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Religion

Rudi Loderbauer

Gibt es ein Leben nach dem Tod? Jenseitsvorstellungen in den Religionen Neuguineas

ISBN: 978-3-8428-7349-0

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Wenn es um den Tod eines Menschen geht, liegen viele Dinge im Dunklen. Einzig gewiss ist die Tatsache, dass eines Tages auch unser eigenes Herz aufhören wird zu schlagen. Der Umgang mit diesem unausweichlichen Fakt hängt von der individuellen Lebensphilosophie und den persönlichen Erfahrungen eines jeden einzelnen mit dem Tod im Familien- und Freundeskreis ab. Vielfach bleiben Fragen offen: Warum musste sie oder er so früh sterben? Wo befindet er sich jetzt und geht es ihm, soweit er fühlen kann, auch wirklich gut? Auch die modernste Technik kann hier noch keine Antworten liefern. In traditionellen Gesellschaften ist der Tod zwar allgegenwärtig und man ist sich dessen auch sehr wohl bewusst. Jedoch wird er in der Regel nicht als Teil einer natürlichen Abfolge angesehen und nicht ohne weiteres akzeptiert. Es ist - vor allem bei jüngeren Versterbenden - meist ein Unglück, das durch übersinnliche Mächte, vor allem durch Zauberei verursacht wurde. Eine tödliche Krankheit stellt den ‘Beweis’ für das Wirken böser Einflüsse dar und selbst Unglücksfälle werden durch eine Verschwörung feindlicher Geister hervorgerufen. Der Tod ist folglich kein Zufallsprodukt. In diesem Buch werden die entsprechenden Erklärungsmodelle für das Jenseits vorgestellt und verglichen, wie sie von verschiedenen Gruppierungen in Neuguinea verwendet wurden. Diese Modelle umfassen Elemente, welche notwendig sind, um die Vorstellungen einer jenseitigen Existenz in das Weltbild sinnvoll einordnen zu können.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Definition des Jenseitsbegriffes: Lips schreibt, kein Volk sei imstande, sich ein Jenseits vorzustellen, in welchem die allgemeinen Lebensbedingungen und Segnungen nicht genau denen der entsprechenden irdischen Phänomene nachgebildet sind bzw. deren Optimierung darstellen. Dies impliziert zunächst einmal, dass überhaupt konkrete Vorstellungen einer jenseitigen Existenz vorhanden sind. Im Handbuch der Ethnologie findet sich unter dem Stichwort ‘Jenseitsvorstellungen’ zunächst der schon erwähnte physische Tod, welcher nicht das Ende, sondern vielmehr ein Eintreten in eine neue Daseinsform darstellt. Der Glaube an ein postmortales Weiterleben scheint demnach tatsächlich bei nahezu allen ethnischen Gruppierungen als mythologische ‘Grundausstattung’ vorhanden zu sein. Die Vorstellungen reichen dabei von einer natürlichen Fortsetzung des irdischen Lebens im Jenseits, über eine ‘Verbesserung’ oder ‘Verschlechterung’ im Vergleich zum diesseitigen Zustand bis hin zu einer vollständigen Auflösung der ‘Totenseele’ im Nichts. Die Idee der Fortsetzung des menschlichen Lebens ist eng verbunden mit der Vorstellung einer ausgleichenden Gerechtigkeit zwischen sittlicher oder unsittlicher Tat und zukünftigem Schicksal. Auf diese Weise wird das ‘Sterben’ als durchaus sinnträchtiger Übergang von einer Lebensform zu einer anderen begriffen. Wie stellt sich aber nun dieses in zahlreichen Erzählungen und Berichten erwähnte Jenseits bzw. Totenreich dar und wie existieren die Verstorbenen an diesem jenseitigen Ort? Es könnte zunächst einen Ort bezeichnen, welcher, wie bereits in Erfahrung gebracht, dem des diesseitigen Lebens ähnlich anmutet und in dem die Toten ihr Dasein auf vergleichbare Weise fristen, d.h. es wäre auch ein gewisser ‘Alltag’ vorhanden. Darüber hinaus sind Überlegungen über eine Örtlichkeit sinnvoll, welche sehr nah an der Gesellschaft der Lebenden lokalisiert ist und von der aus dauerhaft Interaktionen zwischen beiden Existenzphasen möglich oder sogar erwünscht sind. Um jedoch Unterscheidungsmerkmale zu den Lebenden aufzuzeigen und auch um dem Übergang in diese Phase einen gewissen Sinn zu geben, sind die schon angesprochenen besseren, d.h. idealisierten, eventuell aus christlichen Vorstellungen stammenden bzw. potentiell auch schlechteren Existenzbedingungen darzulegen. Gibt es für eine bessere jenseitige Existenz eine Art Zugangsberechtigung oder erfolgt der Übergang ohne Zutun und reibungslos? Man könnte ferner konkret fragen: Jenseits wovon befindet sich dieser Ort? Jenseits eines Flusses oder eines Berges in der Ferne, auf einer Insel jenseits des eigenen Territoriums oder sogar jenseits jeglicher herkömmlicher Vorstellung eines Raumes? Hierbei müssen lokale topographische Gegebenheiten miteinbezogen werden. Das Jenseits könnte durchaus aber auch eine Art Paralleluniversum darstellen. Lebende und Tote existieren im gleichen Raum, nutzen sogar die gleiche Luft? Ganz besonderes Gewicht soll auch auf die Frage gelegt werden, inwieweit das Jenseits temporär umgrenzt sein könnte. Hier liegt eine Analogie zum Leben nahe, das trotz aller Bemühungen in den verschiedensten Bereichen für alle endlich ist. Sind im jenseitigen Raum Parallelen zu finden und wenn ja, worauf sind diese begründet? Auch ist die Frage berechtigt, ob es zu Lebzeiten Möglichkeiten gibt, etwas über das Jenseits herauszufinden. Träume werden vielfach als ein kurzzeitiges ‘Entkommen’ der besonderen Energie aus dem menschlichen Körper gedeutet. Aber begibt sich die ‘Seele’ in dem Zeitraum während des Schlafes an einen jenseitigen Ort? Zumindest die Erzählungen derjenigen, welche ein solches traumhaftes Erlebnis hatten, könnten als etwas Licht im Dunkel angesehen werden. Die Auflistung der offenen Fragestellungen ist lang, wodurch sich ein Ansatz für eine allgemeingültige Definition ungemein diffizil darstellt. Auf jeden Fall muss zunächst das Jenseits vom Diesseits getrennt werden. Jedoch scheint es nach bestimmten Vorstellungen die eingeschränkte Möglichkeit einer Interaktion zwischen Lebenden und Verstorbenen zu geben. Inwieweit findet diese statt bzw. muss sie sogar stattfinden? Verknüpft mit dieser Frage ist auch die Suche nach einer exakten Grenze zwischen Diesseits und Jenseits. Ab welchem Zeitpunkt kann wirklich von einem Dasein im jenseitigen Ort oder Raum gesprochen werden? Für einen grundlegenden Definitionsansatz kann festgehalten werden: Jenseits bezeichnet einen im Vergleich zum Leben in der irdischen Gesellschaft ‘anderen Bereich’ oder ‘Raum’, eine übernatürliche Sphäre. Die örtliche Lage scheint umfangreichen Variationen unterworfen zu sein. Alleine die Tatsache, dass in den verschiedensten Kulturen weltweit zahlreiche Bestattungsbräuche und -riten überliefert bzw. noch vorhanden sind, zeigt ferner, dass das Leben im Diesseits weithin nur als Teil eines ‘größeren Ganzen’ angesehen wird. Im ‘anderen Bereich’ lebt ein Teil der menschlichen Existenz auf ‘andere Weise’ fort, d.h. in einer nicht rein körperlichen Form, da das Vergehen des Leichnams empirisch erfassbar ist. Somit muss bei der jenseitigen Existenz von einer Energieform im Sinne des in der Einleitung gewählten Begriffes ausgegangen werden. Mit diesen Grundmerkmalen sollen nun nachfolgend die Jenseitsvorstellungen verschiedener Bevölkerungsgruppen und deren jeweilige Religion in Neuguinea eingehender analysiert werden. 3, Die untersuchten Bevölkerungsgruppen: Die Erforschung der Religionen Neuguineas beginnt etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ab dem Jahr 1884, mit der kolonialen Besitznahme, wurden Schritt für Schritt neben Handels- vor allem Missionsstationen aufgebaut. Das zentrale Hochland im Landesinneren wurde erst im Laufe der folgenden Jahrzehnte ‘erschlossen’. Viele der Missionare wie Lehner oder Strauss waren gleichzeitig in ethnographischer Mission vor Ort. Infolgedessen müssen deren Aufzeichnungen, wie eingangs angesprochen, vor dem Hintergrund des christlichen Kontexts betrachtet werden. Vielfach stellen diese Darstellungen jedoch die wichtigsten Einblicke in die Religion und in ein noch halbwegs ursprüngliches Denk, Mythen bzw. Sozial-System dar, welches die Grundlage des jeweiligen Weltbildes der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in Neuguinea darstellt. Die Landmasse Neuguineas erstreckt sich auf insgesamt 786000 Quadratkilometern. Heider beschreibt, dass das Land nicht groß genug sei, um als Kontinent zu gelten. Jedoch ist Neuguinea nach Grönland die zweitgrößte Insel der Welt. Darüber hinaus kann das Land selbst grob in zwei Bereiche eingeteilt werden: einerseits die flachen Küstengebiete mit ihren sumpfigen, dschungelartigen Flächen und sich durchwindenden Flüssen sowie andererseits das Zentrum Neuguineas, das gebirgige Hochland. Es enthält die bezogen auf den Gebirgssockel höchsten Felsformationen gleich nach dem Himalaya und noch vor den Anden. Ethnologen sprechen in der Regel von zwei Kulturkreisen: den Küsten-Melanesiern und den Hochland-Papua. Die Melanesier gehören zur austronesischen Sprachfamilie, welche verwandt ist mit den Sprachen Polynesiens, Mikronesiens und Indonesiens. Die Papua sprechen als Nachfahren von früheren Einwohnern Neuguineas Sprachen bzw. Dialekte, welche keine Ähnlichkeiten mit austronesischen Varianten aufweisen. Generell sind die Gruppen an der Küste zahlenmäßig denen in den Highlands unterlegen, oftmals sind es nur einige hundert bis ein paar tausend Mitglieder im Vergleich zu zehntausenden in den Highlands. Zur geographischen Einordnung kann das Kartenmaterial (speziell 6.4. bis 6.5.) im Anhang herangezogen werden. 3.1, Mbowamb: Diese erste zu untersuchende Bevölkerungsgruppe lebt im östlichen Zentralneuguinea. Ihr Siedlungsgebiet zwischen 1000 und 3000 Höhenmetern wird grob umgrenzt durch das Hagengebirge mit dem Mount Hagen im Westen sowie in Richtung Norden durch den unteren Jimi-Fluss. Im Süden sind die Gruppen bis in die Southern Highlands hinein zu finden, begrenzt durch den Mount Giluwe, den Mount Ialibu und den unteren Kaugel-Fluss. In einer amtlichen Volkszählung, vermutlich aus den 40er Jahren, wird die Bevölkerungszahl aller zu den Mbowamb zählenden Gruppen auf etwa 100000 geschätzt. Aufgrund der räumlichen, zum Teil topographisch bedingten Trennung der verschiedenen Siedlungen haben sich mehrere Dialekte entwickelt. Strauss erwähnt hauptsächlich den Medlpa-, Temboka-, (Meam-) Kawudl sowie den Aua-Dialekt. Das Wort Mbowamb umfasst zwei Bestandteile: wamb steht für Mann bzw. Frau, mbo für den Pflänzling oder Setzling. Von herausragender soziologischer Bedeutung ist nach Strauss die Zugehörigkeit zur Gruppe, nicht das Individuum als solches. Der Stammvater einer Gruppe wird als wamb-mbo, wörtlich Menschen-Setzling, bezeichnet. Die ihm nachfolgenden Menschen wurden demnach einst vom Stammvater ‘gepflanzt’. Alle Gruppen bezeichnen sich als Mbowamb, bilden dadurch jedoch keine homogene Einheit. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren die westlichen Einflüsse im Gebiet der Highlands noch vergleichsweise gering. Somit können beschriebene religiöse Vorstellungen noch als größtenteils ursprünglich angesehen werden. Strauss, der wie Vicedom in den 30er Jahren des 20.Jahrhunderts als Missionar in die Siedlungsgebiete kam, legt das Hauptgewicht seiner Arbeit auf die Religion. Das verwendbare Material stellt trotz christlicher Prägung aufgrund der zeitlichen Nähe zum ursprünglichen Glauben eine große Bereicherung dar.

Über den Autor

Rudi Loderbauer, geboren 1977 in Landshut, hat an der Ludwig Maximilians-Universität München Ethnologie sowie Alte und Bayerische Geschichte studiert und dieses Studium nach einer Spezialisierung auf Religionsethnologie im Jahre 2008 mit dem akademischen Grad des Magister Artium erfolgreich abgeschlossen. Der Autor ist zudem ausgebildeter Hörfunk-Journalist und TV-Redakteur.

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