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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 05.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 116
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Über Jahrzehnte hinweg unterhielt die Bundesrepublik nahezu freundschaftliche Beziehungen mit dem rassistischen Regime der Apartheid in Südafrika. Dabei orientierte Deutschland seine Beziehungen zu Südafrika weitgehend frei an wirtschaftlichen Interessen - trotz Verurteilung der Rassentrennung. So wurde noch 1962 ein Kulturabkommen zwischen beiden Ländern geschlossen. Im Jahr 1974 stieg die BRD gar zum größten Handelspartner Südafrikas auf. Deutsche Militärgüter halfen bei der Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung. Henrik Brendel zeigt, wie deutsche Aktivisten den Kampf gegen die Apartheid nach Westdeutschland brachten, nachdem das rassistische Regime der Weißen sie wegen ihrer kritischen Haltung aus Südafrika vertrieben hatte. Ihr Einsatz blieb nicht ohne Wirkung, denn die weltweit vernetzte Anti-Apartheid-Bewegung sollte zur größten Solidaritätsbewegung des 20. Jahrhunderts erwachsen. In seiner Studie spürt der Autor dem Engagement nach, welches der Apartheid in Südafrika aus der deutschen Zivilgesellschaft heraus entgegengesetzt wurde.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.2, ‘Institutionalisierter Erfahrungsaustausch’ - Organisationsstrukturen und Kommunikationskanäle: Die Organisation von Protesten gegen die Apartheid in der BRD wurde entscheidend durch die Tatsache geprägt, dass seit April 1974 mit dem Verein AAB eine zentrale Bewegungsorganisation existierte, deren erklärter Zweck in der Mobilisierung einer entsprechenden Bewegung bestand. Selbst nach den ersten demokratischen Wahlen in Südafrika im Jahr 1994 löste sich der Verein nicht vollständig auf, sondern ging schließlich in der Koordination Südliches Afrika (KOSA) auf, die ‘als bundesweiter Zusammenschluss von entwicklungspolitischen Gruppen und Einzelpersonen, die thematisch zur Region Südliches Afrika arbeiten’, bis heute vom Welthaus Bielefeld aus operiert. Dieser Verein bezog im Februar 1975, zunächst in der Hermannstraße 21 in Bonn-Beuel, eine eigene Geschäftsstelle, die bis 1990 von der Geschäftsführerin Ingeborg Wick hauptamtlich geleitet wurde. Obgleich die Anti-Apartheid-Bewegung nicht einfach mit der Bewegungsorganisation AAB in eins zu setzen ist, war hier ein zentraler Knotenpunkt vorhanden, in dem die einzelnen Fäden einer im Entstehen begriffenen Bewegung zusammenlaufen und in täglicher Arbeit koordiniert werden konnten. Die AAB bildete so im Laufe der Zeit ein Netzwerk aus dutzenden Gruppen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen sowie bisweilen mehr als 1100 Einzelmitgliedern und über fünfzig Lokalgruppen. Zehn dieser Gruppen hatten eine Lebensdauer von mehr als zehn Jahren, 30 Gruppen bestanden bis zu fünf Jahre lang. Nicht alle Lokalgruppenmitglieder waren als Einzelmitglieder registriert und nicht alle Einzelmitglieder gehörten notwendig auch einer Lokalgruppe an. In den 1970ern hatten sich insgesamt 15 dieser Lokalgruppen gebildet, die neben den Einzelmitgliedern die Basis der Bewegung darstellten, eigenständig mit anderen Gruppen zusammenarbeiten konnten und über einen Lokalgruppenrundbrief mit Informationen aus der Geschäftsstelle und vom Vorstand versorgt wurden. Andersherum konnten sich die Lokalgruppen jederzeit mit ihren Anliegen an die Geschäftsstelle wenden und schickten dem Vorstand jeweils vor den jährlichen Mitgliederversammlungen einen Bericht über ihre Aktivitäten des letzten Jahres. Darüber hinaus gab es ab 1983 Regionaltreffen und ab 1985 in der Regel zwei Mal jährlich bundesweite Lokalgruppentreffen. Die Lokalgruppen an sich waren sehr individuell und entstammten unterschiedlichen Bereichen, wie etwa Kirche, Universität, Dritte-Welt-Bewegung, Gewerkschaft oder waren zum Teil auch nicht eindeutig einem bestimmten Bereich zuzuordnen. Während die meisten sich offiziell als AAB-Lokalgruppe bezeichneten, gab es einige, die bereits vor ihrer Assoziation mit der AAB unter einem anderen Namen bestanden hatten, unter dem sie dann auch weiterhin firmierten. Die Häufigkeit der Gruppentreffen variierte zwischen einmal pro Woche und einmal im Monat. In ihrem Engagement orientierten sich die Gruppen häufig an bundesweiten Aktionen, hatten jedoch auch oft eigene thematische Schwerpunkte, wie etwa die Stuttgarter Lokalgruppe mit ihrer Kritik an den Aktivitäten von Daimler-Benz in Südafrika. Der Lokalgruppenrundbrief variierte im Umfang zwischen zwei Seiten und bis zu dreißig Seiten und wurde von Bonn aus ‘unregelmäßig, aber sehr häufig’ sowohl an die Lokalgruppen verschickt, als auch an andere Gruppen, die sich an einer Zusammenarbeit interessiert zeigten. ‘Der älteste überlieferte Lokalgruppenrundbrief stammt vom 19. Juli 1978, der jüngste vom 21. Januar 1993. Der Gesamtumfang beträgt etwa 900 Blatt, was heißt, dass die Geschäftstelle im Schnitt jedes Jahr 60 Seiten spezieller Informationen an die Lokalgruppen verschickte.’ Neben dem Rundbrief versandte die Geschäftsstelle auch das monatliche ANC-Organ Sechaba an die Lokalgruppen. Der Informationsfluss sowohl von der Geschäftsstelle in Richtung Lokalgruppen als auch andersherum wurde gelegentlich bemängelt, was offenbar hoher Arbeitsauslastung geschuldet war. Dennoch scheint es insgesamt eine konstruktive Zusammenarbeit gegeben zu haben. Wie die Protokolle der halbjährlichen Mitgliederversammlungen zeigen, berichteten dort fast immer Vertreter aus mehreren Lokalgruppen über ihre aktuellen Aktivitäten, die oft auf zentrale Anliegen der Bewegung bezogen waren. Ein Beispiel hierfür ist der Protest gegen das Kulturabkommen zwischen der BRD und Südafrika. Neben den Lokalgruppenrundbriefen gab es von Beginn an einen Mitgliederrundbrief, der mindestens zwei Mal jährlich an alle Einzelmitglieder verschickt wurde. Ein typisches Exemplar umfasste zwanzig bis dreißig Seiten in gebundener Form und enthielt einerseits formelle Teile wie den Kassenbericht und den Haushaltsentwurf des AAB-Vorstands, die Vereinssatzung und die Tagesordnung anstehender Mitgliederversammlungen sowie andererseits inhaltliche Teile in Form von Berichten über die aktuellen Aktivitäten und Pläne von Lokalgruppen, Geschäftsstelle und Vorstand, Protokolle und Berichte von Mitgliederversammlungen, Konferenzen, Seminaren, Informationsveranstaltungen, Materialien zu aktuellen Kampagnen, wie etwa Faltblätter oder Unterschriftenlisten. Darüber hinaus diente er als Informationsquelle zu aktuellen Geschehnissen im südlichen Afrika und die Aktivitäten der Befreiungsbewegungen in der BRD, wie zum Beispiel deren Rundreisen, Auftritte bei Veranstaltungen oder Gespräche mit diversen Funktionsträgern. Die Rundbriefe dienten der Koordination unter den Vereinsmitgliedern, indem sie für alle Beteiligten den Stand der Dinge aufbereiteten und Anregungen für ihre jeweilige Solidaritätsarbeit lieferten. Neben den beiden Rundbriefen gab es einen weiteren wichtigen Kommunikationskanal für die AAB als Bewegung, der sowohl als eigene Informationsquelle als auch Sprachrohr nach außen diente. Bereits 1971 wurde die Informationsstelle Südliches Afrika (issa) zum Zweck der Information und Öffentlichkeitsarbeit gegründet. Die issa gab diverse Bücher heraus, die der Aufklärung über die Situation und gesellschaftlichen Zusammenhänge in der Region dienen sollten oder auch einem deutschen Publikum erstmals Dokumente wie die Freedom Charter nahe brachten. In der edition südliches afrika. wissenschaftliche Reihe etwa erschienen bis 1990 fünfzig Titel. Auch themenrelevante Belletristik gehörte zum Programm. Ab Oktober 1972 erschien, zunächst monatlich, der Informationsdienst Südliches Afrika. Seine Auflage hielt sich offenbar über lange Jahre hinweg recht stabil bei rund 2500 Exemplaren zum Einzelpreis von 5 DM. Finanziert wurde die Arbeit durch Spenden, Vereinsmitgliedsbeiträge und Zuschüsse vom Ökumenischen Rat der Kirchen ‘nicht aber von der EKD.’ Vereinzelt wurden Artikel aus dem Informationsdienst von großen Zeitungen wie der Frankfurter Rundschau übernommen.

Über den Autor

Henrik Brendel wurde 1982 in Halle Westfalen geboren. Neben seinem Studium der Geschichte und der Anglistik, das er im Jahr 2012 erfolgreich mit dem akademischen Grad Master of Arts abschloss, arbeitete er freiberuflich als Journalist, Autor, Dozent und Klavierlehrer. Seine fachwissenschaftliche Beschäftigung mit den gesellschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen Afrika, Asien und Europa vertiefte er in Reisen, Studienaufenthalten und Projektarbeit, u.a. in Indien und Südafrika. Der Historiker lebt in Hamburg und arbeitet als Referent in der betriebswirtschaftlichen Prozesszentrale eines deutschen Luftfahrtkonzerns.

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