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Politik

Ralph Kass

Die EU-Nahostpolitik im Rahmen des Nahostquartetts (2002-2008)

Die Europäische Union als kohärenter außenpolitischer Akteur

ISBN: 978-3-8366-9339-4

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 80
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Europäische Union hat in den letzten Jahrzehnten an außenpolitischem Gewicht hinzugewonnen. Diese Aussage trifft vor allem auf den Nahen Osten zu, wo sie heute neben den Vereinten Nationen, den Vereinigten Staaten von Amerika und Russland als Akteur im sogenannten Nahostquartett an einer dauerhaften Lösung des Nahostkonflikts arbeitet. Die vorliegende Studie unternimmt den Versuch die Akteursqualität der EU im Rahmen des Nahostquartetts zu analysieren und dabei die Frage zu beantworten ob die EU ein kohärenter Akteur im Rahmen der Nahostpolitik ist oder nicht. Dabei bedient sich die Analyse am sogenannten Actorness-Konzept, das trotz gelegentlicher Zweifel an seiner Pertinenz, eine schlüssige und umfassende Bestandaufnahme von Bedingungen auflistet, die erfüllt sein müssen, um eine Organisation, in diesem Fall die EU, als außenpolitischer Akteur identifizieren zu können.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.1, Nahostpolitik Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens: Frankreich unterstützte die Staatsgründung Israels von Beginn an und war 1956 Alliierter an der Seite Israels während der Suezkrise. Im Zuge des 6-Tage-Krieges im Juni 1967 verurteilte jedoch der damalige französische Präsident De Gaulle die israelischen Vorstöße, stoppte die französischen Waffenlieferungen und nahm eine pro-arabische Haltung ein. In der Folgezeit waren die französisch-israelischen Beziehungen nicht frei von Spannungen und Vorbehalten, die sogar bis zum Amtsantritt von Nicolas Sarkozy anhielten. Der neue Präsident spricht heute von einer neuen Ära in den bilateralen Beziehungen, deren Grundlage die Garantie der israelischen Sicherheit ist. Jedoch bestehen weiterhin unterschiedliche Sichtweisen über den Nahostkonflikt. Palästina bezeichnet Frankreich als ‘Freund erster Stunde’, die guten Beziehungen wurden besonders in den achtziger Jahren intensiviert. Sarkozy zeigte sich 2007 im Zuge der Konferenz von Annapolis und der Geberkonferenz für Palästina zuversichtlich hinsichtlich der Gründung eines Palästinenserstaats bis Ende 2008. Es gibt demnach zwei Faktoren, die das französische Engagement in der Region bestimmen: die seit De Gaulle bestehende ‘politique arabe’ die bis in die Gegenwart eine Konstante der französischen Außenpolitik darstellt, und die nicht ganz spannungsfreien Beziehungen zu Israel. Bezüglich des Nahostkonflikts vertritt der französische Präsident Sarkozy traditionell eine Position, die sich der amerikanischen annähert und die den Kampf gegen den Terrorismus und die Verteidigung Israels in den Vordergrund stellt. Frankreich will eine ‘privilegierte Partnerschaft’ zwischen Europa und den Ländern der Region, mit Israel an erster Stelle. Die Außenpolitik ist daher auf Ausgleich bedacht, besitzt jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf den israelisch-palästinensischen Konflikt. Aber ‘dank seines Rufes einer gewissen Eigenwilligkeit gegenüber USA, wird es in den verschiedenen Ländern als hinreichend glaubhafter Gesprächspartner anerkannt, mit der Möglichkeit gelegentlich auch amerikanische Thesen oder Pläne sachlich erläutern zu können’. Hinsichtlich der gegenwärtigen Friedensbemühungen plädiert die französische Diplomatie für eine aktive Rolle der EU innerhalb des Nahostquartetts und lehnt jedwede militärische Option zur Lösung des Nahostkonflikts ab. Seitdem die Roadmap 2003 ins Leben gerufen wurde hat Frankreich immer wieder betont, wie wichtig dieses ‘Referenzdokument’ zur Lösung des Nahostkonflikts ist und sie als einzigen gangbaren Weg betrachtet. Dabei wurde des öfteren auf die diplomatischen Bemühungen Europas hingewiesen, die letzten Endes das Zustandekommen der Roadmap überhaupt ermöglichten. Auch wenn das NOQ in den Jahren 2005 und 2006 an Dynamik verloren hatte, so wurde trotzdem auf französischer Seite dafür plädiert den Stufenplan umzusetzen auch wenn er teilweise umformuliert und angepasst werden muss. Aufgrund der Erfahrungen des Holokausts pflegt Deutschland spezielle Beziehungen zu Israel, die sich seit den fünfziger Jahren entwickelt haben und 1965 mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen ihren offiziellen Charakter erlangten. Die Zusammenarbeit im Bereich Wissenschaft, Kultur und Militär hat sich in den letzten Jahrzehnten ständig weiterentwickelt. Auf politischer Ebene bleibt der Spielraum bis heute weiterhin eingeschränkt: Deutschland ist ohne Vorbehalte verpflichtet die Sicherheit des Staates Israel zu unterstützen. Deswegen tut sich die Bundesrepublik auch so schwer die strategischen Entscheidungen Israels in Bezug auf den Nahen Osten in Frage zu stellen. Die deutsche Unterstützung der Palästinenser ist gegeben, auch wenn sie durch das Bekenntnis zu Israel in den Hintergrund gedrängt wird. Deutschland fühlt sich gleichermaßen verantwortlich für Israel, als auch für die Palästinenser als Leidtragende der Staatsgründung Israels. Dies äußerte sich insbesondere darin, dass die Bundesrepublik bereits 1974 als erster europäischer Staat vor der UNO-Vollversammlung das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes forderte. Im Zuge der Osloer Verträge unterstützte sie die Stärkung der palästinensischen Behörden und eröffnete 1994 ein Verbindungsbüro in Jericho. Bis zur zweiten Intifada bestand eine enge bilaterale Zusammenarbeit. In Bezug auf den Nahostkonflikt wurde bereits auf die Rolle Deutschlands - insbesondere im Rahmen der Urheberschaft der Roadmap – hingewiesen. Die Große Koalition knüpft nahtlos an die Nahostpolitik der rot-grünen Ära an, indem sich die Bundeskanzlerin 2007 im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft für eine Reaktivierung des NOQ stark machte und dafür plädierte die arabischen Staaten stärker einzubinden. Merkel sieht hierin auch die Chance einer größeren Einflussnahme durch die EU. Anlässlich der Eröffnung des Europäisch-Israelischen Dialogs am 10. März 2007 in Berlin stellte die Bundeskanzlerin klar, ‘dass die Lösung des Konflikts entscheidend davon abhängt, ob es gelingen wird, eine Zweistaatenlösung voranzubringen. Dazu gehört, dass das Existenzrecht nicht in Frage gestellt wird, dass Gewalt kein Mittel ist, um Konflikte in dieser Region zu lösen, und dass die bisherigen Verhandlungsschritte der internationalen Staatengemeinschaft auch von palästinensischer Seite, und zwar von allen Palästinensern, akzeptiert werden. Dies sind die Voraussetzungen dafür, dass wir zu einer Zweistaatenlösung kommen können. (...) Soll man das Nahostquartett reaktivieren, das eine ganze Zeit lang relativ passiv war? Die Bundesrepublik hat sich sehr stark dafür eingesetzt. Wir Europäer können über dieses Nahostquartett natürlich eine aktive Rolle im ganzen Nahostfriedensprozess bekommen. Es ist unbestritten, dass es ohne die Vereinigten Staaten von Amerika überhaupt nicht möglich ist, in dieser Region Frieden zu schaffen. Wir dürfen uns also in unserer Rolle auch nicht überbewerten. Aber wir können eine wichtige Rolle spielen’. Das Vereinigte Königreich nahm und nimmt bis heute im israelisch-palästinensischen Konflikt eine Brückenfunktion ein, die versucht die europäischen mit den US-amerikanischen Positionen zu vereinbaren. Dieser Balanceakt besteht darin, verstärkt alle diplomatischen Bemühungen der EU zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts zu unterstützen, ohne dabei die britisch-amerikanischen Beziehungen – vor allem auf strategischer Ebene - zu belasten. So unterstützte das Vereinigte Königreich in den 1970er Jahren sowohl die Friedensinitiativen der USA, als auch die Deklaration von Venedig des Europäischen Rates zur Selbstbestimmung der Palästinenser, deren Inhalt maßgeblich von der britischen Regierung beeinflusst wurde. Dieser Balanceakt wurde in den achtziger Jahren nicht durchgehend aufrechterhalten, da die britische Regierung unter Margaret Thatcher 1986 die Machbarkeit eines Palästinenserstaates in Frage stellte, die USA bei ihren Militärschlägen gegen Libyen unterstützte und Syrien die Hauptverantwortung für die Terroranschläge auf dem Flughafen in London-Heathrow zuschrieb und deswegen die diplomatischen Beziehungen abbrach. Diese anti-arabische Haltung milderte sich jedoch im Zuge der Osloer Verträge und dem daraus resultierenden Friedensprozess ab. Das Vereinigte Königreich unterstützte zudem finanziell den Aufbau der palästinensischen Autonomiebehörde in den Jahren 1994 bis 1997. Der Zusammenbruch des Friedensprozesses zur Jahrtausendwende, der 11. September sowie der Irakkrieg haben die britische Außenpolitik wiederum an die Seite der USA gestellt, obwohl die Regierung Blair weiterhin die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts als Schlüssel zur Bekämpfung des Terrors, und das NOQ als geeigneten diplomatischen Rahmen hervorhob. Diese positive Haltung Großbritanniens in Bezug auf das Nahostquartett und die Roadmap findet sich auch im Abschlussbericht des Europaausschusses des Oberhauses wieder, der eine stärkere Rolle der EU im Nahostfriedensprozess fordert: ‘We see the Quartet of the US, the EU, Russia and UN as continuing to be the essential diplomatic tool for coordinating the involvement of the wider international community in any such peace effort. The EU has already played an influential, but largely unacknowledged, role within the Quartet, introducing innovative proposals for the way forward. We believe that the EU’s role within the Quartet needs to be more active and assertive than it has been in the past, providing leadership with imaginative ideas, including on final status issues and through engaging in a frank and intensive dialogue with other partners, in particular the US. This should however be done in private and with the aim of building consensus as the best means to preserve the Quartet’s influence with both the parties to the conflict, with whom the EU and the Quartet should seek to pursue an even-handed approach. It is essential to ensure that fewer opportunities exist than in the past for the parties to the conflict to exploit divisions between international actors within the Quartet, and most especially those between the EU and US. We urge the Government to seek to ensure that the EU’s representatives in the Quartet, notably the High Representative, get the backing they need to play a more active and assertive role’. Inwiefern die Außenpolitiken Deutschlands, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs in Übereinstimmung mit der europäischen Nahostpolitik stehen, wird in Punkt 4.2.3.3. ausführlicher analysiert.

Über den Autor

Ralph Kass wurde 1974 in Düdelingen/Luxemburg geboren. Er studierte Politikwissenschaften und Internationale Beziehungen an der Freien Universität Brüssel sowie am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin und schrieb seine Diplomarbeit über die europapolitischen Konzepte der CDU. Nach mehreren Praktika u.a. bei der Europäischen Kommission in Berlin und Brüssel trat er im Februar 2001 eine Referentenstelle bei der Fraktion der Christilich-Sozialen Volkspartei im Luxemburger Parlament an. Im Oktober 2003 wurde er stellvertretender Fraktionssekretär. Seit Januar 2006 ist er Mitglied am luxemburgischen Rechnungshof. Im Rahmen eines weiterbildenden Masterstudiengangs an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und an der Technischen Fachhochschule Wildau, verfasste der Autor 2009 eine Studie über europäische Außenpolitik im Rahmen des sogenannten Nahostquartetts.

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