnisse. Damit wurde auf die Qualifizierung zu Tätigkeiten in den offenen und geschlossenen Einrichtungen der Altenhilfe gezielt. Ebenso wurde erstmals durch eine politische Regelung festgelegt, dass die praktische Ausbildung auf eine zukünftige selbständige Tätigkeit mit gesunden und kranken alten Menschen vorbereiten soll. Im Vergleich zur Ausbildung von Altenpflegern auf der Grundlage des Krankenpflegehilfegesetzes war mit dem Runderlass eine Basis für einen großen Entwicklungsschritt gegeben. So wie es durch das Berufsbild des ‚Deutschen Vereins’ vorgegeben war, zielten die Festlegungen zur Theorie und Praxis auf die Unterstützung des gesunden und kranken alten Menschen ab, ohne Krankheit mit Alter gleichzusetzen. Bei der näheren Betrachtung des Ausbildungsplans für die theoretische Ausbildung, wie er mit § 8 Absatz 2 des Runderlasses vom 15.06.1969 und in weiterer Aufschlüsselung durch den Runderlass vom 27.04.1970 vorgegeben wurde, wird deutlich, dass sich beide Tätigkeitsbereiche in der Fächer- bzw. Stundenzuordnung widerspiegeln. Die Zuordnung erfolgte jedoch mit unterschiedlicher Gewichtung. Der pflegerische Stundenanteil überwog deutlich. Von den 700 Stunden, die insgesamt für den theoretischen Unterricht vorgesehenen waren, entfielen 300 Stunden allein auf den pflegerischen Fachbereich. Für die anderen vier Fachbereiche verblieben nur noch 400 Stunden. Dies lässt den Rückschluss zu, dass der Schwerpunkt der Aufgaben der Altenpflegerinnen besonders in der Pflege kranker alter Menschen gesehen wurde. Der Schwerpunkt der Altenpflegeausbildung lag auf der praktischen Ausbildung. In § 8 Absatz 4 des Runderlasses wurde zur praktischen Ausbildung festgehalten, dass die Auszubildenden in der Praxis die in der Theorie erworbenen Kenntnisse anwenden sollen. Jedoch erfolgte keine konkrete Festlegung und damit keine Sicherung bezüglich des Erlernens pflegerischer und sozialberuflicher Tätigkeiten für die Praktika. Da die pflegerischen Ausbildungsinhalte in der theoretischen Ausbildung überwogen, ist davon auszugehen, dass diese umfangreichen Kenntnisse in der Praxis gefordert waren. Somit liegt die Vermutung nahe, dass in der praktischen Umsetzung ebenfalls die pflegerischen Ausbildungsanteile gegenüber den betreuenden Tätigkeiten überwiegen würden. Geprägt wurde die Altenpflegeausbildung von den Bemühungen und den Initiativen der Wohlfahrtsverbände bzw. des ‚Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge’. Damit war verbunden, dass die Altenpflegeausbildung Aspekte der Fürsorge bzw. der Sozialarbeit integrieren und nicht unter dem Dach der Krankenpflege angesiedelt werden sollte. In diesem Zusammenhang muss auch die Forderung gesehen werden, dass die Leitung des Fachseminars einer Fachkraft mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Sozialpflege, Sozialarbeit oder Sozialpädagogik das Fachseminar übertragen werden sollte. Es kann vermutet werden, dass ein entsprechender Einfluss auf die Ausbildungsgestaltung und damit eine Prägung des Berufsprofils hinsichtlich sozialer Aspekte von der sozialberuflich qualifizierten Leitung des Fachseminars erfolgen würde. Mit der Ausbildungszeit von zwei Jahren lag die Dauer der Ausbildung zur Altenpflegerin ein Jahr unter der Ausbildungszeit in der Krankenpflege. Das steht im Widerspruch zu der im Ausbildungsziel betonten selbständigen Tätigkeit der Altenpflegerin. Die kürzere Ausbildungszeit konnte nur zu Lasten der Ausbildungsinhalte gehen. Die Auszubildenden sollten in nur einem Lehrgangsjahr zur Ausübung selbständiger und eigenverantwortlicher Tätigkeiten qualifiziert werden. Die auszuführenden Tätigkeiten beinhalteten Anteile der dreijährigen Krankenpflegeausbildung und Anteile der Tätigkeiten der Sozialberufe. Damit enthielt die Altenpflegeausbildung sehr komplexe Anforderungen. Es wird deutlich, dass die Zeit für die Vermittlung fundierter Kenntnisse sehr knapp bemessen war. Dem Anspruch, dass Altenpflegerinnen ... nicht als Hilfskräfte sondern als vollgültiger Ersatz für nicht ausreichend vorhandene examinierte Krankenschwestern oder Pfleger in den Alten- und Pflegeheimen Verwendung finden ... (Fürer, NDV, Oktober/ November 1968, 267), konnte man schon allein vom Ausbildungsumfang her nicht gerecht werden. Die kurze Ausbildungszeit sollte Anteile der dreijährigen Krankenpflegeausbildung und Tätigkeiten der Sozialberufe integrieren. Für die Sozialberufe begann zu diesem Zeitpunkt der Prozess der Akademisierung, der mit einem dreijährigen Studium für die entsprechenden Berufe einher ging. Das verdeutlicht, dass mit der Tätigkeit der sozialen Berufe ein besonderer Qualifizierungsanspruch verbunden wurde. Trotz des Anspruchs selbständig durchzuführender sozialer und pflegerischer Tätigkeiten wurde für die Altenpflegeausbildung eine erheblich kürzere Ausbildungszeit eingeplant als in den zugrunde liegenden Berufen. Das erscheint als nicht vereinbar. Die anvisierten Ziele für die Altenpflegeausbildung waren durch die geplante Ausbildungsgestaltung nicht zu erreichen.

Über den Autor

Cornelia Kühn-Hempe, geb. 1968, und Mechthilde Heumer, geb. 1961, studierten Pflegepädagogik an der Katholischen Hochschule Köln.

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