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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 09.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 108
Abb.: 1
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Lange Zeit war das Phänomen der römischen Kavallerie nur eine Fußnote in der römischen Militärgeschichte. Kein Wunder, denn die Erklärung für die relativ kurze Periode der rein römischen Kavallerieverbände scheint auf einen flüchtigen Blick einleuchtend: Die Römer waren keine besonders guten Kavalleristen und wurden im Zuge der marianischen Reformen zum Wohle des gesamtrömischen Militärapparates durch bessere Kavalleristen ersetzt. Diese gängige These hatte lange Bestand und wurde, vielleicht mangels Interesse oder gerade ob ihrer bequemen Einfachheit, kaum hinterfragt, obwohl doch deutliche Anzeichen für Fehler zu sehen waren. Das bedeutendste Problem der diesbezüglichen Forschung ist aber nicht die dogmatische und damit festgefahrene These einer schlechten römischen Kavallerie, sondern das größtenteils mangelhafte Verständnis der Zusammenhänge zwischen römischem Heer und römischer Gesellschaft. Trotz der guten Ansätze verschiedener Autoren sind die wesentlichen Schlüsse eigentlich nicht gezogen worden: das veraltete und schlichtweg falsche Dogma der mangelhaften römisch-republikanischen Kavallerie blieb bestehen. Erst McCall hat es verstanden, die Ansätze seiner Vorgänger und vor allem die Schlussfolgerungen aus der von Gelzer verfassten Abhandlung über die römische Adels- und Elitenschicht richtig auf die Kavallerie zu beziehen und so den Mythos nicht nur zu widerlegen, sondern in das Gegenteil zu verkehren.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2, Kavallerie und Elite: Im Zuge der mittleren Republik war es die Aufgabe der reichsten römischen Bürger, das Personal für die Kavalleriestreitmacht der römischen Armee zu stellen. Diese Tradition der Aufgabenübernahme findet sich nicht erst im römischen Reich wieder, sondern scheint in der Geschichte der Menschheit ein immer wieder anzutreffendes Phänomen zu sein. Bereits im Griechenland der Antike war es Aufgabe der Aristokratie die Kavallerieverbände aufzustellen und zu unterhalten, wie man an den Beispielen Boiotien, Athen und Thessalien erkennen kann. Der Dienst in der Kavallerie war damit mehr als nur eine Form des Dienstes für den Staat, sondern vielmehr auch eine prestigeträchtige Art seine elitäre Stellung innerhalb der Gesellschaft zu untermauern. Trotzdem verschwand die Kavallerie Anfang des ersten Jahrhunderts als taktische Einheit aus der römischen Gesellschaft und wurde durch Auxiliareinheiten ersetzt. Hier eine Korrelation zwischen den Merkmalen ‘nicht mehr vorhanden’ und ‘schlecht’ herzustellen, scheint mir, wenn auch durchaus auf den ersten Blick möglich, zu kurzsichtig, da die Existenz einer bewährten Institution beendet wurde, die seit mehreren Jahrhunderten bestand und fest im Gesellschaftssystem Roms Bestand hatte - auch wenn die effektive Größe der Streitmacht selbst eher klein war. Kavallerietruppen wurden (von den Römern selbst) nur in geringem Maße eingesetzt, da sie nur aus den wohlhabendsten Familien rekrutiert werden konnten. Mann muss sich eines immer vergegenwärtigen: Der finanzielle Aufwand, den man betreiben musste, um sich Pferde und Ausrüstung für einen Einsatz in der Schlacht leisten zu können, war zu hoch, als dass man eine schlagkräftige Kavalleriekomponente im Feldheer hätte integrieren können. Zudem war der gezahlte Sold dieser Zeit wenig mehr als eine Aufwandentschädigung. Dieser Zustand änderte sich erst mit den marianischen Reformen durch den Konsul Gaius Marius. Bis in die letzten Jahrzehnte des fünften Jahrhunderts vor Christus hatte Rom allenfalls einige Reiter, aber vermutlich keine eigene Kavalleriestreitmacht. Diese ‘Tradition’, also das nicht Vorhandensein einer starken Kavalleriekomponente, die durch Römer gestellt wurde, sollte sich in der gesamten (Forschungs-) Geschichte des Imperium Romanum fortgesetzten. Wie nun aber stellte sich die römische Kavallerie vor ihrem Ende als rein römische Institution, sprich vor dem Austausch der römischen Bürger gegen Auxiliare dar? Um diese Frage zu beantworten muss man in die Zeit der Schaffung der römischen Kavallerie zurückgehen. In ihrer ursprünglichen Form gab es zunächst die sogenannten equites equo publico, gesellschaftlich hochgestellte Römer, die staatlich bezuschusste Pferde nutzten. Diese wurden später durch die equites equis suis verstärkt Römer, die, wie der Name schon sagt, ihre eigenen Pferde nutzten. Der Unterschied zwischen diesen beiden ‘Arten’ von Kavalleristen lag laut Rawson in ihrem Dienst selber: Die equites equo publico dienten regulär zusammen mit den normalerweise eingesetzten vier Legionen, während die equites equis suis nur dann in den Krieg zogen, wenn mehr als vier Legionen ins Feld geführt wurden. Dem gegenüber steht die von McCall über Cato begründete These, dass eben diese equites equis suis bereits im dritten Jahrhundert ihren Dienst auch innerhalb der ersten vier Legionen versahen. Man kann also demzufolge davon ausgehen, dass, zumindest im dritten vorchristlichen Jahrhundert, sowohl equites equis suis als auch equites equo publico ständig ihren Dienst in der römischen Armee versahen. In Anbetracht dessen ist McCalls Feststellung, dass sowohl die Ritter mit Wahlrecht, als auch diejenigen, die den Ritterzensus inne hatten, eine untereinander gleichberechtigte Gruppe von Rekruten für die römische Kavallerie bildeten, bestätigt. Militärisch scheint es damit keine Unterschiede zwischen den equites equis suis und den equites equo suo gegeben zu haben. Diese These wird durch Livius gestützt, bei dem es heißt, dass die Kavallerie bzw. die Soldaten der Kavallerie schlicht unter dem Sammelbegriff ‘equites’ zusammengefasst wurden. Eine ähnliche Textstelle findet sich auch bei Polybios. Der Unterschied zwischen den equites equo publico und den equites equis suis scheint dabei, wenn überhaupt existent, in der Gesellschaftsordnung zu liegen. Zumindest die Stellung als Mitglied der Gruppe der equites equo publico konnte dem jeweils Betreffenden Ehre, soziales Prestige und damit gleichzeitig eine wichtige Stellung in der Stammes-Versammlung einbringen. Das ausschlaggebende Kriterium, soviel kann man bis hierher erkennen, um Dienst in den römischen Kavallerieverbänden leisten zu dürfen, war Wohlstand - die wohl wichtigste und augenscheinlichste Verbindung zwischen der Kavallerie und dem elitären Status der Männer, die in der Kavallerie ihren Dienst versahen. Wie sehr der Elitenstatus mit dem Dienst in den Kavallerieverbänden verknüpft war, kann man wohl am deutlichsten an der Bestrafung von Männern, die Dienst hätten leisten müssen, es aber nicht taten, erkennen: Den equo merere deberent. Diese Männer wurden, auf Grund ihres ‘Nichterscheinens’ zum Dienst, im wahrsten Sinne des Wortes degradiert, indem man sie zu aerarii machte - dem niedrigsten Rang innerhalb der Gemeinschaft römischer Bürger. Ein weiterer Beweis für die enge Verknüpfung von Kavallerie und Elite findet sich in der Schaffung einer ‘Kavallerie-Volkszählung’, in der es vornehmlich darum gegangen zu sein scheint, diejenigen festzustellen, die in der Lage waren ein Pferd zu führen bzw. zu versorgen. Im Prinzip war damit diese Liste nichts anderes als ein Register mit den reichsten/ vornehmsten Familien, die das römische Bürgerrecht besaßen. Aus Polybios Beschreibung der Rekrutierung der vier republikanischen Legionen geht hervor, dass es keine Unterscheidung der Männer nach Reichtum und Besitz gab, mit Ausnahme der velites, und trotzdem am Ende der Rekrutierung der Infanterie jede Legion 300 Kavalleristen erhielt. Um überhaupt eine solche Auswahl treffen zu können, muss es dementsprechend eine Liste gegeben haben, die es ermöglichte, aus der Masse der rekrutierungsfähigen Männer diejenigen herauszuziehen, die für den Dienst in der Kavallerie eingesetzt werden konnten. Damit wurden auch diejenigen ‘aufgewertet’, die tatsächlich den Dienst durch ihren Wohlstand in der Kavallerie leisten konnten, und tatsächlich von denjenigen getrennt, die nur durch Erbschaft das Recht besaßen in der Kavallerie zu sein.

Über den Autor

Patrick Saal, M.A., wurde 1984 in Lippstadt, Nordrhein-Westfalen, geboren. Sein Studium im Rahmen seiner Ausbildung zum Offizier schloss er 2011 an der Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr in Hamburg - ab. Bereits vor seinem Studium und nicht unwesentlich geprägt durch seinen beruflichen Werdegang, interessierte er sich für militärgeschichtliche Arbeit. Insbesondere die Zusammenhänge zwischen Militär und Gesellschaft in der römischen und griechischen Antike fesselten ihn und lieferten die Motivation zu diesem Buch.

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