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  • Das „Aushilfsarbeitsverhältnis“ als Grundlage der Prekarität? Missbrauch eines wandelbaren Rechtsbegriffs

Recht


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 92
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Was führt dazu, dass Beschäftigte freiwillig auf ihre Rechte verzichten bzw. sich ihrer Rechte gar nicht mehr bewusst sind? Wurden diese Rechte in den vergangenen Jahren abgebaut? Welche Faktoren sind es, die das deutsche Arbeitsrecht heute scheinbar schwerer finden lassen, als früher? Wird die Schutzwirkung des deutschen Arbeitsrechts durch andere Rechtsbereiche konterkariert? Droht gar eine Rückentwicklung des Arbeitsrechts auf den Stand des 19. Jahrhunderts? Und wenn ja, wie kommt das? Diese Fragen werden vor dem Hintergrund der sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen prekärer Beschäftigung in der vorliegenden Studie erörtert. Dazu wird das sogenannte ‘Aushilfsarbeitsverhältnis’ besonders hervorgehoben, einer Beschäftigungsform, die befristet oder unbefristet, in der Regel in Teilzeit, vermeintlich ohne weitere Rechte als dem Lohn für geleistete Arbeit ausgestaltet ist und auch als ‘Schüler-/Studentenjob’, ‘Hilfskraft’, ‘geringwertige Tätigkeit’ oder ähnliches bezeichnet wird.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.1, Die Bestimmung des Existenzminimums: Eine Grundbedingung für die Abgrenzung von Prekarität und Integration ist die Bestimmung des Existenzminimums, wozu sich unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe heranziehen lassen. Ein soziokulturelles, menschenwürdiges Existenzminimum, das in der Rechtsprechung aus Art. 1 Abs. 1, 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) entwickelt wurde, kann vom Gesetzgeber in Höhe eines monatlichen Gesamtbedarfs festgelegt werden.1 Derzeit liegt der Regelbedarf gemäß § 20 Abs. 1 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes und § 2 Abs. 1 der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2012 bei 374,00 Euro (100 %) für eine alleinstehende Person. Hinzu kommen, neben möglicherweise individuell zu bestimmenden Mehrbedarfen, Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 SGB II, deren Höhe allerdings gemäß §§ 22a f. SGB II regional nach den jeweils lokalen Wohnungsmarktbedingungen festgelegt wird. So können sie für eine alleinstehende Person in Berlin, gemäß §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 22a Abs. 1 Satz 1 und 3 in Verbindung mit § 4 der am 1. Mai 2012 in Kraft getretenen Wohnaufwendungsverordnung, abhängig vom Gebäudetyp maximal 398,00 Euro betragen. Der sich so zusammensetzende maximale Gesamtbedarf für eine alleinstehende Person, bezogen auf Berlin, beträgt in der Summe folglich maximal 762,00 Euro. Er wird individuell regelmäßig unter diesem Maximalbetrag bewilligt. Dennoch soll er hier als etwaige Größenordnung des vom Gesetzgeber festgelegten soziokulturellen Existenzminimums herhalten. Der steuerliche Grundfreibetrag für alleinstehende Personen liegt derzeit gemäß § 32a des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei jährlich 8.004,00 Euro, also 667,00 Euro pro Monat. Er steht als ‘sächliches Existenzminimum’2 in Zusammenhang mit der Bestimmung des soziokulturellen. Wird eine Forderung gegen einen Schuldner vollstreckt, so gilt aktuell als Pfändungsgrenze für die Vollstreckung in Einkünfte von alleinstehenden Beschäftigten gemäß der Anlage zu § 850c ZPO eine Vergütung abzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen (Nettoeinkommen) in Höhe von 1.029,99 Euro1, das schuldrechtliche Existenzminimum. Grundsätzlich muss einem Beschäftigten demnach dieser Betrag bleiben, um seine Existenz sichern zu können. Laut der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2008 (EVS 2008) wurde für Deutschland bereinigt ein mittleres monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.772,00 Euro ermittelt.2 Die Grenze zu Einkommen, die als armutsgefährdend gelten, liege demnach bei monatlich 1.063,00 Euro, das sind 60 % des mittleren Einkommens.3 Von strenger Armut betroffen, 40 % des mittleren Einkommens,4 galten somit Personen mit einem Einkommen von unter 709,00 Euro. Zwischen soziokulturellem, sächlichem und schuldrechtlichem Existenzminimum alleinstehender Personen liegt ein Spielraum von rund 400,00 Euro, der von strenger Armut bis zur Armutsgefährdung reicht. Soziokulturelles bzw. sächliches Existenzminimum befinden sich dabei bereits nach europäischen Standards im Bereich strenger Armut, das schuldrechtliche Existenzminimum innerhalb der Armutsgefährdungsgrenze. Für Alleinerziehende sowie Paare ohne und mit Kindern sind nominell jeweils höhere Werte einzusetzen, sie ergeben jedoch auf die einzelnen heruntergerechnet auch nicht mehr als die hier angegebenen Werte. Nur wer in strenger Armut lebt, hat Anspruch auf staatliche Unterstützung. Diese wird jedoch nicht bedingungslos gewährt, wie im Anschluss zu sehen ist. 2.2, Arbeitsförderung nach dem SGB II: Erwerbsfähige aber hilfebedürftige Personen ab einem Alter von 15 Jahren bis zur Regelaltersgrenze, die in Deutschland leben und rechtlich keinen Arbeitsbeschränkungen unterworfen sind, können gemäß § 7 Abs. 1 SGB II grundsätzlich Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II in Höhe des durch den Gesetzgeber bestimmten soziokulturellen Existenzminimums beantragen. Als erwerbsfähig gilt gemäß § 8 Abs. 1 SGB II wer imstande ist, mindestens drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbsfähig zu sein. Die konkrete Bedeutung des allgemeinen Arbeitsmarktes wird im nächsten Unterpunkt deutlich. Als hilfebedürftig gilt gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer keine Möglichkeit hat, aus eigener Kraft oder durch die Unterstützung von Angehörigen seine Existenz zu sichern bzw. keine anderen Sozialleistungen erhält. Monatliche Einkünfte aus Arbeit und aus dem vollständigen Verbrauch von noch bestehendem Vermögen der Erwerbslosen in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums sperren daher bereits den Leistungsanspruch aus § 7 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 20 Abs. 1, 22 Abs. 1 SGB II.

Über den Autor

Jochen Heller wurde 1977 in Münster/Westf. geboren. Nach einer Ausbildung zum Buchhändler und mehrjähriger Tätigkeit in diesem Beruf nahm er, angeregt durch seine Betriebsratserfahrung und gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung, sein Studium im rechtswissenschaftlichen Studiengang Ius an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin auf, das er 2012 mit dem ersten akademischen Grad Bachelor of Laws abschloss. Er nutzte das Studium, um sein praktisch erworbenes arbeitsrechtliches Wissen theoretisch vertiefen und rechtswissenschaftlich aufarbeiten zu können, wie für einen Teilbereich in dem vorliegenden Buch geschehen.

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