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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 184
Abb.: 65
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Nach der Musikindustrie steht nun auch die Filmindustrie durch Digitalisierung und Demokratisierung vor einem drastischen Wandel. Wer von der technischen Revolution am meisten profitiert, wer am wenigsten, welche Geschäftsmodelle sich etablieren werden und wie der Konsument erreicht werden kann, wird in der Studie von Hannes Kreuzer ebenso beantwortet, wie die konkreten Chancen und Risiken für Produzenten, Konsumenten und Filmindustrie. Die Studie räumt mit vorschnellen Feststellungen auf: z.B. dem großen Mythos, die Digitalisierung sei ein Erfolgsgarant für Independent Produktionen. Hannes Kreuzer stoppt die blinde Euphorie und weist auf zahlreiche Gefahrenquellen hin, inklusive möglicher Lösungsansätze. Der erste Teil zeigt den herkömmlichen Herstellungs- und Vertriebsprozess: Wie werden Filme finanziert, produziert und anschließend vertrieben? Der Schwerpunkt liegt auf dem europäischen Modell der Filmherstellung, auch im Vergleich mit dem amerikanischen System. Der zweite Teil erklärt die Grundlagen der digitalen Distribution: Welche Arten der neuen Vertriebsmöglichkeiten gibt es, wie funktionieren sie und wie akzeptiert sind sie bereits am Markt und werden es in Zukunft sein? Weitere wichtige Punkte: Rechtliche Herausforderungen, der Begriff der Demokratisierung und seine Auswirkungen auf die Filmindustrie, die Vorstellung diverser aktueller Geschäftsmodelle und die Frage, wie der Zuschauer in der digitalen Distribution erreicht werden kann. Im dritten Teil wird der Strukturwandel beim Film beleuchtet - hervorgerufen durch die Digitalisierung. Methoden der alten Welt und neuen Welt werden miteinander verglichen: Der klassische Filmherstellungs- und Filmvertriebsprozess wird den neuen digitalen Möglichkeiten gegenübergestellt und kritisch analysiert. Geklärt wird: Ist die digitale Distribution tatsächlich die vielzitierte eierlegende Wollmilchsau? Wer profitiert tatsächlich von ihr? Wer am meisten/wenigsten? Was muss bei der digitalen Distribution beachtet werden?

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 6.3, No/Micro/Low Budget Films: Oftmals waren fehlendes Geld und fehlende Vertriebsmöglichkeiten Gründe dafür, warum Filmemacher an einer Filmherstellung scheiterten. Durch den Demokratisierungs- und Digitalisierungsprozess ist es nun für jedermann leistbar geworden, Filme herzustellen. Während es schwer ist, den Begriff ‘Low Budget’ zu definieren, sind die Begriffe ‘No Budget’ und ‘Micro Budget’ selbsterklärend und bekommen durch die Digitalisierung eine immer wichtigere Bedeutung. Denn ein Großteil der Filme, die durch den Prozess der Digitalisierung entstehen, ist in genau jenem Bereich angesiedelt. Während No-Budget-Filme mit fast keinem Budget auskommen müssen, werden Micro Budget-Filme mit ein paar hundert Euro finanziert. Das Equipment ist meist im Eigenbesitz, als Schauspieler fungieren Freunde, die Locations sind oft die eigenen Wohnungen oder Häuser. Diese Art der Herstellung ist nicht gänzlich neu, schon vor der Digitalisierung wurden kostengünstige Filme hergestellt, z.B. an Filmhochschulen. Doch der Einstieg ins Filmemachen ist zweifellos durch den Fortschritt der Technik erleichtert worden. Die Investition des Filmemachers ist hier also nicht das eingesetzte Budget, sondern die aufgebrachte Arbeitszeit. Es steht außer Frage, dass durch die Digitalisierung auf dem Filmsektor große Kosteneinsparungen ermöglicht werden. Dennoch ist es ein Irrglaube anzunehmen, dass professionell hergestellte Low Budget-Filme insgesamt billiger werden: Ihre Grundkosten bleiben bestehen- nach wie vor -, denn Teammitglieder, Rechte u.Ä. müssen bezahlt werden. Das Einzige, das definitiv günstiger wird, ist das Equipment und das Material. Aber das ist zumeist der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Zudem setzen sich die digitalen Herstellungsmethoden - entgegen vieler Annahmen - erst in einem nach und nach aufkeimenden Prozess durch und Kosteneinsparungen bezüglich der o.a. Positionen ‘Equipment’ und ‘Material’ sind erst in den nächsten Jahren zu erwarten. Während professionell hergestellte Kinofilme weiterhin auf die bestehenden Strukturen zurückgreifen (siehe Kapitel 2.4), ergeben sich durch die Digitalisierung, wenn auch sehr langsam, neue Finanzierungsformen. Neue Finanzierungsformen: Die Digitalisierung hat ohne Zweifel die Produktion und den Vertrieb revolutioniert. Bei der Finanzierung von Projekten sind die Entwicklungen aber noch in den Kinderschuhen. Noch sind die Erlöse zu gering, dass sich dadurch entsprechende Finanzierungsformen herausgebildet hätten. Dennoch wurden neue Konzepte entwickelt bzw. sie sind einfach entstanden. ‘Crowd Financing” wird ein immer wichtigerer Aspekt bei der Finanzierung von Filmprojekten. Dabei werden die Kosten des Projekts auf viele einzelne Investoren verteilt, meistens Privatpersonen, die sogenannte Micro-Payments leisten. Dabei handelt es sich eigentlich um Spenden, denn es kann, muss aber keine Gegenleistung geben. Die sieht im besten Fall eine Gewinnbeteiligung vor, in den meisten Fällen wird jedoch die Nennung in den Credits oder eine DVD angeboten. Aber um das Verdienen geht es den Unterstützern sowieso nicht in erster Linie. Filme werden von Privatpersonen unterstützt, weil sie die Geschichte oder das Thema wichtig finden. Identifikation mit Ideen ermöglicht dadurch nicht nur die Herstellung des Films, es gibt den Filmemachern und Menschen die Möglichkeit eine politische Plattform zu schaffen. So konnten die britischen Do-it-yourself-Filmemacherinnen Lizzie Gillett und Franny Armstrong für ihren Dokumentarfilm ‘The Age of Stupid’ zuerst die Entwicklung, dann die Produktion und später den Vertrieb mit insgesamt 590.000 Pfund finanzieren. Der Film behandelt die Auswirkungen der globalen Erwärmung und konnte mit dem Thema offensichtlich beim Publikum punkten. Mittlerweile läuft das Fund-Raising für eine ‘Not Stupid’-Kampagne rund um das Thema und den Film. Das Ziel von 450.000 Pfund scheint nicht mehr in weiter Ferne, knapp die Hälfte wurde bereits überwiesen. Mit ‘Celluloid Dreams’ hat der Film einen renommierten Weltvertrieb gefunden, weltweite Kinostarts sind ebenso fixiert. Crowed Financing (oder Crowed Funding) ist nicht neu und Filmemacher sind keineswegs die Einzigen, die sich für diese Finanzierungsform begeistern können. US-Politiker bringen einen Großteil ihrer Wahlkampf-Budgets durch kleine Spenden aus dem Internet auf – Obama konnte alleine in Februar 2008 55 Millionen Dollar durch Crowd Funding einnehmen, 80 Prozent davon kamen aus dem Internet. Dr. Söoren Auer, Wissenschaftler am Computer- und Informationsfachbereich der Universität Pennsylvania, weist im taz.de-Interview auf ein Problem hin: Die Idee könnte zweckentfremdet oder missbraucht werden. Crowdfunding funktioniert, wenn man keinen großen Profit erzielt, sondern einem Bedürfnis gerecht werden wolle - dem Bedürfnis der Geldgeber. Schwieriger werde es, wenn es um die Finanzierung eines Films gehe: Da könne man vorher als Spender nicht wissen, ob man am Ende bekommt, womit man gerechnet hat. Filmproduzentin Lizzie Gillett dagegen sieht in Crowdfunding ein Zukunftsmodell. Ihr eigenes Filmprojekt sei schuldenfrei, daher müsse sie keinen Vertrag mit einem Verleiher erkämpfen. ‘So können wir ihn unabhängig verkaufen’, sagt sie - und sämtliche Profite würden dann ‘unter denen verteilt, die daran mitgearbeitet und ihn finanziert haben’. Crowdfunding, sagt Gillett, sei ein wirkungsvolles Werkzeug für Akteure in den unabhängigen Medien. Nicht nur finanziell seien die dann unabhängig - sondern eben auch inhaltlich. ‘The Age of Stupid’ ist das Best-case-Szenario für Crowd Financing und wird deswegen auch gerne als Beispiel herangezogen. Die Schwierigkeit an dem System ist aber, genügend Unterstützer für sein Projekt zu finden. Hat man nicht gerade einen Star an der Hand, eine etablierte Marke oder ein Thema, das vielen Menschen am Herzen liegt, so kann die Bildung einer Fan- und/oder Unterstützergemeinde seine Zeit dauern. Dies wird von den Filmemachern im Rausch des möglichen Erfolgs oftmals übersehen. Je nach Höhe des Budgetbedarfs des Films kann es Monate oder sogar Jahre dauern, bis die Finanzierung geschlossen ist. Dies natürlich nur unter einer Voraussetzung, die bei Independent-Filmen schon immer gegolten hat: Entweder ist die Geschichte herausragend oder das Thema erregt Aufmerksamkeit. Durchschnittsware wird auch hier nicht zum gewünschten Erfolg führen. Eine Plattform, die Micro-Finanzierungen über die Masse ermöglicht, ist Fundable.org. Diese wurde 2005 gegründet und gilt als einer der Pioniere auf dem Gebiet. Die Funktionsweise des Dienstes ist simpel, aber effektiv. Eine Person legt ein Projekt mit bestimmtem Budgetbedarf an und ersucht um finanzielle Unterstützung. Das kann z.B. im Bereich Film der neue Dokumentarfilm, der Erwerb einer Kamera, oder die Finanzierung der Postproduktion sein. Alles ist erlaubt. Auf der eigenen Website, im Blog oder im Social Network-Profil lässt sich über Banner und Buttons auf den Spendenaufruf verweisen. Interessierte Fans und Unterstützer können sogenannte ‘Pledges’ abgeben, sie sichern ihre Unterstützung mit einem von ihnen gewählten Betrag zu. Wird die Gesamtsumme des Projekts erreicht, werden die Beträge der Unterstützer eingehoben, und nur dann. Fundable übernimmt die technische und finanzielle Abwicklung und kassiert dafür 10 Prozent Provision. Die durchschnittlichen Projektbudgets liegen zwischen 500 und 3000 Dollar, mit durchschnittlichen Zahlungszusagen zwischen 20 und 50 Dollar. Als Gegenleistung erhält man entweder eine DVD des fertigen Films, eine Nennung im Abspann oder auch einfach gar nichts.

Über den Autor

Hannes Kreuzer hat an der Filmakademie Wien Film und Fernsehproduktion studiert sowie das internationale Post-Graduate Programm L’Atelier Cine Masterclass Ludwigsburg/Paris abgeschlossen. Nach mehreren Jahren Berufserfahrung in Filmproduktion und Vertrieb spezialisierte er sich auf die digitale Distribution und den damit verbundenen Wandel der Branche.

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