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Gesellschaft / Kultur

Susanna Berndt

Kunst und Mythos: Keltische Weltdeutung in der Latènezeit

ISBN: 978-3-95425-520-7

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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 400
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Kunst, Religion, Mythos – Die keltische Daseinsdeutung und die Latènekunst gibt einen umfassenden Einblick in eine Kultur, die über Jahrhunderte das Leben der Bevölkerung weiter Teile Europas und darüber hinaus prägte. Durch den Vergleich ausgewählter Latènefundstücke aus dem heutigen österreichischen Raum mit Funden aus besser dokumentierten keltischen Siedlungsgebieten sowie durch das Einbeziehen antiker Überlieferungen und der inselkeltischen Mythologie gelingt es der Kunsthistorikerin Susanna Berndt neue Erkenntnisse über das mythische Weltbild der Bewohner im latènezeitlichen Siedlungsgebiet des heutigen Österreich zu gewinnen. Der erste Teil des Werkes beinhaltet eine Beschreibung der Latènekunst einschließlich chronologischer Einteilung ihrer Kunststile, einen Überblick über die keltische Daseinsdeutung mit Darstellung der wichtigsten Gottheiten, Jenseitsvorstellungen und Kulthandlungen sowie abschließend eine Zusammenfassung der inselkeltischen Überlieferungen. Der zweite Teil konzentriert sich auf die Analyse von Latènefunden aus dem heutigen österreichischen Raum. Deutlich zeigt sich, dass eine sorgfältige Analyse der Darstellungen auf Fundobjekten Rückschlüsse auch auf die Vorstellungswelt einer Kultur zulässt, die selbst keine Schriftstücke über ihre Daseinsdeutung hinterließ.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 1., Einführung: Die , La Tene’-Kultur ist nach einem Fundort an dem See Neuchatel in der Schweiz benannt, aber die reichsten Funde der frühen Latènekunst wurden weiter im Norden in der Region des mittleren Rheingebietes und im Hunsrück-Eifel-Gebiet entdeckt. Die keltischen Funde aus dem österreichischen Gebiet werden erst im anschließenden Kapitel beschrieben. Die Latènekunst bildete mit den geistigen Vorstellungen ihrer Zeit eine Einheit. Sie war gekennzeichnet durch Umgestaltungen und Metamorphosen, Einfallsreichtum bei den Motivkombinationen, ihre Versessenheit auf das Phantastische, kaum Faßbare und auf die bildliche Umsetzung von Illusion und Ironie. Die Wesenszüge der Latènekunst beruhten auf einem hochentwickelten Kunstgewerbe. Die Kelten hinterließen eine Vielzahl an figural und ornamental verzierten Werken, aber nur wenige Steinskulpturen und architektonische Denkmäler. Die keltischen Künstler der Latènezeit gingen mit den Vorlagen und Traditionen der Vergangenheit sehr frei um. Sie übernahmen von den orientalischen, mediterranen und autochthonen Kulturen verschiedene Motive und Formen, veränderten sie und paßten sie sowohl den eigenen Vorstellungen, als auch dem eigenen Kunstgeschmack an. Das kumulative Aufbauprinzip wurde durch das Verbinden von figuralen und vegetabilen Motiven ersetzt. Es sollte die Metamorphose von einem Wesen in ein anderes dargestellt werden, dabei versuchte man die Verwandlung selbst und nicht das Endprodukt bildlich umzusetzen. Pflanzen konnten die Gestalt eines Tieres oder eines Menschen mit Pflanzenauswüchsen annehmen, aus diesen Zwitterbildungen entstanden Phantasiegestalten. Die Kunst befreite sich im Laufe der Latènezeit immer stärker von ihren Vorbildern und entwickelte eigene Formen und Motive. Ornamente wurden in ihre Einzelteile zerlegt und auf andere Weise zusammengesetzt. Der Sinngehalt des neu entstandenen Ornaments änderte sich und konnte mehrere Lesarten zulassen. Im keltischen Siedlungsraum traten während der Latènezeit neue Formen und Verzierungsträger auf. Dazu gehörten Hohlbuckelringe, der Torques mit Pufferenden, Latènefibeln, verzierte Schwertscheiden, Henkelvasen und Münzen. Die Keramikformen erhielten neue Profile und es wurden vermehrt Glaserzeugnisse hergestellt. Emaileinlagen wurden immer beliebter. Zu den neuen Motiven zählten das Pelta, die an- und abschwellende Ranke, die Blattspirale, die Blattkrone, das in einen Kreis eingeschriebene S-Motiv, das Geflecht als Grundmuster, die ein eigenes Motiv bildenden Leerräume, die Fülldreiecke und viele andere. Mit dem Auftreten des Waldalgesheimer Stils begannen die keltischen Künstler, die vegetabilen Ornamente dreidimensional und die figuralen Verzierungen rundplastisch hervorzuheben. Nach P.M.Duval gibt es vier Kennzeichen für die Definition der keltischen Kunstdenkmäler während der Latènezeit. Erstens würde der pflanzliche Dekor dominieren, zweitens käme es zu plastischen Ausführungen, drittens würden fortlaufende Kompositionen überwiegen und viertens praktizierte man die Umgestaltung, die Metamorphose. Trotzdem hätten die Kelten neben dem kurvolinearen Dekor weiterhin symmetrisches oder mit dem Zirkel konstruiertes Ornament verwendet. Kapitel 2. Allgemeines über das Kunsthandwerk: Kapitel 2.1. Die Verzierungsgegenstände: Die Kelten waren Meister der Kleinkunst und hatten eine Vorliebe für auffällige Ornamente, die sie der Form des zu verzierenden Objektes anpaßten. Einige der typisch keltischen Motive entstanden in dem Bemühen die Verzierung an die Form des Objektes anzugleichen. Vielleicht ist diesem Bestreben auch die Vorliebe der keltischen Künstler für das kurvolineare Ornament zuzuschreiben. Die Motive scheinen aber nicht nur nach rein ästhetischen Gesichtspunkten gewählt und willkürlich angebracht worden zu sein, sondern dürften in den meisten Fällen eine magische oder symbolische Bedeutung besessen haben. Unter den Archäologen werden zwei verschiedene Auffassungen vertreten: Die einen sind der Meinung, daß alle Verzierungselemente eine ausschließlich religiöse Bedeutung haben, die anderen halten sie für rein dekorativ . Die Wahrheit liegt wahrscheinlich, wie meistens, irgendwo in der Mitte. Bei einigen Verzierungselementen ist die Bedeutung klar zu erkennen, bei anderen ist der Sinn im Laufe der Zeit verlorengegangen. Ein typisch keltisches Merkmal war der Brauch Schwertscheiden zu verzieren. Die Bildsymbolik des Dekors sollte den Gegner nicht nur beeindrucken, sondern auch einschüchtern und schwächen, den Träger hingegen mutig und siegreich machen. Fibeln und Schmuck wurden am Körper getragen und waren geeignete Symbolträger. Diese Symbole schützten vor Krankheiten, Unglück und bösen Einflüssen. Die Art der Ornamente oder ein bestimmtes Motiv signalisierten sicher in vielen Fällen den Rang des Trägers. Vermutlich besaß manchmal sogar der verzierte Gegenstand selbst eine spezielle Bedeutung, die sich heute nicht mehr feststellen läßt. Ohne eindeutige mündliche oder schriftliche Überlieferungen ist es sehr schwer, den religiösen Wert und kultischen Zweck eines Gegenstandes zu bestimmen. Das häufigste Fundobjekt ist die Fibel . Sie hielt das Gewand an den Schultern und auf der Brust zusammen wie eine Sicherheitsnadel. Da sie zum persönlichen Eigentum gehörte und am Körper getragen wurde, konnte sie die Funktion eines Amulettes übernehmen und mit symbolischen Darstellungen versehen sein. Dekor und Größe variieren, aber es gibt spezifische Fibeltypen, die oft zur Datierung eines Fundes herangezogen werden. Zu den Schmuckstücken zählen Ringe, Arm- und Beinreifen, Ohrringe und der bei den Kelten besonders beliebte Torques . Torques ist die Bezeichnung für einen Halsreif, der offen oder geschlossen, im Vollguß oder in Röhrenform, als elastisches Ganzes oder in Teilstücke gegliedert, mit und ohne Pufferenden vorkommt. Dieselben Formen lassen sich auch bei Armringen nachweisen. Gürtelketten waren zu Beginn der Latènezeit mit Gold- und Bronzeplättchen besetzt. Gegen Ende der MittelLatènezeit wurden sie immer prunkvoller und erhielten Emaileinlagen. Große Haarnadeln mit einem verzierten Kopf und Halsketten aus Koralle oder Glasperlen gehörten auch zu den am Körper zu tragenden Objekten. In Großbritannien entdeckte man große Bronzespiegel mit verzierter Rückseite aus der SpätLatènezeit. Zur Grabausstattung höher gestellter Krieger gehörte ein Prunkschwert aus Eisen. Die Schauseite der Scheide ist oft aus Bronze und besitzt eine Verzierung. Außerdem wurde ihm ein Langdolch, der kürzer und breiter als das Schwert ist, eine Lanze, deren Blatt und Lanzenschuh mit Beschlägen und einer Gravierung versehen sein können und wahrscheinlich ein Bogen, der aber nur durch Abbildungen auf Münzen bezeugt ist, beigegeben. Zu den Verteidigungswaffen zählte ein langer Schild, der oval, rechteckig oder sechseckig sein konnte und einen Schildbuckel sowie Beschläge aus Bronze hatte. Der Schild selbst bestand häufig aus vergänglichen Materialien wie Holz oder Leder. In seltenen Fällen war er aus Metall. Manche Krieger trugen einen Metallhelm, der häufig plastische Applikationen und gravierte oder getriebene Ornamente auf der Helmwölbung und den Schutzplatten von Wange und Nacken besitzt. Unter den Beigaben in einem Kriegergrab fanden sich außerdem durchbrochene und mit getriebenem Dekor versehene Phaleren und Gürtelhaken aus Bronze, Streitwagenteile und Pferdegeschirr. Die Wagenbaukunst war bei den Kelten hoch entwickelt und wurde teilweise von den Römern übernommen . Von kunsthistorischer Bedeutung sind vor allem die verschiedenen, mit Dekorationen versehenen, Metallteile an Streit- und Prunkwagen. Feldzeichen sind nur durch Münzen und antike Darstellungen belegt. Sie zeigen Eber- und Stierstatuetten, die stabartigen Gebilden aufgesetzt sind. Ein Keilerkopf und eine durchbrochene Bronzescheibe bilden den Schalltrichter einer carnyx. Carnyx ist die Bezeichnung für eine aufrechtstehende Kriegstrompete, von der sich Abbildungen auf dem Kessel von Gundestrup erhalten haben. Das Tafelgeschirr bestand aus Trinkhörnern, Siebtrichtern, Schnabelkannen, Trinkschalen, Henkeltassen, Bechern und mit Bronzeblech verzierten Holzeimern in verschiedener Größe. Es gab Kessel, Schalen, Feuerböcke, Becken und Messer mit plastischen Griffen. Nicht zu vergessen sind die zahlreichen Importwaren aus dem mediterranen Kulturkreis. Die nach der Form des Ausgusses benannte , Schnabelkanne’ hat ihre Vorgänger in Etrurien . Sie entwickelte sich von der Schnabelkanne über die Tüllenkanne zur Röhrenkanne . Zunehmend wurden die Gefäße dann in Ton nachgeahmt. In der Latènezeitlichen Keramik überwiegen runde Formen und kurvolineares Dekor. Die zerbrechliche Gebrauchsware wurde größtenteils vor Ort hergestellt, daher lassen sich lokale Unterschiede von Formen und Verzierungen anhand der Keramik gut nachvollziehen. Einen eindeutig religiösen Bezug haben verzierte Menhire und Holz-, Stein- oder Bronzestatuen, die Götter oder Heroen und Tiere darstellen. Wahrscheinlich markierten sie Grabhügel und heilige Orte oder sie waren in Heiligtümern aufgestellt. Münzen wurden in einheimischen Werkstätten hergestellt. Zwar ist das Vorbild in den meisten Fällen zu erkennen, aber die Darstellung war sinngemäß verändert und den eigenen Vorstellungen angepaßt worden. Die Abbildungen mußten sich von einem Gebiet zum nächsten unterscheiden, um den Herrschaftsanspruch eines bestimmten Stammesoberhauptes bekräftigen zu können. Wertvolle Objekte weihten die Kelten den Göttern oder gaben sie den Verstorbenen mit in das Grab. Votivgaben finden sich in fließenden und stehenden Gewässern, in Mooren oder am Fuß hoher Berge. Viele der Stücke besitzen ein hohes künstlerisches Niveau. Im Gegensatz dazu sind die meisten Amulette von geringem künstlerischen Wert.

Über den Autor

Susanna Berndt, geb. 1968 in Düsseldorf, Studium der Kunstgeschichte an der Karl-Franzens-Universität Graz, war nach ihrer Promotion 1998 als Chefredakteurin, Textchefin und freie Wirtschaftsjournalistin für verschiedene Print- und Onlinemedien in Österreich und Deutschland tätig. Seit 2011 Forschungstätigkeit im Bereich mythischer und wissenschaftlich-basierter Weltbilder. Publikationen u.a. Die neuen Verführer. Populismus heute. 2001, Das neue Kulturchristentum. 2002.

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