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Politik


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 02.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 24
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In der Zeit einer Großen Koalition, welche durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit die Debatten im Bundestag dominiert und neben der die Beiträge der Opposition unterzugehen drohen, rückt diese in das Interesse der Betrachtung. Die Opposition muss sich trotz der Dominanz durchsetzen, um ihre Interessen zu artikulieren. Für die Politikwissenschaft stellt sich in dieser Diskussion zunächst eine grundlegendere Frage. Es geht dabei um die Rolle, welche eine Oppositionspartei überhaupt im parlamentarischen Regierungssystem der BRD einnimmt und wie sie ihren Aufgaben nachkommt. Aus dieser Betrachtung heraus ergeben sich schließlich verschiedene Fragestellungen, die sich mit den Aktionsfeldern, der Funktion und der Struktur einer Opposition befassen. Hierbei kann das Hinterfragen der Kontrollwahrnehmung durch die Opposition eine solche Betrachtung darstellen. In Bezug auf die Ausfüllung der Kontrollfunktion des Parlaments stellen die Mittel der Interpellation, insbesondere Kleine und Große Anfragen, wichtige Gegenstände der Oppositionsarbeit dar. Hier stellt sich die Frage: Welche Anreize hat eine Oppositionspartei, um das Instrument der Großen und Kleinen Anfrage zu nutzen?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2. Theorie: Der Deutsche Bundestag ist die direkt gewählte Volksvertretung der Bundesrepublik und fungiert als das zentrale Organ der Legislative in der parlamentarischen Demokratie. Daraus ergibt sich für das Parlament die Gesetzgebung als primäre Aufgabe. Mit dem Erarbeiten und Verabschieden von Gesetzen erschöpft sich der gesamte Aufgabenbereich allerdings nicht. Als eine weitere wesentliche Funktion der Parlamentarier und Parlamentarierinnen ist die Kontrolle der Bundesregierung in ihren Aktivitäten zu nennen. Dies spiegelt sich auch in der Wahrnehmung der Bevölkerung wider. Die Bürger und Bürgerinnen sehen die Kontrollaufgabe des Parlaments dabei als eine der wichtigsten Aufgaben im Funktionsbereich des Bundestags an (vgl. Patzelt 2005: 530). Parlamentarische Kontrolle findet allerdings in verschiedenen Formen und unterschiedlich starken Ausprägungen statt. Diese Diversität ist vor allem den einzelnen Akteuren geschuldet, welchen heterogene Motivationen zu Grunde liegen. Eine Hauptunterscheidung findet bei der Zugehörigkeit der Akteure, zur Mehrheitsfraktion oder zur Opposition, statt. Für die Untersuchung der Forschungsfrage ist die Aufteilung der Fraktionen im Bundestag wesentlich. Die Fragestellung leitet sich aus den veränderten Parlamentszusammensetzungen und der sich daraus ergebenden Problematik der Kontrollausübung ab. Aus diesem Punkt ergibt sich die Ermittlung der Anreize zum Stellen von Kleinen und Großen Anfragen seitens der Opposition. Es ist somit eine theoretische Aufarbeitung der Opposition, als zentraler Akteur, und die Erarbeitung der Kontrollfunktion mit den zu analysierenden Instrumenten der Kleinen und der Großen Anfrage, durchzuführen. Im ersten Teil findet die Auseinandersetzung mit der Opposition als zentralen Akteur der Kontrollausübung und Forschungsgegenstand statt. Daran schließt sich die allgemeine Theorie zur Kontrollfunktion des Parlaments an. Aus der Fragestellung ergeben sich die Mittel der Interpellation als weitere Untersuchungsgegenstände, bei deren Betrachtung zunächst auf die Großen Anfragen und anschließend auf die Kleinen Anfragen eingegangen wird. Anhand der dargelegten theoretischen Grundlage werden abschließend die Hypothesen für die empirische Analyse ausgearbeitet. 2.1. Opposition: Mit der Fragestellung dieser Studie wird die Handlungsmotivation der parlamentarischen Opposition als das Forschungsinteresse gekennzeichnet. Neben institutionellen Anreizen können für die Ausübung der Kontrollaktivitäten die Beschaffenheit der Opposition als solche und der in ihr vertretenen Ausprägungen der Parteien Antrieb zum Stellen von Großen und Kleinen Anfragen sein. Es ist somit zur Erarbeitung der theoretischen Beschaffenheit von Kontrollmittel und zur Verortung der Oppositionstypen von Bedeutung sich zuerst mit Opposition im Allgemeinen und, bezogen auf ihre Ausprägung, im engeren Sinn auseinanderzusetzen. Das deutsche Bundestagswahlrecht sieht eine Verteilung der Mandate entsprechend der Stimmanteile der einzelnen Parteien vor. Bedingt, unter anderem durch dieses Verhältniswahlrecht, existiert in der Bundesrepublik Deutschland ein Mehr-Parteien-System, welches sich in der Zusammensetzung des Bundestags widerspiegelt. So waren seit der Wiedervereinigung stets vier oder fünf Fraktionen im Bundestag vertreten (vgl. Holzapfel 2011: 306). Da das Parlament ein Organ ist, welches von Parteien besetzt und thematisch gesteuert wird (vgl. Grimm 1989: 200), bestimmen diese entsprechend der Sitzverteilung die Mehrheitsverhältnisse. Durch das parlamentarische Regierungssystem Deutschlands besteht eine der Aufgaben des Bundestags in der Wahl des Bundeskanzlers bzw. der Bundeskanzlerin. Für diese Wahl bedarf es einer Mehrheit im Parlament, welche in der Regel durch eine Koalition aus mehreren Parteien zustande kommt, welche schließlich zusammen eine Regierung stellen. Durch die Koalitionsbildung und die direkte Bindung zwischen Regierung und Bundestag entsteht eine enge Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und der Parlamentsmehrheit, aus welcher sich eine Aktionsgemeinschaft, die Regierungsmehrheit, bildet (vgl.Schuett-Wetschky 2004:18f). Diese Regierungsmehrheit löst durch ihre enge Zusammenarbeit den Dualismus von Parlament und Regierung als Gegenspieler auf, da sie durch die Aktionsgemeinschaft mit dem Parlament verbunden ist und als ein Teil dieses besteht. Ersetzt wird dieses Gegenüber durch den Dualismus aus der Parlamentsmehrheit mit Regierung und der parlamentarischen Opposition (vgl. Rudizio 2006: 197). Aus diesem Gegenspiel ergeben sich unterschiedliche Funktionen für die entsprechenden Fraktionen. Handelnde Akteure sind […] insbesondere Regierungsmehrheit und Opposition (Schuett-Wetschky 2004: 33) statt des Parlaments, als geschlossenes Ganzes, und der Bundesregierung. Während die Mehrheitsfraktionen, als Teil der Regierungsmehrheit, miteinander die Regierung stützen, ist es somit die Aufgabe der Opposition, die regierungskontrollierende Funktion des Parlaments einzunehmen. Die Opposition wird dadurch zum zentralen Untersuchungsgegenstand, wenn es um die Auseinandersetzung mit der öffentlichen Kontrolle des Bundestags über die Bundesregierung geht. Statt eines geschlossenen Parlaments als Kontrollinstanz übernimmt primär die parlamentarische Opposition nun diese Funktion ein. Der aufgezeigte Dualismus von Regierungsmehrheit und Opposition stellt nicht nur die Konkurrenzverhältnisse im Regierungssystem dar. Diese Konkurrenz zwischen Opposition und Regierung ist insbesondere die Grundbedingung für die Existenz einer Opposition. Das Konzept der Opposition ist ein abhängiges – ohne den Charakter der Regierung kann der Oppositionscharakter nicht existieren (vgl. Blondel 1997: 463). Die Abhängigkeit des Oppositionskonzepts von einer Regierung ist mit den Hauptfunktionen des Gegenspielers verknüpft. Aus der […] Funktionstrias, Kritik, Kontrolle, Alternative […] (Euchner 1993: 13) ergeben sich Funktionen, welche einer Regierung bedürfen. Lediglich die Integrationsfunktion der Opposition, mit welcher sie Gruppen am politischen System teilhaben lässt (vgl. Patzelt 2013: 35), bedarf nicht notwendigerweise ein Gegeneinander von Regierungsmehrheit und Opposition, da auch bei einer Kooperation von Regierung und Opposition die Beteiligung von oppositionellen Gruppierungen am politischen Prozess gesichert wird. Die Aufgabe der Opposition sich als Alternativregierung anzubieten, wird im deutschen Regierungssystem durch die Funktionsweise des Bundestags erschwert. Durch den Charakter des Arbeitsparlaments ist im Gegensatz zu einem Redeparlament die äußere Darstellung der Opposition als tatsächliche alternative Regierung geschwächt (vgl. Oberreuter 1993: 61f). Die Mitarbeit an Gesetzen und Initiativen in den Ausschüssen steht im Arbeitsalltag des Bundestags im Vordergrund. Eine Gegenüberstellung von unterschiedlichen Meinungen anhand von Plenardebatten findet zwar statt, ist aber nicht so öffentlichkeitswirksam wie in einem klassischen Redeparlament, denn der Fokus liegt im hohen Maße auf der nicht öffentlichen Ausschussarbeit der Abgeordneten. Welche Anteile an der Ausarbeitung des Parlamentsoutputs den einzelnen Fraktionen zugeordnet werden können, ist damit für die Bevölkerung nicht eindeutig nachvollziehbar. Die mediale Berichterstattung ermöglicht durch ihre Fokussierung auf den Output – anstelle der Prozesse – diese Differenzierung nicht. Daher fällt es den Oppositionsparteien schwer, sich als eine klare Alternative zur jeweiligen Regierung zu präsentieren. Ähnlich der Funktion als Alternativregierung sind die oppositionellen Parteien nur bedingt in der Lage, ihrer zweiten Funktion nachzukommen. Das Ausüben von Kritik an der Bundesregierung wird unter anderem durch die Thematisierungsfunktion der Opposition wahrgenommen. Hierbei sollen Themen in die Öffentlichkeit getragen werden, welche durch die Regierung vernachlässigt wurden (vgl. Patzelt 2013: 35). Die Öffentlichkeit erwartet von der Opposition allerdings, dass sich diese nicht durch ein kritisches Auftreten, sondern durch positives Handeln, welches sich unter anderem durch konstruktive Mitarbeit manifestiert, legitimiert (vgl. Oberreuter 1993: 63). Während sich fundamentale Parteien dieser Erwartungshaltung entziehen können, da sie durch radikaleres und beharrendes Auftreten mit festen Standpunkten nicht die breite Masse des Volkes ansprechen, müssen sich die anderen Parteien niedrigschwelligeren Wegen der Kritik bedienen. Weil sich das positive Handeln der Oppositionsparteien auch nur schwer durch ihre konstruktive Mitarbeit in den Ausschüssen des Parlaments kommunizieren lässt, unterliegen die Alternativfunktion und die Thematisierungsfunktion ähnlichen Problemen in ihrer öffentlichen Vermittlung. Anhand der Kontrollfunktion ist es den Fraktionen dennoch möglich Kritik an der Regierung zu äußern oder Agenda Setting zu betreiben und dabei eine positive Legitimation zu erwirken. Das Erstellen von Anfragen funktioniert dabei als Kontrollmittel, Kritikmittel und Thematisierungsinstrument. Für die Opposition stellt die Existenz der Kontrollinstrumente dementsprechend eine wesentliche Rahmenbedingung ihrer Arbeit dar. […]

Über den Autor

Adrian Schiebe, M. A., studierte an der Leibniz Universität Hannover Politikwissenschaft und schloss dieses Studium im Jahre 2015 mit dem akademischen Grad Master of Arts erfolgreich ab. Bereits während des Studiums befasste sich der Autor umfassend mit dem politischen System der Bundesrepublik Deutschland und der vergleichenden Regierungslehre. Schwerpunkte in seinem Forschungsinteresse setzte er dabei im Bereich der demokratischen Legitimation und der Betrachtung von Herrschaftselementen. Diesbezüglich befasste sich der Autor bereits in vorangegangenen Veröffentlichungen mit Demokratiedefiziten im Wahlrecht zum Deutschen Bundestag.

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