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Politik

Stephanie Marsing

Elitenwandel in Syrien: Wie Bashar al-Assad sein Image als Reformer verspielte

ISBN: 978-3-8428-8643-8

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 136
Abb.: 8
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der Ausbruch des arabischen Frühlings hat die arabische Welt in Bewegung versetzt. Diese Region, in der keine Demokratien existieren und in der es bislang auch kaum ernst genommene Anzeichen für Demokratisierungsprozesse gab, erfährt derzeit eine enorme Dynamisierung, in der jahrzehntelange politische Verkrustungen aufgebrochen werden. Vor dem Hintergrund vergleichbarer Missstände in nahezu allen arabischen Ländern nährten die raschen Regimestürze in Tunesien und Ägypten und der damit verbundene Einstieg in einen politischen Transformationsprozess die Hoffnung arabischer Völker auf einen umfassenden politischen Wandel in der ganzen Region und ermutigte vor allem junge Menschen, den Unmut über ihre Lebensbedingungen auf die Straße zu tragen und nicht länger vor der staatlichen Repression zurückzuschrecken. Während aber die Revolten in Tunesien, Ägypten und Libyen letztendlich zu einem Sturz des alten Regimes führten, zeigt sich das Assad-Regime, auch fast ein Jahr nach Ausbruch der Proteste, noch immer resistent gegenüber Massendemonstrationen und bewaffneten Aufständen im eigenen Land sowie gegenüber dem zunehmend steigenden Druck externer Akteure. Diese Studie analysiert die Veränderungen in den internen Herrschaftsstrukturen der syrischen Elite. Im Kern wird dabei auf den Elitenansatz der Transformationstheorie sowie auf das Konzept des Elitenwandels, wie es Volker Perthes für die arabische Welt eingeführt hat, zurückgegriffen. Die Autorin untersucht einerseits die Veränderungen der syrischen Elitenstrukturen unter Bashar al-Assad bis zum Ausbruch der arabischen Revolutionsbewegungen und führt andererseits eine hypothetische Untersuchung der nötigen Voraussetzungen für einen zukünftigen Elitenwandel in Syrien vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Entwicklungen durch. Im Ergebnis wird gezeigt, inwieweit sich die syrischen Herrschaftsstrukturen verändert haben und ob dies für einen Elitenwandel ausreicht.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Empirische Analyse Teil II: Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in Syrien und der allgemeinen Umbruchstimmung in der arabischen Welt stellt sich nun die Frage, ob der bereits zur Jahrtausendwende erwartete Wandel der streng autoritären Elitenherrschaft in Syrien heute möglich ist. Die gegenwärtige Situation könnte den Syrern die einmalige Chance auf einen ‘echten’ Elitenwandel eröffnen. Angesichts der ausgeklügelten, von Patronage und Familienbeziehungen durchzogenen, syrischen Machtstrukturen und der fehlenden Präsenz und Organisation einer oppositionellen Parteienlandschaft ist es allerdings fraglich, ob das Land gegenwärtig tatsächlich in der Lage ist, diese - für alle unerwartete - Chance auf einen grundlegenden Elitenwandel zu nutzen. Vor Ausbruch des arabischen Frühlings 2011 verliefen in Syrien alle Ansätze von Protestwellen und Aufständen der Opposition gegen das Regime im Sande. Unter den gegebenen Umständen und angesichts der aktuellen Dynamik der Ereignisse in der arabischen Welt, scheint ein grundlegender Elitenwandel in Syrien - anders als in der Vergangenheit - heute durchaus im Rahmen des Möglichen zu liegen. Dabei stellen sich folgende Fragen: Erfüllen die aktuellen Entwicklungen in Syrien die Grundvoraussetzungen für einen echten Elitenwandel und wie sind die Erfolgsaussichten einer solch tiefgreifenden und lang ersehnten Veränderung einzuschätzen? Wie bereits im Konzeptteil erläutert, wird in diesem zweiten Analyseschritt der hypothetische Ansatz verfolgt, dass die ‘Arabellion’ der Auslöser für die Einleitung eines grundlegenden Elitenwandels in Syrien sein könnte. Voraussetzung hierfür ist eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse zwischen Regime, Opposition, externen Akteuren und der syrischen Bevölkerungsmasse. Diese vier Kategorien werden nun nacheinander anhand der im Konzeptteil ermittelten Indikatoren, welche auf die Einleitung von Veränderungen der machtpolitischen Akteurskonstellation hinweisen, empirisch untersucht. Zuvor wird zum besseren Verständnis der aktuellen Situation ein kurzer Überblick über die Krisenentwicklung in Syrien gegeben. 4.1, Die Syrienkrise im Überblick: 4.1.1, Entwicklung der syrischen Protestbewegung: Zu Beginn des Jahres 2011 fühlte sich das Regime um Bashar al-Assad aus mehreren Gründen noch relativ sicher. Zum einen schien es, als hätte Assad seine anfängliche politische Schwäche als Präsident überwunden und seine eigene machtpolitische Stellung und Popularität sowie die Legitimation seines Regimes gefestigt. Zum anderen dachte das Regime, es könne sich auf das rigide Herrschaftssystem und dessen abschreckende Wirkung verlassen. (vgl. PERTHES 2011, S. 122) In dem berühmt-berüchtigten Zeitungsinterview mit dem Wall Street Journal Ende Januar war sich Assad noch sicher, dass Syrien stabil sei, weil die Politik des Regimes mit den Interessen des syrischen Volks übereinstimme (vgl. WALL STREET JOURNAL 2011). Ideologisch war das Volk, das Jahrzehnte lang durch einen anti-israelischen und panarabischen Diskurs geprägt worden ist, in der Tat näher am Regime als in den pro-westlichen Autokratien unter Ben Ali in Tunesien oder Mubarak in Ägypten. Wieland beschreibt die scheinbare Stabilität in Syrien folgendermaßen: ‘President Bashar al-Assad’s grip on the Syrian people was seen as particularly effective because there seemed to be enough soft power to keep rulers and ruled on some sort of common ground. Perceived stabilizing factors included the personality of the 45-year-old president himself, a notorious security apparatus, calm and stability inside the country, peaceful coexistence of minorities, a - albeit diminishingly so - tolerable gap between the rich and poor, and, above all, shared ideological assumptions between the regime and the population, including major parts of the domestic opposition. Baathist Syria, as the last pan-Arab mouthpiece and frontline state against Israel, seemed to have enough ideological resources and more political leverage during times of crisis than pro-Western Arab authoritarian regimes. This is why president Bashar al-Assad felt relaxed far too long, although Syria’s socio-economic frustrations, extremely poor governance and high levels of repression are comparable to the Arab states in which revolutions have succeeded in toppling the autocrats.” (WIELAND 2011 [2], S. 45) Da in Syrien allerdings die gleichen Missstände und Risse innerhalb der Gesellschaft vorzufinden sind wie in nahezu allen anderen arabischen Staaten, war es auch in Syrien trotz der von Seiten des Regimes propagierten Stabilität nur eine Frage der Zeit, bis der Funke der politisch-sozialen Protestwelle auf das Land überspringt, denn die syrische Gesellschaft trug die ‘seeds of explosion’ (ABBAS 2005, S. 2) bereits in sich. Das Muster des Aufstands in Syrien ähnelte zunächst den Entwicklungen in Tunesien oder Ägypten. Die Demonstrationen starteten friedlich mit der Teilnahme aller sozialen, kulturellen und politischen Lager. Auf die gewaltsame Unterdrückung der Proteste durch Sicherheitskräfte des syrischen Militärs, der Sicherheitsdienste und der Shabiha-Milizen reagierten die Bürger allerdings mit zunehmender Gegengewalt und so eskalierte die zunächst friedliche Protestbewegung in zweierlei Hinsicht zum einen verschärften sich die Slogans der Demonstranten und zum anderen griff ein Teil der Aufständischen auf Gewalt zurück. Allein zwischen August 2011 und Januar 2012 sind in Syrien - nach offiziellen Angaben der UN - mehr als 5.600 Menschen bei der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste im Land ums Leben gekommen (nach UN News Centre 2012). Jede Woche kommen mehrere Hundert neue Opfer hinzu. Unter den Todesopfern befinden sich sowohl Zivilisten, Oppositionelle und bewaffnete Aufständische als auch Angehörige der Sicherheitskräfte des Regimes. Viele Syrer hatten - auch nach Ausbruch der Proteste - noch an Assad als Reformer geglaubt. Spätestens ab Juni 2011 richteten sich die Proteste jedoch auch direkt gegen den Präsidenten selbst. Seitdem stehen nicht mehr nur Reformen im Vordergrund, sondern ein Regimewechsel. Zudem wirken starke externe Interessen im östlichen Mittelmeerraum. (vgl. WIELAND 2011 [4]) 4.1.2, Konfliktthemen: Der ‘Arabische Frühling’ hat Themen an die politische Oberfläche gespült, die in den arabischen Autokratien lange tabu waren. Die Demonstranten fordern vor allem Menschenwürde (karama), Gerechtigkeit (adala) und Freiheit (hurriya). Der wohl am weitesten verbreitete Slogan ist: ‘al-shaab yurid isqat al-nizam’ (Das Volk will den Sturz des Systems) oder eine Variation davon (vgl. PERTHES 2011, S. 34). Die Slogans und Forderungen von heute unterscheiden sich grundlegend von denen, die man bei den zornigen Protesten in den 1980er und 1990er Jahren hören konnte. Damals hieß es: ‘Der Islam ist die Lösung’ oder ‘Nieder mit Imperialismus und Zionismus’ (PERTHES 2011, S. 33). Allerdings sind im syrischen Fall die gleichen Themen, die heute Bedeutung erlangt haben, bereits in den Schriften der oppositionellen syrischen Zivilgesellschaftsbewegung verankert. Sie nahmen ihren Anfang in den Debattierclubs der Intellektuellen im sogenannten Damaszener Frühling, kurz nach Assads Amtsantritt Mitte 2000. Und wie heute entschied sich der junge Präsident auch damals für die Niederschlagung der Demokratiebewegung. Bevor der Damaszener Frühling richtig aufblühen konnte, wurde er im Keim erstickt. Bashar al-Assad entschied sich damals zum ersten Mal gegen einen politischen Neubeginn und für den persönlichen Machterhalt. Seitdem hat die säkulare Opposition mehrere Verhaftungswellen erlitten, obwohl sie nie einen Sturz des Präsidenten gefordert hatte (vgl. WIELAND 2011 [4]).

Über den Autor

Stephanie Marsing wurde 1984 in Nürnberg geboren. Parallel zu ihrem Beruf als Beamtin im Bereich der öffentlichen Sicherheit absolvierte sie ein Fernstudium im Master-Studiengang ‘Governance’ an der Fernuniversität Hagen, das sie im Jahre 2012 mit dem akademischen Grad ‘Master of Arts’ überaus erfolgreich abschloss. Im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit konnte sie bereits reichlich Erfahrung in Themenbereichen wie der nationalen und internationalen Sicherheitspolitik sammeln. So entwickelte sich auch ihr Interesse an den aktuellen Entwicklungen in der arabischen Welt sowie an den Besonderheiten von Transformationsprozessen in dieser Region.

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