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Produktart: Buch
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Erscheinungsdatum: 04.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 72
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

‘My book is a comic book. Not a movie, not a novel. A comic book. It’s been made in a certain way, and designed to be read a certain way: […].‘: Alan Moore, der Texter von Watchmen, betonte immer wieder, dass er sich mit der Verfilmung seiner Werke kritisch auseinandersetzte. Er lehnte alle bisherigen Verfilmungen seiner Werke ab. Der Graphic Novel-Komplex der Watchmen hielt dabei immer eine besondere Position inne. Terry Gilliam nannte die Reihe das ,Krieg und Frieden‘ der Graphic Novels Brad Meltzer, ebenfalls Autor von Graphic Novels, bezeichnete Watchmen als den CITIZEN KANE der Comics. Alan Moore selbst betonte, dass er bei der Konzeption der Watchmen vornehmlich die besonderen rezeptionellen Fähigkeiten der Comics hervorheben wollte. Seine Arbeit wurde konzipiert als unfilmbares Material. Dennoch erwarben die Lawrence Gordons Productions schon früh die filmischen Rechte um das Graphic Novel als Vorlage für eine Film-Adaption zu verwenden. Immer wieder versuchten verschiedene weitere Produzenten im letzten Vierteljahrhundert die Comics als Filmmaterial aufzugreifen, doch in fast allen Fällen waren die Versuche vergebens - bis zu Zack Snyders polarisierender Watchmen-Adaption.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4, Sexualität und Gewalt in Film und Graphic Novel: Sexualität und Gewalt sind allgegenwärtig im New York der Watchmen - ob nun in der Vorlage der Graphic Novel oder in der filmischen Adaption von Zack Snyder. Viele Kritiker verweisen darauf, dass dies Watchmen zu einem bloßen Action-Spektakel reduziert hätte. Diese Perspektive lässt aber außer Acht, dass die sich immer wiederholenden Darstellungsweisen von Gewalt und Sexualität der geradlinigen Erzählweise des klassischen Hollywood-Kinos entgegen spielt - ganz abgesehen von der bereits von unzähligen verschiedenen Zeitsträngen untergrabenen chronologischen Erzählung. Dennoch unterscheidet sich die Darstellung dessen voneinander. Die Darstellung von Gewalt äußert sich innerhalb der Comicbücher meist in der bloßen Präsenz von Blut, die auf zuvor einwirkende Gewalt hindeuten lässt. Es fließen Unmengen Blut innerhalb der Erzählung, ohne die explizite Gewalttat selbst zu beschreiben. Die Sexualität wird durch verschiedenste Beziehungen dargestellt, einige wurden für die filmische Adaption ausgelassen. So die homosexuelle Beziehung zwischen Joey, der Taxifahrerin, und Aline, der politischen Aktivistin, und die ebenfalls homosexuelle Beziehung zwischen den beiden Minutemen Captain Metropolis und Hooded Justice. So liest der Comedian das Hustler-Magazin, das in der Vorlage immer von Joey am Zeitungsstand gekauft wird. Schon die Darstellung der Credits im Film greift einige solche Ereignisse der Graphic Novel auf, die über die gesamten Kapitel verteilt sind und teilweise auch nur im Zusatzmaterial am Ende eines Kapitels dargestellt werden. Es handelt sich hierbei zuerst um eine Rekapitulation der Geschichte der Minutemen, beginnend mit ersten kleinen Erfolgen in der Verbrechensbekämpfung, über das Ende des Kriegs, zu ersten Rückschlägen der Helden und hin zur Ermordung Silhouettes, begründet durch ihre sexuelle Orientierung - immer mit der Anwesenheit der Presse. Anschließend wird die Veränderung der Situation für die nächste Generation der Superhelden durch das Erscheinen des Übermenschen Dr. Manhattans, sich verschiebende politische Gegebenheiten und neue gesellschaftliche Herausforderungen geschildert, die letztendlich im Verbot mit dem Keene Act 1977 enden. Durch die Darstellung einer Omnipräsenz der Presse wird einerseits aufgegriffen, dass viele der Geschehnisse in Form von Zeitungsberichten in die Comicbücher eingebunden wurden, andererseits wird die mediale Inszenierung von Verbrechen und Verbrechensjagden thematisiert, welche letztendlich ein Verweis auf heutige Superhelden-Verfilmungen sind. Die Bewegungen sind einstudiert und die Helden stehen in Pose, während die Fotografen ihre Kamera auf das spritzende Blut richten. Der Körper von Silk Spectre ist nicht nur für die Fotografen im Mittelpunkt, sondern wird auch von den Polizisten begutachtet. Sie wird in die männliche Reihe als Frau in der eigentlichen Rolle eines Mannes aufgenommen, unter der Voraussetzung der betonten äußerlichen weiblichen Attribute. Der Comedian lächelt in die Kamera, während er einen Bankräuber überwältigt und zusammen posiert die Gruppe der Minutemen vor der Presse. Mit dem Ende des Krieges folgt ein gewisser Paradigmenwandel für die Superhelden, die Schattenseiten des Lebens als Abenteurer werden präsent. Dollar Bill bleibt mit seinem Umhang in einer Drehtür stecken und die Presse findet ihn vom eigentlich Gejagten getötet vor. Silk Spectre muss aufgrund ihrer Schwangerschaft in den frühzeitigen Ruhestand gehen. Der Mothman wird auf der Straße von Pflegern aufgegriffen und in eine Psychiatrie gesperrt. Die androgyne Silhouette wird kurze Zeit nach Beginn ihres unehrenhaften Ausschluss‘ von den Minutemen - zusammen mit ihrer lesbischen Geliebten nur in Reizwäsche bekleidet im Bett liegend - getötet. Im Film betont Rorschach, dass sie wegen ihrer zweifelhaften Moral getötet wurde, in der Graphic Novel aber verweist er auf einen unbedeutenden früheren Gegner. Dies rückt ihre Sexualität weiter in den Vordergrund als es der bloße damit begründete Ausschluss getan hätte. Die Sexualität der Akteure scheint also Teil des gesellschaftlichen Diskurses zu sein und verweist auf die Ära der Minutemen, die Zeit nach dem Keene Act 1977, in der Rorschach den Mord thematisiert und auf die Gegenwart, in der das Publikum die Informationen bewertet. Auch diese Ereignisse werden von der Öffentlichkeit und der Presse begleitet. Die Präsenz der Presse wird während dieser Szenen weiter dadurch betont, dass Bewegungen auf ein Minimum begrenzt sind und darüber hinaus in Zeitlupe dargestellt werden. Die filmischen Bilder gleichen so fast Fotografien, es werden immer kurze Momentaufnahmen gezeigt. Gleichzeitig ergibt sich so eine Parallelität zu Darstellungsweise von Comics und Graphic Novels, die einzelne Bilder je Panel zeigen. So wird die Ära der Minutemen als deutlich stilisiert entlarvt und sie werden gleichgesetzt mit üblichen Comic-Superhelden, welche diese Stilisierung für die Darstellungsweise nutzen müssen. Diese Ästhetik wird später im Director’s Cut nochmal aufgegriffen, wenn Hollis Mason von den ‚Knot Tops‘ überfallen und getötet wird. Jeder Schlag auf seine Gegner wird gegengeschnitten mit Bildern von früheren erfolgreichen Kämpfen gegen Verbrecher. Damals konnte er siegreich sein, heute ist er der Verlierer. Das ist die Bestätigung, dass die Ära der alten Superhelden vorbei ist und nichts mehr mit der heutigen Realität gemein hat. Die daraufhin gezeigten Ausschnitte aus der Vergangenheit der Watchmen werden immer noch in Slow Motion präsentiert, zeigen aber die alternative Realität des DC Comics - ohne besonders für die Zeitungswelt inszeniert zu sein. Traumatisierende Geschehnisse aus dem kindlichen Alltag der letzten Generation von Superhelden werden parallel geschnitten mit Ereignissen von welthistorischer Bedeutung, wie das Aufeinandertreffen von Dr. Manhattan und Präsident Kennedy, sowie seiner späteren Tötung durch den Comedian. Der erste brutale Übergriff von Walter Kovacz als Rorschach wird wiederum mit dem kalten Krieg gegengeschnitten. Dies sind nur die ersten Szenen, die abwechselnd prägende Momente für Teile der Watchmen mit der durch sie beeinflussten Weltgeschichte verknüpfen und sie so eindeutig in die alternative Geschichte der Graphic Novel und des Films einbinden. Die Rückschau wird beendet mit der dritten Bestätigung Nixons im Amt und dem Verbot der heldenhaften Aktivitäten durch den Keene Act. Die Darstellung weist immer noch Aspekte inszenierter Pressedarstellungen auf, aber auch die Gegenüberstellung von Fernsehen und Druckpresse verdeutlicht die realistischere Vermittlung der Realität, welche deutlich von den Zeiten der Minutemen abgrenzt.

Über den Autor

Carolin Blefgen, Studentin der Medienkulturwissenschaft und Ökonomie der Soziologie der Medien, wurde 1990 in Olpe geboren. Ihr Bachelor of Arts-Studium an der Universität zu Köln hat die Autorin im Jahr 2013 erfolgreich abgeschlossen. Seit 2011 ist sie als studentische Hilfskraft in der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln tätig und arbeitet seit Januar 2013 ehrenamtlich für das Hochschulradio Kölncampus. Ihre vielseitigen Interessen erstrecken sich von Theater, Fernsehen, Radio, Informatik über Filme bis hin zu Graphic Novels. In ihrem Studium beschäftigte sie sich in diversen Seminaren mit Gender- und Körpertheorien. Bereits während ihres Auslandsaufenthalts in der Schweiz recherchierte sie für ihre detailreiche Analyse der filmischen Adaption der Graphic Novel Watchmen, dessen sie sich nicht mehr entziehen konnte.

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