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  • Missionstourismus – Eine Perspektive für Entwicklungsländer? Eine Studie über die touristischen Potentiale von Missionsstationen am Beispiel Kenias

Gesellschaft / Kultur


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Produktart: Buch
Verlag: disserta Verlag
Erscheinungsdatum: 07.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 164
Abb.: 27
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Religion und Tourismus, zwei auf den ersten Blick unterschiedliche menschliche Daseinsäußerungen, weisen bei näherer Betrachtung viele Parallelen auf. Gemein ist beiden Phänomenen vor allem die Bedeutung für Dritte-Welt-Ländern und deren wirtschaftlicher Entwicklung. Während der Tourismus häufig als Motor für wirtschaftliches Wachstum erachtet wird, haben sich auch moderne Missionsstationen dem Ziel einer Verbesserung der Lebensbedingungen in Ländern des Globalen Südens verschrieben. Die vorliegende Studie beschäftigt sich daher kritisch mit der Frage, ob eine Bündelung religiöser und touristischer Anstrengungen in Form einer touristischen Nutzung von Missionsstationen sinnvoll wäre und wo die Potentiale und Risiken einer solchen Entwicklung lägen. Zur exemplarischen Darstellung der Ergebnisse dient Kenia, ein Entwicklungsland das von großem touristischen Interesse und intensiver Missionsarbeit gekennzeichnet ist. Eine mit dem Werk verbundene Forschungsreise und zahlreiche qualitative Interviews mit Akteuren aus dem Tourismus und der Missionsarbeit Kenias führen zu Erkenntnissen aus erster Hand.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 2., Theoretische Grundlagen der Missionsarbeit: Um Missionsstationen und ihr touristisches Potential bewerten zu können, bedarf es einer theoretischen Basis bezüglich des Missionsbegriffes, der Missionsgeschichte sowie den Entwicklungen in Kenia. Nur so können spezifische Eigenschaften der Missionsstationen im Hinblick auf einen potentiellen Tourismus erkannt und umgesetzt werden. 2.1 Missionsbegriff: Obwohl der Begriff ,Mission’ noch heute weitläufig gebraucht wird, wirkt er meist überaltert und wird, aufgrund der umstrittenen Vorgeschichte der Missionstätigkeiten, auch oft mit negativen Assoziationen verbunden. Die christlich-religiöse Mission wurde in den vergangenen Jahrhunderten häufig als ein militantes Aufzwingen der eigenen Überzeugungen und des Glaubens einer als sich selbst als überlegen verstandenen Kultur auf andere gesehen (Bassols 2012 Wendt 2011). Schäfer (2001, S.120) spricht in diesem Zusammenhang von einer ,kulturellen Arroganz’, sowie einem Gleichsetzen des Missionsbegriffes mit den Begriffen Imperialismus, Kolonialismus und ,religiösem Hausfriedensbruch’. Die enge Verknüpfung zwischen den Begriffen Mission und Kolonialisierung macht auch Amaldoss (2005, S.66) deutlich: ,People in so-called ‚mission‘ countries associate colonialism with mission’. Auch das synonym verwendete Wort Evangelisierung stößt meist auf Ablehnung, da es als eine überlegene Frömmigkeit identifiziert wird (Bassols 2012 Schäfer 2001). Unabhängig von der durch den Begriff selbst übermittelten Symbolik kann die Mission als die ,Verbreitung einer Religion, besonders der christlichen Lehre unter Andersgläubigen’ definiert werden (Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion 2010, S.648, Stichwort Mission). Der Ursprung des Begriffes leitet sich aus dem lateinischen Verb mittere (missio) für senden ab und meint sowohl die theoretische Übermittelung des christlichen Grundsatzes als auch das Vollbringen von sozialen Leistungen im Rahmen der christlichen Werte (Bassols 2012). Häufig findet jedoch auch, sowohl im Katholischen als auch Protestantischen, eine geografisch-territoriale Verwendung des Begriffes statt. Mission meint also die ,Territorien, in denen die ausgesandten Ordensmitglieder missionarisch und pastoral tätig sind’ (Sievernich 2005, S.21 vgl. Wendt 2011). Der Begriff ,Mission’ sowie die Missionsstätigkeit wird als etwas Christliches verstanden, obgleich auch andere Universalreligionen, wie zum Beispiel der Islam, Werbung für den eigenen Glauben betreiben. Im Fall des Islams spricht man jedoch bspw. Von der ,Einladung’ (Da’wa) (Schirrmacher 2007). 2.2, Kirchliche Mission damals und heute: Die Mission als solche spielt schon seit jeher eine zentrale Rolle in der Kirchengeschichte, auch wenn der Begriff selbst neueren Ursprungs ist. Während man zu Beginn der Kirchengeschichte vornehmlich von der Glaubensverbreitung, der Bekehrung der Heiden oder der Verkündigung der Frohen Botschaft sprach, mit deren Hilfe das Christentum popularisiert wurde, richtete sich die Missionierung im Mittelalter auf Andersgläubige im inneren der Gemeinde. Diese wurden vor allem durch Kreuzzüge, Judenvertreibungen, Zwangsbekehrungen und Scheiterhaufen ausgelöscht oder verdrängt (Bassols 2012). Die Verbreitung des Christentums erfolgte zudem spontan, d.h. ohne eine gezielte Planung und basierte auf eine Vielfalt von Trägern und Missionsmethoden (Sievernich 2009). Erst mit der Neuzeit und dem Beginn der Kolonialisierung richtete sich die Missionsarbeit wieder nach außen mit dem Ziel, den christlichen Glauben auch auf andere Kontinente auszudehnen (Bassols 2012). In diesem Zusammenhang wurde auch zum ersten Mal im 16. Jahrhundert der Begriff ,Mission’ durch Ignatius von Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens, gebraucht (vgl. Feld 2006 Bassols 2012). Ignatius von Loyola bringt damit die Sendung von einer oder mehreren Personen mit einer gewissen Aufgabe oder für ein gewisses Amt an einen bestimmten Ort zum Ausdruck (Buono 2002, zitiert nach Bassols 2012). Die Evangelisierung in den neu entdeckten Gebieten wurde aufgrund logistischer und personeller Mängel den königlichen Patronaten der vorwiegend iberischen Mächte übertragen. So leiteten, organisierten und vor allem finanzierten die Königshäuser die Missionstätigkeiten mit der Folge einer Politisierung der Evangelisierung (Bassols 2012 Sievernich 2009). Zudem wurden die christlichen Initiativen oftmals von Bestrebungen nach wirtschaftlichen Vorteilen oder Landgewinnen überschattet. Auch die protestantische Lehre wurde in den beiden nachreformatorischen Jahrhunderten mithilfe niederländischer und dänischer Handelsbestrebungen verbreitet, allerdings vorwiegend auf Einzelinitiativen und sporadischen Projekten basierend (Sievernich 2009). Die Politisierung der Evangelisierung führte im 17. Jahrhundert auf katholischer Seite zu Konkurrenzkonflikten zwischen den Missionsbestrebungen der Krone und der päpstlichen Propagandamission, die zeitweise eskalierten und somit zu einem Rückgang der Missionsinitiativen im 18. Jahrhundert führten (Mitterhöfer 1987, zitiert nach Bassols 2012). Der Rückgang war jedoch nicht allein den Konflikten verschuldet, sondern lässt sich auch auf eine allgemeine religiöse Krise im Kontext der Aufklärung und des aufkommenden Rationalismus zurückführen (Bassols 2012). Um die Missionstätigkeit aus den kolonialstaatlichen Bindungen zu lösen und sie der kirchlichen Verantwortung wieder zu unterziehen, gründete Papst Gregor XV 1622 die ,Kongregation zur Ausbreitung des Glaubens’ (Congregatio de Propaganda Fide). Ziel dieser für die Mission zuständigen Behörde war es nicht nur eine Entpolitisierung zu verwirklichen, sondern auch neue konzeptionelle Impulse, wie zum Beispiel eine Anpassung an die jeweils regional vorherrschende Kultur, einzuleiten (Sievernich 2009, S. 72). Als es im 19. Jahrhundert zu einem Wiedererstarken des Kolonialismus und Imperialismus kam, waren diese erneut eng mit katholischen und protestantischen missionarischen Anstrengungen verknüpft (Sievernich 2009). Finanziert wurden die Missionstätigkeiten fortan mithilfe von protestantischen Missionsgesellschaften bzw. katholischen Missionsinstituten und -orden, welche sowohl mit der Aufgabe der Christianisierung von Landstrichen betraut waren, als auch mit der Verwaltung der dort entstandenen Kirchen (Bassols 2012 Sievernich, 2009). Insbesondere auf protestantischer Seite kam es zur Gründung zahlreicher zum Teil noch heute tätigen Missionsgesellschaften (Sievernich 2009). Aber auch auf katholischer Seite wurden allein im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert über 300 Missionsvereine weltweit gegründet (Arens 1925, zitiert nach Sievernich 2009). Die Missionsgebiete der jeweiligen Gesellschaften wurden zum Hoheitsgebiet der Gleichen erklärt, in denen ein Interferieren anderer Missionare missbilligt wurde (Bassols 2012). Diese sogenannte missionarische Gesellschaft bildete einen gemeinsamen, meist eurozentristisch ausgelegten, Identitätsraum (Sievernich 2009 Wendt 2011). Die tätigen Missionare teilten sich die Ideologie der Überlegenheit der eigenen Rasse und neben dem Glauben galt es auch die eigene Kultur im Sinne einer ,Kulturmission’ zu vermitteln (Bassols 2012 Schäfer 2001). Zwar hegten einige Individuen Beziehungen zu anderen Gesellschaften im kolonialen Raum bzw. zu Gesellschaften außerhalb des kolonialen Machtbereiches, durch die Bemühungen der Missionare die Mitglieder an die neue Gesellschaft zu binden, wurden jedoch viele traditionelle Beziehungen zerstört (Wendt 2011). Wendt (2011, S. 30) bezeichnet dieses Vorgehen als ,koloniale Globalisierung’, da einerseits globale Verflechtungen durch die zunehmende Ausdehnung der Herrschaftsgebiete zunahmen, andererseits jedoch viele traditionelle Netzwerke eliminiert wurden. Kennzeichnend für die Missionsgesellschaft war weiterhin ihr transnationaler Charakter. Da eine Mission nie allein durch einen Missionar dauerhaft etabliert werden konnte, wurden einzelne Aufgabengebiete unter anderem auch an ,Ausländer’ delegiert. Spanische Missionsgesellschaften engagierten so zum Beispiel auch Deutsche, Franzosen, Italiener und Niederländer. Zudem handelte es sich bei den Entsandten nicht immer um Geistliche, auch sogenannte Laienbrüder konnten als Handwerker, Lehrer, Landwirte etc. in der weltlichen Missionsarbeit ihre Dienste verrichten. Trotz dieser multinationalen und multiethnischen Zusammenarbeit konnten ethnisch-rassische Vorbehalte nicht gänzlich abgebaut werden (Wendt 2011). Als es schließlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend zu einer Entkolonialisierung kam, waren es allerdings die Missionen, welche diesen Prozess aktiv unterstützten. Sie förderten den Aufbau einheimischer Kirchen und Bildungsinstitutionen, forcierten die Emanzipation von Jugend, Frauen und Sklaven und bildeten eine religiöse sowie weltliche Elite aus. Zudem brachte die von Papst Benedikt XV. veröffentlichte Missionsenzyklika die Wende im Missionsverständnis. Demnach ist das Christentum als eine staatenunabhängige Religion anzusehen, zu dessen Verbreitung der selbstlose Dienst der Missionare beiträgt. Ziel der Mission muss es zudem sein, eine ,Indigenisierung’, also eine Einwurzelung der Kirche in die vorherrschende Kultur, zu realisieren, um den christlichen Glauben so dauerhaft zu implementieren. Dazu zählen auch die Schaffung von karitativen Einrichtungen sowie der Bau von Schulen. Das Programm der ,Indigenisierung’ führte zu einem raschen Anstieg von einheimischen Priestern, Schwestern und Bischöfen, der bis heute anhält (vgl. KLJ 2010 Sievernich 2009). Ähnlich wie die Missionsenzyklika im Katholischen die Wende im Missionsverständnis brachte, kam es auch auf protestantischer Seite, initiiert durch die in den Folgejahren einberufenen Weltmissionskonferenzen, zu einem Umdenken. Es erfolgte ebenfalls eine Distanzierung vom Kolonialismus und Nationalismus sowie eine verstärkte Ausrichtung auf soziale Dienste (vgl. Günther 1970 Sievernich 2009). Die Missionsarbeit schließt heute nicht nur pastorale Tätigkeiten ein, sondern auch ein soziales, gesellschaftliches und politisches Engagement, zum Beispiel in Form von Gesundheitsförderung, Bildung und Wasserversorgung (Bassols 2012 Schäfer 2001). Der Bau von Schulen dient jedoch nicht nur humanitären Zwecken, sondern auch zur Verbreitung des Glaubens (vgl. Anderson 1970). Statt sogenannten ,life-time missionaries’ setzte man von nun an auf ,fraternal workers’, also zeitlich begrenzten Mitarbeiter, im Sinne zwischenkirchlicher Hilfsdienste (Günther 1970, S.150). Die ,Indigenisierung’ führte darüber hinaus auf protestantischer Seite, durch die Absplitterung von den verschiedenen etablierten protestantischen und freikirchlichen Institutionen, zu tausenden neuen religiösen Bewegungen, welche oftmals christliche, afrikanische und europäische Elemente kombinieren (vgl. Kitshoff 1996 Sievernich 2009).

Über den Autor

Melanie Ordnung, M.Sc., wurde 1987 in Münchberg geboren. Ihr Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth schloss die Autorin im Jahre 2011 erfolgreich ab. Während ihres daran anschließenden Praktikums in einem Safaribüro in Mombasa/Kenia entdeckte sie ihre Leidenschaft für Afrika. Davon motiviert, strebte sie ein Aufbaustudium im Bereich Tourismus und Regionalplanung an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt an, welches sie mit dem akademischen Grad des Masters of Science erfolgreich abschloss. Zu dieser Zeit entstand auch das hier vorliegende Buch, für das Melanie Ordnung Kenia erneut bereiste. Heute ist die Autorin als Spezialistin für das östliche Afrika bei einem Reiseveranstalter tätig.

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