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  • Bewertung von Betriebsvermögen im Erbschaftssteuerrecht: Ein praxisorientierter Leitfaden

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Produktart: Buch
Verlag: Igel Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 84
Abb.: 28
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Mit Beschluss vom 7.11.2006 hat das BVerfG das ErbStG für verfassungswidrig erklärt, da für verschiedene Vermögensarten kein gemeinsamer Bewertungsmaßstab angewendet wird und somit ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG vorliegt. Daraufhin hat der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Neuregelung ausgearbeitet, wonach alle Vermögensarten, im Sinne einer horizontalen Erbschaftsteuergerechtigkeit, mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind. Auf einer zweiten Ebene sollen zielgenaue Förderungs- und Lenkungsziele eine vertikale Erbschaftsteuergerechtigkeit innerhalb der jeweiligen Vermögensart gewährleisten. Das am 01.01.2009 in Kraft getretene Erbschaftsteuerreformgesetz sowie die Mitte 2009 veröffentlichten Ländererlasse wurden von vielen Fachleuten stark kritisiert, da sie unklar ausgestaltet sind und somit viel Streitpotenzial zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung determiniert ist. Hinsichtlich dieser Problematik befasst sich das erste und zweite Kapitel des vorliegenden Fachbuchs mit einer ganzheitlichen Untersuchung der, im Erbschaftsteuerecht zur Verfügung stehenden, Bewertungsverfahren für Betriebsvermögen. Im Mittelpunkt dieses Abschnitts steht eine Vergleichsrechnung zwischen dem vereinfachten Ertragswertverfahren und dem Ertragswertverfahren nach IDW S 1. Das dritte und vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Begünstigungsebene und zeigt wesentliche Gestaltungsmöglichkeiten auf, mit denen der Steuerpflichtige in die Lage versetzt werden soll, die einschlägigen Verschonungsvoraussetzungen zu erfüllen und um eine steueroptimale Ausnutzung der gesetzlichen Vorschriften zu ermöglichen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3, Bewertungsmethoden im Erbschaftsteuerrecht: Die klassische Unternehmenstheorie unterscheidet, hinsichtlich des Vorgehens bei der Bewertung, zwischen - Einzelbewertungsverfahren und - Gesamtbewertungsverfahren, sowie daraus abgeleitete - kombinierte Bewertungsverfahren. Zu den Einzelbewertungsverfahren gehört der Liquidationswert bei Zerschlagung und der Substanzwert bei Fortführung des Unternehmens. Die Einzelbewertungsverfahren orientieren sich an dem Schema der Bilanz und zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Aktiva und Passiva einzeln bewerten. Zu den Gesamtbewertungsverfahren gehören die Discounted Cash Flow-Verfahren, die Ertragswertverfahren, wie IDW S 1 und AWH-Standard, als auch das Multiplikatorverfahren. Die Gesamtbewertungsverfahren lassen sich weiterhin in gesamtbewertungsorientierte Vergleichsverfahren und finanzwirtschaftliche Verfahren unterteilen. Letztere greifen auf die Erkenntnisse der Finanzierungs- oder Investitionstheorie zurück und lassen sich deshalb in investitionstheoretische und finanzierungstheoretische Bewertungsverfahren untergliedern. Die Finanzierungstheorie sieht den Unternehmenswert, in Anlehnung an das Shareholder Value-Konzept, als einen objektiven Marktwert, der im Sinne der Unternehmenseigner maximiert werden soll. Zu den finanzierungstheoretischen Verfahren zählen die DCF-Verfahren nach dem WACC-, APV- und Equity-Ansatz. Die marktorientierte Sicht der Finanzierungstheorie berücksichtigt allerdings nicht den Unterschied zwischen Wert und Preis eines Unternehmens. Denn der Wert eines Unternehmens ist für jeden Käufer individuell und drückt sich durch den Nutzen aus, den der Erwerber sich mit dem Bewertungsobjekt im Hinblick auf andere Vergleichsobjekte verspricht. Demnach kann es keinen ‘Wert an sich’ sondern nur einen ‘Wert für jemanden’ geben. Folglich gibt es keinen ‘wahren’ objektiven Unternehmenswert für jedermann. Die Investitionstheorie dient hingegen der Entscheidungsfindung in einem unvollkommenen, also realen, Markt und zielt darauf ab, Zahlungsströme unter wirtschaftlichen Aspekten vergleichen zu können. Die Investitionstheorie basiert auf dem zentralen Schema des Kapitalwertes und bezieht, im Gegensatz zur Finanzierungstheorie, die individuellen Aspekte des Erwerbers in das Bewertungskalkül ein. Zu den investitionstheoretischen Verfahren gehören die Zukunftserfolgswert- bzw. Ertragswertverfahren. Die Ertragswertberechnung nach IDW S 1 stellt eine spezielle Variante dar, da sie auf dem Konzept des objektivierten Unternehmenswertes beruht. Dabei werden beispielsweise echte Synergieeffekte vernachlässigt und die persönliche Einkommensteuer erfasst. Das Multiplikatorverfahren zählt zu den gesamtbewertungsorientierten Vergleichsverfahren und versucht, den Unternehmenswert über branchenbezogene Umsatz-, Gewinn- oder Cash Flow- Multiplikatoren vergleichbarer Unternehmungen abzuleiten. Bei den kombinierten Bewertungsverfahren werden Elemente der Einzelbewertung mit denen der Gesamtbewertung verbunden. Zu dieser Gruppe gehörte z.B. das Stuttgarter Verfahren, dass die Finanzverwaltung als Schätzverfahren entwickelt hatte. 3., Wertableitung aus Verkäufen: Alle Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Bewertungsstichtag an einer deutschen Börse zum Handel oder im regulierten Markt zugelassen sind, werden mit dem niedrigsten am Stichtag notierten Kurs bewertet. Sollte am Bewertungsstichtag kein Börsenkurs vorliegen, so ist der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag börsennotierte Kurs maßgeblich. In Ausnahmefällen kann es dazu kommen, dass insbesondere bei Familien- Aktiengesellschaften die stimmrechtslosen Vorzugsaktien börsennotiert sind und die stimmberechtigten Stammaktien an der Börse nicht eingeführt werden, sondern dem Besitz der Familie vorbehalten bleiben. In einem BFH- Urteil vom 9.3.1994 wurde entschieden, dass in einem solchen Szenario der gemeine Wert der nicht an der Börse notierten Stammaktien grundsätzlich vom Börsenkurs der Vorzugsaktien abzuleiten ist und unterschiedlichen Ausstattungsmerkmale zwischen den Stamm- und Vorzugsaktien mit werterhöhenden Zuschlägen oder wertmindernden Abschlägen entgegenzuwirken sind. Die Finanzverwaltung ist der Auffassung des BFH nachgekommen und sieht demnach in Abschnitt 2 Abs. 4 S. 1 BewErl vor, dass sowohl bei nicht börsennotierten Vorzugsaktien als auch bei jungen Aktien der gemeine Wert aus den Stammaktien ableitbar ist. Analog dazu ist gem. Abschnitt 2 Abs. 4 S. 3 BewErl ebenfalls der gemeine Wert nicht notierter Stammaktien aus dem Kurswert der jungen Aktien bzw. Vorzugsaktien abzuleiten. Weiterhin ist, wie im BFH-Urteil ausgeführt, der unterschiedlichen Ausstattung durch Zu- und Abschläge Rechnung zu tragen. Wenn keine Börsennotierung vorliegt, ist der gemeine Wert rechtsformunabhängig i.S.d. § 11 Abs. 2 S.1 und 2 i.V.m. § 95 ff. BewG aus Verkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, abzuleiten. Der Bewertungserlass klärt jedoch nicht, wann die Voraussetzung eines fremden Dritten erfüllt ist. Keine fremde Dritte sind unzweifelhaft Kinder und Eltern. Aber inwieweit entfernte Familienangehörige, wie Neffen und Nichten, die Erfordernis des fremden Dritten erfüllen, wird vom Gesetzgeber nicht geregelt. Es ist davon auszugehen, dass in solchen Fällen differenziert vorzugehen ist. So wird beispielsweise ein kinderloser Erblasser, der Anteile an seinen Neffen und potenziellen Nachfolger verkauft, die Voraussetzung des fremden Dritten nicht erfüllen, wenn der Verkaufspreis vom Marktwert wesentlich abweicht. Sollte hingegen die Beziehung und der Verkauf zwischen dem Erblasser und dem Neffen rein geschäftlich geprägt sein und demnach keine Differenz zwischen Kaufpreis und Marktwert vorliegen, so würde schon ein Verkauf unter fremden Dritten vorliegen. Eine ähnliche Frage ergibt sich, wenn Gesellschafter untereinander Anteile verkaufen. So könnte die alleinige Verbindung durch den Gesellschaftervertrag dazu führen, dass die Voraussetzungen des fremden Dritten nicht erfüllt sind und ein Verkauf nicht als Bewertungsmaßstab herangezogen werden kann. Es wäre jedoch zu stringent ausgelegt, wenn eine gesellschaftsrechtliche Verbindung kategorisch die Erfordernis des fremden Dritten bei Verkäufen i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 1 und 2 nicht erfüllt. Denn wenn der Verkaufspreis von Anteilen unter Gesellschaftern dem Marktwert entspricht und beispielweise einer gutachterlichen Überprüfung mit einem Ertragswertverfahren standhält, sollte auch ein solcher Verkauf für die Ableitung des gemeinen Wertes verwendet werden können. Diese Auffassung dürfte der Gesetzgeber ebenfalls vertreten, da er in Abschnitt 3 Abs. 1 S. 4 BewErl dem Steuerpflichtigen gestattet, die Ausgabe neuer Geschäftsanteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung an neue Gesellschafter zur Wertableitung aus Verkäufen i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 2 BewG heranzuziehen. Weiterhin ermöglicht die Finanzverwaltung dem Gesetzesanwender in Abschnitt 3 Abs. 1 S. 3 BewErl, dass auch ein einziger Verkauf eines Anteils dem Gesetzeswortlaut ‘Verkäufe’ in § 11 Abs. 2 S. 2 BewG gleichgestellt ist. Dies ist jedoch nicht möglich, wenn dieser einzige Verkauf nur ein Zwerganteil ist oder der zu bewertende Anteil auch nur ein Zwerganteil ist. Diese Anschauung der Finanzverwaltung ist grundsätzlich richtig, da beispielsweise aus dem Wert eines Zwerganteils nicht der Wert eines Großanteils ableitbar ist. Insbesondere kann kein kleinerer oder größerer Anteil aus dem Verkauf einer ‘ goldenen Aktie’ oder eines Großanteils abgeleitet werden, wenn dieser zu einer Stimmrechtsmehrheit führt. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber in § 11 Abs. 3 BewG normiert, dass Paketzuschläge vorzunehmen sind, wenn eine bestimmte Anzahl von Anteilen mehr wert sind als einzelne Anteile und beispielsweise zur Beherrschung der Gesellschaft führen. Diese Norm ist gem. Abschnitt 7 Abs. 2 S. 1 BewErl bei Kurswerten und Ableitungen aus Verkäufen einschlägig. So kann es dazu führen, dass ein 49% Anteil für 49 GE verkauft wird und der innerhalb eines Jahres vererbte 51% Anteil mit Paketzuschlag z.B. 60 GE anstatt 51 GE wert ist. Im umgekehrten Fall ist analog dazu gem. Abschnitt 3 Abs. 1 S. 7 BewErl der Paketzuschlag herauszurechnen. Weiterhin ordnet der Gesetzgeber in Abschnitt 7 Abs. 3 BewErl an, dass ein Paketzuschlag zwingend vorzunehmen ist, wenn der Gesellschafter mehr als 25% der Anteile an einen oder mehrere Erwerber überträgt, dabei kann der Zuschlag gem. Abschnitt 7 Abs. 9 S.1 BewErl ebenfalls bis zu 25% betragen und im Einzelfall i.S.d. Abschnitt 7 Abs. 9 S. 2 BewErl auch höher ausfallen. Dem Steuerpflichtigen steht es natürlich frei, diese strikten Grenzen, ungeachtet eines zu bewertenden Anteils über 25%, als ungerechtfertigt zu widerlegen. So wäre beispielsweise ein Paket von 26% der Anteile nicht zuschlagsfähig, wenn die anderen Anteile sich bei einem einzigen Mehrheitsgesellschafter befinden. Der § 11 Abs. 3 BewG sieht vor, dass ein möglicher Paketzuschlag für alle Bewertungsverfahren i.S.d. § 11 Abs. 1 und 2 BewG anzuwenden ist. Diese allgemeine Aussage wird jedoch im Abschnitt 7 Abs. 2 S. 2 BewErl insofern relativiert, dass bei einem Ertragswertverfahren, bei anderen anerkannten, für nicht steuerliche Zwecke übliche Methoden, sowie bei dem vereinfachten Ertragswertverfahren ein Paketzuschlag nur vorzunehmen ist, wenn bei der Wertermittlung die Zuschläge für ein Paket noch nicht berücksichtigt wurden. Da bei den Verfahren allerdings eine Gesamtbewertung des Unternehmens durchgeführt wird, ist davon auszugehen, dass ein Paketzuschlag noch nicht in die Wertermittlung eingegangen ist und somit gesondert ein Zuschlag erfolgen muss. Weiterhin schreibt die Finanzverwaltung im Abschnitt 7 Abs. 2 S. 3 BewErl vor, dass bei dem vereinfachten Ertragswertverfahren in der Regel kein Paketzuschlag anzuwenden ist. Da aber das vereinfachte Ertragswertverfahren, ungeachtet seiner schematischen und starren Vorgehensweise, dennoch ein Spezialfall der vollen Ertragswertverfahren darstellt, hätte man bezüglich des Paketzuschlages eine Gleichbehandlung vertreten können. Des Weiteren ist zu hinterfragen, ob bei der Ermittlung des gemeinen Wertes eine Abweichung vom Verkaufspreis möglich ist, sofern sich der Anteilswert in der Zeit zwischen Verkauf und Stichtag geändert hat. Bei genauer Gesetzesauslegung des Wortlauts ‘ableiten’ i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 2 müsste eine solche Abweichung möglich sein, da der Kaufpreis als Bewertungsmaßstab lediglich abgeleitet und nicht einfach übernommen wird. Die Beweispflicht liegt bei einer Abwertung beim Steuerpflichtigen und bei einer Aufwertung bei dem Finanzamt.

Über den Autor

Andreas Meinecke, M.Sc. wurde 1982 in Köln geboren. Sein Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt der Steuerwissenschaften an der Hochschule Fresenius in Köln schloss der Autor im Jahre 2010 mit dem akademischen Grad des Bachelor of Arts erfolgreich ab. Bereits während des Bachelorstudiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der Finanzdienstleistungs-Branche. Nach seinem anschließenden Masterstudium an der Universität Siegen, das er 2012 erfolgreich mit dem akademischen Grad des Master of Science beendete, arbeitet der Autor im Risikomanagement eines Finanzdienstleistungsunternehmens.

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