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Pflege

Monika Zähringer

Gesundheitsfördernde Maßnahmen in der Ausbildung: Eine Bedarfsanalyse

ISBN: 978-3-95934-879-9

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 01.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Abb.: 20
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Übergeordnetes Ziel der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) ist die Förderung und Stärkung der Gesundheit aller im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter. Häufig sind entsprechende Angebote jedoch nicht zielgruppengerecht gestaltet, sodass nur ein Teil der Belegschaft erreicht wird und die Maßnahmen weniger erfolgreich sind als geplant. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass sich neben dem Dauersitzen am Arbeitsplatz ein Großteil der Bevölkerung auch in der Freizeit nur selten bewegt. Besonders für junge Erwachsene kommt der hohe Medienkonsum als fester Bestandteil des Tagesablaufes erschwerend hinzu. Belegt ist in diesem Zusammenhang, dass das Erlernen von gesundheitsförderlichen Verhaltensweisen im jungen Erwachsenenalter das Risiko, im späteren Erwachsenenalter an Zivilisationskrankheiten zu leiden, deutlich minimieren kann. Über eine frühzeitige und spezifische Förderung kann eine effektive und nachhaltige Verbesserung der Gesundheit und somit der Leistungs- und Arbeitsfähigkeit der Auszubildenden erreicht werden. Letztere gewinnt für die Betriebe mit Blick auf die demographische Entwicklung, eine zunehmende Arbeitsverdichtung sowie steigende psychosoziale Anforderungen stetig an Bedeutung. Da in deutschen Unternehmen erst seit einigen Jahren ein Anstieg an gesundheitsorientierten Programmen für Auszubildende festzustellen ist, muss das Bewusstsein über die Notwendigkeit und das Wissen über die Möglichkeiten der zielgruppenspezifischen Gesundheitsförderung bei den Verantwortlichen weiter verbreitet werden. Die vorliegende Arbeit gibt zunächst einen Überblick über die gesundheitliche Situation und die lebensphasenspezifischen Belastungen der Auszubildenden in Deutschland und zeigt einige erfolgreiche Programme der BGF in der Berufsausbildung auf. Sie zielt außerdem darauf ab, Anregungen und Impulse für zielgruppenspezifische betriebliche Präventions- und Gesundheitsförderungsstrategien für ausbildende Unternehmen darzustellen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2 Zielgruppenspezifische Gesundheitsförderung in der dualen Berufsausbildung: Auszubildende bilden in Deutschland zahlenmäßig die größte Gruppe in der Erwerbsbevölkerung. Im Jahr 2010 befanden sich laut Statistischem Bundesamt insgesamt 1?508?328 Personen in einer beruflichen Ausbildung. In Deutschland beenden jährlich 950?000 Jugendliche die allgemeine schulische Ausbildung. Etwas die Hälfe davon entscheidet sich für einen Ausbildungsberuf im dualen Berufsbildungssystem (Statistisches Bundesamt, 2012). Dennoch ist die Zahl der neuen Ausbildungsverträge im dualen System in den letzten Jahren rückläufig. Im Jahr 2012 wurden demnach 3,1% bzw. 17?700 Verträge weniger abgeschlossen als im Jahr 2011 (Statistisches Bundesamt, 2013). Die Mehrheit der Auszubildenden wird im dualen System ausgebildet, welches schwerpunktmäßig aus betrieblichen und schulischen Unterweisungen (Teilzeitberufsschule und außerbetriebliche Ausbildung) besteht (BMBF, 2010). Auch die Auszubildenden der vorliegenden Untersuchung werden im dualen System ausgebildet. Die duale Berufsausbildung in Deutschland erstreckt sich in der Regel über einen Zeitraum von drei Jahren und findet sowohl im Ausbildungsbetrieb als auch in der Berufsschule statt, wobei im Betrieb eine überwiegend praktische Ausbildung vorzufinden ist. In der Berufsschule wird diese durch theoretische, berufsbezogene und allgemeinbildende Inhalte ergänzt. Die Ausbildung zielt darauf ab, die jungen Erwachsenen auf die wandelnden Berufsanforderungen vorzubereiten und gleichzeitig auch die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten des einzelnen zu fördern (BIBB, 2013). Die Auszubildenden müssen dabei unterstützt werden, die zur Ausübung eines Berufes notwendigen Kenntnisse, Fertigkeiten, Erfahrungen und Fähigkeiten zu erlangen und die sozialen Anforderungen am Arbeitsplatz und in der Berufswelt zu bewältigen. Durch die gewonnene berufliche Qualifikation sollen den Jugendlichen langfristige Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet werden, gleichzeitig sollen Betriebe von einem qualifizierten Fachkräftenachwuchs profitieren (BiBB, 2013). Der Tagesablauf der jungen Erwachsenen ist stark reglementiert und bietet, verglichen mit der vorausgehenden Schulzeit meist nur wenig Abwechslung. Die Rahmenbedingungen der betrieblichen Ausbildung können die Jugendlichen sowohl während der Arbeitszeit als auch in der Freizeit stark einschränken (Neuber & Wentzek, 2005). Pünktliches Erscheinen und gewissenhaftes Erfüllen von Arbeitsaufträgen wird unbedingt vorausgesetzt. Mitbestimmungsrecht und Eigenverantwortung werden zwar formal gefordert, finden in der Ausbildungspraxis häufig aber keine Umsetzung. Für die Mehrzahl der Auszubildenden ist diese, für sie neue Verbindlichkeit die Hauptanstrengung in der Berufsausbildung. Das frühe Aufstehen und der zunächst ungewohnt lange Arbeitstag führen dazu, dass Freizeitaktivitäten in den Abendstunden vernachlässigt oder ganz aufgegeben werden (Lemke-Goliasch, 2001). Neben den körperlichen Belastungen am Arbeitsplatz werden die Auszubildenden mit neuen psychischen Belastungen konfrontiert. Einen guten Ausbildungsplatz bekommen zu haben, wird vom sozialen Umfeld der Auszubildenden häufig mit der Verpflichtung verbunden, allen Anforderungen gerecht zu werden und nicht versagen zu dürfen (Neuber & Wentzke, 2005). Wenn man bedenkt, dass Auszubildende während ihrer Erstausbildung im dualen System in der Regel über drei Jahre hinweg parallel in zwei zentralen Settings (der Berufsschule und dem Betrieb) erreichbar sind, lässt sich hier vermutlich ein großes Potenzial für gesundheitsförderliche Maßnahmen und den Aufbau von Gesundheitskompetenz erkennen. In den letzten Jahren ist nach Aussagen von Reik et al. (2010) ein Anstieg an betrieblichen Gesundheitsförderungsprogrammen für Auszubildende zu erkennen (s. hierzu auch Kap. 3.3). Im Jahr 2005 dagegen beschrieben Neuber und Wentzek (2005), dass sich Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung fast ausschließlich an Erwachsene im mittleren und höheren Lebensalter richten, wodurch die spezifischen Bedingungen und Belastungen von Auszubildenden oft vernachlässigt werden. Nach wie vor besteht die Herausforderung, dass entsprechende Angebote der BGF nicht maßgeschneidert sind, sodass die Zielgruppe nur schwer erreicht werden kann. Gerade für die Altersgruppe der Auszubildenden stellt sich die Gestaltung und Realisierung passender Programme als besonders anspruchsvoll heraus, da die Jugendlichen sich wie in Kapitel 2.1 beschrieben in einer Umbruchphase befinden (Reik et al., 2010). Gesundheitsförderung bei Auszubildenden unterscheidet sich von anderen Zielgruppen: Junge Erwachsene leben im Hier und Jetzt , sodass Argumente über längerfristige Folgen von gesundheitsschädigenden Verhaltensweisen nur wenig überzeugend sind. Die Interventionen sollten daher über Inhalte wie Lebenslust, Vitalität und Wohlbefinden beworben werden (Helfferich, 1995). Übergeordnetes Ziel der gesundheitsfördernden Programme sollte die Förderung der Gesundheitskompetenz der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sein. Dies umfasst neben der Vermittlung von gesundheitsbezogenem Wissen die Motivation zu gesundheitsförderlichem Verhalten sowie das Einüben von gesundheitsgerechtem Handeln (Weber & Betz, 2011). Motivierende Konzepte für Jugendliche und junge Erwachsene sollten daher emotional verstärkt sein, da die jungen Menschen nicht ausschließlich auf der rein kognitiven Ebene erreichbar sind. Maßnahmen und Programme müssen an positiven Erfahrungen anknüpfen und dürfen nicht als Attacken auf die Lebensfreude erlebt werden (Paletta, 2001, S.110). Da gesundheitliche Beeinträchtigungen, insbesondere die Zivilisationskrankheiten, zahlreiche Ursachen haben, ist eine Kombination von gesundheitsfördernden Maßnahmen aus den Bereichen Ernährung, Bewegung und Stress zielführender, als Einzelinterventionen (Weber & Betz, 2011). Die Integration der Gesundheitsförderungsprogramme in die Ausbildungszeit bringt folgende Vorteile mit sich: - Es werden alle Auszubildenden gleichermaßen angesprochen und erreicht, unabhängig von den unterschiedlichen gesundheitlichen Voraussetzungen (vgl. Kap. 2.2). - Eine frühzeitige Sensibilisierung zum Thema Gesundheit bzw. Gesundheitsförderung trägt mittel- bis langfristig zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft und zur Gesundheit der Auszubildenden bei und reduziert somit die Krankheits- und Fehlzeitenkosten. - Die Akzeptanz und das Verständnis bezüglich Maßnahmen der BGF kann in den Folgejahren bei den zukünftigen Mitarbeitern gesteigert werden (Reik et al., 2010). 3.3 Vorstellung gesundheitsorientierter Programme für Auszubildende: Im Folgenden werden vier ausgewählte Programme zur Betrieblichen Gesundheitsförderung für Auszubildende vorgestellt, um darauf aufbauend Implikationen für die eigenen Gestaltungsansätze abzuleiten. Da in dieser Arbeit nur betriebsbezogene Maßnahmen betrachtet werden, wird im Rahmen dieser Arbeit auf die Analyse gesundheitsorientierte Ansätze in den Berufsschulen verzichtet. Die nachfolgenden Programme stellen vier exemplarische Ansätze erfolgreicher betrieblicher Gesundheitsförderung in der Berufsausbildung dar. Azubi-Fit - Programm der HERAEUS Holding GmbH: (Reik et al., 2010 Reik & Mertens, 2011). Im Projekt Azubi-Fit der HERAEUS Holding GmbH (Rhein-Main-Gebiet), dessen Pilotphase im Jahr 2010 startete, durchliefen die Auszubildenden des Unternehmens ein Azubi-Fit Programm über sechs Einheiten in zwei Jahren. Ziel des Gesundheitsprogramms soll sein, die Auszubildenden im Sinne eines ganzheitlichen Gesundheitsmanagements frühzeitig zu befähigen, ihre Gesundheit zu schützen, zu fördern und zu erhalten. Das Programm ist modulartig aufgebaut und startet in der zweiten Hälfte des ersten Ausbildungsjahres. Im Vordergrund stehen u.a. der Arbeitsplatztransfer und die Berücksichtigung spezifischer Tätigkeitsfelder der einzelnen Berufswege. Das Programm beinhaltet folgende Themenbereiche, die in 6 Blockveranstaltungen (17,5 Std.) sowie innerhalb eines Gesundheitstages (6 Std.) vermittelt werden: Zunächst erfolgt eine Einführung in das Themenfeld allgemeines Gesundheitswissen ( Grundlagenwissen Gesundheit ). Weitere Programminhalten sind Ernährung in Theorie und Praxis , Bewegung mit gesundheitsgerechtem Kraft- und Koordinationstraining sowie gesundheitsgerechtes Ausdauertraining . Darüber hinaus erlernen die Auszubildenden entsprechende Grundlagen und Fähigkeiten im Themenfeld Entspannung . Besonders bedeutsam erscheint in diesem Programm der Seminarpunkt Arbeitsplatzbelastungen . Ziel dieses Seminars ist die Vermittlung von Handlungswissen zur Bewältigung körperlicher Belastungen sowie zur Stressbewältigung. Neben Ergonomie und rückenfreundlichen Verhaltensweisen werden Wirkungsweisen und Folgen von Stress vermittelt bzw. aufgezeigt. Durch Reflexion, Beschreibung individueller Ziele und entsprechender Handlungsstrategien ist es Ziel, das erlernte Gesundheitswissen auf den Arbeitsplatz zu übertragen. In einem weiteren Themenfeld Sucht werden Wirkungsweisen und Gefahren von Suchtmitteln aufgezeigt und Gegenmaßnahmen erarbeitet. Zusätzlich zu den o.g. Themen werden auch die Themen Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten sowie Informationen und Übungen zum Verhalten im Notfall im Programm aufgegriffen. Die Planung und Durchführung übernehmen die Zentrale Ausbildung in Kooperation mit dem Betriebsärztlichen Dienst. Neben internen Dozenten wurden über kooperierende Krankenkassen Dozenten für weitere Blöcke gewonnen. Über den Interventionszeitraum wurden die Auszubildenden längsschnittlich bzgl. verschiedener Gesundheits- und Lebensstilfaktoren beobachtet. Hierzu wurden die 77 kaufmännischen und technischen Azubis schriftlich vor und nach Abschluss des Programms befragt (Subjektiver Fitnesszustand, Verhaltensstufen, Ernährungs- und Gesundheitsverhalten, Tabak- und Alkoholkonsum, Rückenschmerzen). Die Ergebnisse zeigen dass die Probandengruppe zum Messzeitpunkt 1 meist unter den vorhandenen Vergleichsdaten liegt. Über den zweijährigen Untersuchungszeitraum vermindert sich bis Messzeitpunkt 2 der Umfang der körperlich-sportlichen Freizeitaktivität signifikant um etwa 2 Std. pro Woche. Die Auszubildenden nehmen im Schnitt 3 kg an Körpergewicht zu und auch die Prävalenz von Rückenschmerzen steigt signifikant an. Ebenfalls verschlechtert sich die subjektive Beurteilung der eigenen Gesundheit signifikant. Die Raucherquote bleibt nahezu konstant, der Alkoholkonsum nimmt über den Interventionszeitraum leicht ab. Zusätzlich zeigen die Ergebnisse regelmäßiger Evaluationen, dass die Teilnehmenden nach Abschluss des Programms besser wissen, wie sie Belastungen am Arbeitsplatz entgegenwirken können. Die Autoren schlussfolgern, dass ein Azubi-Programm im vorliegenden Umfang die Einflüsse der Ausbildungszeit auf Gesundheit und Lebensstil nicht vollständig kompensieren kann, wohl aber einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung der Auszubildenden auf ihr eigenes Gesundheitsverhalten liefert. Hierdurch wird die Basis für ein integriertes Gesundheitsmanagement zur Förderung der Gesundheit und der Arbeits- und Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter gelegt.

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