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Geschichte


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Produktart: Buch
Verlag: Diplomica Verlag
Erscheinungsdatum: 12.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 128
Abb.: 29
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Lila Downs, charismatische Ausnahmekünstlerin mit Anspruch - anhand des Lebens, der persönlichen Motivation und der Liedtexte dieser US-amerikanisch-mexikanischen Sängerin wird das inhaltliche Potential ihrer Musik den Erwartungen ihres Publikums gegenübergestellt. Beispielhaft wird, mithilfe unterschiedlicher Forschungsdisziplinen, veranschaulicht, was Musik heute noch zu bewegen vermag als Trägerin von Erinnerungen, Überzeugungen und Hoffnungen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2.5, Musik als Kulturknotenpunkt: 2.5.1, Weltmarkt und Weltmusik: Populäre Musik, sowohl im Heimatland als auch im internationalen Vergleich, speist sich aus dreierlei Quellen. Die Theorie unterscheidet diese zum einen in Überreste, also vergangene und traditionelle Prägungen. Die zweite Form ist die der vorherrschenden, jeweils zeitgenössischen Musikkultur, während die dritte in der Schöpfung neuer Musikformen besteht, in einer, oft Technologie-gestützten, Avantgarde-Musik. Aufgrund der globalen Vernetzung von Märkten ist es den Musikern heute möglich, aus dem gesamten Fundus kreativer Kunst zu schöpfen. Vor Beginn der Analyse ist eine Positionierung der hier zu untersuchenden Musik wichtig, um ihr mögliches Wirkungsspektrum besser einschätzen, aber auch, um sie gegenüber anderen Kategorien abgrenzen zu können. Das Genre, in dem sich Lila Downs auf dem internationalen Musikmarkt bewegt, ist die Weltmusik, eine Kategorie, welche sich auf einer Seite von der Populär- und auf der anderen Seite von der klassischen Musik unterscheidet. Aufgrund des mehr exotischen Charakters von Weltmusik scheint dieser der Zugang zum Markt der modernen Populärmusik versperrt. ‘...World music is a primarily Western phenomenon: the music is 'different' to Western pop music but increasingly repackaged in a more digestible form, and it is marketed towards an educated, liberal, middle-class audience…’. Doch Weltmusik soll mehr können. Eine wissenschaftliche These sieht in dem Genre eine neuartige Kulturtechnik, die veränderte Perspektiven auf die Geschichte bietet. In diesem Zusammenhang dient Weltmusik als Quelle für eine Uminterpretation lokaler ebenso wie globaler Geschichtskonstruktionen. Andere Positionen warnen vor einem, durch die Globalisierung lokaler Musiken hervorgerufenen, ‘kulturellen Genozid. ‘...Dies sind die gefährlichen Verhältnisse, in denen sich Investitionen in authentisches Anderssein als neue Heimat und Vehikel für alternative Werte abzeichnen, die vermeintlich nicht von Kapitalismus, Techno-Wissenschaft und Kommerz besudelt sind. […] Was euphemistisch als ‘Weltmusik’ bezeichnet wird, gibt einen passenden Soundtrack für diesen Moment ab...’. Diese Tendenzen gehen von einer stark romantisierenden Wahrnehmungs- und Erwartungshaltung sowohl der Produzenten als auch der Konsumenten von Weltmusik aus, die trotz besseren Wissens vorhandene Realitäten durch eigene Sehnsüchte verklären. Das Ergebnis wäre ein Zusammenprall imaginär geschaffener, kultureller Welten. An diesem Punkt stellt sich die eigentliche Frage im Zusammenhang mit dem Weltmusik-Label, und zwar nach der Repräsentationsfähigkeit von kulturell vereinheitlichender Musik. Das Risiko, anstelle einer Sensibilität für die Eigenheiten verschiedener Kulturen nur international verträgliche Stereotypen zu schaffen, geht die Weltmusik-Branche ein. Vor diesem Wagnis steht demnach auch Lila Downs. Hinsichtlich des Selbst-verständnisses der Künstlerin, ihres Ausdrucks von Individualität und damit der auf ihren Stil anwendbaren Labels ist jedoch eine genauere Betrachtung hilfreich. 2.5.2, Panamerikanismus und Latino-Label: In Lateinamerika fließen die verschiedensten Musiktraditionen der Welt zusammen. Das Ergebnis ist ein langer, natürlicher Prozess, in dessen Verlauf musikalische Einflüsse aus allen Kontinenten zu neuen Musikformen verschmolzen sind, so dass sich eine Genealogie kaum herausarbeiten lässt. Lateinamerikanische Musikgeschichte müsste für jedes Land einzeln geschrieben werden und weist dennoch gemeinsame Wesenszüge auf. Ihre weit zurückreichenden Wurzeln spiegeln sich im Reichtum der Instrumente und der Vielseitigkeit ihrer Interpretationen. ‘...El autor, sintiendo intensamente la música de su tierra, creará una obra con fuerte raigambre nativa, pero con un mensaje espiritual que hable al universo, obteniendo así un arte nacional sin ser nacionalista en el sentido estrecho del vocablo...’ (Roque Cordero, Panamá 1917). Oft sind es die Leichtigkeit und Leidenschaftlichkeit, aber auch eine einzigartige Rhythmik, die lateinamerikanischer Musik zugrundeliegt. Die Kraft dieser Musik liegt in ihrer besonderen Ausdrucksfähigkeit, die, wie CARPENTIER es nannte, gleichermaßen der Straße wie den akademischen Oratorien entstammen können. ‘...Y ahí está la diferencia esencial, a nuestro juicio, entre la historia musical de Europa y la historia musical de América Latina, donde, en épocas todavia recientes, una buena canción local podía resultarnos de mayor enriquecimiento estético que una sinfonía medianamente lograda que nada añadía al bagaje sinfónico universal...’. 2.6, Musik und Vergangenheit in Mexiko: Die mexikanische Musikgeschichte geht zurück auf vorkolumbianische Zeiten, deren Instrumente und Ausdrucksformen insbesondere in Mexiko und Peru überlebt haben. Mexikos Musik ist gleichermaßen von europäischen, vorwiegend spanischen, daneben aber auch von afrikanischen und heute zudem nordamerikanischen Traditionen beeinflusst. Letztere haben sich vor allem im Karibikraum und an der mexikanischen Golfküste, aber auch im Norden Mexikos ausgewirkt und von dort ihren Weg ins Landesinnere gefunden. Dabei hat die Entwicklung innovativer Musikstile vor allem fern der Metropole Mexiko Stadt stattgefunden und darum besonders zur Ausprägung ruraler Formen wie dem Corrido und der Ranchera geführt. Wobei auch urbane Musikformen in Mexiko lebendig sind und immer neue Transformationen erfahren, die sich aus der Vielseitigkeit ihrer Möglichkeiten speisen, ohne dabei an Authentizität zu verlieren. ‘...Mexican pop stars continually shift from one image and genre to another [...] Whereas U.S. audiences might find such style shifts disorientating or inauthentic, Mexican pop audiences delight in the versatility and playfulness of their quick-change artists...’. Ein Zugehörigkeitsgefühl zu ‘globaler Brüderlichkeit’ über die Musik findet sich gleichermaßen in der mexikanischen Festkultur, die ihr rituelles Erbe vor architekto-nischer Kulisse in einem interkulturellen Forum zum Anfassen präsentiert aber auch, nicht zuletzt, im unübertroffenen Einfluss des Rock’n’Roll, der in den 60/70er Jahren in Mexiko scharf zensiert wurde. Der Vorwurf, die Mexikaner wären einer eigenständigen Modernisierung unfähig und stattdessen dem Malinchismo verhaftet, rekurriert auf die hohe Popularität US-amerikanischer Musikeinflüsse im ganzen Land, besonders in der Grenzregion im Norden des Landes. Eine solche Sichtweise sollte jedoch, angesichts der wachsenden Minderheit im Nachbarstaat, überdacht werden, da emigrierte Mexikaner einen nicht unerheblichen Beitrag zur mexikanischen Kultur leisten, in Form eines musikalischen Identifikationsmoments sowie gleichermaßen als Antwort auf repressive Minderheitenpolitik in den USA. Die so entstehenden Kultur- und Musikformen müssen als fester Bestandteil der mexikanisch-kulturellen Identität mitgedacht werden. ‘...Hablamos de la cultura mexicana y no de México porque pensamos que la contribución de la comunidad chicana en los Estados Unidos ha sido primordial para el desarrollo de una sensibilidad mexicana a la hora de abordar una música que si bien no nació en nuestro país, sí ha ganado carta de naturalización en nuestra identidad cultural...’. Bezeichnendes Element mexikanischer Musikkultur bleibt demnach ihre historisch bedingte Vielfalt, die auf der Basis einer starken Heimatgebundenheit sowohl neue und populäre Elemente importiert, gleichwohl jedoch ihren Traditionen verpflichtet bleibt.

Über den Autor

Eve Ebeling wurde am 01. Juni 1976 in Schönebeck geboren. Im Juli 2012 schloss sie das Studium der Lateinamerikanischen Geschichte an der Katholischen Universität Eichstätt mit dem akademischen Grad einer Magistra Artium ab. Die Begeisterung für Musik und deren Vielschichtigkeit inspirierte die Autorin zu der vorliegenden Untersuchung.

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