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Wissenschaft

Markus Pohlmeyer / Elin Fredsted

Zwischen Welten verstrickt III. Filmanalysen: Zwischen „Heimat“ und Science Fiction

Mit Beiträgen von J. L. Jake und A. Jöckel

ISBN: 978-3-86815-723-9

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Produktart: Buch
Verlag: Igel Verlag
Erscheinungsdatum: 09.2017
AuflagenNr.: 1
Seiten: 96
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Ein Band mit Analysen zu Science Fiction ( Person of Interest und Arrival ) und ‚Heimat‘-Filmen ( Heimat v. E. Reitz und Die Kunst im Chor zu weinen ): passt dies überhaupt zusammen? Leben wir nicht schon (synchron) in einer Science Fiction-Zukunft, die uns global und digital zu überholen droht? Und brauchen wir nicht (diachron) Heimat, um zu verstehen, wer wir sind und woher wir kommen? Mit Beiträgen von J. L. Jake und A. Jöckel.

Leseprobe

Textprobe: Ein Wendepunkt: Edgar Reitz Filmepos Heimat: Der erste Teil des Opus Maximum des Regisseurs Edgar Reitz Heimat 1 , der 1984 in die Kinos und ins Fernsehen kam, war ein Wendepunkt, was die Verwendung von Vernakularsprachen in kulturellen Artefakten angeht. […] In zahlreichen Hinsichten wirkte dieses filmische Epos stilprägend. Das Gesamtwerk Heimat 1-3 besteht aus 30 Episoden, insgesamt über 52 Stunden. Die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts wird anhand von Schicksalen des fiktiven Hunsrücker Dorfes Schabbach erzählt. Heimat 1 , die Zeit von 1918-1982 umfassend, spielt fast ausschließlich im Hunsrücker Platt. Maria, die im Jahr 1900 geboren ist, hält als durchgängige Handlungsträgerin von ihrer Jugend bis zu ihrem Tod (und darüber hinaus) die Erzählstränge des ersten Teils zusammen. Die mit der Familie verwandten Figur Glasisch stellt mit alten Fotos immer wieder die Kontinuität der Handlung berichtend und ‚dokumentierend‘ dar. Auch die Sprache vermittelt Authentizität und Nähe, gleichzeitig aber auch das Gefangensein der Figuren in ihren sozialen Rollen, aus denen sie sich nur durch das Verlassen des Dorfs entziehen können. Der Preis ist der Verlust von Heimat. Zunächst verlässt der Kriegsheimkehrer Paul Simon, Marias Ehemann, seine Familie in den 1920ern und wandert in die USA aus. Später (Anfang/Mitte der 1960er Jahre) verlässt Hermann, Marias jüngster Sohn, seine besitzergreifende Mutter und die Familie Simon in Schabbach. Hermann Simon (der im zweiten Teil die Rolle der Hauptfigur und des Handlungsträgers übernimmt und später ein berühmter Komponist, Musiker und Dirigent wird) geht in Heimat 2 zum Studieren nach München, wo er gezielt Hochdeutsch lernt und seinen Hunsrücker Dialekt bewusst ablegt. Warum denn ein Komponist Hochdeutsch sprechen müsse?, fragt ihn sein Bairisch sprechender Hauswirt. Hermanns Sprachwechsel oder präziser: seine erlernte Zweisprachigkeit steht symbolisch für den Bruch mit der Heimat. In Heimat 3 (die Handlung spielt in den Jahren nach der Wende) lebt der international agierende Dirigent und Komponist Hermann mit der Sängerin Clarissa wieder in der Nähe von Schabbach. Es kommt zu einer mehr-lektalen und mehr-sprachigen Rahmenhandlung: internationale Sprachen wie Russisch (der russlanddeutschen Rückkehrer), Englisch, Französisch und Spanisch, regionale bzw. lokale Varietäten des Deutschen wie Sächsisch, Hunsrücker Platt, Bairisch, sowie Lieder auf Jiddisch geben uns, den Zuschauern, den Eindruck einer zunehmend globalisierten und gleichzeitig lokalisierten Welt, die sich ineinanderfügt (‚Glocalisation‘). Hermann ist einerseits in seine Heimat am Rande des Hunsrücks zurückgekehrt, befindet sich aber gleichzeitig in einer globalisierten Welt. Je globaler, desto wichtiger die Heimat. So beschreibt das Gesamtwerk Heimat 1-3 die dreiteilige Struktur eines Bildungsromans, in dem Hermann in der Jugend seine Heimat verlässt, um als gereifter, aber künstlerisch ernüchterter Mann zurückzukehren. Die neue Heimat. Chronik einer Sehnsucht spielt im 19. Jahrhundert und erzählt die Geschichte der nach Brasilien ausgewanderten Simons. Hier erfolgt auch eine Metareflexion über Sprache. Die in Schabbach gebliebene Hauptperson, Jakob Simon, schreibt einen Brief an Alexander von Humboldt, worin er dessen Auffassung von indigenen Sprachvarietäten in Südamerika korrigiert: diese seien nämlich nicht als dialektale Varietäten, sondern als eigenständige Sprachen zu betrachten. Deutsche Dialekte und Varietäten des Deutschen werden im gesamten Filmepos bewusst und zielgerichtet eingesetzt: Im ersten Teil, dessen Handlung vom Ende des Ersten Weltkriegs bis 1982 spielt, ist Huns­rücker Platt die absolut dominante Sprachvarietät. Aber wir hören auch Schwäbisch, Bairisch (insbesondere jedoch im zweiten Teil), Ostpreußisch, Berlinerisch, Hamburgisch, Sächsisch, Fränkisch, Westfälisch und Kölsch. Und wir hören Deutsch mit ‚fremden‘ Akzenten gesprochen wie beispielsweise romanische und slawische Akzente. Sprachlich setzt Heimat 1-3 neue Maßstäbe: Es kommt in diesem Epos zu einer für das Filmmedium neuen Valorisierung von Vernakularsprachen in einer ästhetisch experimentierenden und inhaltlich seriösen Filmproduktion Sprachgebrauch und Sprachpraxis der Sprecher sind ein Teil lokaler und regionaler Geschichte und tragen maßgeblich (neben film­ästhetischen Aspekten wie der überwiegend in Schwarz-Weiß und in Grautönen produzierte erste Teil) zur Authentizität der Narrative bei. Vielleicht ließe es sich so am besten formulieren: Die dialektale und überhaupt sprachliche Diversität in diesen Filmen ist eine Qualität und ein Wert an sich die Lebenserfahrung und die Geschichte der Personen/Figuren sind in den Worten und Geschichten der Personen bewahrt (vgl. Koebner & Koch: 2008: 218).

Über den Autor

Prof. Dr. Elin Fredsted hat an der Aarhus Universitet (DK) Nordistik und Germanistik studiert. Seit 2000 Professorin für dänische Sprache (Europa-Universität Flensburg). Forschungsschwerpunkte: Mehrsprachigkeit, Sprachkontakt, Sprachenvielfalt, Spracherwerb und dänische Phonologie. Mitbegründerin und erste Direktorin des Zentrums für kleine und regionale Sprachen (KURS). 2017 erhielt sie den Forschungspreis der Europa-Universität Flensburg. Dr. Lic. Theol. Markus Pohlmeyer studierte Latein, Griechisch, Deutsch und Philosophie in Würzburg, Tübingen und London. Lizenziat und Promotion an der Universität Münster. Seit 2009 an der Europa-Universität Flensburg. Forschungsschwerpunkte: Religionsphilosophie, Literatur und Religion, Science Fiction und Mythopoetik. Mitglied des Literaturforschungszentrums Sara Valesio CSSV (Bologna – New York). Autor bei CrimeMag. Zahlreiche ethnologische und poetische Veröffentlichungen.

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