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  • Strukturierungen zur Vermeidung von Pflichtangeboten nach § 35 WpÜG: Rechtliche Würdigung de lege lata und Lösungsmöglichkeiten de lege ferenda

Recht


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 03.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 88
Abb.: 6
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Übernahmeverfahren prominenter Gesellschaften haben zu einer sich intensivierenden Diskussion über die Fortentwicklung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) geführt . Als gesetzgeberische Reaktion sind mit dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz (AnsFuG) bereits neue Vorschriften der Beteiligungstransparenz mit Wirkung zum 1. Februar 2012 eingeführt worden . Demzufolge sind nunmehr gem. § 25 a WpHG auch solche Instrumente meldepflichtig, die nach ihrer Ausgestaltung einen Aktienerwerb lediglich ermöglichen. Das primäre Regelungsziel besteht darin, den unbemerkten Beteiligungsaufbau an börsennotierten Unternehmen über spezielle Derivatkonstruktionen zu vereiteln . Insbesondere im Zuge der Hochtief-Übernahme durch den spanischen Baukonzern ACS wird in Kreisen der Wissenschaft, Beratungspraxis und der Politik zudem über eine Änderung der übernahmerechtlichen Pflichtangebotsregelung nach § 35 WpÜG und der maßgeblichen Zurechnungsvorschrift des § 30 WpÜG debattiert . So wird vereinzelt eine Lücke in dem mit einem Pflichtangebot beabsichtigten Minderheitenschutz angenommen, soweit ein Erwerber unter Zahlung einer marginalen Prämie 30 % der Stimmrechte an einer Zielgesellschaft erwirbt und diese Beteiligung weiter ausgebaut ( low balling ) . Stimmen mehrere Aktionäre ferner ihr Verhalten untereinander ab ( acting in concert ), kann dies nach § 30 Abs. 2 WpÜG zu einer gegenseitigen Stimmrechtszurechnung führen. In der Praxis erweist sich der Nachweis eines abgestimmten Verhaltens i. S. v. § 30 Abs. 2 WpÜG regelmäßig als problematisch . Insofern fordern mehrere Stimmen auch für diese Rechtsfigur, deren Tatbestand die Rechtsprechung und Lehre seit jeher beschäftigt , Modifikationen . Einzeländerungen zum WpÜG werden jedenfalls noch im laufenden parlamentarischen Jahr erwartet . Dieses Buch befasst sich folglich mit der Untersuchungsfrage, ob vergangene Übernahmeverfahren Anlass zu gesetzgeberischen Reformen im Hinblick auf §§ 35, 30 WpÜG geben, um die betroffenen Aktionäre einer Zielgesellschaft angemessen zu schützen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel II., Internationale Bestandsaufnahme: Im vorstehend beschriebenen Gesetzesentwurf problematisiert die SPD-Fraktion, dass 'das Übernahmerecht fast aller europäischer Staaten Regelungen [enthält], mit denen die Aktionäre auch dann wirksam geschützt bleiben, wenn ein Erwerber 30 Prozent der Stimmrechte erworben hat und diese Beteiligung weiter erhöht' . Auch Teile des kapitalmarktrechtlichen Schrifttums beschäftigen sich mit einer rechtsvergleichenden Umschau und leiten hieraus Lösungsmöglichkeiten de lege ferenda ab (vgl. aber zu methodischen Vorbehalten: A.). Berger / Filgut begründen dies u. a. damit, dass die Materie des Übernahmerechts infolge vernetzter Märkte zwangsläufig international angelegt sei. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick gegeben werden, wie andere Rechtsordnungen die in diesem Rahmen problematisierten Strategien des lowballing (vgl. B. I.) und des konzertierten Aktienerwerbs (vgl. B. II.) regeln, um eine erste Orientierung für nationale Lösungsvorschläge zu erhalten. Vorab ist jedoch zu prüfen, ob die Übernahmerichtlinie diesbezüglich spezifische Vorgaben vorsieht . Im Rahmen des Rechtsvergleichs soll alsdann dem Takeover Code in Großbritannien, welcher lange Zeit vor dem WpÜG in Kraft trat und bei seinen Wertungen primär auf empirische Untersuchungen zurückgreift, ein besonderes Augenmerk gewidmet werden . Er stellt das zentrale Regelungswerk für Übernahmeangebote dar und beeinflusste sowohl die Übernahmerichtlinie als auch den nationalen Gesetzgebungsprozess, insbesondere im Hinblick auf § 30 WpÜG . Beim City Code handelt es sich allerdings nicht um ein Gesetz, sondern eher um einen Verhaltenskodex zur freiwilligen Selbstkontrolle. Gleichwohl soll er zu einem funktionierenden Takeover-Markt beigetragen haben. 1., Gemeinschaftsrechtlicher Rahmen: Im Hinblick auf potenzielle gesetzgeberische Lösungsmöglichkeiten ist zunächst entscheidend, ob eine gemeinschaftsrechtliche Bestimmung einen Mindeststandard festlegt, der eine strengere nationale Vorschrift erlaubt oder einen Höchststandard vorsieht. Die von der Übernahmerichtlinie beabsichtigten Maßnahmen sind dabei i. d. R. als Mindestmaßnahmen zu verstehen (vgl. Erwägungsgrund 25) Art. 4 Abs. 5 S. 2 lässt Abweichungen nur dann zu, soweit die in Art. 3 Abs. 1 festgelegten, allgemeinen Grundsätze eingehalten werden. Nur vereinzelt sieht die Richtlinie Maximalharmonisierungen vor. Art. 5 Abs. 1 verpflichtet dabei Mitgliedsstaaten zum Schutz der Minderheitsaktionäre, Personen zur Abgabe eines Angebots zu verpflichten, soweit diese unmittelbar oder mittelbar (ggf. durch gemeinsam handelnde Personen) einen kontrollrelevanten Anteil erworben haben. Gemeinsam handelnde Personen werden als Personen definiert, die mit dem Bieter zusammenarbeiten, um die Kontrolle zu erhalten (vgl. B. II 1. d). Nach Art. 5 Abs. 3 ist die Definition des Kontrollbegriffs den Mitgliedsstaaten überlassen. Aus diesen Vorgaben ergeben sich somit keinerlei Beschränkungen hinsichtlich einer strengeren Pflichtangebotsregelung und Zurechnungsnorm. Aus dem neunten Erwägungsgrund, der davon spricht, dass ein Bieter allen Wertpapierinhabern der Zielgesellschaft ein Angebot zu einem einheitlich definierten Preis machen solle, leitet Merkt jedenfalls gesetzgeberischen Handlungsbedarf hinsichtlich des geschilderten lowballing ab. Im Zusammenhang mit gemeinschaftsrechtlichen Erwägungen muss auch berücksichtigt werden, dass stärker regulierende Bestimmungen hinsichtlich §§ 35, 30 WpÜG grundsätzlich die unternehmerischen Aktivitäten des Bieters erschweren (vgl. C. I.). Daher könnten bei zusätzlichen Angebotsverpflichtungen ggf. die Grundfreiheiten eines Bieters, insbesondere die Kapitalverkehrsfreiheit, berührt sein. Zu der Vereinbarkeit eines stärker regulierten Übernahmerechts mit diesen Grundsätzen kann in diesem Rahmen keine Stellung bezogen werden. Stattdessen soll auf Merkt verwiesen werden, der u. a. betont, dass gegen entsprechende Regelungen in anderen Mitgliedsstaaten bislang keine konkreten Einwände erhoben wurden. 2., Low-balling aus internationaler Sicht: Eine in 2007 durchgeführte Studie der EU-Kommission zur Umsetzung der Übernahmerichtlinie hat ergeben, dass von 25 EU-Mitgliedsstaaten lediglich neun Staaten Vorkehrungen gegen das thematisierte low-balling implementiert haben . In diesem Zusammenhang ist in den Rechtsordnungen dieser Länder eine zusätzliche Angebotsverpflichtung am verbreitesten, soweit zwischen der Kontroll- und der Mehrheitsschwelle innerhalb von zwölf Monaten nach Kontrollerwerb weitere Aktien hinzuerworben werden. Einen außerordentlichen strengen Ansatz enthält Rule 9.1 des englischen City Code ('when a mandatory offer is required and who is primarily responsible for making it'), was von Falkenhausen im Hinblick auf die fehlende nationale Regelung 'nachdenklich” stimmt . Nach Rule 9.1 (b) löst selbst der Erwerb einer einzelnen Aktie ab der 30 %-Schwelle ein erneutes Pflichtangebot aus die zwölfmonatige Frist wurde 1998 abgeschafft . Daneben sehen die Rechtsordnungen Österreichs, Frankreichs, Italiens, Griechenlands sowie Irlands vergleichbare Pflichtangebotsbestimmungen vor. Der Befund im City Code könnte bei punktueller Betrachtung die geäußerte Befürchtung unterstreichen, dass das britische Übernahmerecht die Übernahme britischer Unternehmen durch deutsche Bieter erschwert, während sich das deutsche WpÜG im umgekehrten Fall vergleichsweise übernahmeoffen zeigt . Allerdings dürfen Unterschiede zwischen der britischen und der deutschen Pflichtangebotsregelung nicht unberücksichtigt bleiben. Nach Rule 9.3 (a) haben Pflichtangebote im City Code eine Annahmeschwelle von 50 %, wodurch vor allem sichergestellt werden soll, dass nach Vollzug des Angebots auch die faktische Mehrheit auf den Bieter übergegangen ist. Ferner kennt das britische Kapitalmarktrecht keine Nachbesserungsregel entsprechend § 31 Abs. 5 WpÜG. Auch reichen im Vereinigten Königreicht aufgrund des typischen starken Streubesitzes am Kapitalmarkt i. d. R. bereits ca. 10 % um eine Gesellschaft kontrollieren zu können. Insofern hat das Pflichtangebot in Großbritannien nur eine geringe praktische Bedeutung. Dies ist auch durch eine andere Übernahmekultur gekennzeichnet, in welcher feindliche Übernahmen die Ausnahme und eine vorherige Absprache mit den Mitgliederversammlungen die Regel darstellen (sog. 'white wash'). 3., Acting in Concert im City Code on Takeovers and Mergers und anderen Rechtsordnungen: Nach Code 9.1 (b) des City Code sind zur Beantwortung der Frage, ob ein Pflichtangebot abzugeben ist, auch jene Stimmrechte aus Aktien zu berücksichtigen, die von 'persons acting in concert' gehalten werden. Nach Section C1 handelt es sich um ein acting in concert bei Personen, die auf der Grundlage einer Vereinbarung oder sonstiger Abstimmung (gleich ob formalisiert oder nicht) darin aktiv zusammenwirken, im Wege des Aktienerwerbs durch einen der Beteiligten Kontrolle zu erlangen oder zu konsolidieren. Infolgedessen setzen das Pflichtangebot und der Tatbestand des acting in concert primär beim Erwerb von Anteilen an. Insgesamt wird der Begriff des acting in concert sehr weit verstanden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Beweisführung des entscheidungsbefugten Panel. Ein acting in concert soll nahe liegen, soweit ein Bieter im Rahmen eines Paketkaufs eine Beteiligung dicht unterhalb der 30 %-Grenze erwirbt. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine kritische Konzertierungsabsicht und mithin eine Obliegenheit zur Abgabe eines Angebots vorliegt, greift das Panel auf Indizien zurück ('a judgement on whether such significant degree of control exists will obviously depend on the circumstances of each individual case'). Neben dem City Code sehen – soweit ersichtlich – auch die Rechtsordnungen der Schweiz, Österreichs und Frankreichs ausführliche Vorkehrungen im Falle eines abgestimmten Verhaltens vor . Gem. Art. 32 des schweizerischen Bundesgesetzes über Börsen und den Effektenhandel (BEHG) führt ein Handeln in gemeinsamer Absprache mit Dritten zu einer Zurechnung von Stimmrechten. Die Verordnung der eidgenössischen Bankenaufsicht (EBK) legt diesbezüglich fest, dass eine gemeinsame Absprache vor allem bei der Abstimmung über die Stimmrechtsausübung vorliegt. Dagegen geht das österreichische Übernahmegesetz (ÜbG ) von einem abgestimmten Verhalten aus, wenn Personen zusammenarbeiten, um durch Koordination der Stimmrechte die Kontrolle zu erlangen. Für die Bestimmung des Vorliegens einer kontrollierenden Beteiligung sehen die Verordnungen der zuständigen Übernahmekommission widerlegliche Vermutungen vor. Auch Art. L233-10 des französischen Handelsgesetzbuches ('code de commerce') geht von einem eher weiten Begriffsverständnis einer 'l’action de concert' aus, das hiernach vorliegt, wenn eine auf den Erwerb von Stimmrechtsaktien gerichtete Vereinbarung oder eine Vereinbarung zur Umsetzung einer gemeinsamen Strategie vorliegt. Im Ergebnis wird in den Übernahmenormen anderer Mitgliedsstaaten von einem weiteren Anwendungsbereich des acting in concert im Vergleich zum nationalen WpÜG ausgegangen. Meist wird der abgestimmte Parallelerwerb berücksichtigt. Nach hier vertretener Auffassung sollten jedenfalls die allzu detaillierten Regelungen hinsichtlich des abgestimmten Parallelerwerbs und die erleichterten Anforderungen an die Beweisführung im City Code Anlass zum Nachdenken geben.

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