Suche

» erweiterte Suche » Sitemap

Sozialwissenschaften


» Bild vergrößern
» weitere Bücher zum Thema


» Buch empfehlen
» Buch bewerten
Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 04.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die vorliegende Studie widmet sich aus bildungswissenschaftlicher Perspektive der Nutzung von Filmen und Videos zu Lernzwecken. Im Wesentlichen wird es um die Frage gehen, ob bzw. auf welche Weise Filme und Videos in einer zunehmend digital vernetzten Gesellschaft für private wie auch berufliche Lernprozesse genutzt werden, und welche Erkenntnisse sich hieraus für die zukünftige Gestaltung insbesondere beruflicher Lernprozesse mit Filmen und Videos ableiten lassen. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen die individuellen Lerner, die Anwender von Lernfilmen/-videos, mit ihren persönlichen, alltäglichen Erfahrungen und Handlungspraktiken: Auf Basis von drei narrativen Interviews werden aktuelle Handlungspraktiken und Zukunftseinschätzungen herausgearbeitet und anschließend zu konkreten Praxisempfehlungen verdichtet.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.2, Lerntheoretische Ansätze: 4.2.1, Lernparadigmata im Wandel der Zeit: Da in ein spezifisches Forschungs-Setting aus Sicht des Autors explizit oder implizit immer auch theoretische Annahmen dazu einfließen, wie Menschen grundsätzlich lernen, ist es nahe liegend, sich hier zuallererst über die eigene Perspektive auf Lernen klar zu werden, die dann auch maßgeblich für die vorliegende Forschungsarbeit ist. Hier folgt der Autor auch den kritischen Hinweisen von Batinic und Appel (2008, S. 485), die fordern, dass das didaktische Handeln bei der Nutzung medialer Lehr-/Lernszenarien auf Basis einer adäquaten Lerntheorie bildungswissenschaftlich verortet sein sollte und gleichzeitig konstatieren, dass der Beitrag lerntheoretischer Modellierung von mediendidaktischen Szenarien im wissenschaftlichen Diskurs sowie im Kontext der Implementation neuer Technologien in Bildungsorganisationen insgesamt noch zu kurz kommt. Einen guten Überblick über die Entwicklung von lernparadigmatischen Überlegungen geben de Witt und Czerwionka (2007, S. 53-74): Der Behaviorismus, der besonders in den 1960er Jahren eine hohe Relevanz in der wissenschaftlichen Diskussion hatte, zeichnete sich durch eine Fokussierung auf das beobachtbare Verhalten von Lernern aus: Lernen ist gleichbedeutend mit der Änderung des Verhaltens eines Individuums durch äußere Reize, psychische/kognitive Aspekte wurden hier bewusst ausgeklammert - man ging davon aus, dass man Lernen von außen ‘produzieren’ kann, ohne sich um interne Vorgänge beim einzelnen Lerner zu kümmern, der in diesem Paradigma in einer passiven Rolle verbleibt. Widersprüchliche Forschungsergebnisse führten beim Behaviorismus jedoch bald zur Erkenntnis, dass er sich nicht als grundlegende Lerntheorie eignet, weswegen die sog. kognitive Wende den Wechsel zum Kognitivismus einleitete, bei dem interne Vorgänge des Lerners (mentale Modelle, Wissensstrukturen) und die Wechselwirkung von internen und externen Bedingungen im Vordergrund stehen. Während die Lehrenden eine für den Prozess des Wissenserwerbs und der Informationsverarbeitung aus ihrer Sicht optimale Lernumgebung entwickeln, verbleibt der einzelne Lerner aber auch in diesem Lernparadigma in einer passiven Rolle. Trotz der Berücksichtigung mentaler Vorgänge beim Lerner brach auch dieser Ansatz nicht mit der Vorstellung, Lernen sei extern steuerbar. Erst der in den 1990er Jahren aufkommende Konstruktivismus führte hier zu einer grundlegend anderen Perspektive auf Lernprozesse. Während Vertreter des sog. Radikalen Konstruktivismus zunächst die Position vertraten, dass nichts objektiv existiert und alles Lernen ein Ergebnis subjektiver Konstruktion und Interpretation des Individuums ist (was letzlich zu einem kompletten Bedeutungsverlust der Lehre geführt hätte), relativierten Vertreter des sog. gemäßigten Konstruktivismus diese Sichtweise, indem sie die aktive Rolle des einzelnen Lerners im Lernprozess mit dem Instrument der Instruktion aus kognitivistisch orientierten Ansätzen kombinierten. Basierend auf der Wissenschaftstheorie des Pragmatismus, die der amerikanische Philosoph und Pädagoge John Dewey in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte, schlagen de Witt und Czerwionka vor, nicht weiter nach dem einen, allen anderen Ansätzen überlegenen Lernparadigma zu suchen, sondern die drei oben skizzierten Lerntheorien eher als Werkzeugkoffer zu betrachten, die je nach konkreter Aufgabenstellung erfahrungsgeleitetes Lernen ermöglichen, das lösungsorientiertes Handeln ermöglicht. Dieser Ansatz hat somit nicht den Anspruch, ein Nachfolger der drei skizzierten Paradigmata zu werden, sondern er spricht allen drei Ansätzen eine situationsbedingte Aktualität und Eignung zu. Aus Sicht des Autors muss die vorliegende Forschungsarbeit aufgrund ihrer methodischen Fundierung auf erzählgenerierenden Fragen, die ggfs. auch mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte zurück liegende Erfahrungen der Interviewpartner offen legen, eine maximale Offenheit im Hinblick auf heute als auch früher vorherrschende Lernparadigmata sicher stellen. Der von de Witt und Czerwionka vorgeschlagene Ansatz des Pragmatismus repräsentiert diese Offenheit aus Sicht des Autors optimal, und die gewählte Forschungsmethodik im empirischen Teil dieser Arbeit stellt forschungspraktisch sicher, dass eine thematische Engführung auf ein bestimmtes Lernparadigma ausgeschlossen werden kann. 4.2.2, Subjektwissenschaftliche Lerntheorie: Der im Hinblick auf die empirischen Befunde festgestellte ‘blinde Fleck’ bei der Frage, wie denn der einzelne Lerner - und nicht der beobachtende bzw. forschende Wissenschaftler - das Lernen mit Bewegtbildern wahrnimmt, führt automatisch zur Frage, wie sich denn diesbezüglich die Lage im Kontext von Lerntheorien - sozusagen unterhalb der Metaebene lernparadigmatischer Überlegungen - darstellt. Eine Theorie, die hier ansetzt, ist die Subjektwissenschaftliche Lerntheorie. Diese verlässt als Lernkonzept der sog. Kritischen Psychologie bewusst die Tradition der klassischen Psychologie, das Handeln von Menschen aus der objektiven Perspektive eines außen stehenden Beobachters zu beleuchten. Vielmehr wird die subjektive Sicht des einzelnen Individuums in den Vordergrund gerückt. Drees (2008, S. 103-117) skizziert wesentliche Elemente dieser von Klaus Holzkamp entwickelten Lerntheorie: Das Verhalten von Menschen basiert im Wesentlichen nicht auf genetisch programmierten Abfolgen von Reiz und Reaktion. Jedes Handeln von Menschen ist somit intentional, passiert aus subjektiv jeweils guten Gründen und erfüllt eine Funktion im Hinblick auf die jeweiligen persönlichen Lebensinteressen. Die Postulate des Behaviorismus und des Kognitivismus werden somit kritisch hinterfragt unter dem Aspekt, ob - anstatt von außen kommender Reize - das veränderte Verhalten von Menschen nicht vielmehr die Folge von individuellen Begründungen sind, die dem Individuum bedeutsam erscheinen. Die Entscheidung, zu lernen, wird - gemäß dem Lernmodell des subjektwissenschaftlichen Ansatzes - vom Individuum bewusst vollzogen und basiert auf einer Handlungsproblematik im Kontext einer dazu gehörenden Bezugshandlung. Die Subjektwissenschaftliche Lerntheorie unterscheidet dabei zwei unterschiedliche Typen und Qualitäten von Lernen: das defensive und das expansive Lernen. Beim defensiven Lernen liegt die Motivation zum Lernprozess nicht (intrinsisch) beim Individuum selbst - somit existiert auch kein persönlich bedeutsamer Kontext für das Lernen, das somit zu einer Art Bewältigungshandlung wird, die in der Folge auch nicht zu erweiterten Handlungskompetenzen führt. Das expansive Lernen hingegen beruht auf einer individuellen Lernbegründung, die mit der Aussicht auf eine höhere Lebensqualität bzw. erweitere Handlungskompetenzen zu motiviertem, intentionalen Lernen führt: ‘Expansives Lernen erhät seinen besonderen Wert durch den Umstand, dass es den Zugang der lernenden Person zu den von ihr realisierbaren gesellschaftlichen Bedeutungen vertieft und ihre Handlungsmöglichkeiten erweitert.’ (Holzkamp, 1995, zitiert nach Drees 2008, S. 111). Diese Lerntheorie ist für die vorliegende Arbeit aufgrund ihrer konsequenten Perspektive auf das lernende Individuum handlungsleitend. Sie findet insbesondere durch die Methode des narrativen Interviews Berücksichtigung im Forschungssetting dieser Arbeit, indem die Lerner selbst zu Wort kommen und ihre Erfahrungen und Handlungspraktiken schildern.

Über den Autor

Thomas Hohn, B.A., wurde 1964 in Detmold geboren. Nach einer kaufmännischen Ausbildung im Rahmen eines dualen Studiums an der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein sammelte der Autor fast 20 Jahre berufliche Erfahrungen in der Marketingkommunikation, um sich dann im Rahmen eines bildungswissenschaftlichen Studiums an der FernUniversität Hagen auch beruflich neu zu orientieren. Fasziniert von den Medien Film/Video, beschäftigt er sich seit dem Jahr 2008 bei einem großen norddeutschen Finanzdienstleister mit E-Learning, Schwerpunkt seiner aktuellen Tätigkeit ist die Entwicklung videobasierter E-Learning-Kurse. Das berufsbegleitende Studium hat Thomas Hohn im Jahr 2013 mit dem akademischen Grad des Bachelor B.A. Bildungswissenschaft erfolgreich abgeschlossen.

weitere Bücher zum Thema

Bewerten und kommentieren

Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichenten Felder aus.