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Religion


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 10.2011
AuflagenNr.: 1
Seiten: 62
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die in diesem Band zusammengestellten Forschungsbeiträge behandeln allesamt die Mystagogie Jesu als das Herzstück der christlichen Lehre von der Vergöttlichung des Menschen durch die im Glauben selbst anwesende Gottheit Jesu Christi. Die patristische Theosis-Lehre ist gemäß ihrer eigenen Intention jedoch nicht im Sinne einer sakramentalen Heilsvermittlung durch eine kirchliche Hierarchie misszuverstehen, sondern als unmittelbare mystagogische Einwohnung Christi im Geiste selbst, der durch den Glauben erleuchtet und in seinem Wesen grundlegend verwandelt ist. Die Theosis ist also nicht als Meta-Theologie einer prästabilierten Amtskirche zu begreifen, die göttliche Teilhabe an Andere vermitteln zu können für sich beansprucht, sondern einzig und allein als Mystagogie der durch die Einwohnung Jesu bereits Vollkommenen, welche die sakramentale Kulthandlung aus der symbolbildenden Tätigkeit des Gott in sich fassenden Nous selbst hervorgehen lässt. Diese hierurgische oder symbolbildende Tätigkeit, durch die der gottförmige Nous - welcher der eingegossene Glaube selbst ist - seine Wirklichkeit mit dem äußerlichen Ding des Kultes verbindet, um es zur sakramentalen Kulthandlung zu erheben und mit der inneren göttlichen Mystagogie im Geiste selbst zu vereinigen, begründet die Konsekration nicht in einem kirchlichen Kultmythos, sondern allein in der göttlichen Erfahrungswirklichkeit christlicher Theosophie (Dionysius Areopagita, De mystica theologia) im Nous selbst. Der anstehende Wandel von einer kirchlichem Konfessionalismus dienenden und deshalb unglaubwürdig gewordenen Theologie hin zu einer christlichen Theosophie, welche die vergöttlichende Wesenspräsenz Gottes im inneren Menschen durch den Glauben als den eigentlichen Ursprung von Kirche begreift, bildet die Substanz einer Ökumene der Zukunft. Dieser Umbruch führt das Evangelium und mit ihm die gesamte exegetische Tradition der Patristik durch die Anamnese unseres eigenen theosophischen Bewusstseins zurück auf die grundlegende Erkenntnis der Mystagogie Jesu im Nous des vergöttlichten Menschen. Diese theosophische Wende der Theologie selbst weist somit den Weg zu einem erneuerten mystagogischen Verständnis des Christentums, welches nicht auf dem Mythos einer autonomen Sakramentalität basiert, sondern auf der Wirklichkeit der Gegenwart Jesu im Wesen des Nous selbst, welche das Symbol als mentales Zeichen erst hervorbringt, um es mit dem Licht der eigenen Göttlichkeit konsekrativ zu erfüllen. Das Buch befasst sich mit der Idee göttlicher Mystagogie in Augustins 77. Traktat zum Johannnes-Evangelium, in den Scholien des Maximus Confessor zum 9. Dionysius-Brief (Brief an Titus), in dem Kommentar des Neuplatonikers Proklos zu den Chaldäischen Orakeln und im 285. Brief des christlichen Theosophen Franz von Baader. Eine in Thesen verfasste mystagogische Abhandlung Über das Abendmahl rundet das inhaltliche Spektrum ab.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel III, Philosophie als Theurgie: Zum Konzept göttlicher Mystagogie im Kommentar des Proklos zu den Chaldaischen Orakeln : Die fünf Kapitel umfassende Exzerptsammlung aus dem ansonsten verloren gegangenen Kommentar des Proklos zu den Chaldäischen Orakeln behauptet trotz ihres fragmentarischen Charakters einen besonderen Platz im umfangreichen Gesamtwerk des Neuplatonikers. Man kann die Exzerpte aufgrund ihrer inhaltlichen Kohärenz und Dichte als Kryptogramm der Mystagogie-Idee des Proklos betrachten. Die theurgische Verdichtung des philosophischen Erbes des großen Platon, wie sie anhand der neuplatonischen Rezeption der Chaldäischen Orakel erfolgte, gilt es zu schauen als die Retransformation der prophetalen Geistlehre Platons in deren mystagogische Grundintention. Diese Hieroplastie - um hier in geeigneter Weise einen Terminus der areopagitischen Mystagogie zu gebrauchen - , welche sich hier als die mystagogische Umformung der prophetischen Überlieferung Platons durch die Meister neuplatonischer Mystik zu erkennen gibt, stellt eine epochale Geistesleistung dar, die ihre Kraft nicht dem Willen von Menschen, sondern dem der Fulle der Zeit zugrunde liegenden gottlichen Ratschluss verdankt. Der Same des prophetalen Wortes Platons, der, wie Justin der Märtyrer andeutet, um einen ähnlichen Asebie-Prozess wie den des Sokrates zu vermeiden, sich in geheimen Rätselbildern mythologischer Rede ausspricht, er geht erst auf durch jene mystagogische Verwandlung, welche die neuplatonischen Nachfolger an der Weisheitslehre Platons selbst vollziehen, so dass die apokryphe Wesensgestalt der göttlichen Philosophie in die Eigentlichkeit ihres mystagogischen Grundes im Nous selbst zurückgeführt wird (Wesens-Reduktion). So ereignet sich aus eben dieser Wesens-Reduktion der dialogischen Prophetie Platons die Öffnung und Offenbarung jenes mystagogischen Geist-Kultes, durch welchen der Mensch in seinem Innern vergöttlicht wird und sich als kenomatisches Subjekt der ihm wesenhaft innewohnenden und sich in sein Wesen vertiefenden Gottheit selbst schaut. Von eben solchem Zugang zu höchster mystagogischer Erfahrung göttlicher Wesenspräsenz oder Wesens-Innewohnung kündet das Exzerpt aus dem Kommentar über die Chaldäischen Orakel , welches mit Sicherheit eine Abbreviatur der Mystagogie des Proklos ist. Dies lässt sich aus der Struktur des überlieferten Exzerpts selbst ablesen. Die innere Verwandtschaft zwischen dem 9. Brief des Areopagiten und dem Proklos-Exzerpt hat den Scholiasten dazu inspiriert, die sophianische Mystagogie und Symboltheorie des 9. Briefes in der »prisca theologia« der neuplatonischen Nous-Anagogik des Proklos-Exzerpts zu repristinieren, damit sie sich dort im pronoetischen Seelengrund der »Zeitenfülle« selbst wiedererkennt. Dieser latente Aspekt der Dionysius-Rezeption ist deshalb von anamnetischer Dimension, weil die darin gepflegte theologische Auseinandersetzung mit dem Corpus Areopagiticum und dessen mystagogischer Noetik und Symboltheorie jene umgekehrte Perspektive der Repristination aufleuchten lässt, durch welche erst sich die »Fülle der Zeit« aus dem Gnadenmysterium Jesu in der Theosophie des prophetischen Wortes offenbaren kann.

Über den Autor

Jörg Weber wurde 1956 in Erding geboren. Studium der Philosophie, Religionswissenschaft und Geschichte an der FU Berlin. 1983 Magister Artium in Philosophie. 1986 Promotion in Religionswissenschaft. Mehrjährige Lehrtätigkeit. 1996 Studium der Orthodoxen Theologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2001 Diplom in Orthodoxer Theologie. Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der patristischen Mystagogik und Theosislehre. Habil-Forschung über die Idee göttlicher Mystagogie und die mystagogische Deutung des Symbolbegriffs im Corpus Areopagiticum. Publikationen (Auswahl): Jörg Weber (Hrsg.), Orthodoxe Theologie im Dialog. Festschrift für Erzpriester Prof. Vladimir Ivanov zum 60. Geburtstag, Münster 2005 Theologische Centurien über die göttliche Personwerdung, in: Jörg Weber (Hrsg.), Orthodoxe Theologie im Dialog, Münster 2005 Outlines of an Orthodox Theology to come, in: Orthodox Tradition and the 21st Century. Experiences of the Past, Realities of Today, Challenges of Tomorrow [Joensuun Yliopiston Teologisia Julkaisuja/University of Joensuu Publications in Theology,Vol. 40], edited by Grant S. White and Teuvo Laitila in collaboration with Antti Suvanto, Joensuu 2007, p. 30-37 Ekklesia - Die mystagogische Begründung der Kirche im Epheserbrief und die moderne ekklesiologische Krise des Christentums, München 2008 Rationabilis oblatio - Thesen zur Mystagogie des eucharistischen Kultes, München 2008.

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