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Recht / Wirtschaft / Steuern

Marcel Jung / Christian A. Conrad

Ethik und Managercharaktere in der Personalauswahl. Ein Vergleich der bedeutendsten Betrugsfälle

Reihe "Wirtschaft und Ethik", Band 9

ISBN: 978-3-95935-588-9

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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 02.2022
AuflagenNr.: 1
Seiten: 140
Sprache: Deutsch
Einband: gebunden

Inhalt

Bilanzskandale prägen die Wirtschaftsgeschichte wie kaum ein anderes Ereignis und führen selbst nach etlichen Jahren immer wieder zu Fragen und Diskussionen. Wie konnte dieser Betrug passieren? Warum wurde nicht früher gehandelt? Weshalb blieb der Betrug so lange unbemerkt? Mit dem Bilanzskandal Wirecard treten diese Fragen erneut in den Vordergrund des öffentlichen Interesses. Wirecard, Enron oder FlowTex sind bekannte Unternehmen, bei denen Manager in Betrugsfälle verwickelt oder maßgeblich dafür verantwortlich gewesen sind. Dieses Buch beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit sich die Persönlichkeit von Managern auf deren Verhalten auswirkt und inwiefern negative Persönlichkeitseigenschaften betrügerisches Verhalten fördern. Anhand des Modells der dunklen Triade der Persönlichkeit wird das Verhalten von Managern untersucht sowie auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede eingegangen. Des Weiteren werden Fehler in der Personalauswahl und Personalentwicklung aufgezeigt, die diesen Managern den Aufstieg in hohe Führungspositionen ermöglicht haben. Jedoch werden auch Lösungsansätze vorgestellt, um Unternehmen in Zukunft zu ermöglichen, diese Persönlichkeiten frühzeitig zu erkennen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.3, WorldCom: WorldCom wurde 1983 von Bernard J. Ebbers gegründet und war seinerzeit der zweitgrößte Telekommunikationskonzern in den USA. Diese Größe wurde vor allem durch die aggressive Expansionspolitik von Ebbers erreicht. Erwartete Gewinne blieben aus, der Konkurrenzdruck nahm zu und die durch die vielen Übernahmen bedingten hohen Zins- und Tilgungsraten setzen WorldCom unter Druck. Das Management versuchte durch Bilanzmanipulation die schlechte Ertragslage des Unternehmens zu verbergen und den Anschein eines florierenden Geschäfts zu erwecken. Als WorldCom bekannt gab, dass in den letzten 5 Quartalen laufende Aufwendungen in Höhe von 3,85 Mrd. US-Dollar versehentlich in der Bilanz als Vermögenswerte aktiviert worden waren, folgte ein erheblicher Kurseinbruch. Worldcom meldete im Juli 2002 Insolvenz an. Darauffolgende interne Prüfungen stellten weitere Fehlbuchungen in Höhe von 3,3 Mrd. US-Dollar fest. Über 17.000 Mitarbeiter verloren infolge der Insolvenz ihren Arbeitsplatz. Bernard Ebbers wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf und entwickelte bereits in seiner Jugend einen ausgeprägten Ehrgeiz. Ebbers schaffte es innerhalb weniger Jahre zum Milliardär und besaß mit WorldCom eines der größten amerikanischen Unternehmen. Dazu nutzte er eine aggressive und risikoreiche Expansionsstrategie. Er strebte nach Macht, Reichtum und der Anerkennung und Bewunderung seiner Mitmenschen. Sein schneller Aufstieg und der augenscheinliche Erfolg WorldComs verhalfen ihm dazu. Ebbers stand gerne im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Er besaß Charme und Charisma und überzeugte seine Mitarbeiter von seiner Vision eines weltweitumspannenden Unternehmens. Ebbers verstand es, seine Mitarbeiter zu motivieren und zu inspirieren. Trotz seines hohen Einkommens lebte Ebbers über seine Verhältnisse. Er besaß die größte kanadische Privatranch und eine Luxusjacht. Seinen Lebensstil finanzierte er über etliche Privatkredite WorldComs. Zudem hob sich Ebbers durch seine äußere Erscheinung von anderen CEOs ab. Er kleidete sich wie ein Cowboy, trug Cowboystiefel und rauchte Zigarren. Ebbers war nicht in der Lage, mit Kritik umzugehen oder Fehler einzugestehen und entließ Mitarbeiter, wenn diese nicht seiner Meinung waren oder von Schwierigkeiten berichteten. In Folge dessen wurden schlechte Nachrichten nicht mehr an Ebbers weitergeleitet. Durch das Ausbleiben schlechter Nachrichten sah er sich in seinen Fähigkeiten bestärkt. Ebbers umgab sich mit Menschen, denen ebenfalls Anerkennung und Bewunderung entgegengebracht wurde, um ebenfalls Ziel dieser Anerkennung und Bewunderung zu sein. Er nahm diese Personen als Konkurrenten wahr, die gegen ihn intrigierten und ihn um seine Anerkennung und Bewunderung brachten. Ein ähnliches Verhalten zeigte er gegenüber einigen Mitarbeitern. Ihnen gegenüber verhielt sich Ebbers arrogant und fasste Aussagen als Beleidigung auf. Er schuf sich Feinde, die nicht existierten. Durch seinen schnellen Erfolg bestärkt, überschätzte Ebbers seine eigenen Fähigkeiten und ging immer größere Risiken ein, um an Macht und Reichtum zu gewinnen. Bernard Ebbers war eine Person mit hoher Ausprägung in Narzissmus. Sein Verhalten wurde durch das Streben nach Macht, Reichtum sowie Anerkennung und Bewunderung geprägt. Um diese Ziele zu erreichen, ging er hohe Risiken bei seiner Expansionsstrategie ein und schadete seinem Unternehmen zusätzlich durch die Aufnahme etlicher Privatkredite. Sein Charme und Charisma sowie seine Vision, die Mitarbeiter motivierte und inspirierte, war Ebbers in der Lage, sein arrogantes Auftreten und seine mangelnde Kritikfähigkeit auszugleichen. Auf dem Höhepunkt seiner narzisstischen Ausprägung nahm Ebbers keine Fehler und kein Risiko mehr wahr. Das übersteigerte Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und das stark ausgeprägte Selbstwertgefühl veränderten seine Wahrnehmung der Realität. Er glaubte keine Fehler begehen zu können. Diese Verzerrung der Realität ist die höchste Ausprägung des Narzissmus. Während des Gerichtsverfahrens stritt Ebbers jedwede Schuld am Betrug ab und sagte: Niemand wird zu dem Schluss kommen, dass ich etwas Kriminelles oder Betrügerisches getan habe . Ebbers wurde zu einer Haftstrafe von 25 Jahren verurteilt und zahlte 45 Mio. US-Dollar in einen von WorldCom eingerichteten Fond, der den Geschädigten ausgezahlt wurde. 3.4, Arcandor: Im Jahr 2007 erhielt die Holding von KarstadtQuelle den Namen Arcandor. Thomas Middelhoff wurde 2005 Konzernchef von Arcandor und sollte den finanziell angeschlagenen Konzern sanieren. Während Middelhoffs Ära stieg die Verschuldung Arcandors an, während der Aktienkurs kontinuierlich fiel. Er verkaufte mehrere Immobilen von Arcandor, um Liquidität zu generieren. Daraus folgten Mietverträge mit hoher Laufzeit und einer hohen finanziellen Belastung für Arcandor. Als Middelhoff von seinem Posten zurücktrat, erhielt er eine Abfindung in Höhe von 2,3 Mio. Euro. Im Jahr 2009 meldete Arcandor Insolvenz an. Im Zuge des Insolvenzverfahrens wurden speziell in Verbindung mit Thomas Middelhoff Unstimmigkeiten festgestellt. Middelhoff hatte sich auf Kosten Arcandors privat bereichert und wurde zu einer Haftstrafe von 3 Jahren verurteilt. Thomas Middelhoffs Verhalten war geprägt durch ein starkes Streben nach Macht und Reichtum. Als Middelhoff bei Bertelsmann arbeitete, besaß er bereits zwei luxuriöse Villen, wobei bereits eine Villa jährlich 1,3 Mio. Euro kostete. Seine Jacht, die er über einen Freund gekauft hatte, da Middelhoff selbst nicht genügend Kapitel besaß, kostete 7 Mio. Euro. Middelhoff konnte trotz seines hohen Gehalts diese Kosten nicht tragen und finanzierte sich über mehrere Kredite von Sal. Oppenheim. Dennoch lebte er wesentlich über seine Verhältnisse. Durch die zunehmenden Schulden wurden seine Handlungen bei Arcandor fragwürdiger. Ein Beispiel war das Geschäft mit den Oppenheim-Esch-Fonds, an denen Middelhoff beteiligt war. So verkaufte Middelhoff einige Immobilien Arcandors an die Oppenheim-Esch-Fonds. Middelhoff hatte zuvor in die Oppenheim-Esch-Fonds investiert, wodurch er durch diese Verkäufe finanziell profitierte. Zudem schloss Middelhoff mit den Oppenheim-Esch-Fonds Mietverträge mit mehreren Jahrzehnten Laufzeit und hohen Mietzahlungen ab. Damit brachte er den angeschlagenen Konzern wissentlich in finanzielle Schwierigkeiten, die später zu dessen Insolvenz beitrugen. Obwohl Arcandor finanziell angeschlagen war, unternahm Middelhoff auf Kosten des Konzerns etliche Flugreisen in eigens dafür gemieteten Privatjets. Zudem flog er mit einem Hubschrauber zur Arbeit. Mit seinem schnellen Aufstieg im Unternehmen empfand sich Middelhoff als besonders und unentbehrlich. Er glaubte sich von anderen Menschen abzuheben und sah eine Zumutung darin, in einem gewöhnlichen Linienflugzeug reisen zu müssen. Mitarbeiter Middelhoffs beschrieben ihn als charismatische und schillernde Persönlichkeit. Er konnte leicht Menschen für sich einnehmen und von seinen Visionen überzeugen. Somit wirkte sein Verhalten motivierend und inspirierend auf seine Mitarbeiter. Selbst nach seiner Verurteilung hält dieses von Middelhoff geschaffene Selbstbild bei seinen ehemaligen Mitarbeitern an. Middelhoff stand gerne im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und genoss die Bewunderung und Anerkennung anderer Menschen. Er lud etliche Reporter in seine Villa ein. Middelhoff gewährte tiefe Einblicke in sein Privatleben und führte den Reportern seinen Einfluss und Reichtum vor Augen. Damit verstärkte er das öffentliche Interesse an ihm und die Bewunderung und Anerkennung, die ihm zu Teil wurde. Middelhoff war hervorragend darin, sich selbst in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stellen und wusste sich gut darzustellen. Vor seinem Gerichtsverfahren trat Middelhoff vor die Reporter und sagte mit dramatisch ausgebreiteten Armen: ‚ Ich stehe hier als Angeklagter heute mit dem absoluten inneren Gefühl, auch nach kritischster Prüfung, du hast dir hier nichts vorzuwerfen. ‘ Im Gerichtssaal wiederholte er, dass er sich nichts vorzuwerfen habe. Während der Verhandlung zeigte sich Middelhoff ruhig und beherrscht. Sein Verhalten war zynisch und arrogant gegenüber dem Richter, dem er mit überheblichen Antworten auf dessen Fragen begegnete. Das exzessive Streben nach Macht und Reichtum sowie das ausgeprägte Bedürfnis nach Bewunderung und Anerkennung sind deutliche Anzeichen einer narzisstischen Persönlichkeit. Middelhoff war der Ansicht, dass er ein besonderer Mensch war und über anderen Menschen stand. So lehnte er beispielsweise Einladungen von Personen ab, die er für nicht wichtig genug hielt, sich mit ihm in einem Raum zu befinden. Middelhoff tätigte später die Aussage: Wenn man Macht zu haben glaubt und von seinem Umfeld in diesem Bewusstsein bestärkt wird, fängt man an, sich in seinem Wesen zu verändern. Damit beschreibt Middelhoff eine narzisstische Persönlichkeit bzw. den Wandel dorthin. Zum Zeitpunkt seines Gerichtsprozesses war die Ausprägung des Narzissmus bereits sehr stark fortgeschritten. Middelhoff überschätzte seine Fähigkeiten in erheblichem Maße und versuchte, durch die dem Narzissten eigenen Eigenschaften der Selbstdarstellung und des Charismas seine Lage zu beeinflussen. Middelhoff war der Überzeugung, dass Opfer in diesem Betrugsfall zu sein und selbst keinen Anteil an der Insolvenz Arcandors zu haben. Darin zeigte sich die höchste Ausprägung des Narzissmus. Middelhoff konnte seine eigenen Fehler nicht mehr wahrnehmen und betrachtete sich als unfehlbar.

Über den Autor

Marcel Jung wurde 1993 in Neunkirchen geboren. Sein Bachelorstudium der Betriebswirtschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes schloss der Autor 2021 erfolgreich ab. Bereits während seines Studiums interessierte er sich für das Verhalten von Menschen, insbesondere Führungskräften. Daher beschäftigte sich der Autor eingehender mit dem Verhalten von Managern und deren Persönlichkeit, woraus dieses Buch entstand.

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