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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 08.2012
AuflagenNr.: 1
Seiten: 136
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Diese Studie thematisiert die Formen kommunikativer Einbindung der persönlichen Entwicklung. Augenfällig wird die Entwicklung der Persönlichkeit in ihrem Auftreten und ihrer Wirkung auf die Kommunikation. Basierend auf Grundprämissen der soziologischen Systemtheorie analysiert der Autor die wechselseitige Beziehung zwischen Bewusstsein und Kommunikation. In verschiedenen Modellen und unter verschiedenen Aspekten, wie Lernen und Sozialisation, paradoxierenden sprachlichen Verfahren und Entwicklungstypen, werden bestimmte Formen der Kommunikation in Auftreten und Wirkung erklärt. Der konstruktive Charakter der Identität und Realität wird ausgehend von seinen soziobiologischen Ursprungsformen beschrieben. Als Ergebnis wird Wissen als eine intentional ausgerichtete kontingente Weise des Wahrnehmens und Handelns neu definiert. Die Entwicklung der Persönlichkeit geht daraus als ein irreversibler Prozess hervor, der sich durch die Erweiterung personaler Wahlmöglichkeiten über die Interaktionsmedien Wahrheit und Liebe als Kriterien einer mentalen Ökologie manifestiert.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel III, Neuformulierung: Zunächst geht es darum, die dual organisierten Unterscheidungen in analytisch begründete Differenziale umzustrukturieren. Das Gegensatzpaar Verhalten und Physiologie wird dafür durch Kommunikation und Bewusstsein ersetzt. Bezeichnetes und Bezeichnendes fällt zusammen und ergibt sich aus der Beobachtung und dem Vollzug von Verhaltenskoordinationen zweiter Ordnung. Die Theorie von der Arbitrarität der (symbolischen) Zeichen bricht auseinander und das Medium wird selbst zur Message. Erkenntnis vollzieht sich im Prozess der Digitalisierung analog gelieferter Sinnesreize. Kultur wird zu einer phänomenal kontingenten Kodierung, die ihre Freiheiten und Zwänge anhand des interkulturellen Vergleiches ermisst. Kultur ist das Feld, auf dem die wechselseitigen Bezüge von Kommunikation und Disposition bestellt werden. Somit ist die Kultur als solche funktional nichtkontingent, sondern Grundlage einer jeden Lebensrealität als Produkt rückbezüglicher Operationen zweiter Ordnung (Maturana), die funktionale Substituierbarkeit überhaupt erst ermöglicht. Nach Maturana ist im Wandel immer das zentral, was erhalten bleibt. Im Umkehrschluss sei in dem Moment, in dem eine Beziehung anfängt, sich selbst zu erhalten, alles andere dem Wandel unterworfen. Auf diese Weise etablieren sich Lernebenen, Abstraktionsvermögen, Standpunkte usw. Zur Beschreibung von Veränderungen gehört deshalb das Bezeichnen des unverändert Bestehenden. Es markiert die Beschränkungen, denen eine Entwicklung unterliegt und somit den entwicklungsbezogenen Spielraum und die Qualität diesbezüglicher Veränderungen. Das Bestehende wird maßgeblich durch seine inhärente Organisation als System charakterisiert. Es geht daher nicht darum, die Elemente eines Systems zu analysieren und so das Ganze zu erschließen, sondern die Elemente in ihrer funktionalen Anordnung als Organisationseinheiten des Systems zu bestimmen, wobei es zunächst zu vernachlässigen ist, welche wie auch immer gearteten Funktionen die Elemente bzw. Rekombinationen der Elemente in der Organisation anderer Systeme einnehmen mögen. Da es in dieser Untersuchung zunächst darum geht, die Zusammenhänge von Bewusstsein und Kommunikation zu klären, wird daher das Eine wie das Andere in seiner jeweiligen Organisation erklärt. Elemente des einen können aufgrund ihrer funktionalen Doppelwertigkeit niemals Elemente des anderen sein, solange ihre funktionale Determination Teil ihrer Definition und Kennung ist. Bezüglich der personalen Organisation hat Talcott Parsons vor allem mit dem AGIL-Schema in der Soziologie eine gründliche Vorarbeit geleistet, auf die bis heute in der Erklärung von Sozialisations- bzw. Gesellschaftsprozessen zurückgegriffen wird. Es soll im Folgenden eine kurze Darstellung des Schemas unter Einbeziehung systemtheoretischer Erweiterungen und Ergänzungen gegeben werden. Die Buchstaben der Folge AGIL oder LIGA stehen, jedes für sich, für eine Ebene der Personalität. Die Adaptationsebene lässt sich, neurobiologisch betrachtet, als Ebene der Reizverarbeitung bezeichnen, deren Parameter die Reizselektion/Reizweiterleitung und Reizkodierung bzw. Informationstransformation bilden. Diese Prozesse erfolgen im Hinblick auf Interessen und Ziele, deren allgemeinstes in der Reduktion von Komplexität besteht, die immer auch auf die Kontingenz der auf der Adaptationsebene apriori eingeführten Erkenntnisstrukturen rückverweisen. Assimilationen im Sinne Piagets finden rein auf der Adaptationsebene statt, während Akkomodationen die Existenz von Interessen und Zielen als Ordnungs- und Priorisierungsprinzip der Ebene des ‘Goal-Attainment’ (Parsons) voraussetzen. Meynig ergänzt die Integrationsebene unter Referenz auf die Habitustheorie Bourdieus um das Konzept der Inkorporierung. Dies bietet sich an, wenn Sprache, wie in der biologischen Systemtheorie, als Verhaltenskoordinierung höherer Ordnung betrachtet wird. Insofern alle Bewusstseinsprozesse biophysiologisch vermittelt werden, ist der Terminus Inkorporation treffender und stärker als der der Integration. Beide haben als unterschiedliche Merkmale des gleichen Prozesses, der auf dieser Ebene stattfindet, jedoch ihre Berechtigung. Integriert werden Erkenntnisse und Informationen der A- und G-Ebene in Vorerfahrungen und logisch-mathematisch strukturierten Repräsentationen, die sie bestätigen oder modifizieren. Auf dieser Ebene finden die reflektierenden Prozesse statt, die gemeinhin als Ergebnisse der Arbeit der jüngeren Gehirnarreale betrachtet werden. Personale Identität entwickelt sich erst auf der Ebene des ‘Latent Pattern Maintenancy’. Parsons stellt das ganze AGIL-Modell in den Rahmen des von ihm geprägten Strukturfunktionalismus, dem zufolge die Funktionen im Hinblick auf die Erhaltung der Struktur gewählt werden. Luhmann vertauscht dies in dem von ihm geprägten Funktionsstrukturalismus, dem zufolge kontingente Strukturen im Hinblick auf die Erfüllung von Funktionen entstehen bzw. gewählt werden. Über Kondensation und Konfirmation werden aber bestimmte Strukturen stabilisiert und, und das geht über Parsons hinaus, im Hinblick auf die Erfüllung einer oder mehrerer Funktionen organisiert bzw. metastabilisiert. Kondensation bedeutet dabei die Ausbildung einer Abstraktionsebene bzw. die Erreichung einer allgemeinen Erkenntnis, die es ermöglicht, das Erlernte zu übertragen. Konfirmation bedeutet die Selektion von Strukturen gemessen an ihrem Erfolg oder Nutzen. Sie ermöglicht die Bildung von Gewohnheiten, die sich als etablierte Erfolgsstrategien im Hinblick auf Zwecke retrospektiv konstruieren lassen, selbst wenn die Handlung von ihrem Nutzen durch Verselbständigung längst entkoppelt wurde. Diese Ebene der Erhaltung von Strukturen, die Luhmann als funktional substituierbar beschreibt, wird von Maturana als Systemorganisation bezeichnet. Die Organisation eines Systems besteht in der funktional eingerichteten Kombination seiner Elemente und Subelemente. Ist die Reorganisation eines Systems durch irreversible Strukturveränderungen nicht mehr möglich, zerbricht das System. Die Kommunikation endet und das Bewusstsein erlischt. Die Autopoiese, also die Produktion von Elementen durch die Elemente, die sie ersetzen, sichert als autonomes Organisationsprinzip den Fortbestand des Systems. Die Organisation gibt die Spannweite vor, innerhalb derer Reorganisationen und Substitutionen seiner Strukturen möglich sind. Die Autopoiese steht für das faktische Geschehen, also die Selektion, Modifikation und Stabilisierung von Strukturen. Sie folgt der Organisation und verwirklicht sie. Meynig schlägt vor, energetische Prozesse, die sich von A nach L vollziehen, als biologisches und informationales Feedback, das in der Richtung von L nach A rückläuft, als kulturelles Evoluieren zu bezeichnen. Dabei dient die biologische Evolution den Strukturgerinnungen und Informationsgewinnungen und die kulturelle Evolution der Energieverwaltung und Energieeffizienzmaximierung. Piaget spricht in diesem Zusammenhang von ‘Äquilibration’. Äquilibration geht insofern über eine Ökonomie körperlich-geistiger Reserven hinaus, als dass sie auch den finalen Zweck der Organisation eines autonomen Systems beschreibt - ihre Einbindung in die sie betreffende Umwelt, ihre jeweilige ökologische Nische. Den Mechanismus der Äquilibration bildet die Adaptation, d.h. soviel wie Selbstregulation durch Anpassung. Die Parallelen zu Maturana sind hier nicht zu übersehen. Was Maturana vor allem als Verhaltenskoordinationen zweiter und höherer Ordnungen durch einen Beobachter erklärt, beschreibt Piaget gewissermassen von Innen her als Homöostase. Es geht dabei um ein durch das funktionale Zusammenwirken seiner Teile entstehendes Gleichgewicht. Er grenzt diese Prozesse gegen homöorhetische Prozesse ab, die darin bestehen, Entwicklungen genetisch wie auch kognitiv zu steuern und zu kanalisieren. Dies wird durch Perturbationen der Umwelt notwendig, aber auch ermöglicht, da Störungen stets die Bedingung der Möglichkeit von Entwicklungen darstellen. Die Homöorhese ist daher der Homöostase vorgeordnet. Entwicklungsäquilibrierungen finaler Art bilden die Voraussetzungen der Entstehung eines funktionsregulierten Gleichgewichtsinnes. Für die Fundierung des AGIL-Modelles lässt sich der Adaptationsprozess (im Sinne Piagets) von A nach L verlaufend analog setzen, die Homöorhese als von L nach A verlaufender Prozess, die Assimilierungs- und Akkomodationsebene als Adaptationsebene (A-Ebene im AGIL-Modell), die Homöostase als Integrationsebene und die Äquilibration als Strukturerhaltungsfunktionsebene. Piaget weist darauf hin, dass die Kognitionsevolution zwischen dem sozialen und dem genetischen Bereich oszilliert. Das Parsonssche AGIL-Modell kann in den hier vorgenommenen Modifizierungen als ein veranschaulichendes Stufenmodell der wechselseitigen Bezüge von Genotyp und Phänotyp zunächst verwendet werden. Bezogen auf das Thema dieser Studie ergibt sich daraus die Konklusion, dass sich die ursprüngliche, an die systemtheoretische Terminologie angelehnte Aufgabenstellung der Untersuchung über die Beziehungen von Bewusstsein und Kommunikation durchaus mit der Entwicklungspsychologie Piagetscher Prägung vereinbaren lässt. Eine Synthese aus beiden theoretischen Strömungen, die der Komplexität der Ansätze gerecht wird, ergibt sich aus der thematischen Erweiterung und Einbindung in eine Beschreibung von Persönlichkeitsentwicklungen in ihren kommunikativen Kontexten.

Über den Autor

Tilman Meynig, Diplom-Kulturwissenschaftler, wurde am 03.02.1976 in Kappeln an der Schley geboren. Schon früh begann sich der Autor für philosophische und religiöse Strömungen zu interessieren. Dies führte ihn u.a. zu einer Forschungsreise nach Mexiko und einem interdisziplinär angelegten Studium mit den Schwerpunkten Systemtheorie und indigene Philosophie. Tilman Meynig ist ausgebildeter Longevity Instructor und arbeitet derzeit neben der Übertragung fachbezogener medizinischer Texte ins Deutsche an einer Epistemologie intuitiver Prozesse.

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