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  • Das deutsche Mediationsgesetz: Kritik an der Umsetzung der Europäischen Mediationsrichtlinie (2008/52/EG) in das deutsche Recht

Recht


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 03.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Im Juli 2012 war es endlich so weit: Deutschland bekam sein eigenes Mediationsgesetz. Der Weg dorthin war allerdings voller Diskussionen und Kontroversen und auch das Mediationsgesetz selbst wirft Fragen auf. Aus diesen Gründen beschreibt dieses Buch zunächst die Entwicklungsgeschichte der europäischen Richtlinie sowie des deutschen Mediationsgesetzes und geht dann genauer auf drei besondere Themengebiete ein: Die gerichtsinterne Mediation, die Erklärungspflicht des § 253 ZPO sowie die Kosten des Gerichtsverfahrens und der Mediation.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel B, Kritik an der Umsetzung: Die Umsetzung der Mediationsrichtlinie war allerdings mit einigen Kontroversen behaftet und auch nach Inkrafttreten des Mediationsgesetzes stoßen manche Regelungen auf Widerspruch. Besonders im Fokus stehen unter anderem die gerichtsinterne Mediation, der § 253 ZPO und die Kosten. 1, Umgang mit der gerichtsinternen Mediation: Mit der Einführung der gerichtsinternen Mediation verfolgte man das Ziel, neue Methoden der Konfliktlösung in den gerichtlichen Verfahrensablauf zu integrieren. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden in Deutschland gesetzliche Regelungen modifiziert und Modellprojekte gestartet. Der Versuch einer gütlichen Einigung als Prozessvoraussetzung oder nach Rechtshängigkeit sollte zudem die Justiz entlasten. 1.1, Ausgangssituation in Deutschland: a) Außergerichtliche Güteverfahren (§ 15 a EGZPO, die obligatorische Streitschlichtung): Am 15.12.1999 wurde mit dem ‘Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung’ der Paragraph 15a EGZPO (Gesetz betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung) eingeführt, der den Ländern die Möglichkeit bot, die Zulässigkeit der Klageerhebung von einem vorherigen außergerichtlichen Schlichtungsversuch vor einer Gütestelle abhängig zu machen. Die Landesjustizverwaltungen konnten in ihrem Schlichtungsgesetz eine solche Gütestelle bestimmen. Fehlte dieser gütliche Einigungsversuch vor einer Gütestelle, so war die Klage abzuweisen. Neben acht weiteren Ländern entschied sich auch Bayern mit der Einführung des Bayerischen Schlichtungsgesetzes (BaySchlG) vom 25.04.2000 für diese Prozessvoraussetzung. Nachbarrechtliche Streitigkeiten, Ehrverletzungen und Konflikte nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (Art. 1 BaySchlG) sollten somit mit Hilfe eines Rechtsanwaltes, eines Notars oder unter Zuhilfenahme von dauerhaft eingerichteten Schlichtungsstellen (Kammern, Innungen, Berufsverbänden) vor dem Rechtsweg zum Amtsgericht einvernehmlich beigelegt werden können. Das Bayerische Schlichtungsgesetz wurde mit Beschluss des Bayerischen Landtags vom 13.12.2011 unbefristet gültig. Ziel war es, die Gerichte zu entlasten und deren Ressourcen effektiver zu nutzen. Weiter sollten die konsensuale Streitbeilegung gefördert sowie der Rechtsfrieden gewahrt werden. Ob aber auch die angestrebte Bürgerzufriedenheit erreicht wird, wenn man aufgrund eines fehlenden Einigungsversuchs den Bürgern den Zugang zu staatlichen Gerichten verwehrt, mag bezweifelt werden. b) Gerichtliche Güteverhandlung (§ 278 ZPO, die obligatorische Güteverhandlung): Mit dem ‘Gesetz zur Reform des Zivilprozesses’ vom 27.07.2001 wurde durch die Einführung des § 278 ZPO die gerichtliche Güteverhandlung vor der mündlichen Verhandlung obligatorisch. Auf eine gütliche Streitbeilegung muss gemäß Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens durch das Gericht hingewirkt werden. Einerseits kann die Güteverhandlung eine sofortige Prozessbeendigung durch einen Vergleich ermöglichen. Anderseits kann das Gericht den Parteien aber auch eine andere Form der gütlichen Streitbeilegung vorschlagen. In Betracht kommt gemäß § 278 Abs. 5 ZPO eine Güteverhandlung vor einem beauftragten oder ersuchten (nicht für den Rechtsstreit zuständigen) Richter oder, wenn keine gerichtliche Einigung möglich scheint, auch eine Empfehlung zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung vor einer Schlichtungsstelle oder einem qualifizierten Mediator. Problematisch ist hier allerdings, dass die Güteverhandlungen meist vor dem beauftragten (zuständigen Streit-) Richter stattfinden, die Öffentlichkeit zugelassen und das Zeitbudget begrenzt ist. Dies sorgt bei den Parteien eher für Druck und zwingt sie, vor allem positionsbezogen zu argumentieren und taktisch zu agieren, um am Ende nicht als Verlierer das Gericht zu verlassen. Auch der Verweis auf eine außergerichtliche Konfliktbeilegung kann für die Parteien schwierig sein, da das Gericht die Parteien bei der Suche einer geeigneten Stelle nicht immer unterstützt. Darüber hinaus kann die Vorstellung, den bereits eingeschlagenen richterlichen Weg für einen nichtrichterlichen Weg zu verlassen, verunsichernd sein. c) Güterichtermodell (§ 278 Abs. 5 S. 1 ZPO analog): Am 01.01.2005 entschloss sich das Bayerische Staatsministerium für Justiz und Verbraucherschutz zum Start eines Modellprojekts, wodurch in acht bayerischen Landgerichten der Modellversuch ‘Güterichter’ eingeführt wurde. Eine Güteverhandlung und weitere Güteversuche sollten somit durch Gerichtsbeschluss vor einem ersuchten Richter desselben Gerichts stattfinden, der keinerlei Sachentscheidungsbefugnis besitzt, sondern das erkennende Gericht unterstützt. Rechtliche Grundlage für diese gerichtsinterne Mediation war § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO (analog). Der eigens dafür ausgebildete Güterichter soll den Parteien helfen, eine eigenständige Lösung für ihren Konflikt zu finden. Er kann weiter einen Prozessvergleich gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beurkunden, dessen Streitwert festsetzen und ein Anerkenntnis sowie ein Geständnis entgegennehmen. Der Modellversuch hatte mehrere Ziele. An erster Stelle stand die Entlastung des Prozessgerichts. Um dies zu erreichen, sollte mit dem Prinzip der differenzierten Konfliktzuweisung dafür gesorgt werden, dass für ‘jeden Konflikt das optimale Verfahren’ gefunden wird. Jeder einzelne Fall sollte individuell betrachtet werden. Voraussetzung hierfür war, dass die Richter sich darüber im Klaren waren, welche Möglichkeiten und Methoden der Konfliktbeilegung zur Verfügung stehen, um entscheiden zu können, ob das streitige Verfahren, die Güteverhandlung vor dem beauftragten Richter bzw. bei einem Güterichter (§ 278 Abs. 5 S. 1 ZPO) oder die außergerichtliche Streitbeilegung (§ 278 Abs. 5 S. 2 ZPO) der richtige Weg für die bestmögliche Lösung des Konflikts darstellt. Weiter sollte untersucht werden, ob auch eine personelle Arbeitsaufteilung bei Güteterminen (Konzentration beim Güterichter statt beim Streitrichter) für die Zielerreichung sinnvoll ist. Weitere Ziele waren die Förderung der konsensualen Streitschlichtung, deren langfristige Etablierung (flexible Streitkultur) sowie die Herstellung von Rechtsfrieden, also die bestmögliche Befriedung aller Beteiligten. Am 30.07.2007 sprach sich Justizministerin Merk für die dauerhafte Etablierung des Güterichtermodells in Bayern aus. Der ihr vorgelegte ‘Abschlussbericht zur Evaluation des Modellversuchs Güterichter’ (deutschlandweit) von Greger führte zu dem positiven Resümee, dass durch kommunikations- und konsensförderndes Verhalten komplexe und besonders belastende Streitigkeiten konstruktiv gelöst werden können. Trotz der positiven Resonanz und Weiterentwicklung der konsensualen Streitbeilegung in gerichtlichen Verfahren könnten die Justizentlastung, der Rechtsfrieden und die verbesserte Streitkultur am besten erreicht werden, wenn die Konflikte bereits im Vorfeld, also ohne gerichtlichen Prozess, gelöst werden. Die außergerichtliche Streitbeilegung müsse daher gestärkt und zu einer zweiten ‘Säule der Zivilrechtspflege’ ausgebaut werden. Auch das Bundesverfassungsgericht teilte mit seinem Beschluss vom 14.02.2007 die Auffassung, dass eine einverständliche Lösung gegenüber einer richterlichen Lösung grundsätzlich den Vorrang erhalten solle.

Über den Autor

Tina Dörk wurde 1982 in München geboren. Nach dem Abitur schloss die Autorin die Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten erfolgreich ab. Um ihr Wissen zu erweitern, entschied sich die Autorin nach mehrjähriger Berufserfahrung für ein berufsbegleitendes Studium der Rechtswissenschaften. Besonderes Augenmerk legte sie dabei auf das Gebiet der Mediation. 2013 beendete die Autorin das Studium mit Bestnoten.

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