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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2020
AuflagenNr.: 1
Seiten: 140
Abb.: 15
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Ratingagenturen haben sich trotz ihrer noch relativ jungen Historie schnell zu einer der wichtigsten und einflussreichsten Akteurengruppen auf dem globalen Finanzmarkt entwickelt. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Reduzierung von Informationsasymmetrien zwischen Unternehmen (Emittenten) und den Investoren. Dies geschieht mittels einer Einschätzung über die zukünftige Zahlungs- und Ertragsfähigkeit der Unternehmen. Aufgrund diverser Fehlleistungen und fragwürdiger Entscheidungen wurden jedoch tiefgreifende Probleme der Bewertungspraktiken offenbart. Spätestens seit der globalen Finanzkrise 2007/08 stehen Ratingagenturen daher weltweit in der Kritik. Das Ziel der vorliegenden Studie ist die Untersuchung der Problemfelder von Ratingagenturen sowie den sich daraus ergebenden Reformvorschlägen zur Reduzierung ihrer Schwächen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.2.1 Entstehung und Geschichte: Die Anfänge des Ratinggeschäfts und der heutigen Ratingagenturen liegen in den Vereinigten Staaten. Dort entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts, vor allem im Zuge der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung und Industrialisierung, hohe Investitionsbedarfe. Insbesondere der Ausbau der landesweiten Infrastruktur durch die Eisenbahn setzte einen beachtlichen Kapitalbedarf voraus. Dieser wurde weitgehend durch die Emission von Anleihen der Eisenbahngesellschaften finanziert. Für potenzielle Investoren war es zu dieser Zeit sehr schwierig, eine genaue Einschätzung des Risikos der Eisenbahnanleihen sowie deren Emittenten durchzuführen. Dies lag in erster Linie daran, dass sich die Informationsbeschaffung aufgrund des Pioniercharakters solcher Projekte und der großen Entfernungen im Land als äußerst schwierig erwiesen hat. Folglich entstanden erhebliche Informationsasymmetrien und es kam zu einer Anhäufung von Betrugsfällen und Insolvenzen. Infolgedessen wurden vermehrt Agenturen gegründet, die Auskunft über die Bonität von Schuldnern zur Verfügung stellten. Diese auf Kreditauskünfte spezialisierten Agenturen wurden damals als Credit Reporting Agencies (CRA) bezeichnet. Die Dienstleistungen der CRA halfen insbesondere den Investoren, die Informationsbeschaffung zu vereinfachen, die Informationsgüte zu verbessern und somit das Insolvenzrisiko zu senken. John Moody veröffentlichte bereits im Jahr 1909 die ersten Ratings von Anleihen amerikanischer Eisenbahngesellschaften nach einem eigens entwickelten System (Analyses of Railroad Investments) und stellte diese Investoren entgeltlich zur Verfügung. 1914 ging er mit seiner Ratinggesellschaft Moody’s Investors Service an die Börse. Bis heute existiert seine Firma als unabhängige Aktiengesellschaft (AG). Bevor weitere Agenturen in den Ratingmarkt einstiegen, erweiterte Moody’s in den Folgejahren nach seiner ersten Veröffentlichung die Inhalte sukzessive und dehnte die Ratinganalysen auf andere Branchen aus. Eine im Zuge der Industrialisierung stetig steigende Anzahl an Industrieunternehmen mit hohem Fremdkapitalbedarf führte dazu, dass (potenzielle) Investoren vermehrt verlässlichen Informationen über die Emittenten nachfragten. Infolgedessen drängten weitere Agenturen in den Ratingmarkt. 1916 stieg die Poor’s Publishing Company in den Ratingmarkt ein, gefolgt von der Standard Statistics Company im Jahr 1922 und der Fitch Publishing Company 1924. In den Anfangsjahren fokussierten sich alle drei Agenturen auf den Verkauf von Informationsbroschüren, Büchern und Zeitungen über die USamerikanischen Eisenbahngesellschaften. Durch Fortschreiten der Industrialisierung in den USA drängten zunehmend unbekannte Emittenten in die Märkte und das Verlangen der Anleger nach relevanten Informationen stieg weiter an. Dies führte zu einer regelrechten Expansionsphase des Credit-Rating-Geschäfts, das zunehmend an Bedeutung gewinnen konnte. Zusätzlichen Aufschwung erhielt die Ratingbranche durch den Börsencrash im Oktober 1929 und die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre, die dazu führten, dass das Interesse von Investoren an verlässlichen Informationen über die Sicherheit ihrer Anlagen merklich anstieg. Höhepunkt dieses Aufschwungs bildete eine Änderung des Bankenaufsichtsrechts aus dem Jahre 1931, als erstmalig explizit auf die Ratings der privatwirtschaftlichen Ratingagenturen, im Zusammenhang mit regulatorischen Zwecken der Bankenaufsicht, verwiesen wurde. Nach dem Aufschwung der 1930er Jahre kam es vorübergehend zu einer Wachstumsstagnation des Ratinggeschäfts, was in erster Linie an steigender Kritik an den Ratingagenturen lag. Die ausgestellten Ratings und Bonitätsanalysen wurden als wenig mehrwertbringend angesehen und weniger nachgefragt. Pinches und Singleton bestätigen diese Kritik anhand ihrer Studie aus dem Jahr 1978. Diese erstreckte sich über einen Zeitraum von 22 Jahren (1950–1972) und kam zu dem Ergebnis, dass im Anleihengeschäft der zusätzliche Informationsgewinn durch Ratingveränderungen zu vernachlässigen sei und keinen Mehrwert gegenüber den Marktpreisen biete was unter anderem auch daran lag, dass Ratingurteile, im Vergleich zu Marktpreisen, nur mit großen Verzögerungen veröffentlicht wurden. Zunehmende Bedeutung für die internationalen Kapitalmärkte haben Ratings und die dazugehörigen Ratingagenturen erst etwa seit den 1970er Jahren erhalten. Zuvor war das Ratinggeschäft nahezu ausschließlich auf Nordamerika beschränkt. Die zunehmende internationale Präsenz resultierte folglich in einem starken Wachstum der ursprünglichen drei Ratingagenturen, aber auch in einer steigenden Gesamtanzahl von Ratingagenturen. Das Wachstum der drei marktführenden Agenturen wurde durch zahlreiche Übernahmen aufstrebender Agenturen weiter bekräftigt, wodurch diese ihre Marktstellung verteidigten. Diese Marktmacht von Moody’s, S&P und Fitch war darüber hinaus ein Grund dafür, dass sie in den USA im Jahr 1975 durch die Wertpapieraufsichtsbehörde Securities and Exchange Comissions (SEC) zu Nationally Recognized Statistical Rating Organizations (NRSRO) ernannt wurden. Dieser Status entbindet sie unter anderem von manchen Veröffentlichungspflichten. Anfang der 2000er Jahre sahen sich die Ratingagenturen erneut großer Kritik von geschädigten Investoren und Konkurrenzunternehmen ausgesetzt. Ihnen wurde primär vorgeworfen bei der Bewertung von insolvent gegangenen Firmen zeitlich deutlich zu verzögert reagiert und demnach in ihrer Funktion versagt zu haben. Insbesondere das Beispiel Enron (2001) wird in diesem Zusammenhang öfters genannt. Nichtsdestotrotz beherrschen diese drei Ratingagenturen auch heutzutage noch das Ratinggeschäft und verfügen über eine marktbeherrschende Stellung.

Über den Autor

Patrick Odenhausen wurde 1995 in Köln geboren. Sein Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg mit Fokus auf Economics und Finanzen schloss er im Jahre 2017 ab. Anschließend spezialisierte er sich durch ein Masterstudium an der Hochschule Fresenius auf die Themen Finanzen und Controlling und schloss dieses 2019 mit dem akademischen Grad des Master of Science erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der Banken- und Finanzbranche. Sein Studium sowie die Tätigkeit in Finanzabteilungen verschiedener Großkonzerne motivierten ihn, sich eingehend mit der Thematik von Ratings und Ratingagenturen zu beschäftigen.

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