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Soziologie


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 04.2023
AuflagenNr.: 1
Seiten: 204
Abb.: 63
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Tiergestützte Methoden werden in der Sozialen Arbeit zunehmend öfter bei den unterschiedlichsten Zielgruppen angewandt. Das Ziel einer empirisch fundierten Grundlage zieht sich durch diesen Bereich und soll ausgeweitet werden. Auf dieser Grundlage ist die Idee für das Konzept eines Sozialkompetenztrainings mit Hund entstanden. Ziel ist es, für Kinder und Jugendliche ein Kompetenztraining zu gestalten, indem sie sich in Bereichen der sozialen Interaktionen erproben und weiterentwickeln können. Das Training arbeitet mit einem sozial-kognitiven Modell in der Gruppe, erlebnispädagogischen Bestandteilen und tiergestützen Grundlagen. Die Kinder und Jugendlichen erfahren durch kooperative Spiele und Wahrnehmungsübungen Inhalte des Konstruktes Sozialer Kompetenz. Durch eine mittels der erhobenen Gesamtstichprobe durchgeführten Evaluation wird zudem die Wirkung und der Mehrwert des Projektes diskutiert und erfasst. Das vorliegende Werk umfasst demnach ein ausgearbeitetes Konzept sowie die empirisch fundierte Auswertung der praktischen Durchführungen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2 Entwicklung sozialer Kompetenzen: Für den Aufbau sozial kompetenten Verhaltens und damit einhergehenden Handlungsstrategien sind nach Jürgens und Lübben (2014) drei Ebenen relevant, die sich innerhalb der kindlichen Entwicklung bewegen und geformt werden. Emotionen. Der Bereich der Emotionen wird als eine grundlegende Ebene der Kommunikation dargestellt, zu der jedes Individuum von Geburt an fähig ist. Die Möglichkeit, Gefühle wahrzunehmen und darauf zu reagieren, ist zwar schon früh vorgegeben, dennoch entwickelt sich eine ausgereifte Handlungskompetenz sowie ein Verständnis für Emotionen im Laufe von individuellen Lebensphasen (vgl. Jürgens & Lübben, 2016). In der frühkindlichen Entwicklung werden zunächst nonverbale Emotionsausdrücke wahrgenommen und emotionale Erfahrungen sowie erste innerpsychische Emotionsregulationen erlebt. Hauptsächlich geht es in diesem Abschnitt noch um die Basisemotionen (vgl. Wertfein, 2006). Der Lernprozess findet in dem koregulierten System zwischen Kind und Bezugsperson statt. Durch die Spiegelung und dem unmittelbaren Ausdruck von Emotionen durch das Gegenüber, nehmen Kleinkinder Informationen für ein differenziertes Emotionssystem wahr, das stetig erweitert wird (vgl. Holodynski und Friedlmeier, 2006). Im Vorschulalter wird anschließend der sprachliche Gefühlsausdruck, das Emotionswissen und die Empathie entwickelt (vgl. Wertfein, 2006). Diese Fähigkeiten sind zum Eintritt ins Grundschulalter meist bereits gut ausgereift und differenziert. Je besser Kinder ihren Gefühlswortschatz und dessen Ausdruck beherrschen, desto stärker korreliert diese Phase mit kognitiven Einschätzungs- und Bewertungsprozessen (vgl. Jürgens & Lübben, 2014). Auf der intrapersonalen Ebene können Kinder Handlungen mittels Emotionen zunehmend beeinflussen und selbstständig regulieren, sowie auch die eigenen Gefühle in begrenztem Ausmaß. Das Spektrum an Empfindungen wird über die Basisemotionen hinaus durch selbst bewertende Gefühle erweitert. Dazu zählen z.B. Scham oder Stolz (vgl. Holodynski & Friedlmeier, 2006). Ab dem Grundschulalter wird der Fokus dann auf das Erkennen der Beziehungsbedeutung von Emotionen gelegt und Selbstregulationsstrategien entwickelt sowie verstärkt angewendet (vgl. Wertfein, 2006). Nach Holodynski und Friedlmeier (2006), die sich in ihrem Werk zu Emotionen auf Basis von theoretischen entwicklungs- und emotionspsychologischen Arbeiten sowie Studien einen Überblick über das Thema verschaffen und versuchen ein umfassendes Bild zu konstruieren, werden personale Emotionswahrnehmungen und damit verbundene Ausdrucks- und Sprechzeiten internalisiert und finden zunehmend auf einer mentalen Ebene statt. Der Prozess der inneren Gefühlsreaktion optimiert die Ausdruckskontrolle bei Kindern und hilft dabei, ihr Empfinden besser kontrollieren und situativ anpassen zu können. Bis zu dieser Entwicklungsphase legen die Kinder den Fokus auf die Gegenwart oder die nahe Zukunft. Im Jugendalter fangen Heranwachsende an, ihre Handlungen und Emotionen mittels einer erlernten Selbststeuerungskompetenz auf die ferne Zukunft zu erweitern und somit sich den Konsequenzen bewusst zu machen. Gefühle werden im Laufe dieser Entwicklungsphase präziser auf die Situation und den/die Interaktionspartner:in abgestimmt, wobei insbesondere Peer Groups einen besonderen Stellenwert für Jugendliche einnehmen. Ihre Gefühlswelt wird als Teil ihres Selbst wahrgenommen, sie erleben verstärkt ein Selbstwertgefühl und nehmen einen gesellschaftlichen Sozialisationsdruck wahr (vgl. Holodynski & Friedlmeier, 2006). Kognition. Die Wahrnehmung und Regulation von Emotionen auf der Gefühlsebene stehen in direkter Korrelation zu kognitiven Prozessen, die diese mitunter beeinflussen und in der kindlichen Entwicklung einhergehen. Nach Jürgens und Lübben (2016) werden drei Bereiche der Kognitionsebene benannt: die Theory of Mind, die Perspektivenübernahme und die Metakognitionen. Unter der Theory of Mind (ToM) versteht man das Verständnis davon, was unsere Mitmenschen denken, glauben, wollen, fühlen oder planen. Der Prozess umfasst somit, dass ein Individuum die kognitiven Prozesse anderer erkennt und darüber nachdenkt (vgl. Böckler-Rättig, 2019). Im Forschungsfeld des Themas ToM wurde diese Fähigkeit in Grundzügen bereits Kindern in den ersten Lebensjahren zugeschrieben. In einem Alter von etwa vier Jahren wird aktiv damit begonnen sich und anderen Menschen kognitive Prozesse zuzuschreiben, die von der Realität und Richtigkeit abweichen können (vgl. Esken & Rakoczy, 2013). In der affektiven Perspektivenübernahme nehmen Individuen nicht nur diese Prozesse wahr, sondern können auch den emotionalen Zustand eines anderen nachvollziehen, auch wenn dieser nicht mit ihren eigenen Empfindungen übereinstimmt (vgl. Harwood & Farrar, 2006). So können bereits Kinder unabhängig von den eigenen Gefühlen, die Emotionen ihrer Mitmenschen nachempfinden und ausdrücken (vgl. Hughes & Dunn, 1998). Mit zunehmender Interaktion mit den Mitmenschen entsteht zudem die metakognitive Ebene, bei der sich Heranwachsende mentale Einstellungen zuschreiben und damit auseinandersetzen (vgl. Esken & Rakoczy, 2013). Metakognition umfasst einerseits das Wissen über und die generelle Wahrnehmung von kognitiven Prozessen und andererseits die Fähigkeit zur Regulation und Beeinflussung der eigenen Denkprozesse (vgl. Schraw & Moshman, 1995). Die verschiedenen Bereiche der Kognition entwickeln sich mit zunehmendem Alter. Die Fähigkeit, das Denken und Handeln anderer wahrzunehmen und zugleich seine eigenen Denk- und Verarbeitungsmuster zu erkennen, wird bis ins Jugendalter ausgebildet und stellen jegliche Grundlage für soziale Interaktionen dar (vgl. Jürgens & Lübben, 2014). Verhalten. Individuen können nun auf Basis der emotionalen und kognitiven Ebene in sozialen Situationen angemessen reagieren und handeln. Handlungsstrategien und Verhaltensweisen werden je nach Art der situativen Anforderung umgesetzt, z.B. beim Aufbau von Freundschaften oder in der Konfliktbewältigung. Diese hängen immer von dem individuell angeeigneten Handlungsrepertoire ab, das sich je nach Ausprägung und Altersstufe unterscheidet (vgl. Jürgens und Lübben, 2014). Die Vorgänge des Kontaktaufbaus oder der Bildung von Freundschaftsbeziehungen unter Gleichaltrigen korrelieren mit der Entwicklung sozialen Denkens und Verstehens (vgl. Valtin, 2020). Die Wahrnehmung über die Bedeutung von Freundschaft ändert sich im Laufe des Heranwachsens. Valtin (2020) hat in einer Befragung von 111 Kindern und Jugendlichen erkannt, dass sich die spezifische Form von Gleichaltrigen-Kontakt immer differenzierter und ausgeprägter entwickelt und verschiedene Funktionen aufweist, die in ihrer Gewichtung von der Altersstufe abhängt. Grundlegende Motive für eine Freundschaft wie der Wunsch nach Gemeinschaft, Zugehörigkeit, Austausch, Sicherheit, Anerkennung und Zuneigung sind auf allen Altersstufen die gleichen, aber die Konzepte, die sich damit verbinden, werden je nach Entwicklungsstand […] anders gefasst (Valtin, 2020, S. 77 f.). In eine Zusatzbefragung befasst sich Valtin (2020) zusätzlich noch mit Streit unter Kindern und Jugendlichen, bei der auch festgestellt wird, dass die Arten mit Streit umzugehen sich mit höherem Alter und Entwicklungsstand verändern und komplexer werden. Konfliktbewältigung entwickelt sich von einer rein körperlichen Konfliktlösung zu einer Kompromisslösung, bei der das gegenseitige Einverständnis angestrebt wird (vgl. Valtin, 2020). Neben oder während eines Kontakt- oder Beziehungsaufbaus spielen in dieser sozialen Interaktion in vielfältiger Weise Social Skills, wie prosoziales Verhalten eine Rolle. Hierunter versteht man Handlungsweisen, die das Wohlbefinden von Mitmenschen oder Gruppen ins Positive beeinflussen und zu denen bereits Kinder in ihrer frühkindlichen Entwicklung fähig sind (vgl. Kappeler & Simoni, 2009). Die Schwerpunkte von sozialen Interaktionen verschieben sich im Zeitraum der frühen Kindheit bis ins Jugendalter und bilden so ein Spektrum an Verhaltensstrategien. Der Umgang mit seinen Mitmenschen fokussiert sich bei Heranwachsenden überwiegend auf Gleichaltrige, weshalb der Kontakt sowie der Aufbau von Freundschaften im Vordergrund der sozialen Interaktionen steht (vgl. Jürgens & Lübben, 2014). Die Entwicklung sozialer Verhaltensweisen ist ein Zusammenspiel aus Emotion, Kognition und Verhalten. Es handelt sich um Bereiche, die sich im Laufe der kindlichen und jugendlichen Entwicklung aufbauen und verändern. Der Prozess, Handlungs- und Verhaltensstrategien zu festigen, ist individuell und von vielen Einzelfaktoren abhängig. Nach Jürgens und Lübben (2016) ist es daher wichtig, ein Kompetenztraining an die Entwicklungsstufen anzupassen und vereinzelte Unterschiede bei den Teilnehmer:innen zu berücksichtigen.

Über den Autor

Christiane Schramm B.A., geb. Bartlick, wurde 1995 in Mainburg geboren. Direkt nach ihrem Schulabschluss absolvierte sie ihr Studium in Sozialer Arbeit an der OTH Regensburg und entschied sich im Anschluss, ihre fachlichen Qualifikationen durch eine zertifizierte Weiterbildung zur Fachkraft für Tiergestützte Intervention und einer Ausbildung als Therapie-Begleithunde-Team zu erweitern. Durch die Tätigkeit im Bundesverband Tiergestützter Interventionen (BTI) und der tiergestützten Arbeit im Fachbereich der Jugendhilfe konnte sie zudem ihre praktischen Erfahrungen dahingehend ausbauen. Mit ihrem Hund Nero arbeitet sie seither auch im pädagogischen Setting und fördert Kinder und Jugendliche auf ganzheitlicher Ebene. Ihr grundlegendes Interesse an der Thematik der Tiergestützten Pädagogik festigte sich bereits während des Studiums und der weitergehenden Ausbildungen. Inspiriert durch die vielfältigen Möglichkeiten in der Tiergestützten Intervention und ihrer Leidenschaft zum Einsatz von Hunden im pädagogischen Setting, entstand das vorliegende Werk.

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