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Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 06.2015
AuflagenNr.: 1
Seiten: 148
Abb.: 24
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Mediation, als eine der in Art. 33 der UN-Charta genannten Möglichkeiten friedlicher Konfliktlösung, hat insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten stark an Relevanz gewonnen. Entsprechend ist man in Wissenschaft und Praxis seitdem verstärkt der Frage nachgegangen, wie Mediatoren möglichst erfolgreich zur Konfliktlösung oder zum Krisenmanagement beitragen können. Obwohl dem Verständnis der Funktions- und Wirkungsweise von Mediation sowie möglichen Einflussfaktoren somit eine steigende Bedeutung beigemessen wurde, weist das Forschungsfeld nach wie vor große Wissenslücken auf. Mediatoren intervenieren in einem Konflikt oder einer Krise, um diesen bzw. diese zu lösen oder zu beeinflussen, sodass zumindest die Wahrscheinlichkeit einer ausgehandelten Vereinbarung steigt oder eine präventive Transformation der Krise gefördert wird. Die Quellen des Einflusses eines Mediators auf die Konfliktparteien selbst oder ihren Konfliktaustrag sind vielfältig. Verschiedene Arten von Ressourcen, um entweder positive Anreize zu schaffen oder Fehlverhalten zu sanktionieren, aber auch der Status des Mediators, sein Verhältnis zu den Konfliktparteien und seine Fähigkeiten sind nur einige Beispiele.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel III.1.2, Der Mediationsstil Camilións: Nach der Ernennung Oscar Camilións, appellierte Pérez de Cuéllar an die Konfliktparteien, die geeigneten Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zu schaffen. Erst als sich das Klima entsprechend verbessert hatte, konnte Camilión seine Funktionen als Mediator aufnehmen und legte beiden Konfliktparteien im Mai 1988 erste prozedurale Vorschläge für die Wiederaufnahme von Verhandlungen vor. Es dauerte schließlich bis zum 24. August 1988, bis sich beide Seiten im Beisein von Pérez de Cuéllar auf den Beginn neuer Verhandlungen, mit dem angestrebten Ziel einer umfassenden Vereinbarung bis zum 01. Juni 1989, einigten. Die Basis für die folgenden Verhandlungen bildeten die beiden High-Level Agreements von 1977 und 1979. Die erste Runde der Verhandlungen vom 16. September bis 07. November 1988 diente dazu, dass beide Führer (Vassiliou und Denktas) in privaten, gemeinsamen Treffen mit Camilión ihre jeweiligen Ansichten und Anliegen hinsichtlich einer großen Bandbreite zentraler Konfliktthemen austauschten, wodurch diese Kernthemen und die zentralen Schwierigkeiten, mit denen sich beide Seiten konfrontiert sahen, identifiziert und durch Camilión in mehreren Positionspapieren zusammengefasst werden konnten. Auf dieser Grundlage sollten Vassiliou und Denktas in der zweiten Runde der direkten Verhandlungen vom 19. Dezember 1988 bis 28. März 1989, unterstützt durch Camilión, eine Reihe nicht verpflichtender Optionen für alle identifizierten Konfliktthemen entwickeln. Obwohl sich die Gespräche seit Ende 1988 nahe einer Blockade bewegten, konnten bis zur erneuten Evaluation des Fortschritts durch de Cuéllar am 06. April 1989 immerhin einige Bereiche möglicher Übereinstimmung offengelegt werden. Das festgelegte Zieldatum für ein umfassendes Abkommen (01. Juni 1989) konnte nicht eingehalten werden. In der dritten Runde der Gespräche vom 05. Mai bis Anfang Juni 1989 sollte aber zumindest die Entwurfsskizze eines umfassenden Abkommens vorbereitet werden. Dazu wurden sowohl direkte, als auch indirekte Gespräche geführt, bei denen Camilión erstmals die Agenda bestimmte, aber weiterhin lediglich unverbindliche Vorschläge bzw. Anregungen auf Basis der von beiden Seiten geäußerten Ansichten und Ideen vorlegte, um eine Verringerung der Distanz zwischen beiden Konfliktparteien zu fördern. Obwohl beide Führer bei einem erneuten Treffen mit de Cuéllar Ende Juni ihre Bereitschaft äußerten, den Entwurf in weiteren direkten Gesprächen bis September 1989 zu vervollständigen, begann Denktas den Verhandlungsprozess aufgrund seines zeitweise indirekten Formats zu kritisieren und weigerte sich weitere Vorschläge der UN zu akzeptieren. Da in den bisherigen Verhandlungen aber immerhin alle Streitfragen identifiziert wurden, die in einer umfassenden Lösung geklärt werden mussten und darüber hinaus einige Ideen zu deren Lösung entwickelt wurden, fasste Camilión am 25. Juli im Auftrag de Cuéllars alle bisherigen Ergebnisse (als den aktuellen Stand des Entwurfs) in einem Brief an beide Führer zusammen und erzeugte damit die Vorform des späteren Set of Ideas von Pérez de Cuéllar. Gleichzeitig stellte er in diesem Schreiben klar, dass es sich dabei nicht um einen Vorschlag, sondern lediglich um eine Hilfestellung bzw. einen Denkanstoß handelt. Anstatt der geplanten Fortsetzung der Verhandlungen zur Vervollständigung der Entwurfsskizze folgte spätestens im August deren Ende in einer Blockadesituation: Denktas zeigte sich immer stärker und offener in Opposition zur Verfahrensweise Camilións und schlug Vassiliou stattdessen direkte Verhandlungen ohne UN-Beteiligung vor, was dieser jedoch ablehnte. Zwischen Oktober und Dezember 1989 versuchte de Cuéllar in mehreren separaten Treffen mit beiden Führern vergeblich eine Wiederaufnahme der Gespräche zu erreichen. Während sich Vassiliou entsprechend der Einigung von Ende Juni dazu bereit erklärte, wollte Denktas einen Schritt zurückgehen und erneut über die Überschriften, also die Gliederungspunkte eines Entwurfs verhandeln. Trotz der bestehenden Blockade kamen im Februar 1990 beide Führer der Einladung de Cuéllars zu zeitlich unbegrenzten Verhandlungen in New York nach. Bei diesen z.T. direkten sowie indirekten Gesprächen vom 26. Februar bis 02. März sollten erneut alle Konfliktthemen auf dem Verhandlungstisch liegen. Als Basis der Struktur der Verhandlungen schlug das UN-Team die bisher vereinbarten Überschriften der Entwurfsskizze vor. In einem ersten Schritt sollten so alle Streitfragen unter jeder Überschrift diskutiert werden, bevor in einem zweiten Schritt der vollständige Entwurf einer umfassenden Vereinbarung ausgearbeitet wird. Um die Verhandlungen entsprechend voranzubringen, legten Camilión und sein Stellvertreter Gustave Feissel nun substanzielle Vorschläge für die einzelnen Themen vor. Die Verhandlungen waren jedoch von Beginn an weiterhin blockiert und beide Seiten konzentrierten sich im Verlauf zunehmend auf Semantik. Nach einem gescheiterten persönlichen Versuch die Blockade zu überwinden, brach de Cuéllar die Verhandlungen am 02. März ab und gab insbesondere Denktas die Schuld am Scheitern, weil er es gewesen sei, der die semantische Debatte befeuerte, indem er z.B. Formulierungen durchsetzen wollte, die den türkischen Zyprern das Recht auf Selbstbestimmung zugestanden hätten. Nach Abbruch der Gespräche hielten Feissel und Camilión zwischen Mai und Juli einige explorative Treffen mit beiden Führern ab, während denen sie die Zustimmung beider Seiten zur Kooperation im Rahmen von SC-Res. 649 erhielten. Implizit akzeptierte damit nun auch Denktas erstmals, dass die UN Vorschläge unterbreiten darf. Ab Mitte Oktober 1990 führten Camilión und Feissel schließlich wieder substanziellere Verhandlungen mit beiden Führern. In separaten Treffen mit Vassiliou und Denktas versuchten sie deren Positionen hinsichtlich jedes der einzelnen Elemente eines Abkommensentwurfs einander anzunähern. Zusätzlich wurden erstmals auch die Mutterländer in Form der Außenminister und weiterer Offizieller in den Prozess einbezogen. Auf diese Weise konnten bis Februar 1991 einige (Gliederungs-)Punkte der Entwurfsskizze verbessert bzw. weiterentwickelt werden. Die Bemühungen bis Februar 1991 bildeten damit die Grundlage für das Set of Ideas de Cuéllars, das Gegenstand der nächsten beiden Gesprächsrunden ab 23. Juli 1991 war. In der ersten Runde vom 23. Juli bis 03. August stellten Camilión und Feissel Ideen für jeden Gliederungspunkt der Entwurfsskizze vor und versuchten dabei die Interessen beider Seite zu berücksichtigen. Via shuttle diplomacy zwischen beiden Konfliktparteien und unter Einbeziehung der Mutterländer wurden dann alle vorgelegten Ideen diskutiert, um erste Reaktionen zum Set of Ideas zu erhalten und dieses vor Beginn der zweiten Runde der Verhandlungen zu überarbeiten. Das Ziel der zweiten Runde war eine allgemeine Einigung über das Set of Ideas, die den Weg zu einem Gipfeltreffen im September bereiten sollte, auf dem beide Konfliktparteien unter Einbeziehung der Mutterländer in einem letzten Schritt, ein umfassendes Abkommen aushandeln. Zu Beginn der Verhandlungen fanden dann ab 17. August 1991 zunächst separate Gespräche mit beiden Mutterländern statt, die zur erneuten Überarbeitung des Set of Ideas führten. Nach anschließenden separaten Verhandlungen mit Vassiliou und Denktas vom 26.-29. August und 07.-14. September sowie weiteren Anpassungen, wurde beiden Führern schließlich der vollständige Text des Set of Ideas vorgestellt. Beide Seiten akzeptierten das Papier als Rahmen für weitere Verhandlungen mit dem Ziel einer umfassenden Vereinbarung. Der Zeitplan für das Gipfeltreffen konnte in der Folge jedoch nicht eingehalten werden, da Denktas sehr weitreichende Änderungen am Set of Ideas vornehmen wollte, die z.T. sogar den High-Level Agreements von 1977 und 1979 widersprachen. Camilión versuchte somit für den Rest des Jahres zumindest das Momentum der Verhandlungen zu erhalten, doch mit den Wahlen in der Türkei Ende 1991 kam ein weiterer, den Verhandlungsprozess verzögernder Faktor hinzu.

Über den Autor

Martin Seifert, M.A., wurde 1989 geboren. Während seines Studiums der Politikwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena von 2008 bis 2014 legte der Autor seinen akademischen Schwerpunkt auf den Bereich der Friedens- und Konfliktforschung und insbesondere die Analyse von Friedensverhandlungen, Mediationsinitiativen und die Rolle von UN-Sondergesandten in Konflikten. Im Anschluss an sein Studium arbeitete der Autor als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Forschungsprojekt des Instituts für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

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