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Lennart Heise

Frachtschiffreisen als alternative Reiseform: Analyse einer touristischen Nische

Eine empirische Untersuchung an Passagieren

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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 208
Abb.: 51
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Der reiseerfahrene und hybride Tourist ist auf der Suche nach neuen Zielgebieten, besonderen Reiseformen und einmaligen Erlebnissen, die das persönliche Reiseverhalten zunehmend beeinflussen. Er entwickelt vor dem Hintergrund neuer Gesellschaftswerte wie Individualität, Selbstbestimmung und Entfaltung auch neue Wünsche und Anforderungen an die Tourismusindustrie. Die Anbieter reagieren mit einer Diversifizierung und Spezialisierung ihres Angebots, in das verstärkt Elemente aus Abenteuer, Spaß, Action, Erlebnis und Kultur einfließen. Auch dem Verlangen nach Ruhe, Authentizität, Sinnorientierung, Entschleunigung und Umweltschonung wird mit entsprechenden Angeboten Rechnung getragen. In diesem Zusammenhang erleben Frachtschiffreisen als alternative und spezielle Reiseform gegenwärtig eine Renaissance. Sie etablieren sich langsam aber kontinuierlich neben weiteren Nischen auf dem Tourismusmarkt, insbesondere in Deutschland. Früher reisten Passagiere auf Frachtschiffen nach dem Motto Hand gegen Koje – den Reedereien wurde die eigene Arbeitskraft angeboten, um vergünstigt oder kostenlos mitreisen zu können. Heute suchen einige Frachtreedereien konkret nach neuen Einnahmemöglichkeiten und bieten auf ihren Schiffen komfortable Kabinen für Touristen an. Einige Reisemittler und Spezialreiseagenturen haben sich auf die Vermarktung und den Vertrieb von Frachtschiffpassagen spezialisiert und kooperieren mit den Reedereien. Frachtschiffreisen sind eine Reiseform, der aus tourismusgeographischer, soziologischer und ökonomischer Perspektive bisher wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden ist. Im Gegensatz zur übrigen touristischen Schifffahrt liegen über den Markt von Frachtschiffreisen keine offiziellen Erhebungen oder wissenschaftlichen Beiträge vor. Die vorliegende Analyse schließt diese Lücken und liefert einen raum- und sozialwissenschaftlich begründeten Forschungsansatz zu Frachtschiffreisen auf Ozeanen und Meeren. Die Idee einer umfassenden Analyse zu diesem Thema wurde dabei von der Praxisseite begrüßt, was der Umstand belegt, dass nicht nur von wissenschaftlicher Seite eine ganzheitliche Darstellung des Themas auf großes Interesse stößt. Der Autor liefert Details zu Entwicklungslinien, Schiffstypen, Rahmenbedingungen, Bordleben, Landgängen, Fahrtgebieten, Kosten, Reedereien, Reisemittlern und Spezialreiseagenturen von Frachtschiffreisen. Als Einstieg dient die Darstellung der gesellschaftlichen und tourismusgeographischen Hintergründe der Analyse. Eine hypothesengeleitete empirische Untersuchung von Passagieren bildet den Schwerpunkt der Analyse. Sie liefert neue Erkenntnisse zu Reisemotiven, allgemeinen Reise- und Aufenthaltsmerkmalen sowie sozioökonomischen, -demographischen und -geographischen Merkmalen der Frachtschiffreisenden. Gestützt wird die Analyse durch Literaturrecherchen, explorative Expertengespräche und teilnehmende Beobachtungen. Vorangestellt sind Einblicke in die touristische Schifffahrt aus Hochsee-, Fluss-, Fährkreuzfahrten und Schiffscharter, um die Einzigartigkeit von Frachtschiffreisen herauszuheben.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.4, Flusskreuzfahrten: 3.4.1, Definition: Neben Hochseekreuzfahrten gehören Flusskreuzfahrten zu den am stärksten wachsenden Marktsegmenten der Touristik (SCHULZ & AUER 2010:238). Sie verzeichnen seit einigen Jahren eine kontinuierliche Zunahme der Teilnehmerzahlen. Für Kreuzfahrten auf Flüssen gilt dieselbe Definition wie bei Hochseekreuzfahrten (POPP 2002:6). Wesentlicher Unterschied zu den Hochseekreuzfahrten ist, dass bei Flusskreuzfahrten das Landerlebnis gleichberechtigt neben dem Bordleben steht. Jeden Tag befindet sich der Reisende an einem neuen Ort (SCHÜßLER 2005:207). Vorteile gegenüber Hochseekreuzfahrten haben Flusskreuzfahrten durch sehr kurze Wege an Bord und überschaubare Einrichtungen, Anlegestellen grundsätzlich in der Nähe des Zentrums der besuchten Städte, familiäre Atmosphäre aufgrund geringerer Passagierzahlen, überwiegend Außenkabinen sowie stabile Fahrt ohne Wellengang und Seekrankheit (BERG 2008:71). Die statistische Abgrenzung gegenüber Hochseekreuzfahrten erfolgt über die Zulassung der Schiffe durch Kriterien wie Tiefgang, Größe und Passagierzahl (ROHR 2010:36). Flusskreuzfahrten sind deutlich von der Ausflugsschifffahrt bzw. Tagesreisen auf Flüssen und Seen (ohne Übernachtung, Animation, etc.) zu unterscheiden. 3.4.2, Marktüberblick und Nachfrage: 2009 unternahmen weltweit ca. 1 Million Menschen eine Flusskreuzfahrt (SCHULZ & AUER 2010:238). Gemessen an den Passagierzahlen ist Deutschland mit 396.000 Passagieren (1999 noch 139.000) und 3,16 Millionen Übernachtungen (1999 noch 1,04 Millionen) der größte Flusskreuzfahrtmarkt der Welt (DRV/SCHÜßLER 2010:o.S.). Die Hauptnachfragegruppe liegt in der 50-Plus-Generation. Laut DRV Studie (2010:o.S.) waren 268.000 Passagiere (68%) über 56 Jahre alt. Durch den voranschreitenden demographischen Wandel wächst diese Zielgruppe in den Industrienationen stetig an (SCHARRENBROCH 2009). Eine Vielzahl von Anbietern sieht in dieser Zielgruppe das größte Potenzial (SANKTJOHANSER 2011 Schulz & Auer 2010:295). Die 50-Plus-Generation verfolgt im Wesentlichen drei Motive: Erholung/Ruhe, Naturerlebnisse und Kulturerlebnisse bei hohem Komfort (DIE ZEIT 2009), ganz gleich um welche Art Flussreise es sich handelt. Einige Anbieter streben einen Imagewandel der Flusskreuzfahrt an, um neue und besonders jüngere Kunden zu gewinnen. Speziell die TUI will den Markt der Flusskreuzfahrten aufmischen und dem Altbacken-Image auf Mittelklassekähnen mit Treppenliften und Geranienkästen mit einem neuen Konzept aus frischerer, anspruchsvollerer Unterhaltung an Bord, Freilichtkino, Open-Air-Barbecue und Lesungen entgegenwirken (HAMBURGER ABENDBLATT 2010 SANKTJOHANSER 2011). Erste Erfolge sind bereits in Sicht: gegenwärtig verzeichnen Altersgruppen der jüngeren Personen bis 40 Jahre leichte Zuwächse (SCHULZ & AUER 2010:296). Mit 424 Millionen Euro sind die Umsätze 2009 in Deutschland im Vergleich zu 1999 um 220% gestiegen, was die positive wirtschaftliche Entwicklung von Flusskreuzfahrten belegt. Mit einem Reisepreis von durchschnittlich 1.070 Euro und einer Tagesrate von durchschnittlich 136 Euro sind Flusskreuzfahrten ca. 35% günstiger, mit durchschnittlich 7,8 Tagen auch gleichzeitig 1,9 Tage kürzer als Hochseekreuzfahrten (DRV/SCHÜßLER 2010:o.S.). Nach Deutschland folgen Großbritannien, Frankreich, die USA und Japan als wichtige Flusskreuzfahrtmärkte (BERG 2008:70 SCHÜßLER 2005:208). Der Markt ist – anders als bei Hochseekreuzfahrten – national und international sehr zersplittert. Oftmals handelt es sich bei den Veranstaltern und Anbietern um sehr kleine Unternehmen mit wenigen oder nur einem einzigen Schiff. In Deutschland haben sich neben einer Vielzahl kleinerer Unternehmen mehrere größere Anbieter für Flusskreuzfahrten herauskristallisiert: Phoenix Flussreisen (44 Schiffe), Viking Flusskreuzfahrten (15 Schiffe), Nicko Tours (20 Schiffe, seit 2010 zusätzlich sieben übernommene Schiffe der Peter Deilmann Reederei), A-Rosa (sieben Schiffe) und Transocean Tours (sechs Schiffe, seit 2010 zusätzlich ein übernommenes Schiff der Peter Deilmann Reederei) (SCHULZ & AUER 2010:252 SEEREISENPORTAL 2011). 2008 ist auch die TUI in das Flusskreuzfahrtgeschäft eingestiegen (FVW 2007a KRUMMHEUER 2010) und hat seit April 2011 sechs Schiffe im Vollchartereinsatz (FRIEDRICH 2010 FVW 2010). Bedeutende amerikanische Anbieter sind American Cruise Lines, Grand Circle Travel und Uniworld. Marktführer in Frankreich ist Croisi Europe mit 26 Schiffen (SEEREISENPORTAL 2011). Die weltweite Flusskreuzfahrtflotte wird gegenwärtig auf ca. 1.000 Schiffe geschätzt (WARD 2010:92). Die Ausstattung der Schiffe reicht von einfach (z.B. bei Nischenkreuzfahrten oder Fahrten mit Megaflussschiffen) bis sehr luxuriös (z.B. bei klassischen Flusskreuzfahrten) die Passagierzahl beträgt je nach Schiffstyp zwischen 10 Passagieren z.B. bei Nischenflusskreuzfahrten und 300 Passagieren bei Megaflusskreuzfahrten (SCHULZ & AUER 2010:253ff.). Entsprechend sind die Kabinen je nach Kategorie zwischen 8 und 25m² groß. Auf jedem Schiff befinden sich Einrichtungen wie Restaurant, Bar, Bibliothek, Boutique und Sonnendeck mit Liegestühlen. Einige Schiffe bieten wiederum je nach Kategorie Swimmingpool, Fitnessraum, Friseursalon und Sauna (SCHÜßLER 2005:211). Die Flusskreuzfahrtanbieter präsentieren gegenwärtig verschiedene Themengruppen, in denen zunehmend Aktivitäten wie Wandern, Rad fahren, Reiten und Golfen mit einbezogen werden. Auch Erlebnisreisen unter den Themen Gourmet, Wein, Advent/ Weihnachtsmärkte und Romantik erfreuen sich ebenso wie Literatur-, Musik- und Sprachreisen wachsender Beliebtheit (MÜNSTER 2005:52 SCHULZ & AUER 2010:243 TÖNNISHÖFF 2002:43f).

Über den Autor

Lennart Heise studierte Geographie an der Georg-August-Universität in Göttingen und erlangte 2011 den akademischen Hochschulgrad des Diplom-Geographen. Seine interdisziplinären Interessensschwerpunkte liegen in der Analyse von Potenzialen und Risiken des Tourismus und weiterer globaler Herausforderungen auf lokaler und regionaler Ebene. Als Beispiele sind die Themengebiete Verstädterung, Wandlungsprozesse in Metropolregionen, Ressourcenknappheit, regionale und lokale Disparitäten sowie ökonomische und soziale Vernetzung zu nennen. Bei einer Freizeit- und Tourismusberatung sowie einem Veranstalter für Studienreisen und Exkursionen sammelte der Autor praktische Berufserfahrungen. Er reiste mehrere Monate durch Asien, Afrika, Nordamerika sowie Europa und ist dadurch zusätzlich für humangeographische Themen und Fragestellungen sensibilisiert.

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