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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 03.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 204
Abb.: 61
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Kontroverse um die Schuld am Kriegsausbruch 1914 erreichte in den 1960er Jahren mit Fritz Fischers Buch 'Griff nach der Weltmacht' ihren Höhepunkt, die emotional geführte Debatte vor und nach Veröffentlichung des Werkes ist ausführlicher Gegenstand des vorliegenden Buches. Die Juli-Krise erscheint vor dem Hintergrund einer breit angelegten historischen Untermauerung: Der Weg in den Krieg begann latent mit Bismarcks Rücktritt. Wer war Schuld am Weg in das Massensterben? Die Antwort kann nur multiperspektivisch sein. `In ganz Europa gehen die Lichter aus,` so kommentierte der britische Außenminister Edward Grey den Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914. Im Kladderadatsch, einem humoristisch-satirischen Wochenblatt Berlins, dreht der Russe plötzlich das Licht aus. Die Lichter der Politik und Diplomatie erloschen und überließen das Gesetz des Handelns den Waffen. Diese Politiker waren allesamt zu schwach, zu wenig fähig, über die Pflöcke der eigenen nationalen Grenzen zu blicken. So ließen sie den Dingen ihren Lauf, übergaben den Militärs das Geschäft. Nur aus dieser Sicht, so zitierte Berghahn Binder, könne man Lloyd Georges Wort zustimmen: `Wir sind alle in den Krieg hineingeschlittert. ` Die Frage der erstarrten Politik, die sich dem militärischen Dogma unterordnete, wird an späterer Stelle zu klären sein. Dieser erste große Weltkrieg des 20. Jahrhunderts - das neue an ihm war, dass hier nicht allein europäische Mächte aufeinanderstießen, sondern diese Mächte zugleich Weltmächte waren - unterschied sich deutlich von den bisher gekannten Auseinandersetzungen des 19. Jahrhunderts. Doch der erste war er trotzdem nicht, europäische Mächte hatten während der 300 Jahre zuvor überall auf dem Erdball gegeneinander gekämpft. Diejenigen, die in diesem Krieg kämpften, nannten ihn einfach den Großen Krieg, außer in Deutschland, wo man ihn als den Weltkrieg bezeichnete. Entscheidend wurde insbesondere, dass man glaubte, die in Übersee gewonnenen Kolonialreiche auf europäischem Boden verteidigen zu müssen. Der Erste Weltkrieg war somit ein Krieg neuen Ausmaßes, letztlich der Kampf um Weltmachtanspruch als Ausdruck eines Prestigestrebens, das dem Reich einen Platz an der Sonne verschaffen wollte. Die Kontroverse um die Sicherung des Großmachtstatus und das Anstreben der Weltherrschaft wird ebenfalls einer Untersuchung unterzogen werden, da hier die erheblichen Ursachen des Krieges lagen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.2, Geschichte als Argument? Orientierungen bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges: 4.2.1, Vorbemerkungen: Die im Zuge der Überhöhung der eigenen Kultur, die im unausweichlichen Kampf gegen westliche Dekadenz bestehen müsse, einsetzende ‘Nationalisierung der Massen’, wie es George L. Mosse 1976 nannte, erfuhr eine breite Stützung durch die Geschichtswissenschaft und deren Vertreter. Geschichte als Argument meint hier die ‘Einführung historischen Wissens als Beweismittel zur Begründung von Aussagen oder Behauptungen in der politischen Auseinandersetzung.’ Beim Argumentieren mit Geschichte drehte sich alles um die Legitimation der Herrschaft und um politische Gegner ideologisch attackieren zu können. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden historische Beispiele zuhauf bedient, die so den Krieg rechtfertigten und Enthusiasmus in der Bevölkerung stiften halfen. Zu Recht bemerkte Calließ, ‘dass jedes Argumentieren mit Geschichte nur Ausschnitte von Geschichte in den Blick rücken kann und in der Selektion unabweisbar ein Moment von Willkür und Einseitigkeit liegt.’ Ein kurzer Exkurs sei hier erlaubt, um dies an konkreten Ereignissen nachzuweisen. 4.2.2, Kriegsgrund Geschichte?: Burkhardt sprach von einer ‘emotionalisierenden Synthese aus Gemeinschafts- und Vergangenheitsbindung bis hin zu konkreten Gedächtnisstätten’, die sich in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg herausbildete. Dichter und Philosophen begrüßten den Krieg und gaben ihm vorweg einen poetischen Ausdruck. Historiker legitimierten ihn und schließlich, so Burkhardt, ‘musste das Jahrhundert der historischen Denkmale, des historischen Baustils und einer öffentlichen Festkultur, die mit ihren Jubiläen, historischen Umzügen und geschichtsgetränkten Reden auch zur >Feier der Geschichte< wurde, das Bewusstsein der Gesellschaft in unvergleichbarer Weise prägen.’ 1870/71: Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 hatte Vorbildcharakter, da hier die grundlegende Verknüpfung mit der Gründung des Kaiserreiches vorlag. Die Gefangennahme Napoleons III. (Abbildung 16) mit einem Großteil seiner Armee bedeutete auch das Ende der Dynastie Bonaparte und machte die Schlacht von Sedan zum Angelpunkt der Festkultur im Kaiserreich schlechthin (Abbildung 15). In den deutschen Geschichtsbüchern war vom ‘großen Nationalkrieg’ oder vom ‘deutschen Einigungskrieg’ die Rede, der alljährlich am 2. September gefeiert wurde. ‘Der Sedantag war ein rundes halbes Jahrhundert lang der deutsche Nationalfeiertag, […] Was nachher an seine Stelle trat, der 11. August, Verfassungstag der Weimarer Republik, der 1. Mai der Nazis, der 17. Juni der Bundesrepublik, das war alles nichts Rechtes mehr: halt ein freier Tag und ein paar Weihestunden mit Reden, die keinen sonderlich interessierten. Aber der 2. September, Sedantag, […] als ob die deutsche Nationalmannschaft die Fußballweltmeisterschaft gewonnen hätte, und zwar jedes Jahr aufs neue.’ Die Deutschen sahen sich als auserwähltes Volk, so Haffner, der Sedantag wurde damit auch ‘ein Fest der deutsch-französischen Erbfeindschaft’. 1914 glaubte man dann, das Erbe, die Errungenschaften dieses großen Krieges, verteidigen zu müssen. Der Soziologe Max Weber äußerte 1916: ‘Wollten wir den Krieg nicht riskieren, so hätten wir die Reichsgründung unterlassen sollen.’

Über den Autor

Daniel Fischer, Studienrat, geb.1979 in Meißen/Sachsen 1999 Abitur Wirtschaftsgymnasium Coswig Wehrdienst von 2000 – 2008 Studium für das Höhere Lehramt an Gymnasien Geschichte, Gemeinschaftskunde, Rechtserziehung und Wirtschaft an der Technischen Universität Dresden Erstes Staatsexamen: 2008 Zweites Staatsexamen: 2010 seit 2010 im Schuldienst des Landes Baden-Württemberg.

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