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Geisteswissenschaften

Wiebke Knobloch

Jugendwiderstand in der DDR: Geschlossener Jugendwerkhof Torgau

ISBN: 978-3-86341-405-4

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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 10.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 56
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die historische Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik ist ein wichtiger Bestandteil der Geschichte Deutschlands. Mit der DDR beschäftigen sich Politwissenschaftler, Historiker und Erziehungswissenschaftler. Relevant für die Erziehungswissenschaftler ist das Thema der Pädagogik in der DDR, welche im Zusammenhang mit Heimen, Jugendhilfe und Jugendwerkshöfen steht und viele Facetten aufweist. Auch das Bildungssystem mit den Thematiken der Umsetzung von pädagogischen Konzepten in der Schule, der pädagogischen Arbeit in den Betreuungseinrichtungen sowie die Methodenauswahl für eine erfolgreiche Umsetzung sind für eine Auseinandersetzung mit der DDR-Pädagogik von Bedeutung. Nicht nur die Maßnahmen, sondern auch die Konzeption der DDR-Pädagogik stehen im Vordergrund dieser Arbeit und bilden deren zentrale Frage. Gezielt geht die Arbeit auf die Umsetzung der pädagogischen Maßnahmen in den Jugendwerkhöfen, speziell im Jugendwerkhof Torgau, ein. Ausgangspunkte sind Definition und Historie der Jugendwerkhöfe, um zu verstehen, wie die pädagogischen Konzepte in der Praxis angewandt wurden. Der Jugendwiderstand in der DDR stand im engen Zusammenhang mit der Jugendhilfe und deren Maßnahmen. Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit den Folgen des Jugendwiderstandes. Besonders werden die Methoden der Anpassung und die sozialistische Umerziehung, welche auch die Kollektiverziehung beinhaltet, erläutert. Anhand von Beispielen und Erfahrungsberichten werden Fragen zur Methodik, zu Anwendungsformen und Maßnahmen der DDR-Pädagogik, speziell im Jugendwerkhof Torgau, untersucht. Umsetzung und Anwendung der Kollektiverziehung sowie Alltagsablauf der Jugendlichen werden kritisch beleuchtet. Der Fokus liegt hier bei den Erziehungs- und Strafmaßnahmen sowie den Aufgaben und dem Verhalten des Personals, welche kritisch analysiert werden.

Leseprobe

Textprobe: 3, Jugendwiderstand in der DDR: Der gegen das kommunistische Regime gerichtete Widerstand kristallisierte sich verstärkt Anfang der 50iger Jahre heraus. Als Feind wurden alle die eingestuft, welche nicht die Ideologie des Staates vertraten. In der DDR waren die Thematiken und Widerstand und Oppositionen Tabu-Themen, gerade von Seiten der SED. Dennoch bildeten sich Gruppen, besonders oppositioneller Jugendlicher. Bekannt ist die Gruppe, welche den 'Eisenberger Kreis' bildete. Sie bleibt aber auch die Ausnahme. Dazu möchte ich nur einen kurzen Einblick gewähren, da sich das Thema der Arbeit nicht ausschließlich mit dem 'Eisenberger Kreis' beschäftigt, aber dennoch eine Form des Widerstandes ausdrückt. Der Gründer Thomas Ammer gehörte der FDJ an, aber nicht aus politischer Überzeugung, sondern damit er die Möglichkeit hatte, sein Abitur zu machen. Die Ammer Gruppe setzte sich im Laufe der Gründungsgeschichte mit einer weiteren Gruppe in Verbindung, welche die gleichen Absichten und Ziele verfolgte. Die zwei Gruppierungen, welche unabhängig voneinander waren, schlossen sich dann zusammen. In Bezug auf die Jugendwerkhöfe geht es primär darum, dass sobald ein Jugendlicher nicht die Ideologie des Regimes vertritt, eingewiesen worden ist. Somit eine Meinungsäußerung nicht möglich war - vor allem in der Öffentlichkeit. Wer in der Öffentlichkeit für einen Widerstand aussprach, musste damit rechnen, dass er von der Staatssicherheit, welche 1950 gegründet wurde, verfolgt wurde. Die Strafen sollten abschrecken, um sich weiterhin gegen das Regime aufzulehnen. Die Strafen konnten die Einweisung ins Zuchthaus, in die Psychiatrie oder die Einweisung in den Jugendwerkhof bedeuten, je nach Alter und Straftat hat die Behörde das Strafmaß ausgesprochen. Auch der Eisenberger Kreis war u. a. gegen die Scheinwahlen der SED, denn das Ergebnis der Wahlen wurde bereits im Vorfeld beschlossen. So ergangen ist es auch dem damals 18-jährigen Joseph Flade, der in seiner sächsischen Heimatstadt Olbernhaus Flugblätter gegen die undemokratische Volkswahl verteilte vom Landgericht Dresden wird er dafür zum Tode verurteilt. Er antwortete im Gericht auf das Urteil und auf die Frage, ob es ihm bewusst wäre, dass er das höchste Strafmaß zu erwarten hatte: 'Auch wenn Sie mich zum Tode verurteilen, ich liebe die Freiheit mehr als mein Leben.' 3.1, Sozialistische Erziehung: Die Förderung der sozialistischen Erziehung lag in den Schwerpunkten Sport, Kultur und Schule. Auf diese drei Bereiche bezogen sich die Gesetzgebungen. Auch das Jugendgesetz wurde geändert und den Bedürfnissen der Jugendförderung angepasst. So wurden alleine zwischen 1950 und 1974 drei Gesetze zur Förderung verabschiedet. Diese drei Gesetze waren: 1. Gesetz über die Teilnahme der Jugend am Aufbau der DDR und die Förderung der Jugend in Schule und Beruf, bei Sport und Erholung (1950). 2. Gesetz über die Teilnahme der Jugend der DDR am Kampf um den umfassenden Aufbau des Sozialismus und die allseitige Förderung ihrer Initiative bei der Leitung der Volkswirtschaft und des Staates, in Beruf und Schule, bei Kultur und Sport (1964). 3. Gesetz über die Teilnahme der Jugend an der Gestaltung der entwickelten Sozialistischen Gesellschaft und über ihre allseitige Förderung in der DDR. Durch die Gesetze wird deutlich, dass es dem Regime sehr wichtig war, die Jugend am Aufbau der DDR und dem Sozialismus zu beteiligen und diesen zu verinnerlichen. Durch die Gründung von Jugendgruppen, wie etwa den Jungpioniere, Thälmann-Pioniere und die FDJ, innerhalb der Schulen, sollte ein Zusammenhalt geschaffen werden und ein kollektives Miteinander. Der Staat wollte die sozialistische Erziehung nicht ausschließlich dem Elternhaus überlassen, sondern übernahm großen Einfluss, schon durch Pflichtveranstaltungen in den Schulen. In der Verfassung der DDR, im Artikel 31 vom 7.10.1949 hieß es: 'Die Erziehung der Kinder zu geistig und körperlichen tüchtigen Menschen im Geiste der Demokratie ist das natürliche Recht der Eltern und deren oberste Pflicht gegenüber der Gesellschaft.' Für den Staat war es außerordentlich wichtig, dass die sozialistische Erziehung in allen Lebensbereichen wiederzufinden war. Die Kinder sollten sich in das bestehende System einordnen, mit all ihren allseitigen und psychischen Entwicklungsschritten durch die menschenbildende Einwirkung in Form der Arbeit sollten weitere sozialistische Ideologien vermittelt werden. Für das Regime war die Erziehung durch Arbeit die eigentliche und wichtigste Voraussetzung für das Menschwerden. Aufgabe der Institutionen, dazu zählten alle Betreuungseinrichtungen sowie Heime und Jugendwerkhöfe, war es durch Erziehungsmaßnahmen das Gemeinschafts- und Kollektivverhalten zu stärken sowie die Werte der sozialistischen Erziehung weiterzugeben und somit auch eine Vorbildfunktion inne zu haben. Das höchste Ziel der Einrichtungen, wie z. B. Schule, Hort, Kinderkrippe, Kindergarten, war es, dass die zu Erziehenden in die bestehende sozialistische Gesellschaft aufgenommen werden und sich nützlich einbringen. So war auch das oberste pädagogische Ziel in allen Heimen, in denen es um eine Umerziehung ging. Die Mitarbeiter sollten die Jugendlichen zu vollwertigen Mitgliedern der sozialistischen Gesellschaft umerziehen und das Bewusstsein dieser stärken. 3.2, Kollektiverziehung: Durch die Einbeziehung von den o.g. Institutionen wurde nicht nur sozialistisches Gedankengut sehr früh verankert, sondern auch die Kollektiverziehung in frühen Kinderjahren gestärkt und gefördert. Zur Zeit der Teilung der Bundesrepublik Deutschlands verstand man unter dem Begriff Kollektiv jenes, was wir heute als Team oder Arbeitsgruppe bezeichnen. In der DDR wurde der Begriff Kollektiv in etwas anderer Form abgewandelt und angewandt. Der Begriff der Kollektiverziehung steht dem Begriff der Individualisierung gegenüber und hat in vielen westlichen Ländern keinen festen Bestandteil in der Erziehung gefunden. Schon der Philosoph Rousseau (1750) befasste sich in der Neuzeit mit den Gegensätzen Kollektiv und Individualismus/Subjekt sowie zur Zeit der Antike waren es Platon und Aristoteles, welche sich mit dem Gemeinwohl und Glück des Einzelnen befassten und philosophierten. In der Zeit des Mittelalters war es Thomas von Aquin, der sich mit dem Gemeinwohl auseinandersetzte. So hatte jede Zeit seine Philosophen, Meinungen und Ansichten, welche gegensätzlich diskutiert worden sind und sich mit dem verschiedenen Machtwechsel und Wechsel der Epochen änderten. In Frankreich war die kollektivistische Einstellung innerhalb der Sozialwissenschaften stark vertreten gewesen. Bekannte Vertreter, wie Durkheim und seine Schüler, setzten durch ihre Schriften der Individualisierung entgegen. Dennoch kann in der modernen philosophischen Erkenntnistheorie mehrheitlich gesagt werden, dass der Fokus bei der Betrachtungsweise auf dem Subjekt liegt und somit individuelle Verhaltensweisen im Vordergrund standen. Aber zurück zur Kollektiverziehung der DDR, welche auf den sowjetischen Pädagogen Anton Semjonowitsch Makarenko zurückzuführen ist. Er lebte von 1888-1939 und galt als Gründer und starker Anhänger der Kollektiverziehung. Für ihn wichtige Merkmale der Kollektiverziehung waren: Disziplin, Ehrlichkeit, Kritik, Arbeit und ein hohes Maß an Verantwortung. Seiner Meinung nach sollte ein Kollektiv eng mit anderen Kollektiven verbunden sein und durch eine gemeinsame Zielsetzung und durch gemeinschaftliche Arbeit dem Wohle aller dienen. Das Ziel der Kollektiverziehung war es, dass das Kollektiv den Einzelnen erziehen sollte. Der Begriff der Kollektiverziehung zu Zeiten der DDR ist heute mit negativen Attributen behaftet, da dies eng im Zusammenhang mit Appellen, Drill und Züchtigung stand. Das Erziehungssystem von Makarenkos orientierte sich an Rousseau und Pestalozzi, die beide der Meinung waren, dass der wildgewordene Mensch ohne jegliche Form von Erziehung der Gesellschaft schadet. Die Einstellung des Pädagogen wurden in der Zeit der Kollektiverziehung nicht mehr geachtet. Sein Leitspruch 'Ich fordere dich, weil ich dich achte' beinhaltete nicht die Fahnenappelle, den Politdrill oder die Prügelstrafe. Letzteres lehnte er komplett ab und setzte bei seiner Erziehungsmethode auf die Autorität der Erzieher und dem respektvollen Umgang mit den Kindern. Aber auch das Vertrauen und die Aufrichtigkeit dem zu Erziehenden gegenüber nahmen einen großen Stellenwert bei der Erziehung nach Makarenko ein. Bei allen seinen Maßnahmen durfte der gesunde Menschenverstand nie außer Acht gelassen werden, sondern war immer ein fester Bestandteil, sich diesem auch zu bedienen. Wann wurde die Umsetzung der Kollektiverziehung nun aber in DDR gestaltet? Die Prozessabläufe und die festgelegten Strukturen waren in allen Einrichtungen vorgegeben. Sie unterschieden sich nur in den Heimen und Jugendwerkhöfen, in allen anderen Gruppen und Brigaden, Schulen, Horteinrichtungen, Kindergärten und innerhalb der Jugendgruppen wurden gleiche Bedingungen und Voraussetzungen für eine Umsetzung geschaffen. Die Einführung eines Erziehungs-Stufen-Systems wurde in den ersten Jahren nach dem Krieg eingeführt. Setzte sich aber nicht durch, da Kritiker die Förderung egoistischen Handelns darin sahen. Ziel war es, gute Leistung zu belohnen, was zum egoistischen Handeln führte und diese Entwicklung der Erziehung nicht konform mit der Kollektiverziehung einherging. Die Kollektiverziehung in der DDR konzentrierte sich dann auf das pädagogische Vorgehen und die Entstehung von Kollektiven. Somit stand die Öffnung von Kollektiven im Vordergrund und gleichzeitig sollte die Persönlichkeit der Kinder entwickelt werden. Bedeute aber in der DDR, dass eine gezielte Beeinflussung stattgefunden hat, um die Kontakte innerhalb der Individuen und Gruppen zu stärken und qualitativ aufzuwerten. Dadurch sollten die zwischenmenschlichen Beziehungen und Informationswege gestärkt werden und das Kollektiv als Gruppe sollte Verantwortung übernehmen, für sich und für jeden Einzelnen. So sollte gemeinschaftliche Arbeit zu gemeinsamen Nutzen führen - der Erzieher immer als Vorbildrolle integriert, aber stets darauf bedacht, seine Autorität nicht zu verlieren. Monatlich war es dann möglich, in Form der vorgeschriebenen Vollversammlung - für jedes Kollektiv eine eigene- sich auszusprechen, wenn es Konflikte gab, oder nach Lösungsvorschlägen zu suchen. Auch die Form der Bestrafung fand innerhalb des Kollektivs statt. Diese sollten aber begründet werden. In den meisten Fällen kam es zur Bestrafung, wenn das Ziel des Kollektivs verletzt worden war. In vielen Fällen wurde ein Gespräch geführt und gemahnt, der weitere Schritt wäre das öffentliche Maßregeln gewesen. Trotz aller kritischer Vergleiche mit der Erziehungspädagogik in der BRD wurde an der Kollektiverziehung festgehalten. Auch in den Heimen wurde streng darauf geachtet, dass die Kollektiverziehung umgesetzt wird. In den Heimen wurden Jungen und Mädchen zusammen aufgenommen, damit das Gefühl einer geschwisterartigen Zuneigung entstehen sollte. Dieses Familiengefühlt sollte vermittelt werden in die sozialistischen Erziehungsmethoden.

Über den Autor

Wiebke Knobloch wurde 1980 in Wismar geboren. Das Studium der Erziehungswissenschaft (BA Außerschulische Bildung) schloss die Autorin erfolgreich an der Justus-Liebig Universität in Gießen ab.

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