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  • Betriebliches Eingliederungsmanagement als Wirksamkeitsvoraussetzung für krankheitsbedingte Kündigungen? Handbuch für Arbeitgeber zur rechtmäßigen Durchführung krankheitsbedingter Kündigungen

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

In diesem Buch wird das Verfahren des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nach § 84 Abs. 2 SGB IX detailliert beschrieben und erläutert. Zudem wird darauf abgezielt Unternehmen aufzuzeigen, welche Herausforderungen und Chancen mit dem BEM verbunden sind. Da jedoch nicht jedes Arbeitsverhältnis durch die Ausführung des BEM gesichert werden kann, erfolgt außerdem eine Darstellung, welche Faktoren bei einer krankheitsbedingten Kündigung in Bezug auf das betriebliche Eingliederungsmanagement zu beachten sind. Dabei werden die Folgen aufgezeigt, die sich bei einem unterlassenen BEM für die Darlegungs- und Beweislast in einem Kündigungsschutzprozess ergeben. Insgesamt befasst sich dieses Buch daher sowohl mit der Möglichkeit der krankheitsbedingten Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bei Unterlassen des BEM als auch mit der Chance der Vermeidung einer solchen Kündigung infolge einer ordnungsgemäßen Durchführung des BEM.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.1, Definition des BEM: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bezeichnet das BEM in seinem Urteil vom 10.02.2009 als ‘unverstellten, verlaufs- und ergebnisoffenen Suchprozess’. Die exakte Bedeutung dieser Beschreibung, ist der Legaldefinition des Gesetzes im § 84 Abs. 2 SGB IX zu entnehmen: ‘Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93 SGB IX, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement)’. Diese Legaldefinition stellt neben den Voraussetzungen für die Durchführung des BEM auch die Mitarbeit zuständiger Interessenvertretungen und das Zustimmungserfordernis des Arbeitnehmers in den Vordergrund. Es lässt sich festhalten, dass das BEM ein Verfahren ist, welches Arbeitgeber verpflichtet, gemeinsam mit den verantwortlichen Interessenvertretungen Maßnahmen zur Verbesserung des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers zu ergründen und ggf. umzusetzen. 2.2, Anwendungsbereich des § 84 Abs. 2 SGB IX: In § 84 Abs. 2 SGB IX ist ausdrücklich der Anwendungsbereich des BEM geregelt. Dort ist festgehalten, dass ein BEM durchzuführen ist, wenn der Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als ‘sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig’ ist. Im Folgenden soll zunächst auf den Begriff des ‘Beschäftigten’ eingegangen werden, um den persönlichen Anwendungsbereich der Norm klar zu definieren. Zudem wird der sachliche Anwendungsbereich des § 84 Abs. 2 SGB IX beschrieben. Diesbezüglich erfolgen nähere Ausführungen zu der Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten, um zu verdeutlichen, ab welchem Zeitpunkt der Arbeitgeber zur Durchführung des BEM verpflichtet ist. 2.2.1, Persönlicher Anwendungsbereich: In der Literatur war lange Zeit strittig, ob § 84 Abs. 2 SGB IX für alle Beschäftigten oder nur für schwerbehinderte Mitarbeiter gilt. Für die Beschränkung des Anwendungsbereiches auf schwerbehinderte Arbeitnehmer spricht vor allem die Stellung der Norm im SGB IX. Die Vorschrift befindet sich im zweiten Teil des SGB IX ‘Besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen’. Gemäß § 68 Abs. 1 SGB IX gilt dieser zweite Teil des SGB IX für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen. Aufgrund dessen ist es naheliegend, davon auszugehen, dass nur bei schwerbehinderten und diesen gleichgestellten Mitarbeitern ein BEM durchzuführen ist. Dieser Ansicht widerspricht jedoch schon die Tatsache, dass in § 68 SGB IX keine Einschränkung auf behinderte Arbeitnehmer vermerkt ist. Zwar gelten die Regelungen für schwerbehinderte Arbeitnehmer, jedoch wird nicht ausgeschlossen, dass die Normen auch für andere Beschäftigte gelten können. Dies wäre etwa durch die Formulierung in § 68 SGB IX, dass die Regelungen ‘nur’ oder ‘ausschließlich’ für behinderte Menschen gelten, möglich gewesen. Da ein solcher Ausschluss im Gesetz nicht vorgesehen ist, ist die Anwendung der Norm auf alle Beschäftigten nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Insbesondere spricht für die Pflicht der Durchführung des BEM bei allen Arbeitnehmern der Wortlaut des Gesetzes. Gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX soll das BEM bei allen ‘Beschäftigten’ durchgeführt werden. Würde sich eine solche Formulierung nicht im SGB IX, dem Buch für die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, befinden, wäre es unstrittig, dass eine Anwendung der Norm bei allen Arbeitnehmern zu erfolgen hat. Ein weiteres Argument für die Anwendung auf alle Beschäftigten ergibt sich aus § 1 SGB IX. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass das SGB IX auch Normen für ‘von Behinderung bedrohten Menschen’ enthält. Somit besteht auch die Möglichkeit der Anwendung von § 84 Abs. 2 SGB IX auf Menschen, die gefährdet sind schwerbehindert zu werden. Prinzipiell fallen hierunter alle Mitarbeiter, die hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten aufzuweisen haben. Des Weiteren schreibt § 84 Abs. 2 SGB IX vor, dass bei schwerbehinderten Menschen ‘außerdem’ die Schwerbehindertenvertretung in das BEM-Verfahren miteinzubeziehen ist. Durch die Formulierung ‘außerdem’ wird deutlich, dass § 84 Abs. 2 SGB IX zwingend für alle Arbeitnehmer gilt. Dieser Wortlaut ergibt nur Sinn, wenn sich die Norm auf alle Beschäftigten bezieht. Wenn die Norm sowieso nur auf schwerbehinderte Menschen anzuwenden wäre, müsste man diese und die nötige Hinzuziehung der Schwerbehindertenvertretung im Falle einer Behinderung nicht zusätzlich erwähnen. Dieser Argumentation hat sich auch das BAG in seinem Grundsatzurteil vom 12.07.2007 angeschlossen. In dem Urteil heißt es, dass ‘das Erfordernis eines [...] BEM für alle Arbeitnehmer besteht und nicht nur für die behinderten Menschen’. Der persönliche Anwendungsbereich des § 84 Abs. 2 SGB IX ist daher die Anwendung des BEM bei allen ‘Beschäftigten’, das heißt bei Arbeitnehmern, Auszubildenden, sonstigen zu ihrer beruflichen Bildung Beschäftigten sowie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehende Personen. 2.2.2, Sachlicher Anwendungsbereich: Die Durchführung des BEM ist nach § 84 Abs. 2 SGB IX sachlich davon abhängig, ob der Arbeitnehmer ‘innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig’ ist. Zunächst ist zu klären, was unter dem Begriff ‘Arbeitsunfähigkeit’ zu verstehen ist. Nach den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses liegt eine Arbeitsunfähigkeit immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer ‘auf Grund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann’. Des Weiteren muss verdeutlicht werden, wie der Zeitraum von einem Jahr zu bestimmen ist. Dabei ist nicht die Fixierung auf das Kalenderjahr von Interesse, sondern allein die Frage, ob der Arbeitnehmer in den letzten zwölf Monaten insgesamt länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig war. Nur diese Berechnung ist gesetzeskonform, da die Notwendigkeit der Durchführung des BEM keinen Bezug zu dem jeweiligen Kalenderjahr hat. Andernfalls würde bspw. bei einer länger andauernden Erkrankung, die sich über das Neujahr erstreckt, kein BEM vonnöten sein. Relevant ist daher lediglich, ob bei einem Beschäftigten innerhalb der letzten zwölf Monate gehäufte oder längerfristige Arbeitsunfähigkeitszeiten vorliegen, die insgesamt länger als sechs Wochen andauern. Nur diese Berechnung ist mit dem Sinn und Zweck des BEM vereinbar. Für die Ermittlung des Sechs-Wochen-Zeitraums sind dabei einige Prinzipien zu beachten. Der Wortlaut des § 84 Abs. 2 SGB IX besagt, dass Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bei der Berechnung der Frist heranzuziehen sind, nicht jedoch Zeiten der Abwesenheit vom Arbeitsplatz. Daraus lässt sich ableiten, dass auch arbeitsfreie Tage, wie z.B. Feiertage, in die Berechnung der Frist von sechs Wochen mit einzubeziehen sind. Die Schwierigkeit in der Praxis liegt darin, dass Ärzte oftmals nur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen über Tage ausstellen, in denen auch Arbeit zu leisten ist. Ist der Arbeitnehmer bspw. in einer Woche von Montag bis Freitag krank, in welcher der Freitag ein Feiertag ist, erhält er ggf. nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum Donnerstag, obwohl auch der Freitag bei der Berechnung mitzuzählen wäre. Ist es nicht offenkundig, ob die effektive Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage den von Seiten des Arztes bescheinigten Tagen entspricht, ist der Arbeitgeber nicht zu Nachforschungen verpflichtet. Er muss nur die gemeldeten Arbeitstage bei der Berechnung berücksichtigen. Über die Ursache der Arbeitsunfähigkeit sagt der Wortlaut des § 84 Abs. 2 SGB IX nichts aus. Man könnte vermuten, dass nur solche Arbeitsunfähigkeitszeiten zu berücksichtigen sind, die auf dieselben oder ähnliche Ursachen zurückzuführen sind. Nach dieser Ansicht ist eine Gesundheitsprävention durch das BEM-Verfahren möglich, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch die Einleitung von Gegenmaßnahmen überwunden werden kann. Besteht jedoch keinerlei Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Fehlzeiten, die sich rein zufällig auf sechs Wochen im Jahr summieren, ist die erfolgreiche Durchführung von Präventionsmaßnahmen nach dieser Auffassung nicht möglich. Da der Arbeitgeber jedoch vor dem Beginn des BEM-Verfahrens i.d.R. wenige bis keine Informationen über die Gründe der Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters besitzt, ist das Erfordernis des Vorliegens dieser Voraussetzung nicht haltbar. Wenn sich im Verlauf des BEM-Verfahrens herausstellt, dass kein ursächlicher Zusammenhang verschiedener Krankheiten festzustellen ist und daher die Durchführung von Maßnahmen unnötig ist, kann an dieser Stelle das Verfahren eingestellt werden. Um seinen Verpflichtungen gerecht zu werden, sollte der Arbeitgeber im BEM-Verfahren jedoch zunächst klären, ob die Einleitung von Maßnahmen erforderlich sein könnte. Abschließend muss zur vollständigen Erfüllung der sachlichen Anwendungsvoraussetzungen eine Zustimmung des Arbeitnehmers zur Durchführung des BEM vorliegen. 2.2.3, Entbehrlichkeit eines BEM: Es besteht die Möglichkeit, dass ein BEM-Verfahren nicht durchgeführt werden muss, obwohl die Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 SGB IX erfüllt sind und ein Arbeitnehmer somit in den Anwendungsbereich der Norm fällt. So verstößt es gegen die Sitte und Moral der Gesellschaft einem sterbenskranken Mitarbeiter ein BEM anzubieten, auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen bei längerer Krankheit selbstverständlich erfüllt sind. Auch ist ein Arbeitgeber nicht verpflichtet, das BEM-Verfahren einzuleiten, wenn das Ziel des BEM unerreichbar ist, da nicht mehr genügend Zeit zur Umsetzung der Maßnahmen bleibt. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis eines befristet angestellten Arbeitnehmers in wenigen Wochen endet oder eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses bereits ausgesprochen wurde. Zusammenfassend ist das BEM daher immer dann entbehrlich, wenn die Einleitung des Verfahrens nicht zur Verbesserung des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers bei seinem derzeitigen Arbeitgeber führen kann.

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