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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 01.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 76
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Durch den Selbstmord Sylvia Plaths entstand der sogenannte Plath-Kult, ihre Werke wurden deswegen größtenteils biografisch gelesen und interpretiert. Die Gleichsetzung der Autorin mit dem Ich in ihren Werken wurde von Kritikern und Biografen weiter forciert, indem sie in ihren Analysen und Darstellungen Biografisches mit Fiktion gleichsetzten und den Plath-Kult antrieben. Das Thema Identitätsverlust und die Todes- und Selbstmordthematik ist demnach ein sehr brisantes, da der Finger genau in die Wunde gelegt wird. Ausgewählte Schlüsseltexte sind der Roman 'die Glasglocke', die 'Ariel- Gedichte' und die Tagebücher von Sylvia Plath. In drei verschiedenen Genres wird der Fragestellung nachgegangen, wie die Autorin den Themenkomplex des Todes und des Selbstmordes fiktionalisiert und dargestellt hat. Die exaltierte Darstellung des lyrischen Ich in der confessional poetry und die Verwendung von Doubles als Rollenvorbilder in einem auf Konformität bedachten Amerika der 1950er Jahre spielen neben der Ausbildung des sanktionierenden Du in den Tagebüchern eine zentrale Rolle.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.3, Selbstmord als Möglichkeit: Esther wirft am letzten Abend in New York ihre Kleidungsstücke aus dem Hotelfenster, sie wirft ihre lästigen Rollen ab und damit auch all die vagen, falschen Identitäten. Die Übergangszene lässt die Protagonisten nackt zurück, auf sich selbst zurückgeworfen. Bronfen sieht hier den Verlust der Anerkennung durch den männlichen Blick. Kein Geliebter, kein Herausgeber, kein Professor, der ihr von außen das gibt, was sich von innen nicht bilden kann. Die speziell maskuline Aufwertung ist zu eng gefasst, vielmehr ist Esther an einen Punkt angelangt, an dem sie ihre liminale Phase verlassen muss und soziale und moralische Maßstäbe, die seither für sie galten, infrage stellen müsste. Stattdessen sieht sie sich mit einer Welt konfrontiert, die ihre eigenen (anerzogenen) Wertvorstellungen nicht teilt, sie konterkariert. Sie sieht ihre eigenen Bedürfnisse wachsen, besonders ihr sexuelles Verlangen. Aber sie kann nicht aus ihrer Haut, sie arbeitet im Inneren immer wieder ihre Liste von Dingen ab, die sie ihrer Meinung nach nicht kann, und diese 'Liste wurde immer länger. Die wachsenden Selbstzweifel resultieren z. B. auch aus der Kritik ihrer Chefin Jay Cee, die ihre Arbeit im Verlag kritisierte. Ihr fehlendes Selbstvertrauen findet Bestätigung in der Ablehnung Constantines, der sie nicht entjungferte. Esther macht ihr Aussehen und ihre mangelnde Intelligenz dafür verantwortlich. Ein anderer Mann, Marco, beschimpft Esther und vergewaltigt sie beinahe. Um das Verhalten Esthers verstehen zu können, dürfen somit nicht ausschließlich soziale Strukturen verantwortlich gemacht werden, sondern ebenso psychologische. Pat Macpherson fast Esthers Problematik präzise zusammen: 'The combination of cultural misogyny and learned self-hatred is more deadly than any rational feminist analysis can resolve.' 2.3.1, Die Krankheit zum Tode: 'Die Sommerruhe hatte ihre beschwichtigenden Hände über alles gebreitet, wie der Tod.' Esther läutet hiermit die Talfahrt ihres emotionalen Zustandes ein. Als sie zum Haus ihrer Mutter fährt, keimen erste Ängste auf, hier länger bleiben zu müssen. Mrs. Greenwood führt eine Art Schwebezustand im Roman. Sie erscheint nur sporadisch, aber immer dann, wenn sich Esther in Extremsituationen befindet. Einer dieser Momente, in dem sie die Situation katalytisch beeinflusst, sind die bitteren Neuigkeiten, die sie Esther mitteilt, nachdem sie aus New York nach Hause gekommen war. Sie wurde zum Schreibkurs in Harvard nicht angenommen, und die Protagonistin 'sah ihrem Hals die schlechten Nachrichten schon an.' Esthers Welt gerät ins Wanken und sie sieht ihren eigenen Körper unmittelbar nach Erhalt der erschütternden Neuigkeit in die Tiefe fallen, die Brücke über den Abgrund war eingestürzt. Der Abgrund bedeutet für Esther auch einen ganzen Sommer in den Vororten verbringen zu müssen, in Gesellschaft von stereotypischen Vorort-Müttern und Hausfrauen, von denen sie sich so sehr distanzieren will. 'Esther realizes that she cannot stay in the suburbs with the mother women, but she has lost the will to escape because she has no vision of a place to escape to.' Es folgen halbherzige Versuche, aus der sich schließenden Glasglocke zu entfliehen. Esther nimmt sich vor, einen Roman zu schreiben und Stenografie bei ihrer Mutter zu lernen. Letztendlich beginnt Esther mit ernsthaften Todesphantasien und Selbstmordabsichten aber erst, nachdem ihr wiederholt eine innere Grenze bewusst wird. Die Möglichkeit, als Schriftstellerin zu arbeiten, die letzte Feige vom Baum. Mangelnde Lebenserfahrung verhindert ihre Weiterarbeit am Roman. 'Ich beschloß, den Roman aufzuschieben, bis ich nach Europa gefahren wäre.'100 Esther ist also auf ihren Erfahrungshorizont zurückgeworfen, wenn sie als Schriftstellerin arbeiten will, und leitet sich mit dieser Erkenntnis in eine Sackgasse, in den Stillstand ihrer Kreativität. Die Protagonistin fühlt immer deutlicher ihr Unbehagen in der Welt. Sie verliert ihre Orientierung und ist unfähig Handlungen und Reaktionen von sich zu steuern, die Depressionen lähmen sie und die Glasglocke beginnt sich zu senken: 'Meine Hand tastete sich ein paar Zentimeter vor, doch dann zog sie sich wieder zurück und sackte nach unten. Ich zwang sie noch einmal in die Richtung des Hörers, und wieder stockte sie, als würde sie gegen eine Glasscheibe stoßen.' 2.3.2, Der Entschluss: Um Esthers Depression entgegenzuwirken, wird sie zu einem blasierten und selbstgefälligen Arzt geschickt. Esther ahnt sofort, dass dieser Mann ihr nicht helfen kann. In der weiteren Entwicklung zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die unrealistischen Erwartungen ihrer Mutter dazu beisteuern, dass Esther zusammenbricht. Mrs. Greenwood ist nicht in der Lage, Esther als Individuum anzunehmen, mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen. Esther kann die Nähe der Mutter kaum ertragen. Die Glasglocke, die ihre Mutter darstellt, die sie beengt und beeinflusst, lassen Esthers destruktive Aggression hervortreten. Sie entwickelt Tötungsphantasien, um die Schweinelaute der Mutter im Schlaf abzustellen, stellt sie sich vor, die Haut- und Sehnensäule, aus der sie hervordrangen, so lange zuzudrücken, bis alles still war. Als Esther nicht weiter an denen für sie schrecklichen Elektroschocktherapien teilnehmen will, zeigt ihre Mutter ein ignorantes und wenig empathisches Verhalten und setzt sie zusätzlich unter Druck, indem sie vorgibt zu wissen, dass ihre Kleine nicht so wäre, wie all die schrecklich toten Leute103 in der Klinik. Der emotionale Druck zwingt Esther, weiter an der Elektroschocktherapie teilzunehmen. Die Patientin Esther, die die ECT-Behandlung als Bestrafung für eigenes Fehlverhalten interpretiert, kann die Therapie nicht länger ertragen. Sie leidet unter schwerer Schlaflosigkeit und das Martyrium der Schockbehandlungen hilft ihr nicht, sondern verschlimmert die Situation. Auf einer Parkbank sitzend ruft sie nach dem Appell der Mutter '[…] den Chor der inneren Stimmen zusammen.' Alle Stimmen sind negativ und sprechen aus ihrer Vergangenheit über ihr Versagen. Esther realisiert, dass ihr Dr. Gordon nicht helfen kann, und stattdessen entwickelt sie ihre eigene Methode, ihre Probleme zu lösen: den Selbstmord. Die Notwendigkeit, Entscheidungen zu treffen, könnte durch die Flucht in den Tod abgewendet werden. Der Entschluss, Selbstmord zu begehen, wurde aber erst real, als sie zum ersten Mal das Grab ihres Vaters besuchte. Sie erlebt dort eine Art Katharsis, die ihr die Gewissheit über die Richtigkeit ihres Planes, sterben zu wollen, gibt. Esther weint ihren Schmerz heraus, um dann entschlossen den Weg in den Tod zu gehen. Viele Kritiker sehen einen Elektrakomplex als Motiv für Esthers Todessehnsucht. Sie will die Einheit mit dem toten Vater wiederherstellen. Schlüssiger scheint hier der Aspekt des emotionalen Verlustes und der Sehnsucht nach einer männlichen Autorität, die Esther die Last der Entscheidung abnehmen könnte.

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