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Politik


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 02.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Abb.: 10
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die Parteiensysteme Europas sind keine starren Gebilde, sondern unterliegen zahlreichen Wandlungsprozessen. Dazu gehört die sich verändernde Anzahl von Parteien. Diese wirkt sich besonders auf Wahlergebnisse aus, mit der Folge, dass oftmals ein Zwang zur Koalitionsbildung vorliegt. Koalitionsregierungen sind jedoch nicht unproblematisch. Die Partner müssen in einem verstärkten Maße kompromissbereit sein. Zahlreiche Untersuchungen zeigen jedoch, dass deutliche Unterschiede zwischen der festgelegten und der tatsächlichen Lebenszeit von Koalitionen vorhanden sind. Diese Tatsache lässt die Frage aufkommen, welche Faktoren sich auf die unterschiedlichen Koalitionsstabilitäten auswirken und warum Koalitionen in einigen Ländern länger bestehen als in anderen. Im Rahmen dieser Studie werden die Einflussfaktoren auf die Koalitionsstabilität untersucht. Zunächst wird ein Überblick über den Forschungsstand gegeben. Im empirischen Teil werden die drei Länderbeispiele Deutschland, Niederlande und Italien analysiert. Im Anschluss erfolgt ein Vergleich, um die gemeinsamen und unterschiedlichen Einflussfaktoren zu identifizieren.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2.1.2, Regelungen zur Regierungsbildung und Regierungsauflösung: Neben den Einflüssen des Wahlsystems, wirken sich zwei weitere institutionelle Rahmenbedingungen auf die Koalitionsstabilität aus. Zum einen handelt es sich dabei um die Regelungen zur Regierungsbildung, zum anderen um Regelungen zur Regierungsauflösung. Bei den Regelungen bezüglich der Regierungsbildung ist es entscheidend, ob die Investitur des Regierungschefs festgeschrieben ist oder nicht. Wenn das Parlament zustimmen muss, bevor eine Regierung ins Amt kommt (,positiver Parlamentarismus‘) ist das Scheitern von Regierungskoalitionen an dieser Hürde zu Beginn einer Legislaturperiode deutlich höher, als wenn keine formale Wahl benötigt wird. Diese vorgeschriebene Abstimmung begünstigt Mehrheitskoalitionen, da die Regierung auf aktive Unterstützung des Parlamentes angewiesen ist. Im Verlauf der Legislaturperiode nimmt die Stabilität von Kabinetten, die vom Parlament bestätigt wurden, jedoch zu (vgl. Kropp 2008: 521). Wenn keine Investitur vorgeschrieben ist, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns im Verlauf einer Legislaturperiode. Ferner begünstigt das nicht vorhandene Vertrauensvotum die Bildung von Minderheitsregierungen (vgl. Grotz/Weber 2011: 197). Hinsichtlich der Regelungen zur Regierungsauflösung ist es entscheidend unter welchen Umständen die Verfassung eine vorzeitige Parlamentsauflösung zulässt. In den meisten Ländern kann eine Regierung durch einen Parlamentsbeschluss mit einfacher Mehrheit zum Rücktritt gezwungen werden. In manchen Ländern, wie in Griechenland, Portugal, Schweden und Frankreich liegt diese Hürde jedoch höher (vgl. Ismayr 2006a: 22). Eine weitere Hürde stellen in der Verfassung verankerte Misstrauensvoten dar. Wenn die Verfassung ein konstruktives Misstrauensvotum vorsieht, bei dem mit der Abwahl einer Regierung gleichzeitig die Wahl einer neuen Regierung verbunden ist, sind die Anforderungen an einen Regierungssturz erhöht. Somit wirkt sich ein konstruktives Misstrauensvotum positiv auf die Stabilität aus (vgl. Saalfeld 2010: 503). Wenn die Verfassung jedoch ein Misstrauensvotum vorsieht, bei dem eine einfache Mehrheit ausreichend ist, um die Regierung abzuwählen, wirkt sich dies destabilisierend aus (vgl. Ismayr 2006a: 22). Nicht immer in den Verfassungen der Länder geregelt, aber auch von zentraler Bedeutung sind Vertrauensfragen, die von den Regierungen gestellt werden können, um die eigenen Fraktionen zu disziplinieren. Wenn eine Regierung eine wichtige Sachabstimmung mit der Vertrauensfrage verbindet und diese Abstimmung verliert, ist sie quasi zum Rücktritt verpflichtet (vgl. Ismayr 2006a: 22f.). Des Weiteren ist die Ausgestaltung von Oppositionsrechten von Bedeutung. Wenn durch die Verfassung umfangreiche Rechte für die Opposition gewährleistet werden, begünstigt dies die Bildung von Minderheitsregierungen. Die Parteien können in diesem Fall die Regierungsverantwortung umgehen und sich auch in der Opposition profilieren. Da Minderheitsregierungen eine erhöhte Tendenz zum Scheitern besitzen, geht von umfangreichen Oppositionsrechten eine destabilisierende Wirkung aus (vgl. Saalfeld 2010: 503). 2.2.2, Merkmale des Parteiensystems: Parteiensysteme werden als wichtigste Erklärungsvariable in der Koalitionsforschung herangezogen, da die institutionellen Rahmenbedingungen alleine keine ausreichende Erklärung für die Koalitionsstabilität bieten. Parteiensysteme spielen deshalb eine besondere Rolle, da die Parteien die Hauptakteure von Koalitionen sind und die Merkmale des Parteiensystems ihre Handlungsmotive beeinflussen (vgl. Müller/ Strøm 1997: 708). Im Rahmen dieser Studie werden die Merkmale des Parteiensystems gemäß der Typologie von Giovanni Sartori (1976) untersucht. Für Sartori sind zwei Kriterien zur Analyse von Parteiensystemen von Bedeutung. Das erste Kriterium ist die Anzahl der Parteien. Das zweite Kriterium sind die bestehenden ideologischen Distanzen (vgl. Sartori 1976). Anhand dieser beiden Kriterien hat Sartori eine Typologie aufgestellt, welche vier Typen von Parteiensystemen umfasst. Ein Typus sind Parteiensysteme mit einer ‚prädominanten Partei‘. In diesen Systemen erhält eine Partei so viele Stimmen, dass sie die absolute Mehrheit im Parlament besitzt, mit einem deutlichen Abstand zur nächstgrößeren Partei. Ein weiterer Typus ist das ‚Zweiparteiensystem‘, in dem zwei Parteien in einem etwa gleichgroßen Umfang die meisten Stimmen erhalten und ein deutlicher Abstand zur drittstärksten Partei vorliegt. Für die Regierungskoalitionen ist der Typus des ‚moderaten Pluralismus‘ von Interesse. Er zeichnet sich dadurch aus, dass fünf oder weniger Parteien im Parlament vertreten sind, die prinzipiell untereinander koalitionsfähig sind. Dieser Typus hat die Tendenz zur Bildung von stabilen Mehrheitskoalitionen, wobei oftmals feste Koalitionsblöcke eine Regierung bilden. Der letzte Typus ist der des ‚polarisierten Pluralismus‘. Diese Parteiensysteme verfügen über fünf oder mehr Parteien, die das gesamte ideologische Spektrum besetzen. Ferner existieren häufig Antisystemparteien. Die Formattendenz geht hier zu Minderheitsregierungen oder zu übergroßen Koalitionen (vgl. Sartori 1976: 131-200). Parteiensysteme können allerdings nicht immer einem dieser Typen zugeordnet werden, was zum Teil durch Wandlungsprozesse bedingt ist (vgl. Niedermayer 2008: 355). Nach Niedermayer können Wandlungsprozesse in drei Formen unterteilt werden. Zum einen können sich die Größenrelationen der bestehenden Parteien untereinander verändern. Zum anderen können Neustrukturierungen, in Form von Abspaltungen und Zusammenschlüssen, auftreten. Eine weitere Form ist der Wandel durch das Auftreten von neuen Parteien (vgl. Niedermayer 2008: 355). 2.2.2.1, Grad der Fragmentierung: Der Grad der Fragmentierung, also inwiefern ein Parteiensystem zur Konzentration oder Zersplitterung neigt, hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Stabilität von Regierungskoalitionen (vgl. Kropp 2008: 534). Je höher die Fragmentierung ist, desto instabiler sind Koalitionen. Dies trifft insbesondere auf Parteisysteme zu, die dem Typus des ,polarisierten Pluralismus‘ zugeordnet werden können, da mindestens fünf Parteien aus dem gesamten ideologischen Spektrum im Parlament vertreten sind (vgl. Sartori 1976: 140f./vgl. zur empirischen Überprüfung Laver/Schofield 1990: 149). Die Begründung für die destabilisierende Wirkung wird vor allem darin gesehen, dass die hohe Anzahl an Parteien mit unterschiedlichen ideologischen Standpunkten zu einem sehr komplexen Verhandlungsumfeld führt. Darüber hinaus liegt in diesen Fällen eine erschwerte Kompromissfindung vor (vgl. Grotz/Weber 2011: 210). Diese Annahme ist jedoch umstritten. Ein hoher Fragmentierungsgrad muss kein unlösbares Problem sein. Positiv auf die Stabilität können sich trotz allem die politische Kultur eines Landes sowie eine Konkordanzorientierung der Akteure auswirken (vgl. Kropp/ Schüttemeyer/ Sturm 2002: 27).

Über den Autor

Christina Bertz studierte an der Leibniz Universität Hannover Politikwissenschaft, Germanistik und Erziehungswissenschaft. Der Studienschwerpunkt in ihrem Hauptfach Politikwissenschaft liegt im Bereich Politische Systeme und vergleichende Regierungslehre.

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