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Roland Csenar

Die Call-Center-Fabrik

Arbeits- und Lebenssituation von Call-Center-Agents

ISBN: 978-3-8366-6093-8

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 04.2008
AuflagenNr.: 1
Seiten: 104
Abb.: 10
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

So gut wie jeder Konsument hat in seinem Leben schon einmal ein Call Center in Anspruch genommen - sei es, um Hilfe bei Problemen mit dem Computer, Handy oder dergleichen zu bekommen oder einfach, um etwas zu bestellen. Die Dienste eines Call Centers werden über sogenannte Hotlines beworben und können über leicht zu merkende Telefonnummern erreicht werden. Für jedes mögliche und unmögliche Produkt gibt es mittlerweile eigene Hotlines, so bieten Zigarettenhersteller, Shampoohersteller und viele mehr eine eigene Hotline an. Eines haben diese Hotlines immer gemein: es verbirgt sich dahinter ausschließlich die Struktur eines Call Centers, und um diese geht es in der vorliegenden Arbeit. Call Center werden häufig der New Economy zugerechnet, wodurch der Eindruck vermittelt wird, dass es sich um ein neues Managementsystem handelt. Doch ist dies zutreffend? Wie neu ist dieses System? Wer arbeitet eigentlich in Call Centern und zu welchen Bedingungen? Diese Fragen haben mich während dieser Arbeit beschäftigt und diese versuche ich, hoffentlich erfolgreich, zu beantworten. Die Arbeit ist als Milieustudie angelegt, anhand derer ich das System Call Center dem werten Leser näher bringen möchte, um so zu mehr Verständnis für die Arbeit, die Agents in Call Centern leisten, beizutragen. Diese arbeiten in einem System, das sich selbst als modern begreift, jedoch drängt sich bei genauerer Betrachtung der Arbeitsbedingungen von Call Center Agents der Verdacht auf, dass dieses neue Managementsystem vielleicht nur eine Modifikation eines althergebrachten, zum Teil heftig kritisierten, Managementsystems ist. Gemeint ist das System des Taylorismus.

Leseprobe

Kapitel 4.7, Hierarchie eines Call Centers: Beim Aufbau von Call Centern und deren hierarchischen Ebenen hat sich folgende Struktur durchgesetzt: Bei Call Centern, welche parallel mehrere Projekte betreuen, erweitert sich das Organigramm um die Funktion eines oder mehrerer Projektleiter, welche organisatorisch zwischen CC-Manager und Teammanager angesiedelt werden. Weiter findet man in manchen größeren Call Centern eine hierarchische Zwischenstufe, welche oft als Supervisor tituliert wird, die organisatorisch ebenfalls zwischen CC- Manager und Teammanager zu positionieren ist. Im Weiteren werde ich jede hierarchische Ebene etwas genauer beleuchten und die Funktion der handelnden Personen im Gesamtsystem Call Center darstellen. Call Center Manager: Der Call Center-Manager steht an der Spitze des Unternehmens, sofern es sich um ein eigenständiges freies Call Center handelt. Im Falle eines firmeninternen Call Centers steht er an der Spitze der Organisationseinheit. Der CC-Manager steuert das Call Center und befasst sich vor allem mit der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Der CC–Manager setzt die Ziele fest, errichtet Organisationstrukturen, prägt und gestaltet die Führungskultur und schafft die Rahmenbedingungen, damit die gesetzten Ziele mit dem geplanten Budget auch erreicht werden können. Diese Arbeitsbeschreibung der Stelle eines CC-Manager trifft zumeist nur auf externe Call Center zu, da bei internen Call Centern die Führungskultur sowie die zu schaffenden Rahmenbedingungen durch hierarchisch höher stehende Funktionseinheiten vorgegeben sind. In diesem Fall haben zwar die CC-Organisationseinheiten eine gewisse Autonomie , die jedoch bei gesamtstrategischen Überlegungen sowie unternehmensweiten Rahmenbedingungen endet. Teammanager: Ein Teammanager in einem Call Center ist für die Führung eines Teams, welches zumeist aus 10-30 Agents besteht, zuständig. Zusätzlich kommen auf den Teammanager Qualitäts- und Technologiemanagement-Tätigkeiten zu. In den meisten Call Centern telefonieren Teammanager nicht aktiv mit den Kunden und sind auch fachlich nicht die erste Ansprechstelle. Sie sind ausschließlich für die Überwachung der Agents, Kontrolle der vorgegebenen Qualitäts- und Quantitätsziele sowie organisatorische Aufgaben zuständig. Ihnen obliegt es, innerhalb der vorgegebenen Rahmenbedingungen durch deren Zutun möglichst hohe Produktivität aus den Agents zum Vorteil des Unternehmens zu lukrieren. Ihre Aufgabe ist es vor allem, mithilfe der Daten der ACD-Anlage Druck auf die ArbeiterInnen auszuüben. Der Arbeitszwang in Call Centern wird so vor allem mittels persönlich vermitteltem Kommando durchgesetzt. Die weiteren Kompetenzen der Teammanager sind zumeist organisatorischer Natur. So sind sie meist erste Anlaufstelle bei benötigtem Arbeitsmaterial, Urlaubsanträgen sowie Krankenständen usw. Weiters wird mithilfe von Telefonaufzeichnungen, direktem Mithören von Telefonaten, Statistiken der ACD-Anlage sowie Tests durch die Trainer eine ständige Qualitätskontrolle durch die Teammanager durchgeführt. Es wird möglichst frühzeitig interveniert und sanktioniert, um vom CC-Manager festgelegte quantitative sowie qualitative Ziele für den einzelnen Agent, aber auch für das Team zu erreichen. Die Teammanager sind vom Management eingesetzt, um deren vordefinierte Ziele zu erreichen, sie haben aber ebenfalls eine organisatorische Notwendigkeit für die Agents. Die Teammanager fungieren somit als Puffer zwischen Agents und dem Call Center-Management. So entsteht eine Situation, wo einerseits viele ArbeiterInnen ständig mit ihren Teammanagern über Pausenzeiten, Schichtpläne und unzureichender Information streiten, während das Management darüber steht. Trainer: Die meisten Call Center beschäftigen einen eigenen Trainerstab, welcher keinen direkten Kundenkontakt hat. Einige wenige Call Center greifen auf die Trainer bei erhöhtem Callaufkommen zurück und lassen diese mittelefonieren, bis die Anrufspitze abgearbeitet ist. An und für sich wird dieses Trainerteam jedoch beschäftigt, um einerseits die Call Center Agents in der Grundausbildung fachlich auszubilden sowie danach die Agents mit Informationen zu versorgen. Die Trainer sind auch für die Erfüllung der Qualitätsvorgaben zuständig. Dies wird durch direktes und angekündigtes Mithören von Telefongesprächen mit anschließender Feedbackrunde durchgeführt. Hierbei soll der Trainer eine unabhängige Stellung einnehmen, um eine Vertrauensbasis zwischen Agent und Trainer aufzubauen und dem Agent dann Tipps im Umgang mit Kunden zu geben. Sollten sich Informationslücken beim Agent während der meist einstündigen Coachings auftun, so hat der Trainer diese entweder sofort oder durch entsprechende Nachschulungen beim Agent zu schließen. Bei manchen Firmen werden Telefonate auch unangekündigt mitgehört oder teilweise sogar aufgezeichnet, um sie durch Trainer oder Teammanager anschließend bewerten zu lassen. Hierbei werden eben nicht die quantitativen Vorgaben kontrolliert, sondern die qualitativen. Dies ist nur durch eine extrem hohe Standardisierung der Sprache innerhalb des Telefongesprächs sowie beim gewünschten Gesprächsablauf zu bewerkstelligen. In Call Centern sind es nicht Bewegungen, die analysiert werden, sondern Gesprächsabläufe und Dateneintragungen, die dann standardisiert werden. Denn wenn jeder frei nach Schnauze reden würde, ließen sich Arbeitsleistungen schlecht vergleichen. Diese Überwachungsmethoden sind jedoch sehr umstritten, da man den Call Center Agents nicht nur auf der quantitativen, sondern somit auch auf der qualitativen Seite das Gefühl einer 100% Überwachung gibt. Durch die oben erwähnte Sonderstellung des Trainers soll ein Coaching umfassend sein und der Trainer somit auch eine Pufferwirkung zwischen Call Center Agent und Teammanager erfüllen. Dies, obwohl in den meisten Firmen die Call Center Agents durch die Trainer bewertet werden und diese Bewertung für die Teammanager zugänglich ist. Call Center Agent: Der Call Center Agent ist die humane Schnittstelle zwischen Kundenanliegen und der Erfüllung dessen mithilfe einer Datenbank. Der Agent repräsentiert die Firma am Telefon und ist im telefonischen Kundenkontakt alleiniger Ansprechpartner für sämtliche Kundenanliegen. Durch den Call Center Agent bekommt das Unternehmen eine Stimme und er trägt wesentlich zum Image eines Unternehmens bei. Die Agents, also die Mitarbeiter, die im direkten Kontakt mit den Kunden stehen, nehmen eine herausragende Stellung ein. Mit ihrer Kommunikation und ihrem Verhalten tragen sie maßgeblich zum Image eines Unternehmens bei. Die Call Center Agents sind die eigentlichen Arbeiter in einem Call Center. Nur von ihnen geht innerhalb des Arbeitsprozesses unmittelbare Produktivität aus. Sie tragen direkt zur Kundenzufriedenheit bei, indem sie Kundenanliegen unmittelbar telefonisch erledigen. Die Arbeitsgeräte eines Agents sind das Headset und ein PC. Ein Headset ist ein Kopfhörer mit einem integrierten Mikrofon, welches direkt an die Telefonanlage angeschlossen wird. Somit kann der Agent ohne zur Hilfenahme seiner Hände telefonieren. Die Telefonanlage ist auch mit einem PC und dieser wiederum mit einem Server verbunden. Dies ermöglicht dem Agenten, während des Telefonierens mithilfe seines PC Informationen abzurufen und diese dem Kunden zu kommunizieren. Weiters hat der Agent auch die Möglichkeit, durch seinen PC direkt am Server Einstellungen bei Kundendaten oder ähnlichem zu verändern. Die Telefonanlage ist meist noch mit einer Automatic Call Distribution (ACD-)-Anlage verbunden. Die Telefonanlage mit integriertem ACD-System vernetzt die Telefonarbeitsplätze miteinander und sorgt für eine möglichst gleichmäßige Verteilung der ankommenden Anrufe auf die zur Verfügung stehenden Mitarbeiter. Darüber hinaus erstellt die ACD-System Anrufstatistiken, so dass sie Erreichbarkeit und Auslastung des Call Centers permanent verbessern können. Genau diese Verbindung zwischen Telefonsystem und Computer mithilfe der ACD-Anlage lässt nicht nur die Erreichbarkeit und die Auslastung des Call Centers ständig verbessern, sie dient ebenso einer möglichst weitgehenden Überwachung der Agents und führt zu einer mechanisierten Fremdbestimmung der Call Center Agents.

Über den Autor

Roland CSENAR, Soziologe, Soziologiestudium an der Universität Wien. Schüler von Prof. Roland GIRTLER . Abschluss 2007 zum Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften.

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