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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Hilmar Reusch analysiert, inwieweit und in welcher Form Positionen des Neuen Realismus – dargestellt anhand von Thilo Sarazzins Deutschland schafft sich ab – in den Multikulturalismusdiskurs am Beispiel des Frankfurter Amtes für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) eingehen. Im Fokus liegen zeitgemäße Ausschlusspraktiken, respektive Alltagsrassismus. Zu diesem Zweck entwickelt Reusch auf der Basis der Diskurstheorie von Habermas sowie Taylors und Honneths Diskussionen um Anerkennung einen Fragekatalog, mit dem er die zentralen Texte Sarrazins und des AmkA durchleuchtet.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.6.4, ‚Multikulturalismus versperrt sich gemeinsamer Werte’: Aufbauend auf den Vorwurf, Multikulturalismus leiste der Entstehung einer Parallelgesellschaft Vorschub, wird vorgebracht, dies wiederum führte zu einem Mangel an gemeinsamen Werten. Es sei daran erinnert, dass Deutschlands Regierung keine umfänglichen Agenden zur Förderung einer multikulturellen Gesellschaft verfolgt. ‘[Still,] Stefan Lu[f]t has argued in that multiculturalism’s insistence on recognizing identities-of-origin, instead of a common host-culture, ‘must lead to disaster’ [.]’ (N. N., Tagesspiegel, 17. Januar 2008 siehe auch LUFT:20081 in: VERTOVEC & WESSENDORF 2010²:9) Dies kann weder dementiert noch bestätigt werden. Wie in Teil 3.1. aufgeführt wurde, weisen Umfragen zum Thema Multikulturalismus keinen klaren Trend auf, inwieweit er befürwortet oder abgelehnt wird. Sowieso ist die Erfassung von gemeinsamen Werten problembehaftet, was im Methodenteil dieser Arbeit anhand der Ausführungen Honneths genauer geklärt werden wird. An dieser Stelle sei aber vorweggenommen, dass die Forderung gemeinsamer Werte, die objektive Existenz bestimmter Werte vorausgesetzt. (HONNETH 2004:57) Deswegen ist nicht klar, welche konkreten Werte hier gemeint sind. In der Frankfurter Integrationsstudie 2008 werden vermutlich mit aus diesem Grund Abstriche bei der Möglichkeit der Erfassung von Identifikation seitens Migranten gemacht. Die Partizipation von Migranten an Entscheidungen in der Kommunalpolitik wäre in ihrem Rahmen beispielsweise von Interesse gewesen. Es heißt dazu: ‘In den offiziellen kommunalen Gremien politischer Entscheidungsprozesse ist eine Gruppe der Ausländer, nämlich die Drittstaatsangehörigen, aufgrund der rechtlichen Restriktionen von vorne herein ausgeschlossen. Aber auch die Gruppe der ausländischen EU-Bürger ist nur sehr wenig als Mandatsträger in der Kommunalpolitik vertreten. [...] Leider wird im Bereich der kommunalen Mandatsträger der Migrationshintergrund nicht erfasst, was sich aber gerade hier als wichtig erweisen würde. Da politische Partizipation auf kommunaler Ebene eine gewisse Identifikation mit der (lokalen) Gesellschaft voraussetzt, wäre es interessant, inwieweit deutsche Einwohner mit Migrationshintergrund, die keinen rechtlichen Restriktionen unterliegen, sich in den offiziellen kommunalen Gremien einbringen. Gerade die zweite und dritte Generation, die häufig in Frankfurt aufgewachsen und in der dortigen Gesellschaft ihre Sozialisation durchlaufen hat, aber auch zugewanderte eingebürgerte Personen lassen sich auf diese Weise nicht weiter identifizieren’ (HALISCH 2008:156). Mit Sicherheit wäre es falsch, davon auszugehen, es gäbe keine Impulse seitens Migranten, respektive Muslimen, nach Gemeinsamkeiten zu suchen. Zwar werden teilweise Zweifel an seiner Integrität gehegt (AMMANN 2006:23-33), aber der bekannteste Vertreter des Euro-Islam, Ramadan, fordert etwa eine Reform des Islams hin zu einem modernen Islamverständnis, das sich aktiv zum Rechtsstaat, Menschenrechten und Gewaltenteilung bekennt (RAMADAN 2009:17-40). In der Folge kann nur spekuliert werden, welche Werte angeblich abgelehnt werden und ob dies überhaupt umfassend auf Migranten zutrifft. Man ist versucht, darin eher den Versuch seitens Einheimischen zu sehen, sich vom Anderen zu distanzieren, weil der Verweis auf nebulöse Werte darauf hindeuten, dass es darum geht, sich als eine Art unantastbare Deutungshoheit in Hinblick auf sie zu verstehen. 3.6.5, ‚Multikulturalismus verschließt die Augen vor Problemen’: Die Falschannahme, es handele sich bei Multikulturalismus um eine einzelne, übergreifende Ideologie, mündet mitunter in den Vorwurf, er trübe den Blick auf die Dinge und vereitele dadurch das offene und ehrliche Gespräch über Probleme. Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky, sagte: ‘Die Situation in diesen sozial entmischten Gebieten ist eine tickende Zeitbombe.’ (N. N., Focus, 24. November 2004) Er führte dies auf das jahrelange Augenverschließen der Politik und eine falsche ‘Multi-Kulti-Romantik’ zurück. (N. N., Focus, 24. November 2004) Gleichwohl brachte der Historiker Arnulf Baring ein: ‘Multi-Kulti ist gescheitert – weil die Ausländer die deutsche Kultur neben ihrer eigenen nicht akzeptieren oder auch nur dulden wollen. Das war allerdings schon seit Jahren abzusehen, wurde aber bewußt verschwiegen und kleingeredet. Nicht die Deutschen sind die Deppen, sondern diejenigen Politiker und Gutmenschen, die sich jahrzehntelang multikulturellen Träumen hingegeben haben’ (N. N., Bild, 5. April 2006). Die Feststellungen bzgl. der ‘gesteigerte[n] Mobilität der ausländischen Einwohner [in Frankfurt]’ (HALISCH 2008:60) sowie das Moment der Reformbemühungen von Ramadan stehen diesen Argumenten entgegen. Hinsichtlich Barings Aussage ist erneut anzubringen, dass es kein umfassendes Multikulturalismuskonzept für Deutschland gibt und es folglich nicht gescheitert sein kann. Wer die ‘Politiker und Gutmenschen, die sich jahrzehntelang multikulturellen Träumen hingegeben haben[,]’ (N. N., Bild, 5. April 2006) genau sind, bleibt außerdem unklar.

Über den Autor

Hilmar Reusch wurde 1980 in Hanau geboren. Während seiner Schulzeit verbrachte er u.a. ein Jahr in den USA und arbeitete ehrenamtlich für eine Schüleraustauschorganisation. Nach dem Abitur absolvierte er eine kfm. Lehre bei der Schallplattenfirma Neuton und arbeitete dort anschließend als Labelmanager. Sein Zuständigkeitsbereich umfasste dabei Key-Accounts in Kanada, England und den Niederlanden. 2012 legte er sein 1. Staatsexamen für das gymnasiale Lehramt in Englisch und Geographie ab. Während und nach seinem Studium sammelte er Erfahrungen als Vertretungslehrer, in der europaweiten Express- und Notfalllogistik, Buchhaltung und Personalvermittlung. Bekannt ist er auch für seine turbulenten Kurzgeschichten.

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